Cicero beschreibt die Schwierigkeit der Lebensplanung

Welche Rolle ein Mensch in seinem Leben spielen will, hängt laut Cicero von seinem Wollen ab. Deshalb wenden sich die einen der Philosophie, die anderen dem Bürgerrecht und wieder andere der Rhetorik zu. Diejenigen aber, deren Väter oder Vorfahren sich durch irgendeinen rühmlichen Beruf hervorgetan haben, bemühen sich meistens im selben Feld des Ruhmes zu glänzen. Manche fügen sogar zu den Leistungen, durch die sich ihre Väter ausgezeichnet haben, irgendeine eigene dazu. Es gibt allerdings Menschen, die ganz eigene Wege gehen. Cicero schreibt: „Es kommt aber bisweilen vor, dass manche die Nachahmung ihrer Vorfahren aufgeben und ein eigenes Ziel verfolgen. Darin tun sich am meisten diejenigen hervor, die sich, von den Vorfahren aus den niedrigen Ständen stammend, Großes vorgenommen haben.“

Die meisten Menschen lassen sich in ihrem Lebensweg von den Eltern lenken

Nach Cicero muss jeder Mensch festlegen, welches und wie geartetes Individuum es sein und welcher Art es sein Leben gestalten will. Dies ist eine Erwägung, die seiner Meinung nach die Schwierigste von allen ist. Denn schon in der Jugend, wenn die Kraft der Einsicht noch gering ist, entscheidet sich ein jeder für eine Art zu leben, für die er sich am meisten begeistert hat. Cicero fährt fort: „Und so verschreibt er sich einer bestimmten Lebensart, das heißt einer Lebensbahn, noch bevor er beurteilen konnte, welch die beste sei.“

Die meisten Menschen lassen sich laut Cicero in ihrem Lebensweg von den Vorschriften, Sitten und Gewohnheiten der Eltern lenken. Andere lassen sich beeinflussen vom Urteil der Menge, und was der Mehrheit am Schönsten erscheint, das wünschen auch sie am meisten. Es gibt aber auch Ausnahmen. Seneca erklärt: „Manche jedoch verfolgten aufgrund einer glücklichen und wertvollen Anlage ihrer Natur ohne Unterweisung durch die Eltern den rechten Lebensweg.

Die Änderung des Lebensstils

Es gibt laut Cicero nur wenige Menschen, die, entweder durch überlegene Geistesgröße oder mit glänzender Bildung und Gelehrsamkeit oder mit beiden Gaben ausgestattet, auch Zeit zum Abwägen darüber hatten, welchen Lebensplan sie am liebsten verwirklichen möchten. Cicero erläutert: „Bei dieser Erwägung muss ein jeder seine Entscheidung ausschließlich nach seiner Natur ausrichten.“ Wer also auf die Eigenart seiner fehlerhaften Natur seinen ganzen Lebensplan ausrichtet, der möge seine innere Stetigkeit bewahren.

Wenn sich ein Mensch bei der Wahl seines Lebensstils geirrt hat, dann gilt es für Cicero den Charakter und die Grundsätze des Betroffenen zu ändern. Cicero schreibt: „Bei einer Änderung des Lebensstils aber ist in jeder Hinsicht dafür zu sorgen, dass wir dies aufgrund gewissenhafter Überlegungen getan zu haben scheinen.“

Von Hans Klumbies