Die gewollte Selbstentleibung ist beim Exzess ganz wesentlich

Beim Exzess geht es für Mirjam Schaub darum, das Maßlose zu wollen, mit der Übertreibung und dem Überschuss, aber auch mit dem Lächerlichen und Erbärmlichen darin einverstanden zu sein: „Für mich hat Exzess mit dem Furor der Wiederholung zu tun. Vielleicht ist es eine Art Vereinigungsfuror: Man versucht, sich mit etwas zu verbinden, das größer ist als man selbst.“ Deshalb kann sich Mirjam Schaub übrigens auch nicht vorstellen, dass jemand alleine exzessiv Spaß hat. Solch eine Ausgelassenheit ist nur in der Gruppe möglich, wo viele sich gegenseitig über die Schwelle helfen. Beim Exzess ist deutlich mehr Risiko und Wagnis dahinter als beispielsweise beim über die Stränge schlagen. Mirjam Schaub ist ausgebildete Journalistin, habilitierte Philosophin und seit 2012 Professorin für Ästhetik und Kulturphilosophie an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg.

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Rebekka Reinhard beklagt den Verlust der Phantasie

Der Mensch will die Realität, die ihm unübersichtlich erscheint, nicht noch komplizierter machen. Für Rebekka Reinhard scheint das Leben als eine Abfolge von Modulen, die sich der Mensch je nach Bedarf bestellt und wieder abbestellt, von der heutigen Wirklichkeit gar nicht mehr weit entfernt zu sein. Das Leben der Menschen ist voll von Gegenständen, die sie eigentlich nicht brauchen, aber zu denen sie sich doch irgendwie verhalten müssen. Der Mensch ist immer viel zu beschäftigt, um einmal nichts zu tun. Die wenigsten Menschen fragen sich warum sie das tun, was sie tun. In einer Welt, in der der Mensch für jede Frage einen Experten hat, der ihn zur besten Lösung führt, braucht niemand mehr an überflüssigem Leid zugrunde zu gehen.

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Seneca singt ein Loblied auf die Freundschaft

Für den Philosophen Seneca gibt es keinen reineren und feineren Genuss als eine treue, herzliche Freundschaft. Wir gut und befriedigend ist es für einen Menschen, gleichgestimmte Herzen zu kennen, denen man jedes Geheimnis sicher anvertrauen kann, deren Mitwissen weniger zu fürchten ist als das eigene. Seneca schreibt: „Ihre Gespräche beruhigen uns, ihre Ratschläge helfen uns weiter, ihre Munterkeit vertreibt unsere trüben Gedanken, ihr bloßer Anblick macht uns Freude.“ Er rät allerdings, sich nur für solche Freunde zu entscheiden, die von lasterhaften Leidenschaften frei sind, denn diese schleichen sich unvermutet ein, greifen ganz leicht auf die nächste Umgebung über und richten gerade im persönlichen Umgang viel Schaden und Unheil an.

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Bertrand Russell sucht die unumstößliche Erkenntnis

Eine der schwierigsten Fragen, die es in der Philosophie gibt, ist für Bertrand Russell folgende: Gibt es auf dieser Welt eine Erkenntnis, die so unumstößlich gewiss ist, dass kein vernünftiger Mensch daran zweifeln kann? Denn in der Philosophie spielt ein Unterschied eine große Rolle, nämlich der Unterschied zwischen Erscheinung und Wirklichkeit, zwischen dem, was die Dinge zu sein scheinen, und dem, was sie sind. Ein Maler beispielsweise will wissen, wie die Dinge, die er darstellt, erscheinen; der Praktiker und der Philosoph wollen wissen, was sie sind. Dabei ist der Erkenntnisdrang des Philosophen in der Regel stärker als der des Praktikers.

