Serge Latouche vertritt das Konzept der Wachstumsrücknahme

In der jüngsten Zeit ist in den unterschiedlichsten Medien der Begriff „Degrowth“ zu lesen. Selbst die Politik beschäftigt sich seit Neuestem mit der Wachstumsrücknahme – nicht nur die Grünen. Serge Latouche fügt hinzu: „Außerdem steht Degrowth im Mittelpunkt der zunehmend militanten regionalen wie lokalen Proteste gegen Großprojekte.“ In Italien und Frankreich und neuerdings auch in Spanien und Belgien bilden sich spontan Gruppen die dem unendlichen Wachstum kritisch gegenüberstehen. Sie organisieren Demonstrationen und Protestmärsche und richten Netzwerke ein. Außerdem ist der wachstumskritische Ansatz die Basis von individuellen wie gemeinschaftlichen Aktionen. Dazu zählen auch Zusammenschlüsse von Verbrauchern, die einen bewusst schlichten Lebensstil propagieren. Serge Latouche ist emeritierter Professor für Wirtschaftswissenschaften der Universität Paris-Sud. Der Ökonom und Philosoph gilt als einer der wichtigsten Vordenker des französischen Konzepts der Rücknahme des Wachstums.

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Das Kartell der Rohstoffhändler macht gigantische Gewinne

Der Zugang zu Rohstoffen ist für die Weltwirtschaft von zentraler Bedeutung. Schon heute machen die Rohstoffe nach Gewicht rund zwei Drittel des Welthandels aus. Umso bedrohlicher ist für Gerhard Schick die Konzentration wirtschaftlicher Macht in diesem sensiblen Bereich. Fast jeder kennt das Kartell der Ölproduzenten – es heißt OPEC und ist staatlich organisiert. Damit sichern sich die Exportländer gewaltige Gewinne. Doch nicht nur beim Öl, sondern auch bei anderen Rohstoffen lassen sich kartellartige Strukturen beobachten. Hier sind es in der Regel private Firmen, die den Markt unter sich aufteilen. Als Beispiel nennt Gerhard Schick das Eisenerz, den Rohstoff für Stahl: Hier wird der Markt von drei Firmen dominiert, den multinationalen Bergbaugesellschaften Vale, Rio Tinto und BHP Billiton. Diese drei Konzerne kontrollieren 57 Prozent des weltweiten Handels. Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

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Wolfgang Kersting erklärt den Begriff der sozialen Gerechtigkeit

Mehr als zehn Jahre hat sich hat sich der Ökonom Friedrich August von Hayek intensiv damit befasst, den Sinn des Begriffs „soziale Gerechtigkeit“ zu ergründen. Dabei kam er zum Schluss, dass für eine Gesellschaft freier Menschen dieses Wort überhaupt keinen Sinn hat und nicht auf die Ergebnisse einer Marktwirtschaft angewendet werden kann. Gerechtigkeit hat für Friedrich August von Hayek nur einen Sinn als eine Regel für menschliches Verhalten. Wolfgang Kersting stellt klar, dass der Bergriff der sozialen oder distributiven Gerechtigkeit für Friedrich August von Hayek nur eine semantische Luftspiegelung beziehungsweise eine begriffliche Illusion darstellt. Wolfgang Kersting, emeritierter Professor für Philosophie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat sich vor allem mit den Themen Sozialstaat, Gerechtigkeit und Gesellschaftsordnung beschäftigt. Er veröffentlichte Bücher über Platon, Machiavelli, Thomas Hobbes, John Rawls sowie über Immanuel Kants Rechts- und Staatsphilosophie.

