Die wahre Tapferkeit kämpft für die Gerechtigkeit

Für Cicero ist die Erhebung der Seele, die sich in Gefahren und Mühen zeigt, aber ohne Rücksicht auf die Gerechtigkeit handelt und nicht für das allgemeine Wohl kämpft, sonder des persönlichen Vorteils wegen, ein Charakterfehler. Cicero schreibt: „Denn dieses Verhalten ist nicht nur kein Erweis der Tugend, sondern vielmehr einer alle Menschlichkeit von sich weisende Brutalität.“ Die Stoiker definieren die Tapferkeit seiner Meinung nach richtig, wenn sie sie als für die Gerechtigkeit kämpfende Tugend bezeichnen. Niemand der den Ruhm durch Tapferkeit erworben hat, ist Anerkennung für Hinterhältigkeit oder Arglist zuteil geworden. Nichts kann ehrenhaft sein, das keine Rücksicht auf die Gerechtigkeit nimmt.

Die zwei Eigenschaften der tapferen und hohen Gesinnung

Cicero zitiert Platon, der schreibt: „Es ist nicht nur ein Wissen, das getrennt ist von Gerechtigkeit, eher als Verschlagenheit denn als Weisheit zu bezeichnen, sondern es sollte auch Entschlossenheit in gefahrvoller Lage, wenn sie sich von Egoismen, nicht zum Nutzen der Gemeinschaft leiten lässt, eher die Bezeichnung Verwegenheit als Tapferkeit haben.“ Deshalb fordert Cicero, dass tapfere und hochgesinnte Männer zugleich gutgesinnt, aufrichtig und Freunde der Wahrhaftigkeit sein müssen.

Für Cicero gibt es keine Situation, die ohne Rücksicht auf Gerechtigkeit sein dürfte. Er schreibt: „Als tapfer und großmütig haben also nicht diejenigen zu gelten, die Unrecht tun, sondern die, die es abwehren.“ Eine tapfere und hohe Gesinnung ist laut Cicero besonders an zwei Eigenschaften zu erkennen: erstens in der Verachtung äußerer Werte, zweitens an bedeutsamen und nützlichen Taten, die unter schwierigen Bedingungen bis hin zur Gefahr für das eigene Leben vollbracht wurden.

Das Ehrenhafte entsteht durch die Kraft des Geistes

In diesen beiden Eigenschaften liegt die Haltung begründet, die nach der Meinung von Cicero die überragende und menschliches Schicksal verachtende Gesinnung bildet. Diese Menschen halten sich von jeder Leidenschaft fern, sowohl von Begierde und Furcht als auch von Kummer und Vergnügen, einschließlich des Jähzorns, damit Ruhe und Heiterkeit in sie einkehrt, die zu innerlicher Festigkeit und besonderem Ehrgefühl führt.

Wer handelt, muss nicht nur bedenken wie ehrenhaft seine Tat ist, sondern auch darauf wie groß sein Durchsetzungsvermögen ist. Seneca schreibt: „Gerade dabei ist zu bedenken, dass man nicht kopflos verzweifle aus Energielosigkeit oder aus Ehrgeiz zu großes Selbstvertrauen habe.“ Bei allen Vorhaben, die ein Mensch in Angriff nimmt, muss er umsichtige Vorbereitung treffen. Cicero ist davon überzeugt, dass jenes Ehrenhafte, das man auf erhabene und hohe Gesinnung zurückführt, durch die Kraft des Geistes und nicht die des Körpers verwirklicht wird. Dennoch darf der Körper nicht vernachlässigt werden, damit er in der Lage bleibt auf die Einsicht und die Vernunft zu hören und danach zu handeln.

Von Hans Klumbies