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Viele Menschen befinden sich auf der Flucht vor dem Eros

Das griechisch Wort Eros, das in alle europäischen Sprachen übernommen worden ist, ist für Josef Pieper weit weniger eindeutig, als es mancher Interpret behauptet. Sein Bedeutungsfeld ist reich dimensioniert. Platon zum Beispiel nennt all das folgende Eros: „Die am Leibhaftig Schönen sich entfachende Zuneigung; den rauschhaften gottgesandten Wahnsinn; den Impuls der philosophierenden Bedenkung von Welt und Existenz; die Kraft des Aufstiegs zur Schau des Göttlich-Schönen.“ Sophokles gebraucht das Wort Eros im Sinne der „leidenschaftlichen Freude“. Dabei wird hier die wesentliche Zusammengehörigkeit von Liebe und Freude in den sprachgebräuchlichen Sinn von Eros mit hineingenommen. Für die alten Lateiner wie Aristophanes, Plautus oder Terenz war Sex kein Thema. Was sie interessierte, war amor. Josef Pieper, der von 1904 bis 1997 lebte, war ein deutscher christlicher Philosoph.

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Arthur Schopenhauer verfügte über eine enorme Originalität

Arthur Schopenhauer (1788 – 1860) ist für Vittorio Hösle einer der größten Stilisten unter den deutschen Philosophen. Wo Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 – 1831) nur sprachgewaltig ist, ist Arthur Schopenhauer zugleich unübertrefflich klar und elegant. Vittorio Hösle rät jedem, der deutsch zu schreiben wagt, seinen Essay „Über Schriftstellerei und Stil“ zu lesen. Vittorio Hösle fügt hinzu: „Sein phänomenologischer Blick ist durchdringend, die Fülle seiner Interessen ähnlich enzyklopädisch wie bei Hegel, sein architektonisches Talent beim Systembaubeachtlich.“ Die Originalität Arthur Schopenhauers ist enorm. Er ist es, der die seit den Griechen bestehende Logosphilosophie radikal herausgefordert hat, ohne auf die flache und ebenfalls seit der Antike vertraute Alternative des Materialismus zu verfallen. Vittorio Hösle ist Paul Kimball Professor of Arts and Letters an der University of Notre Dame (USA).

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Die Leistungsträger sind das Lebenselixier des Kapitalismus

Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling hält den Willen für die eigentliche Substanz des Menschen, die keineswegs nur im Dienste des Glücks und der Selbsterhaltung steht. Vielmehr wohnt dem Willen ein destruktiver Moment inne, der dafür sorgt, dass der Mensch das, was er will, durch sein Wollen zunichte macht. Laut Svenja Flaßpöhler ist dieser Pessimismus für die Philosophie des 19. Und 20. Jahrhunderts tonangebend. Vor allem für jene Arthur Schopenhauers, für den die Welt ihrem Wesen nach Wille, die menschlichen Vorstellungen von und die Erfahrungen in ihr nichts weiter sind als dessen Manifestationen. So lautet die Kernaussage des Schopenhauer`schen Hauptwerks „Die Welt als Wille und Vorstellung“. Svenja Flaßpöhler erklärt: „In diesem Werk wird der Mensch als ein Wesen entlarvt, das durch einen unpersönlichen, überindividuellen, an keinen Gott mehr gebundenen Wille bestimmt und getrieben wird. Svenja Flaßpöhler ist Stellvertretende Chefredakteurin des Philosophie Magazins.

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Der Dichter Novalis sagt: „Glück ist das Talent für das Schicksal“

Der Wortursprung des Wortes für Glück liegt beim zufälligen Glück und nicht bei dem Glück, von dem die Menschen meinen, sie könnten es selbst bestimmen. Die Glücksforscherin Sonia Laszlo erklärt: „Es passieren einem immer wieder Dinge, die eben Glück oder Unglück sind, daher bedeutet das Glück in vielen Sprachen Zufall.“ Es handelt sich dabei um etwas, das einfach passiert und nicht um etwas, das der menschliche Geist konstruiert und beeinflusst. Die Menschen unterscheiden nur im Gegenwort von Glück, und zwar zwischen Unglück und Pech. Die Kommunikationswissenschaftlerin und Schauspielerin Sonia Laszlo befasst sich mit dem „Glücklichsein“ und Film in Europa sowie in den USA. Die Journalistin ist in Medien und am Institut für Europäische Glücksforschung tätig, Gastvortragende an Universitäten und schreibt an ihrer Dissertation.