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Ein erfolgreicher Weg wird meistens nicht mehr verlassen

Es ist eine der Paradoxien des Erfolgs, dass die Dinge, die Menschen dahin gebracht haben, wo sie jetzt sind, nur selten auch die sind, die sie in der eroberten Erfolgsposition halten. Anja Förster und Peter Kreuz erklären, warum das so ist: „Dahinter steckt die duale Natur des Erfolgs: Erfolg erntet man, aber nur, wenn man ihn gesät hat. Wir sind erfolgreich, wenn wir einen Markt erschlossen haben. Wenn wir in unserem Job wissen, wie der Hase läuft. Wenn wir produktiv, professionell, strukturiert und effizient sind.“ Dann hat man einen sogenannten Lauf. Der Weg dorthin verläuft aber von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Aber ist der Weg einmal erfolgreich, wird er meistens nicht mehr verlassen. Anja Förster und Peter Kreuz gehören zu einer neuen Generation von Vordenkern für Wirtschaft und Management.

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Die meisten Europäer lehnen genmanipulierte Lebensmittel ab

Das geplante Freihandelsabkommen (TTIP) zwischen den USA und der Europäischen Union (EU) ist äußerst umstritten. Der deutsche Verbraucherschützer Thilo Bode bezeichnet sich prinzipiell als Befürworter des freien Handels, ist aber strikter Gegner von TTIP. Thilo Bode schreibt in seinem Buch „TTIP. Die Freihandelslüge“, dass die Befürworter von TTIP unter der Bevölkerung diffuse Ängste schüren. Er meint damit, dass in Deutschland beispielsweise das Argument gebracht wird, wenn sich die EU nicht mit den Amerikanern zusammentut, künftig asiatische Länder die Standards setzen. Thilo Bode ergänzt: „Das wird nicht näher begründet, aber es insinuiert, dass Europa wirtschaftlich abgehängt wird. Dafür gibt es aber überhaupt keine Evidenz.“ Außerdem kritisiert Thilo Bode, dass die Versprechungen der Industrie und der Politiker in Bezug auf Wachstum und Beschäftigung maßlos übertrieben sind.

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Abgelaufene Lebensmittel gehören nicht in den Abfall

Abgelaufen, aber doch essbar: Dan Cluderay verdient viel Geld mit dem, was die Hersteller von Lebensmitteln und Großhändler normalerweise wegschmeißen. Der Brite ist Geschäftsführer von Approved Food und betreibt einen Handel mit Lebensmitteln, der Mindesthaltbarkeitsdatum bald erreicht ist oder die es bereits überschritten haben. Dan Cluderay erklärt: „Wir sind der größte Handelsplatz für Produkte mit kurzer Haltbarkeit in Großbritannien. Sie würden in den Müll gehen, wenn wir sie nicht verkaufen würden.“ Der Unternehmer bietet vor allem Konserven, Haushaltswaren und Trockenprodukte an. In seinem Onlineshop sind aber unter anderem auch Zitronen, Äpfel oder Möhren zu finden. Rund 70 Prozent, so wirbt die Firma, können Konsumenten sparen, wenn sie bei Approved Food und nicht im regulären Supermarkt einkaufen. Der 40-Jährige Dan Cluderay profitiert bei seinem Geschäft von zwei Trends.

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Aus der Marktwirtschaft entwickelt sich eine Machtwirtschaft

Die Wirtschaftswelt hat immer wirtschaftliche, politische und militärische Macht gekannt. Dabei gibt es Phasen der Wirtschaftsgeschichte, in der Macht im Wirtschaftsleben eine größere Rolle gespielt hat als in anderen Zeiträumen, mit nachteiligen Auswirkungen für die wirtschaftlichen Entwicklungen. Gerhard Schick erklärt: „In den letzten Jahrzehnten hat sich eine Struktur globaler Konzerne herausgebildet, die unsere demokratischen Gemeinwesen, die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft bei der Erfüllung unserer Bedürfnisse, vor allem aber auch die Freiheit der Einzelnen bedroht.“ Immer weniger stimmt das in öffentlichen Reden gepriesene Bild der Markwirtschaft mit der Realität überein, immer deutlicher bilden sich die Strukturen einer Machtwirtschaft heraus. Wie die Monopolkommission zeigt, kommen die 100 größten Unternehmen in Deutschland auf einen Anteil der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung von 16,4 Prozent. Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

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Man muss den Kapitalismus vor den Kapitalisten schützen

