Byung-Chul Han geißtelt die totalitären Züge der Transparenz

Die Medien, Politiker, die Kirchen und viele andere gesellschaftliche Gruppen fordern neuerdings immer und überall Transparenz. Byung-Chul Han, Professor für Philosophie und Kulturwissenschaften an der Universität der Künste in Berlin, ist wegen dieser allgegenwärtigen Forderung sehr beunruhigt, da sie inzwischen seiner Meinung nach totalitäre Züge annimmt. Für ihn klingt „transparent machen“ so, als würde man gnadenlos aus- und durchgeleuchtet wie mit einem Nacktscanner. Ihn interessiert vor allem die Dimension der Gewalt, die in dem Phänomen der Transparenz innewohnt. Byung-Chul Han bestreitet nicht, dass Transparenz Machtmissbrauch, Vetternwirtschaft und Korruption verhindern kann, beklagt aber, dass sich die Forderung nach Transparenz inzwischen gegen jede Form der Macht wendet. Seiner Meinung nach darf man Macht nicht auf die Möglichkeit des Missbrauchs reduzieren.

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Bertrand Russell stellt eine Idealismustheorie auf

Bertrand Russell versteht unter dem Idealismus die Lehre, dass alles, was existiert, oder doch wenigstens alles, von dem wir wissen können, dass es existiert, in irgendeinem Sinne geistig beziehungsweise bewusstseinsähnlich sein muss. Den ersten Versuch einen erkenntnistheoretisch begründeten Idealismus aufzubauen, stammt laut Bertrand Russell von Bischof George Berkeley. Er bewies zunächst, dass man nicht annehmen darf, unsere Sinnesdaten existieren unabhängig von uns, sondern dass sie im Bewusstsein sein müssen, in dem Sinne, dass es sie nicht geben würde, wenn es kein Sehen, Hören, Berühren, Riechen oder Schmecken gäbe.

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Rettung und Gefahr gehen in Europa fließend ineinander über

Konrad Paul Liessmann stellt sich die Frage, ob sich das europäische Projekt durch folgende Formulierung beschreiben ließe: „Eine fließende Grenze zwischen Rettung und Gefahr.“ Seiner Meinung nach lässt sich zurzeit nirgendwo das Wechselspiel zwischen Grenzaufhebung, Grenzüberschreitung und Grenzziehung so gut studieren wie in Europa. Das Projekt der Europäischen Union lebt laut Konrad Paul Ließmann in hohem Maße vom Pathos der gefallenen und fallenden Grenzen, andererseits wird allmählich aber deutlich, dass dieses Projekt nur eine politische Zukunft hat, wenn Grenzen gezogen werden. Er erklärt: „Die Bedeutungslosigkeit alter europäischer Binnengrenzen korrespondiert so nachdrücklich mit der für viele so unüberwindlichen Schranke, die durch die Schengen-Grenze aufgerichtet ist.“ Konrad Paul Liessmann ist Professor für Philosophie der Universität Wien. Zu seinen bekanntesten Büchern zählen „Die Theorie der Unbildung“ und „Das Universum der Dinge.“

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Für Kinder hat die Zeit etwas Magisches und Spielerisches an sich

Den Begriff der Zeit definiert der deutsche Philosoph Hans Blumenberg wie folgt: „Zeit ist das am meisten Unsrige und doch am wenigsten Verfügbare.“ Der Mensch erfährt die Zeit stets qualitativ, aber er vermag dem Zeitlichen auch selbst Qualitäten zu verleihen. Für Karlheinz A. Geißler ist er deshalb nicht nur Opfer, sondern auch Täter des Zeitlichen. Der Mensch erfährt sich im Netzwerk der Zeit, er ist dabei zugleich Schauspieler und Zuschauer in einem Stück, dass er selbst geschrieben hat und immer weiter fortschreibt. Karlheinz A. Geißler zitiert in diesem Zusammenhang den argentinischen Schriftsteller Luis Borges: „Die Zeit ist ein Strom, der dich mitreißt, aber du bist der Strom; sie ist ein Tiger, der dich zerfleischt, aber du bist der Tiger; sie ist ein Feuer, das dich verzehrt, aber du bis das Feuer.“ Professor Dr. Karlheinz A. Geißler lehrt, lebt und schreibt in München. Eine der amüsantesten Erfindungen der Menschheit, die Zeit, hat er zu seinem Lebensthema gemacht.