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Immanuel Kant: „Die Vernunft bestimmt den Willen“

Der menschliche Wille, was soll er nicht alles sein: ein innerer Kompass und ewiger Antrieb, Garant des Erfolges und unerschöpfliche Quelle der Lust. Doch gerade in entscheidenden Situationen erweist sich der Wille oft als schwach und orientierungslos. Svenja Flaßpöhler stellt deshalb die Frage, woher der Mensch also weiß, was er wirklich will. Weiß er es zum Beispiel durch rationale Abwägung und Kontrolle seiner Begierden? Oder offenbart sich sein wahrer Wille gerade im dunklen, irrationalen Drängen tief im Inneren des Menschen? Und was wäre, wenn die wahre Freiheit des Menschen gerade in der Überwindung seines Willens läge? Die häufigste Klage alter und sterbender Menschen lautet: „Wäre ich mir nur selbst treu geblieben. Hätte ich nur das Leben gelebt, das ich leben wollte.“ Dr. Svenja Flaßpöhler ist Stellvertretende Chefredakteurin des Philosophie Magazins.

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Wilhelm Schmid philosophiert über die Naturliebe des Menschen

Was eigentlich die Natur ist, lässt sich heute weniger sagen denn je. Menschen, die selbst eine Art von Natur darstellen, wirken auf sich selbst sowie auf ihre Umwelt ein und verändern sie. Die veränderte Natur wirkt dann wieder auf die Menschen zurück. Wilhelm Schmid ergänzt: „Nur beim Vergleich eines gegenwärtigen Zustandes mit vormaligen Zuständen lassen sich Einwirkung und Rückwirkung messen, den eigentlichen Naturzustand zu bestimmen aber ist schwierig.“ Eine reine Natur ohne menschliche Einwirkung kann es auf der Erde längst nicht mehr geben. Denn jeder einzige Atemzug eines Menschen hinterlässt Spuren, erst recht der weltweite Einsatz der Technik. Dies lässt sich nicht ungeschehen machen, aber Wilhelm Schmid stellt sich die Frage, ob der Einsatz der Technik so vorsichtig und zurückhaltend gestaltet werden kann, dass sie in ihren Auswirkungen auf die Natur und den Menschen verträglich ausfällt. Wilhelm Schmid lebt als freier Autor in Berlin und lehrt Philosophie als außerplanmäßiger Professor an der Universität Erfurt.

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Seneca erkennt in der Vernunft die wahre Ursache

Seneca unterscheidet bei den Stoikern zwei Grundursachen alles Naturgeschehens, die Ursache und die Materie. Dabei ist die allseitig verwendbare Materie der passive Teil, die ohne Anstoß zur Trägheit neigt. Die Ursache dagegen, das heißt die Vernunft, formt die Materie, weist ihr den Weg in die gewünschte Richtung und bildet aus ihr die unterschiedlichsten Gestalten. Seneca schreibt: „Es muss also für alles Werden ein Woher und danach ein Wodurch geben. Letzteres ist die Materie, ersteres die Ursache. Jede Kunst ist Nachahmung der Natur.“ Was im Ganzen von der Welt gilt, ist im Kleinen auch für alles von Menschenhand Geschaffene gültig.

