Jeder Mensch ist eine eigene Welt

Die Neugier auf den anderen ist zu Beginn einer Partnerschaft ein wichtiger Motor der Annäherung. Wer frisch verliebt ist, fühlt sich dem anderen sehr nahe. Christian Thiel schränkt ein: „Allerdings sehen wir in dieser Phase der Liebe mehr die Gemeinsamkeiten, die uns mit dem anderen verbinden. Unterschiede blenden wir erfolgreich aus.“ Dass der andere auch anders ist, registrieren die meisten Menschen erst, wenn die Verliebtheit nachlässt – und reagieren mit Unmut darauf. Dennoch sollte man seine Neugier auf den Partner nicht verlieren. Der Partner ist es wert, wie ein fremdes Land entdeckt und erforscht zu werden. Auch nach vielen Jahren oder Jahrzehnten kann man Neues und Unbekanntes an ihm entdecken. Jeder Mensch ist eine eigene Welt, und diese Welt will erkannt und verstanden werden. Christian Thiel ist freier Autor und Single- und Paarberater.

Anpassung ist für eine Beziehung gefährlich

Den Partner verstehen und kennen zu lernen, ist kein Selbstzweck. Wer das Verhalten des anderen versteht, bewertet es positiver, als wenn er es nicht versteht. Verständnis dient dazu, den positiven Blick auf den Partner zu bewahren. Auch wenn er gerade nicht so ist, wie man ihn gerne hätte. Christian Thiel betont: „Verständnis für die Sicht des anderen verändert alle Kontroversen, Konflikte und Interessengegensätze, die eine Partnerschaft mit sich bringt. Ins Positive!“ Verständnis nimmt den schärfsten Konflikten die Spitze.

Verständnis beeinflusst aber nicht nur das eigene Verhalten und die eigenen Gefühle zum Besseren, auch der Partner reagiert positiv darauf. Besonders, wen man das Verständnis für die Sicht des Partners auch äußert. Mit Verständnis meint Christian Thiel allerdings nicht, dass man sich der Ansicht des Partners anschließen soll oder muss. Das wäre nämlich Anpassung, und die ist für eine Beziehung gefährlich. Denn wer sich in einer Partnerschaft zu sehr anpasst, der verliert sich selbst und wird unzufrieden.

In einer Partnerschaft muss man auch eigene Wege gehen

Mit Verständnis meint Christian Thiel, dass Menschen lernen sollen, die Welt mit den Augen des Partners zu sehen. Zu begreifen, wie er sie sieht – ohne den eigenen Blick auf die Dinge aufzugeben. Verständnis ist Balsam für die Seele, gerade dann, wenn man nicht mit dem Partner übereinstimmt. Verständnis macht Veränderung beim anderen aber auch wahrscheinlicher. Viele Paare glauben, dass es gut für die Partnerschaft sei, wenn sie alles gemeinsam unternehmen. Das Gegenteil ist der Fall: Wer innerhalb der Beziehung eigene Wege geht, der trägt zu ihrer Stabilität bei.

Wer immer alles gemeinsam mit dem Partner unternehmen will, der muss mit vielen Kompromissen leben. Das geht zu Anfang einer Beziehung oft sehr gut, wenn beide Partner noch auf Wolke sieben schweben. Doch wenn der Alltag einkehrt, beginnt derjenige, der sich zu oft den Wünschen des anderen anpasst, unzufrieden zu werden. Christian Thiel rät: „Lassen Sie es nicht so weit kommen. Stärken sie ihre Beziehung, indem Sie ohne den Partner eigene Wege gehen. Fragen Sie sich, was Sie gerne gemacht haben, bevor Sie Ihren Partner kennen gelernt haben.“ Quelle: „Was glückliche Paare richtig machen“ von Christian Thiel

Von Hans Klumbies