Irgendwann endet auch die Phase des Shutdowns und die Wirtschaftstätigkeit kann Fahrt aufnehmen. Dann können klassische Instrumente der Konjunkturpolitik zum Einsatz kommen. Clemens Fuest erläutert: „Jetzt geht es tatsächlich darum, die Wirtschaftstätigkeit zu stimulieren. Also Unternehmen und private Haushalte anzuregen, zu konsumieren und zu investieren.“ Die Lockerungen des Shutdowns und die Rückkehr zu Verhältnissen, wie sie vor der Pandemie herrschten, ziehen sich möglicherweise über einen längeren Zeitraum hin. Es ist sogar nicht auszuschließen, dass es zwischenzeitlich Rückschritte gibt. Denn es könnte zu neuen Krankheitsausbrüchen kommen, eventuell regional beschränkt. In dieser Übergangszeit müssen konjunkturpolitische Instrumente zielgenau sein, damit sie wirken. Je mehr Beschränkungen die Politik aufhebt, desto breiter können konjunkturpolitische Impulse wirken. Clemens Fuest ist seit April 2017 Präsident des ifo Instituts.
Die Politik muss in die Digitalisierung investieren
Einen viel versprechenden Ansatzpunkt bieten laut Clemens Fuest öffentliche Investitionen. Denn es gibt einen erheblichen Bedarf an Investitionen in die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. In normalen Zeiten sind die Kapazitäten der IT-Industrie stark ausgelastet. Während des Shutdown und in der Übergangsphase kann man davon ausgehen, dass viele private Unternehmen ihre IT-Investitionen verschieben. Denn die Sicherung der Liquidität und andere Aspekte des Krisenmanagements haben bei ihnen jetzt Vorrang.
Zwar sind einige öffentliche Verwaltungen durch die Krise stark beansprucht, aber das gilt nicht für alle. Hier sollte man die Krise nutzen, die Digitalisierung des öffentlichen Sektors voranzutreiben. Darüber hinaus sollte man die öffentliche Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen für Arbeitnehmer im Bereich Digitalisierung ausbauen. Freie Kapazitäten wird es in den kommenden Monaten auch in der Bauindustrie und bei vielen Handwerksunternehmen geben. Deshalb ist der Zeitpunkt günstig, in öffentliche Infrastruktur und Gebäude zu investieren.
Steuersenkungen helfen nicht kurzfristig
Viele Kommunen wollen derzeit allerdings Investitionen kürzen, wegen krisenbedingt einbrechender Gewerbesteuereinnahmen. Finanzhilfen für Kommunen von Bund und Ländern können hier kurzfristig helfen. Es ist naheliegend, zur Stimulierung der Wirtschaft nach dem Shutdown breit angelegte Einkommensteuersenkungen zu fordern. Als konjunkturpolitisches Instrument zur kurzfristigen Stimulierung der Nachfrage sind solche Steuersenkungen aber wenig geeignet. Denn sie kämen vielen Steuerzahlern zugute, die von der Krise nicht so hart betroffen sind. Bei ihnen würden Steuersenkungen unmittelbar zu verstärktem Konsum führen.
Zudem entlasten Steuersenkungen Steuerzahler mit höherem Einkommen überproportional. Aber bei dieser Gruppe ist der Zusammenhang zwischen laufenden Einkommen und laufenden Ausgaben eher gering. Unternehmen hingegen, die von der Krise besonders stark betroffen sind und 2020, eventuell auch noch 2021 Verluste erleiden, werden von Steuersatzsenkungen vorerst nicht erreicht. Clemens Fuest stellt fest: „Für niedrigere Unternehmenssteuern spricht eher die mittelfristige Überlegung, dass Deutschland sich als attraktiver Investitionsstandort positionieren sollte.“ Quelle: „Wie wir unsere Wirtschaft retten“ von Clemens Fuest
Von Hans Klumbies