Seit 1971 ist keine Währung mehr durch Edelmetall gedeckt

Papier war jahrhundertelang bloß Anweisung auf Geld: Wechsel, die auf bestimmte Münzbeträge ausgestellt wurden. Geld selbst aber war nur die Münze. Erst als Ende des 17. Jahrhunderts ein privates Konsortium von Kaufleuten die Bank von England gründete, die sich erbot, die Schulden des Königs zu bezahlen, wenn ihr dafür gestattet würde, diese Schulden in Papier darzustellen und unter königlichem Schutz als nationale Banknoten kursieren zu lassen, da entstand das Modell der modernen Zentralbank – mit dem Privileg, nationales Papiergeld zu drucken. Christoph Türcke fügt hinzu: „Zunächst nur so viel, wie Münzen an den König bezahlt worden waren. Papier sollte immer nur Münzen repräsentieren und durch sie gedeckt sein.“ Prof. Dr. Christoph Türcke war bis zu seiner Emeritierung 2014 Professor für Philosophie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig.

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Serge Latouche geißelt die Maßlosigkeit des Wirtschaftssystem

Laut Professor Dominique Belpomme (französischer Krebsforscher) sind fünf Szenarien denkbar, wie die Menschheit aussterben könnte: Erstens durch einen gewaltsamen Selbstmord wie etwa einem Atomkrieg. Zweitens durch den Ausbruch extrem schwerer Krankheiten, wie zum Beispiel einer Pandemie oder Unfruchtbarkeit aufgrund eines nicht reversiblen demografischen Verfalls. Drittens durch die Erschöpfung der natürlichen Ressourcen. Viertens durch die Zerstörung der Artenvielfalt und fünftens durch die extremen physikalisch-chemischen Veränderungen der anorganischen Umwelt wie das Verschwinden des stratosphärischen Ozons und den zunehmenden Treibhauseffekt. Für Serge Latouche gehen solche Überlegungen an dem Hauptproblem vorbei: „Der Logik der Maßlosigkeit unseres Wirtschaftssystems.“ Serge Latouche ist ein französischer Ökonom und Philosoph, Professor a.D. der Universität Paris-XI und gilt als einer der Vertreter des Konzepts der Rücknahme des Wirtschaftswachstums.

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Soft skills spielen in allen Brachen eine immer größere Rolle

Das richtige Management der Gefühle hat, dank des Einsatzes von Arbeitspsychologen, in nahezu jeder Branche Einzug gehalten. Ulrich Schnabel erklärt: „Allerorten sind „soft skills“ gefragt, kommunikative Fähigkeiten, einfühlsames Denken und Begeisterungsvermögen, nicht nur gegenüber Kunden, sondern auch innerhalb eines Unternehmens.“ Insbesondere in den Vorstandsetagen pflegt man einen modernen emotionalen Stil. Mitarbeiter werden heute nicht mehr angebrüllt, sondern motiviert; die polternden Chefs von einst, die ihr Unternehmen mit harter Hand und lautstarker Autorität führten, gehören zunehmend der Vergangenheit an. Die modernen Manager haben gelernt, mit Empathie zu führen. Sie sagen öfters „wir“ als „ich“ und verstehen sich nicht mehr nur als Antreiber. Viele verstehen sich als oberster „Ermöglicher“, der fürsorglich dafür zuständig ist, dass andere ihren Job erledigen können. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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Das Verbot eines Marktes ist ungeschicktes Marktdesing

Alvin E. Roth nennt eine Transaktion abstoßend, wenn einige Menschen diese tätigen wollen, während andere sie davon abhalten wollen. Die Arten abstoßender Transaktionen, die Alvin E. Roth am meisten interessieren, sind diejenigen, bei denen ist nicht leicht ist, genau zu bestimmen, warum einige Menschen an ihnen Anstoß nehmen. Ökonomen sagen, dass Transaktionen „negative Externalitäten“ haben, wenn sie Menschen schaden, die nicht an den Transaktionen beteiligt sind. Dabei ist zu beachten, dass „abstoßend“ nicht das Gleiche ist wie „ekelhaft“. Zudem kann etwas in einer Region als abstoßende empfunden werden, während es in einer anderen ganz in Ordnung ist, und es kann abstoßend für manche Menschen sein, für andere dagegen nicht. Im Jahr 2012 erhielt Alvin E. Roth den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Der Wirtschaftsprofessor lehrt an der Stanford University.