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Millionen Menschen sind inzwischen von Glückspillen abhängig

Selbstverwirklichung und das eigene Glück als höchstes Ziel des Lebens gewinnen in den modernen Gesellschaften immer mehr an Bedeutung. Das persönliche Glück hat sich einen zentralen Stellenwert erobert. Auf der Verliererseite befinden sich laut Sonia Laszlo dagegen Tugenden wie pragmatisches Denken, rationales Handeln, Disziplin, Rücksicht, Pflichtgefühl, Verantwortungsbewusstsein sowie Ehrgefühl und Anstand gegenüber sich selbst. Zahlreiche Studien belegen, dass im Moment das Glücksgefühl das höchst aller Güter ist. Rund siebzig Prozent der Menschen sehen im Glück den Sinn ihres Lebens. Die Kommunikationswissenschaftlerin und Schauspielerin Sonia Laszlo befasst sich mit dem „Glücklichsein“ und Film in Europa sowie in den USA. Die Journalistin ist in Medien und am Institut für Europäische Glücksforschung tätig, Gastvortragende an Universitäten und schreibt an ihrer Dissertation.

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Erich Fromm stellt das Paradoxe und Wesen der Hoffnung vor

Die Hoffnung ist für Erich Fromm von paradoxer Gestalt. Sie ist weder ein untätiges Warten noch ein unrealistisches Herbeizwingenwollen von Umständen, die nicht eintreffen können. Sie gleicht seiner Meinung nach einem kauernden Tiger, der erst losspringt, wenn der Augenblick zum Springen gekommen ist. Erich Fromm fügt hinzu: „Weder ein müder Reformismus noch ein pseudo-radikales Abenteurertum ist ein Ausdruck von Hoffnung. Hoffen heißt, jeden Augenblick bereit sein für das, was noch nicht geboren ist, und trotzdem nicht verzweifeln, wenn es zu unseren Lebzeiten nicht zur Geburt kommt.“ Es hat für ihn keinen Sinn, auf etwas zu hoffen, was bereits existiert oder was nicht sein kann. Erich Fromm behauptet, dass ein Mensch mit einer schwachen Hoffnung, sich entweder für das Bequeme oder für die Gewalt entscheidet.

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Francis Bacon erkennt im Reichtum keine wirklichen Nutzen

Francis Bacon kann den Reichtum nicht besser definieren als das Gepäck der Tugend. Großer Reichtum hat für den englischen Philosophen und Staatsmann, dessen Schriften maßgeblich zur Begründung des Empirismus beitrugen, keinen wirklichen Nutzen, es sei denn man würde ihn verschenken. Ansonsten dient er seiner Meinung nach nur der eigenen Vergötterung. Francis Bacon schreibt: „Kein Mensch kann den wahren Umfang großer Reichtümer je ganz ermessen; er kann sie höchstens bewahren oder verteilen oder sich des Ruhmes freuen, die sie ihm verleihen, aber sie haben keinen praktischen Nutzen für den Eigentümer.“ Francis Bacon gibt zu, dass man einwenden könnte, der Reichtum könnte dazu dienen, Menschen aus Gefahren und Schwierigkeiten zu befreien. Für ihn allerdings gilt mit Sicherheit, dass große Reichtümer mehr Menschen versklavt als befreit haben.

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Thomas Rentsch beleuchtet das Menschenbild in der Philosophie

Die traditionelle Philosophie setzt sich mit dem Menschen oft nur indirekt auseinander, indem sie von Geist, Leib und Seele, Freiheit, Individuum, Person, Subjekt und Selbstbewusstsein spricht. An die Stelle einer Anthropologie tritt die Einordnung des Menschen in umfassende, transhumane Konzepte wie beispielsweise die Seinsordnung in der Metaphysik, die göttliche Schöpfungsordnung in der Theologie, die Fortschritts- oder Verfallsgeschichte in der Geschichtsphilosophie, oder in subhumane Bereiche wie Natur, Evolution oder Genetik. Thomas Rentsch fügt hinzu: „Auch die Bestimmung des Menschen über die Sprache, die Vernunft oder ethische Kategorien trifft seine Lebenswirklichkeit nur selektiv. Diese „Abwesenheit“ des Menschen in der Philosophie entspricht eine latente Allgegenwärtigkeit ungeklärter anthropologischer Grundlagen und Implikationen in der Reflexion und Theoriebildung.“ Thomas Rentsch ist Professor für Philosophie an der TU Dresden. Er arbeitet vor allem zur Hermeneutik, zur Sprachphilosophie und zur praktischen Philosophie.