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Der Nationalstaat verliert immer mehr an Macht

In der Gegenwart lassen sich die Begriffe Macht und Staat nur noch schwer ohne Brüche zusammendenken. Es wird von fast niemandem mehr bezweifelt, dass der Staat an die Grenzen seiner Möglichkeiten gekommen ist. Aber wo genau sich dieser Punkt befindet, ist laut Konrad Paul Liessmann mehr denn je fraglich geworden. Denn vom Staat haben die Bürger offenbar immer zu viel oder zu wenig. Wenn der Staat praktisch in eine Vaterrolle schlüpft, spricht man von Paternalismus. Konrad Paul Liessmann definiert den paternalistischen Staat wie folgt: „Der Staat, das ist der ausufernde, alle Lebensbereiche umfassende, für- und vorsorgende Sozial- und Wohlfahrtsstaat, der aus freien Bürgern unmündige, im Anspruchsdenken verhaftete, letztlich verwahrloste Empfänger von Transferleistungen macht.“ Konrad Paul Liessmann ist Professor für Philosophie der  Universität Wien. Zu seinen bekanntesten Büchern zählen „Die Theorie der Unbildung“ und „Das Universum der Dinge.“

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Rudolf Eucken philosophiert über die Macht des Schicksals

Das Schicksal der Menschen ist so unterschiedlich, dass daraus unvermeidlich viel Verstimmung, Missmut und Zweifel entspringt. Das menschliche Handeln und Ergehen hat laut Rudolf Eucken bestimmte Voraussetzungen, da es durch seine Umgebung bedingt und in festen Zusammenhängen steht. Versucht ein Mensch solche Bindungen abzuschütteln und sich lediglich auf sich selbst zu konzentrieren, führt sein Leben ins Leere und in die Vereinsamung. Mit der Abhängigkeit scheint der Mensch unter die Macht eines dunklen Schicksals, ja eines blinden Zufalls zu geraten, der dem einem freundlich, dem anderen feindlich gesinnt ist. Den ersten treffen vernichtende Schicksalsschläge, dem anderen erfüllt sich alles nach seinen Wünschen. Der eine muss schmerzlich auf das verzichten, was dem anderen in Überfluss zufällt. In dem allen spielen kleine Dinge, scheinbare Zufälle eine große Rolle und entscheiden über wichtigste Fragen des Lebens.

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Seneca siedelt den Geist weit über dem Körper an

Um sich Seelenruhe zu verschaffen, erforscht Seneca zuerst sich selbst und erst später seine Umwelt. Der Körper ist für ihn eine Last und eine Strafe für den Geist, der von ihm eingezwängt und in Fesseln gehalten wird. Dieser Zustand ändert sich aber, wenn die Philosophie auftaucht und dem Geist befiehlt, beim Betrachten des Naturgeschehens aufzuatmen und ihn von der Erdenwelt ins Göttliche entrückt. Seneca schreibt: „Darin erweist sich ja des Geistes Freiheit, sein Umherschweifen: er entzieht sich zuweilen der ihm auferlegten Bewachung und stärkt sich im Himmelslicht.“ Der Geist der sich in der trübseligen und dunklen Behausung des Körpers nicht wohl fühlt, strebt deshalb sooft er nur kann, ins Freie und erquickt sich an der Betrachtung der Natur.

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Cicero unterscheidet zwei Arten der Ungerechtigkeit

Laut Cicero gibt es zwei Ausprägungen der Ungerechtigkeit. Die erste kommt bei Menschen vor, die Unrecht verursachen, die zweite bei denjenigen, das Unrecht von denen nicht fernhalten, denen es angetan wird, obwohl die die Macht hätten, dagegen einzuschreiten. Denn wer ungerechterweise einen Angriff auf jemanden unternimmt, sei es aus Zorn oder irgendeiner anderen Erregung heraus, der scheint gleichsam die Hand gegen seinen Nächsten zu erheben. Wer sich aber gegen dieses Unrecht nicht wehrt und ihm nicht entgegentritt, wenngleich er es könnte, steht ebenso in der Schuld, wie wenn er seine Eltern, seine Freunde oder seine Vaterstadt verraten hätte.