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Auktionen sind Matching-Märkte

Auf Stellenmärkten wie der der Paarvermittlung können Menschen ihr Interesse auf vielfältige Art und Weise signalisieren. Das Internet hat einige neue Möglichkeiten eröffnet, aber Menschen haben auch Zehntausende von Jahren damit verbracht, Mittel und Wege zu ersinnen, um leicht zu verstehende Signale des Interesses zu senden. Alvin E. Roth ergänzt: „Interessanterweise sind viele Signale, die sich am leichtesten interpretieren lassen, zugleich diejenigen, deren Sendung, in einem gewissen Sinne, auf aufwendigsten, am kostspieligsten sind.“ Auf Arbeitsmärkten kann ein Motivationsschreiben im Rahmen einer Stellenbewerbung ein starkes Signal des Interesses vermitteln. Es zeigt, dass der Bewerber sich die Zeit genommen hat, sich genauer über die Stelle zu informieren, für die er sich bewirbt. Im Jahr 2012 erhielt Alvin E. Roth den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Der Wirtschaftsprofessor lehrt an der Stanford University.

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Roboter und Algorithmen geben das Tempo der Arbeitswelt 4.0 vor

Josef Käser, Vorstandschef von Siemens, warnt Aktionäre und Mitarbeiter vor neuen Erschütterungen: „Schnelligkeit, Anpassungsfähigkeit und Veränderungsbereitschaft sind mehr denn je gefordert. Unordnung ist die neue Weltordnung.“ Siemens ist überall. „Change“ heißt im Manager-Denglisch die alles beherrschende Überlebensweisheit der Wirtschaftswelt. Wolfgang Kaden blickt zurück: „Während in früheren Zeiten, bis in die Siebziger des vorigen Jahrhunderts hinein, die Unternehmen vielleicht alle zehn Jahre ein Reformprogramm durchliefen, löst heutzutage eine Umorganisation die nächste ab.“ Man nennt das: „Never stop reorganizing.“ Und kaum einer fragt, ob die unmittelbar Betroffenen, die Mitarbeiter, dieses Tempo mitgehen können oder wollen. Die Geschwindigkeit und Häufigkeit von Veränderungen wird wie ein Naturgesetz vorgegeben – vom Wettbewerb, von der Technik, von der Beraterzunft. Wolfgang Kaden gehört zu den renommiertesten Wirtschaftsjournalisten Deutschlands.

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Clemens Fuest unterscheidet zwei Arten von Deflation

Die Situation der Wirtschaft in Deutschland und ganz Europa ist schwierig, aber deutlich besser als in der massiven Krise vor acht Jahren. Die Inflation liegt derzeit bei null Prozent, das Ziel ist zwei Prozent. Insofern kann Clemens Fuest die Motive der Europäischen Zentralbank (EZB) nachvollziehen, die den Leitzins auf null gedrückt hat und massenweise Staatsanleihen aufkauft. Aber Clemens Fuest merkt kritisch an: „Die EZB versucht eben auch, mit den niedrigen Zinsen die hoch verschuldeten Krisenstaaten zu entlasten. Das ist aber nicht ihre Aufgabe. Sie versucht außerdem die Konjunktur anzuheizen. Aber man kann sich fragen, ob das alles wirksam ist.“ Allerdings darf man nicht vergessen, dass die Zinsen nicht allein von der EZB gemacht werden. Clemens Fuest ist seit dem 1. April 2016 Präsident der angesehensten deutschen Forschungseinrichtung in Sachen Ökonomie, des Ifo-Instituts in München.