Wenn es einen Begriff gibt, der alles Unbehagen am Kapitalismus und an der Marktwirtschaft verkörpert, dann ist es „neoliberal“. Der Neoliberalismus bezeichnet ungefähr dies: Marktradikalismus, Rückzug des Staates, Abbau der sozialen Leistungen und freies, eben liberales, Spiel der Kräfte im Wirtschaftsleben. Natürlich wissen Ökonomen, dass man damit den Begründern der neoliberalen Schule des wirtschaftswissenschaftlichen Denkens in den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts Unrecht tut. Walter Eucken, Alfred Müller-Armack, Alexander Rüstow und Wilhelm Röpke waren alles als Marktradikale. Politisch waren sie freiheitlich und so bürgerlich, wie es gerade in Deutschland eher selten ist. Von Wilhelm Röpke gibt es zum Beispiel eine klar geschriebene „Lehre von der Wirtschaft“, ein Grundlagenlehrbuch der Ökonomie. Dort finden sich Argumente, die auf viele heutige Probleme passen und die Klischees über den Neoliberalismus widerlegen.

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Der Kern der weltweiten Finanzkrise ist eine Schuldenkrise

Mit der Deregulierung der Finanzmärkte wurde das Versprechen zusätzlichen Wohlstand zu schaffen nicht eingelöst. Denn es wurden in großem Umfang keine Vermögen, sondern nur Scheinvermögen geschaffen. Ein relevanter Teil des Wachstums der letzten Jahre hat gar nicht wirklich stattgefunden. Gerhard Schick erklärt: „Immer wenn Banken über einen längeren Zeitraum hinweg überdurchschnittlich viele Darlehen vergeben, steigt die Wahrscheinlichkeit von Finanzkrisen drastisch an.“ Dabei sind es nicht irgendwelche Kredite, die gefährlich werden, sondern spekulative. Es ist also gesamtwirtschaftlich von größter Bedeutung, wofür Kredite benutzt werden. Es kann eigentlich nur solange gut gehen, wie die Fähigkeit einer Volkswirtschaft, Erträge zu erwirtschaften, in mindestens gleichen Maße steigt wie die Schulden. Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

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Bei der Arbeit kommt es immer mehr auf den Sinn an

Glücklich sein, Erfüllung finden, einen Sinn erkennen – was im privaten Alltag längst der Anspruch ist, hält mehr und mehr auch im Berufsleben Einzug. Theo Wehner, Arbeits- und Organisationspsychologe an der ETH Zürich, sagt: „Heute geht es nicht mehr nur um Zufriedenheit, sondern um Sinnhaftigkeit bei der Arbeit.“ Die Ergebnisse von Umfragen in der Arbeitswelt sind allerdings ernüchternd: Nur gerade etwas mehr als zehn Prozent der Angestellten weltweit sind ihn ihrem Job glücklich, Tendenz stagnierend. Dass der Sinn in der Arbeit für die Leistung einer Firma entscheidend ist, haben Wissenschaftler und Experten längst herausgefunden. McKinsey schreibt im Quarterly vom Januar 2013: „Die Opportunitätskosten von fehlendem Sinn bei der Arbeit sind enorm.“ Denn fehlen Drive und Motivation – die Produktivität kann dann sogar bis auf ein Fünftel fallen.

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Zertifikate im Bereich der Nachhaltigkeit sind eigentlich irrelevant

Mathias Binswanger kritisiert an der Nachhaltigkeit, dass es zwar immer mehr Zertifikate und Labels gibt, aber kein nachhaltiges Wirtschaften. Die Zertifizierung und Verlabelung von Unternehmen und Produkten ist inzwischen zu einem eigenen Business geworden, mit denen eine Vielzahl privater und staatlicher Unternehmen und Büros beschäftigt sind. Mathias Binswanger fügt hinzu: „Man glaubt, dadurch die Spreu vom Weizen trennen zu können und die Nachhaltigkeit der Wirtschaft zu fördern. Und so gibt es inzwischen eine Unmenge an Labels und Zertifikaten, deren Bedeutung praktisch niemand mehr durchschaut.“ Das ist allerdings eher von geringfügiger Bedeutung, da innerhalb kurzer Zeit sowieso alle wichtigen Unternehmen im Besitz dieses Qualitätsbescheinigungen sind. Fast alle Produkte werden dann mit einem grünen Punkt oder Blauen Engel verkauft, und es gibt nur noch Weizen, aber keine Spreu mehr. Mathias Binswanger ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Solothurn.  