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Erich Fromm macht sich Gedanken über den Glauben

Wenn keine Hoffnung mehr besteht, ist für Erich Fromm das Leben tatsächlich oder potentiell zu Ende. Denn die Hoffnung ist ein dem Leben selbst innewohnendes Element. Sie ist Ausdruck der Dynamik des menschlichen Geistes. Laut Erich Fromm steht sie in engem Zusammenhang mit einem anderen Element des Lebens, nämlich mit dem Glauben. Erich Fromm definiert den Glauben wie folgt: „Glauben heißt, von etwas noch nicht Bewiesenem überzeugt zu sein, ist ein Wissen um die realen Möglichkeiten, bedeutet sozusagen einer „Schwangerschaft“ gewahr zu werden. Glaube ist dann rational, wenn es sich dabei um das Wissen um das Wirkliche, aber noch Ungeborene handelt. Er gründet sich auf ein Wissen und Verstehen, das unter die Oberfläche dringt und den Kern wahrnimmt.“

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Walter Benjamin analysiert das Naturrecht und das positive Recht

Die Aufgabe einer Kritik der Gewalt umschreibt Walter Benjamin als die Darstellung ihres Verhältnisses zu Recht und Gerechtigkeit. Denn zur Gewalt im eigentlichen Sinne des Wortes wird eine wie immer wirksame Ursache erst dann, wen sie in sittliche Verhältnisse eingreift. Walter Benjamin erklärt: „Die Sphäre dieser Verhältnisse wird durch die Begriffe Recht und Gerechtigkeit bezeichnet.“ Das elementarste Grundverhältnis einer jeden Rechtsordnung ist seiner Meinung nach dasjenige von Zweck und Mittel. Zudem ist Walter Benjamin klar, dass Gewalt zunächst nur im Bereich der Mittel, nicht der Zwecke aufgesucht werden kann. Der deutsche Philosoph, Literaturkritiker und Übersetzer Walter Benjamin wurde am 15. Juli 1892 in Berlin geboren. Am 26. September 1940 nahm er sich auf der Flucht vor der Gestapo an der spanischen Grenze das Leben.

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Die Vernunft setzt sich gegen das Glück der Menschen durch

Die idealistische Philosophie der bürgerlichen Epoche hatte das Allgemeine, das sich in den isolierten Menschen durchsetzen sollte, unter dem Titel der Vernunft zu verstehen versucht. Der Mensch erscheint als ein gegen die anderen in seinen Trieben, Gedanken und Interessen vereinzeltes Ich. Die Überwindung dieser Vereinzelung, der Aufbau einer gemeinsamen Welt geschieht laut Herbert Marcuse durch die Reduktion der konkreten Individualität auf das Subjekt des bloßen Denkens, das vernünftige Ich. Herbert Marcuse erklärt: „Die Gesetze der Vernunft bringen unter Menschen, deren jeder zunächst nur seinem besonderen Interesse folgt, schließlich eine Gemeinsamkeit zustande.“ Dabei können einige Formen der Anschauung und des Denkens als allgemeingültig sichergestellt werden. Aus der Vernünftigkeit eines Individuums lassen sich gewisse allgemeine Maximen des Handelns gewinnen.

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Rudolf Eucken stellt den Grundcharakter des geistigen Lebens vor

Den Ausgangspunkt zur Selbstbestimmung bildet für Rudolf Eucken die Frage, ob das Leben eines Menschen gänzlich innerhalb der Natur verläuft oder ob es darüber hinaus eine eigentümliche Art entwickelt. Rudolf Eucken hegt keinen Zweifel daran, dass der Mensch auch innerlich zunächst der Natur angehört, die ihn nicht nur von außen her umfängt, sondern sich auch tief in sein seelisches Leben hinein erstreckt. Aber das Seelenleben erschöpft sich nicht allein darin. Es durchbricht vielmehr in allen seinen Hauptentfaltungen wie dem Erkennen, dem Fühlen und dem Streben den dort gezogenen Rahmen der bloßen Natur. Die Erkenntnis im Bereich der Natur besteht für Rudolf Eucken in der Verknüpfung von einzelnen Eindrücken, dem Beharren und Speicherung dieser Empfindungen, woraus sich eine gewisse Verwebung und eine Art von Erfahrung ergeben.