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Markus Gabriel erklärt die Zusammensetzung der Welt

Für Markus Gabriel ist eine Unterscheidung zwischen Universum und Welt zwingend notwendig. Im Alltag verwenden die Menschen den Begriff Welt für die Erde, für den Planeten, auf dem sie leben. Die meisten Menschen neigen von Natur aus erst einmal dazu, die Welt mit der Gesamtheit aller vorhandenen Gegenstände zu identifizieren. Doch damit es eine solche Gesamtheit geben kann, muss es für Markus Gabriel eine Art Regel oder ein Gesetz geben, das diese Einheit zusammenhält. Markus Gabriel erklärt dies an einem Beispiel: „Die Welt der Römer ist nicht einfach nur die Gesamtheit ihrer Gegenstände, die es damals im Imperium Romanum gab, sondern auch ihr Verhältnis zueinander und eine bestimmte Art und Weise, mit diesen Gegenständen umzugehen, also die römische Kultur, ihre Sitten und Gebräuche.“ Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie an der Universität Bonn inne. Er ist Deutschlands jüngster Philosophieprofessor. Außerdem leitet er das Internationale Zentrum für Philosophie in Bonn.

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Das Verhältnis zwischen Gesetz und Moral ist sehr kompliziert

Obwohl die meisten Menschen erwarten, dass es zwischen Moral und Gesetz eine Beziehung gibt, ist es für Julian Baggini keine einfache Sache, die beiden Dinge so nahe wie möglich zusammenzubringen. Vieles, was Menschen als falsch erachten, ist nicht gesetzwidrig, und vieles, was gesetzwidrig ist, ist in sich nicht falsch. Und die meisten möchten, dass dies so bleibt. Der Philosoph Julian Baggini ist 1968 in Dover, Kent geboren. Er ist Mitbegründer und Herausgeber des „Philosopher´s Magazine“. Er schreibt regelmäßig für große Zeitungen und hat mehrere Bücher veröffentlicht. Eines seiner Bücher trägt den Titel „Der Sinn des Lebens“ und ist 2005 im Piper Verlag erschienen. Sein neuestes Werk trägt den Titel „Ethik“ und ist im Verlag Springer Spektrum veröffentlicht worden.

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Maßlosigkeit und Verschwendung führen ins Unglück

In der westlichen Welt des Überflusses drohen den Menschen die Dinge, die sie nachhaltig glücklich machen könnten, durch die Finger zu gleiten oder irgendwo im Wohlstandsmeer, das sie umgibt, zu versinken. Sonia Laszlo behauptet: „In vieler Hinsicht ist der Mensch für die heutige Zeit eine unglücklich machende Fehlkonstruktion. Unsere limitierte Aufnahmekapazität steht einer Welt der Datenexplosion ausgeliefert gegenüber.“ Vieles entgeht der Wahrnehmung, weil die Aufmerksamkeit eines Menschen sehr beschränkt ist. Was verarbeitet wird und wie und was von einem Individuum dazu verdammt wird, nicht beachtet zu werden, hängt laut Sonia Laszlo auch mit dem Glücksgefühl und dem zur Verfügung stehenden Dopamin zusammen. Die Aufmerksamkeit ist eines der höchsten Güter des Menschen, wenn nicht sein höchstes Gut. Die Kommunikationswissenschaftlerin und Schauspielerin Sonia Laszlo befasst sich mit dem „Glücklichsein“ und Film in Europa sowie in den USA. Die Journalistin ist in Medien und am Institut für Europäische Glücksforschung tätig, Gastvortragende an Universitäten und schreibt an ihrer Dissertation.

