Cicero gibt Unterricht im vortrefflichen Benehmen

Die Vortrefflichkeit bei allen Handlungen und Äußerungen, die auch in den Bewegungen und der Haltung des Körpers sichtbar werden, beruhen gemäß Cicero auf drei Voraussetzungen: Erstens auf die Schönheit, zweitens auf den Sinn für Ordnung und drittens einem dem Handeln angemessenen Auftreten. Zunächst scheint seiner Meinung nach schon die Natur viel Sorge auf den Körper des Menschen verwendet zu haben. Dieses so sorgsame Walten der Natur hat der Anstand einer Persönlichkeit nachgeahmt. Cicero rät der Natur zu folgen und alles, was entfernt ist von der Anerkennung durch Auge und Ohr, zu meiden. Er schreibt: „Haltung, Einhergehen, Sitzen, Liegen, Mienenspiel, die Augen und die Bewegung der Hände mögen jenes Schickliche einhalten.“

Der Wert der äußeren Gepflegtheit und der richtigen Kleidung

Cicero unterscheidet zwei Arten der Schönheit, wobei er die Lieblichkeit den Frauen und die Würde den Männern zuordnet. Es ist empfehlenswert, die Würde der äußeren Erscheinung durch das Gesunde der Farbe zu bewahren, die Farbe aber durch körperliche Abhärtung. Außerdem rät Cicero: „Man sollte ferner auf Gepflegtheit Wert legen, freilich auf eine nicht gecken- und allzu stutzerhafte, vielmehr auf eine, die rüpelhaftes und von schlechter Erziehung zeugendes Sichgehenlassen meidet.“

Ebenso sollten die Menschen laut Cicero ihre Aufmerksamkeit auf die Kleidung richten, bei der, wie in den meisten Äußerlichkeiten, die rechte Mitte das Beste ist. Auch sollte man sich davor hüten, sich weder in allzu lässiger Langsamkeit zu bewegen, noch bei Zeitnot auf übertriebenes Hasten sich einzulassen. Im zweiten Fall fehlt es dem Betroffenen an innerer Stetigkeit. Aber noch viel mehr Mühe ist gemäß Cicero darauf zu verwenden, dass die eigenen Seelenbewegungen nicht in Widerspruch mit der Natur geraten.

Die zwei Bewegungsformen der Seele

Cicero verrät, wie das funktioniert: „Das werden wir erreichen, wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf die Wahrung des Schicklichen richten und uns davor hüten, uns in seelische Erschütterungen und Entmutigungen zu verlieren.“ Die Bewegungen der Seele gehen für Cicero in zweierlei Formen vonstatten – in der Form des Denkens und in der des Begehrens. Das Denkvermögen ist dabei vor allem im Ermitteln der Wahrheit im Einsatz, während das Begehren eher auf das Handeln drängt.

Cicero schreibt: „Es ist also dafür zu sorgen, dass wir unser Denken auf möglichst gute Gegenstände richten, das Begehren als der Vernunft fügsam erweisen.“ Er hält auch die Vorschrift für gut, dass der Mensch in seinem ganzen Leben möglichst die Leidenschaften meiden soll, das heißt, übersteigerte Erregungen der Seele, die sich der Vernunft nicht unterordnen wollen. Auch ein Gespräch muss von derartigen Erregungen frei sein, damit es nicht zu Zornesausbrüchen kommt.

Von Hans Klumbies