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In der Neuzeit herrschen Intellektualismus und Naturalismus

Als den hervorstechendsten Zug, ja als die herrschende Macht des Ganzen in der Neuzeit, bezeichnet Rudolf Eucken das Zusammenwirken von Intellektualismus und Naturalismus, die sich einander sowohl widersprechen als auch ergänzen. Es herrscht bei beiden Einigkeit darüber, sich zu einer unpersönlichen Fassung des Lebens zu bekennen. Rudolf Eucken definiert: „Unpersönlich ist hier die geistige Tätigkeit, indem sie durch einen logischen Prozess getrieben wird, unpersönlich ist auch die Natur in ihrer Kraftentfaltung. Alles, was außerhalb des Bereiches dieses Zusammenwirkens der Intellektualkultur und der Naturalkultur liegt, das scheint hier der bloßen Meinung und dem bloßen Wahn anzugehören.“ Rudolf Eucken gibt allerdings zu, dass keineswegs das gesamte moderne Leben in dieses Maß eingeht, sondern bedeutende Züge entwickelt, die die gesetzten Grenzen durchbrechen, was in zwei Hauptrichtungen geschieht: durch eine moderne künstlerische Kultur und durch das Fortwirken der christlichreligiösen Lebensordnung.

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Die Welt ist eine Unendlichkeit von Möglichkeiten

Die meisten Menschen glauben, die Angst sei bloß ein unangenehmes Gefühl, das man verhindern und ausschalten kann. Etwa durch den Kauf von Goldbarren, durch die Einnahme von Ernährungsergänzungsmittel oder durch eine Psychotherapie. Für die Philosophin Rebekka Reinhard ist die Angst aber viel mehr. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Existenz. Durch sie erfährt das Individuum die Unbestimmtheit seines Schicksals. Sie folgt damit den Spuren des großen deutschen Philosophen Martin Heideggers, der die Angst eine Grundbefindlichkeit des Menschen genannt hat. In der Angst ist den Menschen unheimlich, da sie sich in einem Zustand des Nichts und des Nirgends befinden. Die alltägliche Vertrautheit ist verloren gegangen.

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Die zwei Schichten der Ideen des José Ortega Y Gasset

Wenn ein Mensch das Leben eines anderen Menschen verstehen will, muss er sich laut José Ortega Y Gasset ein Bild von seinen Ideen machen. Seit der Europäer einen historischen Sinn zu haben glaubt, ist das die elementarste Forderung. Unter den Ideen eines Menschen kann man sehr verschiedene Dinge verstehen, so beispielsweise die Gedanken, die er sich über dieses und jenes macht, und diejenigen, die seines Mitmenschen, die er sich zu eigen macht. Diese Ideen können die verschiedensten Grade der Wahrheit aufweisen und sogar wissenschaftliche Wahrheiten sein. Ob es nun einfache Gedanken des alltäglichen Lebens oder wissenschaftliche Theorien im strengen Sinne des Wortes sind, immer wird es sich um Einfälle handeln, die einem Menschen zufliegen, seine eigenen oder durch die Mitmenschen eingeflüsterte.

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Rudolf Eucken philosophiert über Ordnung und Freiheit

Die Natur, wie sie den Menschen als Dasein umgibt, zeigt ein bloßes Nebeneinander der Elemente. Dennoch gibt es dort einen inneren Zusammenhang, da das Leben hier in lauter gegenseitigen Beziehungen verläuft. Beim Menschen ist das anders. Rudolf Eucken, der 1908 den Nobelpreis für Literatur erhielt, erklärt: „Wo immer dagegen geistiges Leben sich regt, da entsteht das Verlangen nach einer Überwindung jenes Nebeneinander und nach Herstellung eines inneren Zusammenhanges, ja nach einem Ganzen des Lebens; alle einzelnen Hauptrichtungen der geistigen Arbeit enthalten ein Hinausstreben über einen Gegensatz und fordern irgendwelche Einigung.“ Das Streben nach Wahrheit will die Trennung von Mensch und Ding, von Subjekt und Objekt, von Denken und Sein überwinden.

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Walter Benjamin klärt über die dunkle Seite der Erfahrung auf

Den Kampf um Verantwortlichkeit kämpft der Mensch laut Walter Benjamin mit einem Maskierten. Die Maske des Erwachsenen heißt für ihn „Erfahrung“. Sie ist ohne Ausdruck, undurchdringlich, hat immer das gleiche Aussehen. Walter Benjamin schreibt: „Alles hat dieser Erwachsene schon erlebt: Jugend, Ideale, Hoffnungen, das Weib. Es war alles Illusion.“ Oft sind die Menschen eingeschüchtert und verbittert. Vielleicht sogar mit Recht. Immer mehr befällt Walter Benjamin das Gefühl, dass die Jugend nur eine kurze Nacht sei, die mit Rausch erfüllt werden müsse. Danach kommt seiner Meinung nach nur noch die große „Erfahrung“, die Jahre der Kompromisse, die Armut der Ideen und eine zermürbende Schwunglosigkeit. So ist das Leben. Der deutsche Philosoph, Literaturkritiker und Übersetzer Walter Benjamin wurde am 15. Juli 1892 in Berlin geboren. Am 26. September 1940 nahm er sich auf der Flucht vor der Gestapo an der spanischen Grenze das Leben.