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Gottfried Wilhelm Leibniz war das letzte Universalgenie

Gottfried Wilhelm Leibniz, der von 1646 bis 1716 lebte, ist für Vittorio Hösle nicht nur der am vielseitigsten begabte Deutsche aller Zeiten gewesen, sondern war zugleich auch der letzte Universalgelehrte der Menschheit. Er war umfassend gebildet n der Logik, der Erkenntnistheorie, der Metaphysik, der Religionsphilosophie, der Mathematik, der Natur- und Ingenieurswissenschaften, der Jurisprudenz und der Historiographie. Vittorio Hösle schreibt: „Es gibt kaum einen anderen Menschen, dessen Lektüre so sehr als Gegengift gegen Stolz auf eigene, selbst bedeutende geistige Leistungen zu empfehlen ist, weil der intelligente Leser sehr bald spürt, das Leibniz` Fähigkeit, in allen Feldern einfache, wenn auch manchmal kontraintuitive Lösungen für komplexe Fragen zu finden, unerreichbar ist.“ Vittorio Hösle ist Paul Kimball Professor for Arts and Letters an der University of Notre Dame (USA).  

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Diogenes war der erste Performance-Künstler der Menschheit

Wir schreiben das Jahr 360 vor Christus. Damals wird ein Mann in Athen, der keinen Wohnsitz hat, dafür aber einen ausgeprägten Sinn für die Provokation besitzt, zur Legende. Wie hat er das geschafft? Eigentlich nur mit so guten Geschichten, die jeder gleich weitererzählen wollte. Die Rede ist von Diogenes von Sinope, dem Philosophen, der in einer Tonne aus Keramik gelebt haben soll. Bis heute gilt er als Urahn der Hippies, als der erste Aussteiger, als Prototyp eines Menschen, der die Normen der Gesellschaft ablehnt und sich über sie lustig macht. Man kann Diogenes auch als ersten Performance-Künstler betrachten, der den öffentlichen Raum für seine gesellschaftskritischen Aufführungen nutzte. Wie sehr Diogenes die Zivilisation auch kritisierte, so war er doch auf sie angewiesen.

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Die Selbstliebe ist die Voraussetzung für die Liebe zu anderen

Für den deutschen Philosophen Josef Pieper, der von 1904 bis 1997 lebte, besteht das Glück der Liebenden nicht nur im Freigeben, sondern vorrangig im Habenwollen, im Gewinnen und Genießen des Geliebten. Daher ist seiner Meinung nach Lieben ohne die Intentionalität, selbst glücklich zu sein, eine misslungene Deutung. Liebe ist auch Hunger und Durst, selbst wenn sie den anderen beglücken möchte. Die Liebe ist nicht einfach selbstlos, sondern auch bedürftig und brauchend – sie ist schenkend, wertschätzend, fordert aber gerade deswegen für sich eine gleichgeartete Reaktion ein. Sie ist damit keineswegs vom Zweck erfüllt, sie ist vielmehr sinnvoll. Wenn das gesamte Selbst auf den geliebten Gegenüber ausgerichtet ist, führt dies zur Hochform von Liebe: hingerissen sein von oder leben und sterben für  jemanden – auf jeden Fall sich ergreifen lassen von einem anderen.

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Julian Baggini rät zu mehr Großzügigkeit gegenüber den Armen