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Der Rang in der Hierarchie wird über Statussymbole ausgedrückt

Schon im Jahr 1974 stellt der amerikanische Ökonom Richard Easterlin die Frage, ob höhere Einkommen für alle, wenn sie nur gerecht verteilt wären, auch das Glück aller mehren würden. Er beantwortete diese Frage mit einem klaren Nein. Denn wenn die Menschen alle gleichzeitig reicher werden, verschieben sich auch die Ansprüche in einer Gesellschaft. Die Zufriedenheit einer Person hängt stark davon ab, was andere besitzen. Sobald man seine Grundbedürfnisse befriedigen kann, scheint all der Wachstumswahn am Ende in immer größeren Anteilen ein Nullsummenspiel für die menschliche Zufriedenheit zu werden. Gerhard Schick nennt den Grund: „Denn dann geht es nicht mehr darum, absolut glücklicher zu werden, sondern sich besser zu stellen als andere. Der grüne Politiker Gerhard Schick gilt als einer der versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

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Deutschland liegt im Welthandel im Jahr 1910 mit an der Spitze

Zwischen 1870 und 1913 versechsfachte sich die industrielle Produktion in Deutschland. Vor allem das rasante Tempo der Industrialisierung rief vor allem im Ausland Staunen hervor. In den 1860er Jahren hatte der deutsche Anteil der Weltindustrieproduktion nur 4,9 Prozent betragen, während Großbritannien fast 20 Prozent erwirtschaftete. Schon im Jahr 1913 hatte Deutschland einen höheren Anteil an der Weltproduktion als Großbritannien: 14,8 zu 13,6 Prozent. Der andere große Aufsteiger dieser Jahrzehnte war die USA, die ihren Anteil bis zum Jahr 1913 auf sagenhafte 32 Prozent steigern konnten. Ulrich Herbert fügt hinzu: „Auch beim Welthandel gehörte Deutschland um 1900 mit Großbritannien und den USA zu den drei führenden Nationen.“ Ulrich Herbert zählt zu den renommiertesten Zeithistorikern der Gegenwart. Er lehrt als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.

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Ständiges Wachstum macht die Menschen nicht zufriedener

Gerhard Schick stellt sich die Frage, ob die Menschen nicht immer mehr eingespannt sind in ein Hamsterrad wirtschaftlicher Entwicklung, das zwar mehr produziert, aber den Wohlstand des Einzelnen nicht mehrt, ihn nicht glücklicher macht, sondern ihm sogar schadet. In den letzten Jahrzehnten wurde den Menschen immer wieder eingebläut: „Wachstum schafft Wohlstand.“ Die meisten Deutschen konzentrieren sich voll auf Wachstum, Wachstum und noch einmal Wachstum und erheben damit ein Mittel zum Zweck. Gerhard Schick kritisiert: „Unsere Gesellschaft hat sich die Debatte über das „gute Leben“, die so alt ist wie die menschliche Philosophie, abgewöhnt. Diese Debatte schien irgendwann entbehrlich zu sein, weil bei wachsendem Wohlstand jeder auf seine Façon glücklicher werden kann.“ Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

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Industriell erzeugte Lebensmittel verursachen Krankheiten

Fast jeder kennt das Gefühl, sich nach dem Kauf eines Produktes geärgert zu haben, weil man es gekauft hat. Dabei gibt es Einzelfälle, die es immer wieder geben wird, wenn beispielsweise das gekaufte Obst nicht reif ist. Was Gerhard Schick dagegen beobachtet, ist, dass es ganze Bereiche gibt, in denen – häufig für den Kunden schwer erkennbar – schlechte Produkte sehr zahlreich sind. Und er fragt sich: „Ist das die Wirtschaft, die wir wollen? Wo es ganze Produktgruppen gibt, die dem Kunden keinen Nutzen bringen oder ihm sogar schaden?“ In dem Discounter gegenüber seiner Wohnung besteht zum Beispiel etwa ein Sechstel der Verkaufsfläche aus Junkfood, also aus süßen Riegeln und Knabbereien und so. Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