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Erich Fromm erörtert das vielgestaltige Phänomen der Hoffnung

Die Hoffnung ist für den Psychoanalytiker und Sozialphilosophen Erich Fromm ein entscheidendes Element für jeden Versuch, eine gesellschaftliche Veränderung in Richtung auf eine größere Lebendigkeit, höheres Bewusstsein und mehr Vernunft herbeizuführen. Für Erich Fromm heißt hoffen nicht, wie viele andere meinen, Begierden und Wünsche zu haben. Menschen die bessere Autos, größere Häuser und die neuesten Geräte haben möchten sind für ihn keine Menschen der Hoffnung, sondern einfach nur Menschen, die es nach mehr Konsum gelüstet. Erich Fromm spricht von Hoffnung, wenn der Gegenstand der Hoffnung kein Ding, sondern ein erfüllteres Leben, ein Zustand größerer Lebendigkeit oder eine Befreiung von der ewigen Langeweile ist. Es kann sich aber auch theologisch gesprochen, um eine Hoffnung der Erlösung handeln oder politisch gesagt, um die Hoffnung auf eine Revolution.

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Die Empfindung der Zeitnot ist ein kollektives Problem

Gemäß Ulrich Schnabel sind die üblichen Zeitspartechniken denkbar ungeeignet, um den Menschen zu mehr Muße zu verhelfen. Weder führt der mechanische Fortschritt in das ersehnte Paradies der endlosen Zeitfülle, noch macht eine verbesserte Organisation der Arbeit die Menschen zu entspannten Müßiggängern. Ulrich Schnabel schreibt: „Die Ursachen für das Gefühl des Gehetztseins liegen tiefer, und der erste Schritt zu einem entspannteren Leben besteht darin, sich zunächst einmal mit diesen Ursachen und unseren psychologischen Mechanismen und Wertvorstellungen auseinanderzusetzen.“ Dabei gilt es seiner Meinung nach vor allem, auch einige der populärsten Irrtümer über den Begriff der Muße auszuräumen. Ulrich Schnabel studierte Physik und Publizistik und arbeitet als Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „DIE ZEIT“.

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Die philosophische Erkenntnis soll das höchste Glück gewähren

Die Lehre, dass alle menschliche Erkenntnis ihrem Sinn nach auf die Praxis bezogen sei, gehörte zum Kernbereich der antiken griechischen Philosophie. Aristoteles vertrat die These, dass die erkannten Wahrheiten die Praxis leiten sollten, sowohl in den Erfahrungen des Alltags als auch in den Wissenschaften und Künsten. Die Menschen brauchen in ihrem Daseinskampf die Anstrengung der Erkenntnis, das Suchen nach der Wahrheit, weil ihnen nicht unmittelbar zugänglich ist, was das für sie Gute, Zuträgliche und Richtige ist. Aristoteles vertritt die Auffassung, dass alle Berufsgruppen in ihrem Sachgebiet über das rechte Wissen verfügen müssen, um so handeln zu können, wie es die jeweils wechselnde Situation erfordert. Aristoteles betont so den praktischen Charakter jeder Erkenntnis, macht aber laut Herbert Marcuse einen bedeutenden Unterschied zwischen den verschiedenen Erkenntnissen.

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Walter Benjamin hinterfragt das Wesen der sittlichen Bildung

Walter Benjamin untersucht in einer kleinen theoretischen Abhandlung aus dem Jahr 1913, wie sich der Moralunterricht zu absoluten pädagogischen Forderungen verhält. Dabei stellt er sich auf den Boden der Ethik von Immanuel Kant, der zwischen Legalität und Moralität unterscheidet. Bei Immanuel Kant heißt es: „Bei dem, was moralisch gut sein soll, ist es nicht genug, dass es dem sittlichen Gesetz gemäß sei, sondern es muss auch um desselben Willen geschehen.“ Damit ist für Walter Benjamin zugleich eine weitere Bestimmung des sittlichen Willens gegeben: er ist frei von Motiven, ausschließlich bestimmt durch das Sittengesetz, die Norm, die da heißt: handle gut. Der deutsche Philosoph, Literaturkritiker und Übersetzer Walter Benjamin wurde am 15. Juli 1892 in Berlin geboren. Am 26. September 1940 nahm er sich auf der Flucht vor der Gestapo an der spanischen Grenze das Leben.