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Der Staat hat für sichere Märkte zu sorgen

Märkte sicher zu machen ist eines der ältesten Probleme des Marktdesigns, das weit vor die Erfindung der Landwirtschaft zurückreicht, als Jäger Axtköpfe und Pfeilspitzen tauschten. Archäologen finden sie heute an Stellen, die Tausende von Kilometern von dem Ort ihrer Herstellung entfernt liegen. Alvin E. Roth nennt ein anderes Beispiel: „In jüngerer Vergangenheit waren Könige im mittelalterlichen Europa unter anderem dafür verantwortlich, Händlern eine sichere Passage auf den Wegen von und zu den Märkten und Messen zu gewährleisten.“ Ohne das Versprechen einer sicheren Passage hätten diese Märkte nicht funktioniert; sie wären so riskant gewesen, dass sie nicht viele Teilnehmer angelockt hätten. Und wenn diese Märkte versagt hätten, hätten die Königreiche niemals den Wohlstand erreicht, den Märkte direkt und über die Steuern, die auf sie erhoben werden, erzeugen. Im Jahr 2012 erhielt Alvin E. Roth den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Der Wirtschaftsprofessor lehrt an der Stanford University.

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Der schnellste Markt ist der Finanzmarkt

Märkte können nicht nur durch frühe Transaktionen davon abgehalten werden, jene Dichte zu erreichen, die sie brauchen, um gut zu funktionieren. Manchmal bewegen sich Märkte auch zu schnell. Alvin E. Roth erläutert: „Schnelligkeit kann einen Markt entweder florieren lassen oder zugrunde richten. Schnelligkeit hilft den Teilnehmern in einem dichten Markt, eine Vielzahl potentieller Transaktionen rasch zu beurteilen und zu verarbeiten. Aber manchmal führt die Beschleunigung von Märkten auch dazu, dass sie schlechter funktionieren.“ Schnelligkeit kann potentiell dichte Märkte ausdünnen, weil nicht jedem alles an einem dichten Markt gefällt. Käufer wählen in der Regel gern unter vielen Anbietern aus, und die wiederum sehen gern viele Käufer. Im Jahr 2012 erhielt Alvin E. Roth den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Der Wirtschaftsprofessor lehrt an der Stanford University.

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Märkte entwickeln sich ständig weiter

Marktdesign ist so allgegenwärtig, dass es, vom täglichen Aufwachen an, praktisch jeden Aspekt des menschlichen Lebens betrifft. Die Umwandlung eines Produktes in eine Ware beeinflusst nicht nur, wie es gekauft und verkauft wird, sondern auch, was produziert wird. Ein wesentlicher Aspekt des Marktdesigns hängt mit dem menschlichen Verhalten zusammen. Alvin E. Roth erklärt: „In den letzten Jahren haben Verhaltensökonomen traditionelle ökonomische Annahmen auf den Kopf gestellt, weil sie erkannten, dass Menschen nicht gnadenlos berechnend und rein eigennützig handeln, und Marktdesigner vergeben große Chancen, wenn sie dies vergessen.“ Die Lektion, die man beherzigen muss, wenn man gewöhnliche Märkte betrachtet, lautet, dass Marktplätze nicht nur die Probleme lösen müssen, die damit verbunden sind, einen dichten Markt zu erzeugen, „Verstopfung“ zu verhindern und dafür zu sorgen, dass die Teilnahme sicher und einfach ist. Vielmehr müssen sie diese Probleme immer wieder neu lösen, denn Märkte entwickeln sich weiter.“ Im Jahr 2012 erhielt Alvin E. Roth den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Der Wirtschaftsprofessor lehrt an der Stanford University.

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Die alten ökonomischen Regeln scheinen außer Kraft gesetzt

Die Europäische Zentralbank (EZB) kauft bis auf Weiteres jeden Monat für 80 Milliarden Euro Staatsanleihen und neuerdings auch Schuldpapiere von Unternehmen. Das bedeutet letztendlich auch, frisch gedrucktes Geld unter die Leute zu bringen. Für Wolfgang Kaden ist das hochgradig unsolide. Er kritisiert die schöne neue Wirtschaftswelt: „Kredite gibt es zum Nulltarif; die Notenbanken rund um den Erdball bunkern inzwischen tonnenweise Schuldpapiere der Regierenden; und wer Geld spart, muss womöglich mit Strafabschlägen rechnen.“ Die alten ökonomischen Regeln von ehrbarer kaufmännischer Rechnung scheinen außer Kraft gesetzt. Die Verschuldung, die schon in den vergangenen Jahrzehnten eine bemerkenswerte Häufung von Krisen und Crashs beschert hat, wird mit Hilfe der Notenbanken in immer lichtere Höhen getrieben. Wolfgang Kaden, der ehemalige Chefredakteur des „Spiegels“ und des „Manager Magazins“ gehört zu den renommiertesten Wirtschaftsjournalisten in Deutschland.