Der australische Philosoph Peter Singer vertritt die Meinung, dass eigentlich die meisten Menschen zur Hilfe für Bedürftige verpflichtet sind und sehr viel mehr geben sollten, als sie dies gemeinhin tun. Sein englischer Kollege Julian Baggini teilt diese Ansicht: „Gemessen an der Tatsache, dass 50 Prozent der Menschen weltweit von weniger als 2,50 Dollar am Tag leben, gehören wir hier fast alle zu den reichsten Menschen der Welt, und die Mehrheit von uns könnte sehr viel mehr abgeben, als sie es tut und dennoch relativ reich sein und eine sehr angenehme Lebensqualität genießen.“ Der Philosoph Julian Baggini ist 1968 in Dover, Kent geboren. Er ist Mitbegründer und Herausgeber des „Philosopher`s Magazine“. Er schreibt regelmäßig für große Zeitungen und hat mehrere Bücher veröffentlicht. Eines seiner Bücher trägt den Titel „Der Sinn des Lebens“ und ist 2005 im Piper Verlag erschienen. Sein neuestes Werk trägt den Titel „Ethik“ und ist im Verlag Springer Spektrum veröffentlicht worden.

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Immanuel Kant ist am revolutionärsten in seiner Ethik

Immanuel Kant, der von 1724 bis 1804 lebte, publizierte sein erstes epochales philosophisches Werk, die „Kritik der reinen Vernunft“, 1781 im Alter von 57 Jahren. Um seine Ideen auszuarbeiten, brauchte Immanuel Kant also viel Zeit. Er nahm sich die Zeit, die er brauchte, um seine Philosophie neu zu strukturieren und zu begründen. Vorher hatte er nur seine „Untersuchung über die Deutlichkeit der Grundsätze der natürlichen Theologie und der Moral“, 1764 veröffentlicht, einen zweiten Preis der Berliner Akademie der Wissenschaften erhalten. Vittorio Hösle empfiehlt dem Anfänger in der Philosophie dringend das Studium der Schriften Immanuel Kants, zudem diese nicht nur den Scharfsinn schulen, sondern zudem jenen sittlichen Ernst vermitteln, ohne den Philosophie selten mehr ist als das Lösen von Puzzles. Vittorio Hösle ist Paul Kimball Professor of Arts and Letters an der University of Notre Dame (USA).

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Viele Menschen sind oft die Feinde ihres eigenen Glücks

Die meisten Menschen wünschen sich vom Leben Dinge wie Glück, Harmonie, Gesundheit und Zufriedenheit. Glück gehört fast immer zu den menschlichen Wünschen. Für Andreas Salcher ist allerdings die Liebe das Wichtigste im Leben. Viele Menschen sehnen sich auch nach mehr Zeit für ihre Familie und sich selbst. Dennoch handeln die meisten gegen ihre Sehnsüchte. Andreas Salcher erläutert: „Stellt man sie tatsächlich vor die Wahl, auf einen Teil ihres Gehaltes zu verzichten und dafür weniger zu arbeiten, lehnt dies ein Großteil der Befragten ab. Das gilt sowohl für Angestellte als auch für Selbstständige und ist unabhängig von der Einkommenssituation.“ Dr. Andreas Salcher ist Mitbegründer der Sir-Karl-Popper-Schule und initiierte die Waldzell Meetings im Stift Melk. Er ist einer der erfolgreichsten Sachbuchautoren Österreichs. Sein aktuelles Buch heißt: „Erkenne dich selbst und erschrick nicht.“

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Francis Bacon untersucht das Phänomen der Liebe

Die Liebe ist auf der Bühne für Francis Bacon eine angenehmere Erscheinung als im wirklichen Leben, da sie auf den Brettern, die die Welt bedeuten, stets Gegenstand von Komödien und nur hin und wieder von Tragödien sind. Im realen Leben der Menschen richtet sie seiner Meinung nach viel Unheil an. Francis Bacon erklärt: „Manchmal ist sie wie eine Sirene, manchmal wie eine Furie. Es ist beachtenswert, dass unter all den große und ehrwürdigen Geistern nicht ein einziger ist, der sich von der Liebe bis zum Wahnsinn hätte anstacheln lassen, was beweist, dass große Geister und große Taten sich von dieser schwächenden Leidenschaft fernhalten.“ Der englische Philosoph und Staatsmann Francis Bacon, der von 1561 bis 1626 lebte, trug mit seinen Schriften maßgeblich zur Begründung des Empirismus bei.

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