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Die Wirtschaftspolitik in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte

Makroökonomie bedeutet die Steuerung der Wirtschaft eines Staates oder einer Region wie der Europäischen Union. Allerdings wird das Thema oft gnadenlos vereinfacht. Für die Anhänger von John Maynard Keynes geht es in der Makroökonomie um die kurzfristige Steuerung der Gesamtnachfrage. Konservative dagegen wollen die Staatverschuldung möglichst niedrig halten. Beide Sichtweisen sind zu sehr auf einen Punkt fixiert. Denn richtig verstanden, sollte sich die Makroökonomie um das wirtschaftliche Wohlergehen der nächsten Generation kümmern. So gesehen ist die deutsche Wirtschaftspolitik nach Meinung vieler Ökonomen gut ausgerichtet, dennoch fehlen ihr einige wichtige Dimensionen. Zuerst einmal konzentriert sich die deutsche Wirtschaftspolitik zu Recht auf Fundamentaldaten. Eine gesunde Wirtschaft hängt vom Fortschritt in der Technik, von der globalen Wettbewerbsfähigkeit, flexiblen Löhnen, einem niedrigen bis mäßigen Schuldenstand sowie von einer niedrigen Inflation ab.

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Wolfgang Streeck hat dem Kapitalismus nie über den Weg getraut

Wolfgang Streeck ist einer der bedeutendsten Sozialforscher Deutschlands. Der Zusammenbruch der Lehman-Bank am 15. September 2008 hat aus ihm einen enttäuschten Pessimisten gemacht, der zuvor nur als Skeptiker von sich reden machte. Kein anderer Sozialwissenschaftler außerhalb der Wirtschaftswissenschaften hat sich in seinem Leben so intensiv mit dem Kapitalismus beschäftigt wie Wolfgang Streeck. Er hat dieses Wirtschaftssystem immer kritisch betrachtet und ihm eigentlich nie über den Weg getraut. Wolfgang Streeck behielt immer die Sorge, dass, wenn man nicht aufpasst, Demokratie und Gesellschaft von den Märkten beschädigt werden und die Wirtschaft deshalb in die Gesellschaft eingebettet bleiben müsse. Ein reiner Markt ohne soziale und politische Kontrolle und Korrektur, so Wolfgang Streecks Befürchtung, fliegt am Ende selbst den bedingungslosen Anhängern des Marktes um die Ohren.

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Staatseingriffe sind nur bei Versagen des Marktes gerechtfertigt

Folgt man einigen überkommenen ökonomischen Theorien, sollen in solchen Fällen Staatseingriffe gerechtfertigt sein, wenn ein Versagen des Marktes droht. Im Wesentlichen sind dabei folgende Fälle als Marktversagen anerkannt: das Vorliegen externer Effekte, Informationsasymmetrien, Marktmacht und die Schaffung sogenannter öffentlicher Güter. Externe Effekte treten laut Daniel Zimmer dann auf, wenn Handlungen unmittelbare und nicht über Märkte vermittelte Auswirkungen auf daran zunächst unbeteiligte Personen haben. Daniel Zimmer nennt ein Beispiel: „Ein Produzent, der Schadstoffe einfach in ein öffentliches Gewässer leitet, verlagert die Kosten seines Handelns (Umweltbelastung) auf Dritte, etwa die Allgemeinheit.“ Das Recht kann nun auf verschiedene Weisen reagieren: Es könnte zum Beispiel bestimmte Emissionen durch öffentliches Ordnungsrecht verbieten oder die Emissionen mit einem Preis versehen, damit die Kosten dem Umweltsünder auferlegt werden. Professor Daniel Zimmer ist Vorsitzender der Monopolkommission und Direktor des Center for Advanced Studies in Law and Economics der Universität Bonn.