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Für den Begriff „cool“ gibt es keine Richtlinien

Alexander Goebel hat in seinem Leben viele coole Menschen kennengelernt. Die ersten waren die GIs, die US-amerikanischen Besatzungssoldaten, mit denen er Anfang der 1960er zusammentraf. Sie vermittelten ihm ein völlig neues Bild von Lebenslust, zwischenmenschlichem Umgang und der radikalen Trennung von Arbeit und Freizeit. Alexander Goebel erklärt: „Diese Typen in Jeans, Turnschuhen und blütenweißen T-Shirts waren einfach cool, wie sie sprachen, wie sie sich bewegten, wie sie miteinander umgingen.“ Das war eine Erleuchtung für Alexander Goebel und zugleich eine Vorgabe, außerhalb der bundesdeutschen Direktiven für Spaß und Benehmen im öffentlichen Raum. Er hat sie geliebt, er hat von ihnen gelernt, und sie haben seinen Horizont radikal erweitert. Alexander Goebel ist seit 40 Jahren erfolgreich im Emotionsgeschäft unterwegs.

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Die Ethik fordert Grenzen für die Märkte

Märkte brauchen Grenzen vor allem dort, wo es um ethische Regeln geht. Gerhard Schick nennt als Beispiele den Handel mit Menschen oder geschützten Tierarten, die quälerische Verarbeitung von Tieren in der Fleischproduktion oder den Export von Waffen, deren grausames Zerstörungswerk man hinterher bedauert. Gerade in der globalisierten Wirtschaft kommt es hier zur Schizophrenie. Während viele Menschen im unmittelbaren Umfeld genau auf die Einhaltung bestimmter Werte achten, blenden sie häufig komplett aus, was am Anfang der Wertschöpfungskette der Produkte steht, die sie im Kaufhaus oder im Internethandel erstehen. Denn es fehlen in diesen Fällen zum einen in der Regel die Informationen, zum anderen schafft der Markt aber auch Distanz und Anonymität, was es offenbar leichter macht, moralische Einstellungen hintanzustellen. Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

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Schon Aristoteles kannte die Effizienz der Arbeitsteilung

Effizienz durch Arbeitsteilung ist natürlich keine Erfindung aus den Zeiten des großen Nationalökonomen Adam Smith, der von 1723 bis 1790 lebte. Schon der geniale griechische Philosoph Aristoteles erwähnt sie. Rupert M. Scheule ergänzt: „Die Neuerung der letzten beiden Jahrhunderte war aber, dass das Prinzip der Arbeitsteilung gewissermaßen zivilisationsprägend wurde.“ Die ersten Gesellschaftsbereiche, wie etwa die Wissenschaft, begannen bereits im Hochmittelalter ein Eigenleben zu führen, nach ihren besonderen Gesetzen und eigenen Zielen. Danach setzte sich diese sogenannte funktionale Differenzierung flächendeckend im Abendland durch. Die Folgen waren gewaltig. So setzt es natürlich erhebliche Spezialisierungsgewinne frei, wenn sich beispielsweise die Wirtschaft nur um die Wirtschaft kümmern darf. Rupert M. Scheule ist Professor für Moraltheologie und Christliche Sozialwissenschaft an der Theologischen Fakultät Fulda.