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Die Wendung des Menschen zu sich selbst verleiht ihm Sinn

Wenn der Mensch an der Existenz Gottes zu zweifeln beginnt, wenn die Weltvernunft ihm verblasst, ihm selbst die Natur bei aller äußeren Annäherung ihm innerlich fremd bleibt und in seinem Leben eine innere Leere zurücklässt, bleibt ihm laut Rudolf Eucken nur noch ein einziger Weg übrig, um seinem Dasein einen Sinn und Wert zu verleihen: die Wendung des Menschen zu sich selbst, die Durchbildung seines eigenen Kreises zur Betätigung aller Kraft und zu möglichst großem Glück. Das eröffnet dem Menschen eine neue Art von Leben und Sein. Denn von jetzt an wird er ganz und gar in das sichtbare Dasein gestellt, jetzt kann er unbeschränkt die hier vorhandenen Kräfte entfalten und ungehemmt alle Wege gehen. Der deutsche Philosoph Rudolf Eucken, der von 1846 bis 1926 lebte, wurde im Jahr 1908 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet.

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Hans-Martin Schönherr-Mann erklärt den Nutzen der Macht

Die Macht, wird je nach dem Weltbild, das ein Mensch besitzt, entweder verteufelt oder verherrlicht. Dabei wird sie laut Hans-Martin Schönherr-Mann zumeist mit der Gewalt verknüpft, auf die sie sich stützt, die für viele nötig erscheint, Macht zu erzeugen. Schon Mao Tse Tung hat gesagt, dass die Macht aus den Gewehrläufen kommt. Im 19. Jahrhundert und lange noch im 20. Jahrhundert glaubten viele Menschen, dass man durch die Anwendung von Gewalt, sei es in einer Revolution oder im Krieg, die Welt auf eine humanere Stufe führen könne. Selbst in der Gegenwart spricht man noch immer von der „humanen Intervention“, obwohl die Hoffnung auf die humanisierende Wirkung von Gewalt kläglich verpuffte. Prof. Dr. Dr. Hans-Martin Schönherr-Mann ist seit 2003 Professor für Politische Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

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Herbert Schnädelbach begibt sich auf die Spur der Vernunft

Im philosophischen Diskurs ist die Vernunft eines der wichtigsten Themen, denn laut einer alten Überlieferung soll sie es sein, die den Menschen von den übrigen Lebewesen unterscheidet. Immanuel Kant forderte zum Beispiel, man sollte den Menschen als animal rationale, also als vernunftfähiges Lebewesen bezeichnen. Herbert Schnädelbach schreibt: „In der Tat ist die Vernunft nicht eine unserer ständigen Eigenschaften, sondern nur ein Inbegriff von Fähigkeiten oder „Vermögen“, wie die Philosophen sagen, über die nur die Menschen verfügen; sonst haben wir ja fast alles mit den Tieren gemeinsam.“ Im philosophischen Denken trat die Vernunft niemals ganz allein auf, sondern hatte im Verstand ihren ständigen Begleiter. Vor seiner Emeritierung war Herbert Schnädelbach Professor für Philosophie an den Universitäten Frankfurt am Main, Hamburg und an der Humboldt-Universität in Berlin.

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Rudolf Eucken stellt die Lebensordnung des Naturalismus vor

Eine Lebensordnung des Naturalismus konnte nach der Auffassung von Rudolf Eucken nicht eher entstehen und sich in voller Klarheit zeigen, bevor das Bild der Natur alle Zutat seelischen Lebens verbannte. Zum Hauptziel der Forschung wird, seit dem Beginn der Neuzeit, die Natur in ihrer reinen Tatsächlichkeit zu erfassen. Alle innere Eigenschaft und seelenartiges Streben wird als eine Verfälschung aus ihr entfernt. Die Natur wird in ein Reich unbesselter Massen und Bewegungen umgewandelt, worin alles in einfachen und durchgehenden Formen, nach unveränderlichen Gesetzen geschieht. Dies vollzieht sich aus eigener Notwendigkeit, wobei die Sorge um das Wohl des Menschen ausgeklammert bleibt. Rudolf Eucken schreibt: „Von Anfang an bestand viel Neigung, dies Reich der Natur für das Ganze der Wirklichkeit auszugeben und zugleich alle Wissenschaft nach Art der Naturwissenschaft zu gestalten.“

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