Schönheit ist für Platon so viel wie der Glanz des Guten, Göttlichen und Wahren. Christoph Quarch ergänzt: „Schönheit ist der Glanz, der alles umgibt, was sinnvoll und bejahbar ist.“ Im „Phaidros“ stellt Sokrates einen atemberaubenden Mythos vor, indem es heißt, dass die „psyché“ eines Menschen einem gefiederten Gespann gleiche, das sich aus drei Aspekten zusammensetzt: der Ratio = dem Wagenlenker, den Emotionen = Pferd 1, den Affekten = Pferd 2. Platon definiert die Schönheit im „Timaios“ wie folgt: „Alles Gute ist schön. Das Schöne aber ist niemals maßlos. Um von einem Lebewesen sagen zu können, es sei schön, müssen wir daher annehmen, dass es mit sich selbst im Einklang ist.“ Der Philosoph, Theologe und Religionswissenschaftler Christoph Quarch arbeitet freiberuflich als Autor, Vortragender und Berater.
Harmonie und Stimmigkeit verursachen den Lichtglanz aller Schönheit
Schön ist alles, was harmonisch, stimmig, maßvoll ist. Mit dieser Erklärung des Phänomens Schönheit steht Platon nicht allein: Die gesamte antike griechische Kunst zeugt davon – und von dem großen Bildhauer Polyklet ist bekannt, dass er in seinem „Kanon“ festhielt, die Schönheit einer Skulptur bestehe in ihrer ebenmäßigen Übereinstimmung mit sich selbst. Harmonie und Stimmigkeit verursachen den Lichtglanz und die Aura aller Schönheit. In den Augen Platons winkt in allem Schönen das heilige Sein der Welt selbst den Menschen zu und spricht sie an.
Man kann diesem Anspruch allerdings nur so genügen, dass man sich vom Schönen hinreißen und entflammen lässt. Was geschieht aber mit dem Menschen, der vom Schönen hingerissen wird? Christoph Quarch kennt die Antwort: „In ihm wird die Sehnsucht mächtig, sich dem Schönen hinzugeben, sich die Schönheit anzueignen, die Schönheit selbst zu haben, also selbst schön und mithin gut zu sein: die eigene „psyché“ in voller „areté“ und Schönheit erblühen zu lassen.“
Das Leben eines Menschen kann unvergesslich und annähernd unsterblich sein
Eros ist die Energie der „psyché“, die ein jedes Wesen dazu anspornt, das unsterbliche Göttliche, die „areté“ des Lebens und das heißt immer auch den Sinn des Lebens, in sich selbst zu entfalten und in die Welt zu tragen. Entfacht durch die Schönheit treibt Eros die Menschen dazu an, selbst göttlich schön zu sein und unsterbliche Schönheit zu erzeugen – was aber unmöglich ist. Denn die Menschen sind nur Menschen und die Götter sind Götter. Den Menschen bleibt es ewig vorenthalten, ein Gott zu sein.
Wenn es den Menschen um Unsterblichkeit zu tun ist, bleibt ihnen nur zweierlei: Sie können dafür Sorge tragen, dass das Leben selbst nicht ausstirbt – und sie können dafür Sorge tragen, dass ihr Leben selbst zu einem schönen „lógos“ wird, einem schönen, stimmigen und sinnvollen Lied, das unvergesslich und mithin annähernd unsterblich ist. Eros ist die Kraft, welche die Menschen zu beidem antreibt. Deshalb ist Eros auch immer sexuell. Denn Sexualität ist „das Ewige und Unsterbliche, wie es im Sterblichen sein kann“. Quelle: „Platon und die Folgen“ von Christoph Quarch
Von Hans Klumbies