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Amerikanische Aktien verloren in 3 Jahren 90 Prozent ihres Werts

Am 24. Oktober 1929 lösten sich in kurzer Zeit an der New Yorker Börse elf Milliarden Dollar in Luft auf, was damals 1,5 Prozent des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts entsprach. Für Wirtschaftshistoriker ist diese sogenannte „Schwarze Freitag“ der Katastrophentag schlechthin, der Beginn der Weltwirtschaftskrise. Während der heißen Phase der Finanzkrise 2008 schien einiges dafür zu sprechen, dass sich die Katstrophe von 1929 wiederholen würde: Die mit Krediten finanzierten Aktien- und Immobilienkäufe, dazu die Ansteckungsgefahr auf den international verflochtenen Finanzmärkten. Doch der 24. Oktober 1929 war in Wirklichkeit gar nicht der größte Börsencrash der Geschichte, denn der Aktienhandel ging an diesem Tag mit einem verkraftbaren Verlust von 2,1 Prozent vom Parkett. Denn das Schlimme kam erst später. Es wurde durch vermeidbare Fehler der Politik in Amerika und Europa verursacht. Zunächst zeigt es sich mit einer gewissen Verzögerung, dass die Aktienkurse immer noch zu hoch waren.

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Das Bildungswesen braucht keine künstlichen Wettbewerbe

Heute wird Bildung generell als etwas Großartiges angesehen, von dem man gar nicht genug bekommen kann. Und alle politischen Parteien sind sich zumindest in einer Sache einig: Investitionen in Bildung beziehungsweise Humankapital sollten möglichst hoch ausfallen. Es herrscht die Meinung vor, dass es ein großer Vorteil ist, Kinder möglichst früh einzuschulen. Umso besser ist es auch, wenn möglichst viele jungen Menschen studieren oder Weiterbildungskurse belegen. Mathias Binswanger fügt hinzu: „Und weil man das glaubt, braucht es natürlich auch künstliche Wettbewerbe, damit sich Menschen immer mehr um Bildung bemühen und sich die Anbieter wie Schulen und Universitäten beziehungsweise die über ihnen stehenden Behörden stets anstrengen, diese Bildung immer noch besser an den Mann und die Frau zu bringen.“ Mathias Binswanger ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten und Privatdozent an der Universität St. Gallen.

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Google ist heute das Synonym für die digitale Moderne

Die Wirtschaftsgeschichte ist gespickt mit Geschichten von mächtigen großen Unternehmen, die über kleine Firmen stolperten, die sie lange nicht wahrgenommen haben. Zum Beispiel wurde der finnische Handyhersteller Nokia im November des vergangenen Jahres zum großen Teil an Microsoft verkauft. Dies geschah im letzten Moment, aus blanker Not. Nokia hatte zuvor den globalen Handymarkt fest im Griff. Nur leider haben sie übersehen, dass ein Computerbauer ihnen ins Geschäft funkte. Apple erfand das Smartphone, mit dem die Menschen weniger telefonieren als surfen. Der Abstieg vom Weltkonzern zum Pleitekandidaten dauerte nicht einmal fünf Jahre. Auch Microsoft war ein Fast-Monopolist mit der faktischen Lizenz zum Gelddrucken. Das Unternehmen aus Seattle dominierte 20 Jahre lang den weltweiten Markt für PC-Software. Längst haben aber Konkurrenten das Geschäft von Microsoft angenagt.