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Unternehmen sollten mehr auf Co-Produktion setzen

Die Kommunikation ist ein Fundament der Kultur. Diese lässt sich zwar erweitern, durchaus auch unterdrücken, aber nie verändern oder gar auslöschen. Die Chinesen versuchen es seit sechzig Jahren erfolglos in Tibet. Alexander Goebel bedauert, dass nach wie vor und unverändert in sehr vielen Unternehmen die Unkultur vorherrscht, dass oben die Beschlüsse gefasst und nach unten befohlen werden. Alexander Goebel ergänzt: „Es wird erwartet, dass diese verstanden und umgehend umgesetzt werden. Geschieht das nicht, gibt es personelle Konsequenzen. So läuft Retro-Management.“ Nilofer Merchant sagt in ihrem Bestseller „The New How“, in dem sie für kollaborative Strategien in modernen Unternehmen wirbt, dass es wichtig wäre, keinen Einzelkampf mehr zu führen, sondern zur Co-Produktion zu finden. Alexander Goebel ist seit 40 Jahren erfolgreich im Emotionsgeschäft unterwegs.

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Nach dem 2. Weltkrieg wird Europa zweigeteilt

Vom 4. bis zum 11. Februar 1945, drei Monate vor der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands, trafen die Staats- und Regierungschefs der Sowjetunion, der USA und Großbritanniens, Josef Stalin, Franklin D. Roosevelt und Winston Churchill, in Jalta zusammen, um die Nachkriegsordnung festzulegen. Thomas Seifert erklärt: „Die Welt sollte hinkünftig aufgeteilt werden, wobei die USA und die Sowjetunion de facto die Spaltung Europas in zwei Einflusssphären, zwei Wirtschaftsblöcke und zwei Militärallianzen beschlossen.“ Aber nicht nur die Landkarte Europas sollte neu gezeichnet werden, auch die Weltwirtschaft sollte neu geordnet werden. Die USA und Großbritannien legten auf dem Reißbrett fest: Mehr Macht über die Märkte für Regierungen, ein Ende der Spekulationen und der Panikattacken an den Börsen durch Kapitalverkehrskontrollen und eine straffe Kontrolle des neue geschaffenen Internationalen Währungsfonds (IWF) würden darüber wachen, dass kein Land seinen Wechselkurs zum eigenen Vorteil manipuliert. Thomas Seifert ist stellvertretender Chefredakteur und Leiter der Außenpolitik bei der Wiener Zeitung.

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Die Weltbevölkerung produziert täglich 3,5 Millionen Tonnen Müll

„Reduzieren“ bedeutet für Serge Latouche zunächst einmal, eine Produktionsweise und ein Konsumverhalten zu entwickeln, die sich weniger negativ auf die Biosphäre auswirken. Dabei geht es vor allem darum, den Überkonsum zu beschränken und die weitverbreitete Wegwerfmentalität abzulegen. Serge Latouche kritisiert: „80 Prozent der auf den Markt gelangenden Güter werden, wenn überhaupt, nur ein einziges Mal benutzt, bevor sie direkt in den Abfalleimer geworfen werden.“ Im Jahr 2013 produzierte die Weltbevölkerung rund 3,5 Millionen Tonnen Müll pro Tag. Die Industrieländer in Europa und Nordamerika produzieren dabei den meisten Müll: Ein Europäer 522 Kilogramm Hausmüll pro Jahr, ein Amerikaner 675 Kilogramm. Serge Latouche ist emeritierter Professor für Wirtschaftswissenschaften der Universität Paris-Sud. Der Ökonom und Philosoph gilt als einer der wichtigsten Vordenker des französischen Konzepts der Rücknahme des Wachstums.

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Ulrich Herbert beschreibt die Weltwirtschaftskrise von 1929

Am 24. Oktober 1929 brachen die Aktienkurse an der New Yorker Börse ein. Daraus entwickelte sich innerhalb sehr kurzer Zeit eine zunächst auf die USA begrenzte, dann weltweit spürbare Wirtschaftskrise in einer bis dahin nie gekannten Größenordnung und Reichweite. Ulrich Herbert erklärt: „Die kurzfristigen Ursachen für diesen Börsenkrach ließen sich leicht klären: Im Vertrauen auf die Fortsetzung der Hochkonjunktur waren in den USA Spekulationsgelder in großer Höhe vor allem in Industriewerten angelegt und dadurch die Produktionskapazitäten deutlich ausgedehnt worden.“ Als die ersten Anzeichen einer Krise der Überproduktion sichtbar wurden und die Aktienkurse der großen Industrieunternehmen nachzugeben begann, brach unter den Aktionären eine Panik aus. Ulrich Herbert zählt zu den renommiertesten Zeithistorikern der Gegenwart. Er lehrt als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.

