Barbara Schmitz erforscht das lebenswerte Leben

In ihrem Essay „Was ist ein lebenswertes Leben?“ stellt Barbara Schmitz fest, dass die Frage sich nicht systematisch und linear behandeln lässt. Denn es gibt darauf keine eindeutige Antwort. Es handelt sich hier vielmehr um eine Frage, die eine subjektive Antwort eines Individuums verlangt: „Eine Antwort, die immer auch die Erfahrungen des jeweiligen Menschen spiegelt.“ Deshalb nimmt Barbara Schmitz in ihrem Essay immer wieder Bezug auf biographische Erfahrungen. Die mündlichen und biographischen Berichte bilden die Anstöße zur philosophischen Reflexion, die das Anliegen dieses Essays ist. Individuelle Erfahrungen sind ihr Ausgangspunkt, die mit philosophischen Begriffen, Theorien, Positionen und Debatten verbunden werden. Barbara Schmitz ist habilitierte Philosophin. Sie lehrte und forschte an den Universitäten in Basel, Oxford, Freiburg i. Br., Tromsø und Princeton. Sie lebt als Privatdozentin, Lehrbeauftragte und Gymnasiallehrerin in Basel.

Das lebenswerte Leben muss jeder selbst finden

Die philosophische Frage nach dem lebenswerten Leben gleicht einem Dickicht, in dem die Zugänge häufig verborgen oder unübersichtlich sind. Barbara Schmitz betont: „Jeder muss hier letztlich seinen eigenen Weg gehen und seine eigenen Antworten finden.“ Das Ziel der Autorin besteht allein darin, Denkanstöße zu liefern, für den Einzelnen und gesellschaftliche Debatten. Albert Camus hat einst geschrieben: „Sich entscheiden, ob das Leben es wert ist, gelebt zu werden oder nicht, heißt auf die Grundfrage der Philosophie antworten.“

Barbara Schmitz vertritt die These, dass die Philosophie gerade durch den Einbezug der Erfahrungen von Menschen bereichert wird, die im philosophischen und gesellschaftlichen Diskurs vernachlässigt werden. Nämlich Menschen mit Behinderung, Eltern mit Kindern mit Behinderung, Menschen mit Demenz, Menschen, die Suizidabsichten hatten und Angehörige von Suizidopfern. Philosophisches Nachdenken und persönliche Erfahrungsberichte können sich dabei gegenseitig befruchten.

Hoffnung ist mit dem Leben direkt verwandt

Barbara Schmitz macht in ihrem Essay deutlich, dass die subjektiven Antworten immer auch in einem Zusammenhang mit geteilten gesellschaftlich vermittelten Werten, Normen und Bildern stehen. Dabei kann die Befreiung von Vorurteilen beispielsweise dazu beitragen, die eigene Haltung neu zu finden, eine andere Perspektive einzunehmen und eine Frage in einem neuen Licht zu sehen. Die Autorin wagt sogar die Behauptung: „Über das lebenswerte Leben nachzudenken kann ein Weg sein, das Leben lebenswert zu machen.“

Bei einer positiven Haltung dem Leben gegenüber ist Respekt und Anerkennung unabdingbar. Bei einer negativen geht es darum, wieder Hoffnung zu finden und zu geben. Denn Hoffnung ist der Schlüssel in jenen Zeiten, in denen ein Mensch sein Leben als nicht lebenswert erlebt. Sie hilft ihm, vertrauensvoll durch das Dunkel und auf eine bessere Zukunft zuzugehen. Hoffnung ist mit dem Leben direkt verwandt. So wie es Henrik Ibsen seinen Peer Gynt nach einem Schiffbruch sagen lässt: „Wo Leben ist, darf Hoffnung sein.“

Was ist ein lebenswertes Leben
Philosophische und biographische Zugänge
Barbara Schmitz
Verlag: Reclam
Broschierte Ausgabe: 192 Seiten, Auflage: 2022
ISBN: 978-3-15-011382-0, 16,00 Euro

Von Hans Klumbies