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Die EZB verstößt gegen EU-Recht und deutsches Recht

Auf Drängen der internationalen Finanzmärkte und der überschuldeten Euro-Südstaaten öffnete Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), die Geldschleusen. Es handelt sich dabei um den Großaufkauf verbriefter Unternehmenskredite, Nullzinsen und subventionierte Bankkredite. Gunnar Beck kritisiert: „Außerdem verkündete der Italiener das Ende des EZB-Preisstabilitätsgebots. Staatsanleihenkäufe stehen weiterhin zur Debatte. Ab Oktober können marode Banken riskante Kredite bündeln und die Ramschpapiere an die EZB verkaufen.“ Nach der Einschätzung von Gunnar Beck wird dabei allerdings übersehen, dass die geplanten Maßnahmen sowohl EU-Recht als auch deutsches Verfassungsrecht verletzen. Denn mit dem Ankauf verbriefter Unternehmens- und Immobilienkredite steigt die EZB direkt in die Unternehmensfinanzierung ein. Kreditverbriefungen oder Asset Backed Securities (ABS) verschleiern Risiken und gelten als Hauptgrund für die US-Finanzkrise. Gunnar Beck ist Professor für EU-Recht, ehemaliger Regierungsberater und Fachanwalt für EU-Recht in London.

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In Deutschland breitet sich das Neobiedermeiertum aus

Dass Deutschland in naher Zukunft Innovationsweltmeister wird, ist so wahrscheinlich wie die Annahme, dass der nächste Fußballweltmeister San Marino heißt. Denn innovative, unternehmerische, risikobereite Menschen, dazu Wissenschaftler, Kreative oder auch nur die sogenannten Querdenker abseits des Massengeschmacks und Stromlinienform haben es in Deutschland schwer. Es herrschen hierzulande Normen und Traditionen, wenn nicht gar retroselige Rückwärtsgewandtheit. Schon der Begriff der Innovation – sprich der Erneuerung – löst bei vielen Deutschen geradezu juckende Allergien aus. Denn die Deutschen leben in einem Land, das die Bereitschaft zur Empörung pflegt. Die Gesellschaft retardiert sich immer mehr und sieht sich vom Burnout bedroht. Ein Neobiedermeiertum übernimmt immer mehr die Vorreiterrolle. Wer in Deutschland Visionen hat, wird nicht befördert oder gefördert, sondern im schlimmsten Fall zum Arzt geschickt.

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Vermögenspreisblasen und riesige Schulden bedrohen Europa

Seit Anfang Juli 2014 ist Isabel Schnabel offiziell Mitglied der fünf Wirtschaftsweisen, als einzige Frau des Quintetts. In der 50jährigen Geschichte des Sachverständigenrates der Bundesrepublik ist sie erst die dritte Frau in diesem Gremium. Das liegt ihrer Meinung daran, dass der Sachverständigenrat seinen Nachwuchs nur aus der Professorenschaft rekrutieren kann: „Und da gibt es zu wenige Frauen, die infrage kommen. In den Wirtschaftswissenschaften gibt es zwar viele Studentinnen und Doktorandinnen, aber dann kommt der große Knick.“ Isabel Schnabel hat in ihrer Karriere allerdings nicht erlebt, dass Männernetzwerke für Frauen geschlossen blieben, da die Mechanismen in diesem Bereich viel subtiler ablaufen. Isabel Schnabel ist Finanzökonomin und lehrt seit 2009 an der Universität Mainz. Zuvor hat sie unter anderem an der US-Universität Harvard und am Max-Planck-Institut für Gemeinschaftsgüter in Bonn geforscht.

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Die Zinsen der Europäischen Zentralbank sind nicht zu niedrig

 

Eine Welle der Empörung ist in Deutschland durch eine winzige Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgelöst worden. Der allgemeine Vorwurf lautet, dass die EZB damit den Marktzins außer Kraft gesetzt hat. Gleichzeitig wird dadurch eine gefährliche Immobilienblase entfacht, und das alles nur, um den Südländern, die sich um Reformen drücken, das Schuldenmachen zu erleichtern. Dieser Ablehnung kann Peter Bofinger nicht zustimmen: „Die Kritik an der EZB krankt schon daran, dass der deutsche Sparer auch zu Zeiten der D-Mark über Jahre hinweg für das Geld auf dem Sparbuch Zinsen bekommen hat, die unter der Inflationsrate lagen.“ Der Volkswirt Peter Bofinger ist seit 2004 Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung – den sogenannten „Wirtschaftsweisen“. Er lehrt als Professor an der Universität Würzburg.

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