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Die soziale Ungleichheit nimmt weiter zu

Lohndumping ist einer der Faktoren für die steigende Ungleichheit in Deutschland und bedeutet im Grunde nichts anderes, als dass die Früchte der Produktion immer mehr jenen zugutekommen, die Karl Marx Kapitalisten nannte, und immer weniger jenen, die er als Proletariat bezeichnete und die man heute Prekariat nennt. Thomas Seifert erklärt: „Diese Entwicklung beschleunigt die Dynamik der privaten Kapitalakkumulation, die zwangsläufig zu einer immer stärkeren Konzentration von Reichtum und Macht in den Händen weniger führt, wie Marx im 19. Jahrhundert annahm.“ Thomas Piketty schreibt in seinem Bestseller „Das Kapital im 21. Jahrhundert“: „Durch die Fortschritte und die Ausbreitung des Wissens konnte die marxistische apokalyptische Vision zwar vermieden werden, aber dadurch hat sich an den Tiefenstrukturen des Kapitals und den Ungleichheiten nichts geändert.“ Thomas Seifert ist stellvertretender Chefredakteur und Leiter der Außenpolitik bei der Wiener Zeitung.

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Immobilienmärkte stehen oft im Zentrum einer Finanzkrise

Ein Markt, der bei Finanzkrisen häufig im Zentrum steht, ist der Immobilienmarkt. Ob in Spanien, Irland oder in den USA – die Immobilienblase war in diesen Ländern der Kern der Finanzkrise und hat sie ökonomisch an den Abgrund geführt. Aber auch in anderen Ländern gab es Schwierigkeiten bei der Immobilienfinanzierung. In Ungarn zum Beispiel haben Immobilienkäufer ihre Häuser über Fremdwährungen finanziert, insbesondere in Schweizer Franken. Als diese Währung in der Krise massiv aufwertete, waren ihre Kredite plötzlich extrem schwer zu bedienen. Umso mehr muss man laut Gerhard Schick aufmerken, wenn jetzt viel Kapital nach Deutschland strömt: „Viele Investoren versuchen, ihr Geld angesichts der Unsicherheit an den Finanzmärkten in „Betongold“ sicher anzulegen.“ Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

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Das Prinzip der Marktwirtschaft ist außer Kraft gesetzt

Die Marktwirtschaft liegt einer klugen Idee zugrunde, die seit den Zeiten von Adam Smith nichts an ihrer Faszination verloren hat. Gerhard Schick erklärt: „Diese Idee besteht darin, dass der Einzelne nur dann mit seinen Wünschen Erfolg hat, wenn er den anderen einen Dienst erweist.“ Da Menschen nicht nur finanzielle Ziele haben, müsste es eigentlich auch in einer Marktwirtschaft möglich sein, dass andere als finanzielle Ziele von Relevanz sind. Das Dumme ist nur, dass in der heutigen Machtwirtschaft dieser Grundgedanke immer weniger funktioniert. Es gibt Finanzprodukte, die den Kunden am Ende sogar ärmer machen, weil sie von Anfang an nur auf Profit der Anbieter, Emittenten und Vermittler sowie auf Übervorteilung der Anleger ausgelegt sind. Daneben gibt es immer mehr Nahrungsmittel, die der Gesundheit schaden.

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Die Politik hat ihre Vorherrschaft an die Wirtschaft verloren

Die Welt erlebt nun seit einigen Jahren eine dreifache Krise. Thomas Seifert nennt sie beim Namen: „Eine Krise des Kapitalismus, die mit dem Beinahe-Kollaps der Weltwirtschaft nach dem Lehman-Pleite am 15. September 2008 offenbar geworden ist, eine Krise der westlichen (Parteien-) Demokratie, die die Probleme nicht lösen kann, und – durch die Verschiebung des Schwerpunkts des Globus von West nach Ost – eine Krise der Weltordnung, des Global Governance Systems.“ Die drei Krisen sind miteinander verwoben, bedingen und verstärken einander, und ein Ende ist nicht in Sicht. Die Wirtschaft hat die zentrale Funktion der Steuerung der Gesellschaft übernommen, die Vorherrschaft der Politik ist längst verloren. Die Wähler haben verstanden, dass die Politik das Gesetz des Handelns an die Ökonomie abgetreten hat, und strafen die politischen Akteure mit Ignoranz, Misstrauen, Totalverweigerung oder Anti-Politik. Thomas Seifert ist stellvertretender Chefredakteur und Leiter der Außenpolitik bei der Wiener Zeitung.

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Das Versprechen vom ständigen Wirtschaftswachstum ist falsch

Das alte Versprechen vom ständigen Wachstum der Wirtschaft hat in eine Sackgasse geführt. Es hat die Menschen glauben lassen, dass es ihnen allen besser geht, wenn die Märkte sich selbst überlassen werden. Gerhard Schick kritisiert: „Der Wunsch nach immer steigendem materiellem Wohlstand hat dazu beigetragen, dass ein Deregulierungspolitik Unterstützung fand, die den Absturz in der Finanzkrise und eine gefährliche Ansammlung wirtschaftlicher Macht zur Folge hatte.“ Dabei war dieses Versprechen auch mehrfach falsch: Es hat erstens häufig zu Scheinvermögen geführt, nicht zu realem Wohlstand. Zweitens hat die Mehrheit der Menschen in den letzten Jahren gar nicht profitiert. Für die meisten verbesserten sich die Lebensverhältnisse gar nicht, sondern sie mussten trotz Wirtschaftswachstum Verluste des Einkommens hinnehmen, während insbesondere größer Vermögen weiter angewachsen sind. Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

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Die Abkehr vom Wachstum ist ein politisches Projekt

Mehr als je zuvor werden im Namen der Wirtschaftsentwicklung die Bevölkerungen ganzer Länder und ihr konkretes, lokales Wohlergehen auf dem Altar eines abstrakten, an keinen Ort mehr gebundenen Wohlstands geopfert. Serge Latouche stellt fest: „Wachstum ist heute nur rentabel, wenn seine Kosten auf die Natur, zukünftige Generationen, die Konsumenten, die Beschäftigten und vor allem die Länder des Südens abgewälzt werden.“ Deshalb ist seiner Meinung nach der Bruch mit der Wirtschaftsideologie notwendig. Aber genau das Gegenteil ist heute der Fall: Alle modernen Regime stützen sich auf die Steigerung der Produktivität. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich dabei um Republiken, Diktaturen oder totalitäre Systeme handelt. Serge Latouche ist emeritierter Professor für Wirtschaftswissenschaften der Universität Paris-Sud. Der Ökonom und Philosoph gilt als einer der wichtigsten Vordenker des französischen Konzepts der Rücknahme des Wachstums.

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Der homo oeconomicus ist ein Zerrbild

Der homo oeconomicus gilt als Grundlage wissenschaftlicher Modelle und beschreibt einen Menschen, dessen Interesse sich lediglich auf die Maximierung seines persönlichen Nutzens in Form eines immer höheren Einkommens reduziert. Für Gerhard Schick ist das ein Zerrbild des Menschen, denn eine Politik, die sich daran orientiert, kann dem Menschen nicht gerecht werden. Der Mensch ist nämlich kein rationaler, egoistischer Maximierer seines Nutzens – und die Gesellschaft ist mehr als ein Markt. Gerhard Schick erklärt: „Der Markt ist ein Teil der Gesellschaft und sollte sie nie in ihrer Gesamtheit prägen. Vielmehr sollten Gesellschaften darüber entscheiden, welche Aspekte des menschlichen Zusammenlebens wettbewerblich-marktwirtschaftlich und welche Aspekte anders organisiert werden.“ Welche Güter wie bereitgestellt werden, ist das Ergebnis von gesellschaftlichen Werteentscheidungen. Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

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