Mitleid hat nichts mit Moral zu tun

Wenn man einem Menschen nur aus Mitleid hilft, ist dies Immanuel Kant zufolge keineswegs eine moralische Handlung. Denn Mitleid hat nichts mit Moral zu tun, nichts mit richtig oder falsch, sondern es ist Teil des menschlichen Charakters. Für Immanuel Kant betrifft die Moral oder Sittlichkeit nicht nur das, was man tut, sondern vor allem, warum man es tut. Die Menschen, die das Richtige tun, tun es nicht nur aus einem Gefühl heraus. Die Entscheidung muss auf der Grundlage der Vernunft gefällt werden, die den Menschen sagt, was ihre Pflicht ist, ungeachtet dessen, was sie fühlen. Immanuel Kant fand, dass Gefühle in moralischen Dingen nichts zu tun hätten. Ob Menschen sie besitzen oder nicht, ist in hohem Maße Glück. Einige Menschen empfinden Mitleid und Mitgefühl, andere nicht.

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Sonia Laszlo erklärt das Verhältnis von Geld und Glück

In gewisser Hinsicht macht Geld glücklich, allerdings anders, als viele Menschen denken. Geld und Glück werden oftmals als eine Einheit angesehen. Dabei ist Glück die Belohnung des Schicksals, während Geld die Standardgratifikation der modernen Welt ist. Geld steht auch im Zusammenhang mit der Freiheit der Handlungen, der sozialen Stellung, der Sicherheit in Beziehungen und nicht zuletzt mit der Macht. Das Geld unterliegt als Belohnung auch vielen Faktoren des Glücks. Allerdings schätzen laut Sonia Laszlo viele Menschen falsch ein, wie glücklich sie Geld machen würde. Die Kommunikationswissenschaftlerin und Schauspielerin Sonia Laszlo befasst sich mit dem „Glücklichsein“ und Film in Europa sowie in den USA. Die Journalistin ist in Medien und am Institut für Europäische Glücksforschung tätig, Gastvortragende an Universitäten und schreibt an ihrer Dissertation.

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Søren Kierkegaard unterscheidet drei Stadien der Existenz

Das neue Philosophie Magazin 04/2016 stellt im Titelthema die Frage: „Wo endet meine Verantwortung?“ Endet sie bei einem Menschen selbst, seiner Familie oder nie und nirgendwo? Das Dilemma ist klar: Setzt man der eigenen Verantwortung enge Grenzen, gilt man schnell als egoistisch und unsolidarisch. Begreift man sie dagegen als endlos, überfordert man sich und verliert möglicherweise jegliches Maß. In einem Gespräch mit Sonja Flaßpöhler betont Stefan Gosepath, Professor für Praktische Philosophie an der Freien Universität Berlin, dass es eine globale Hilfspflicht gibt. Hilfe in Not ist für ihn mehr als ein Akt der Barmherzigkeit. Sie ist eine moralische Pflicht. Stefan Gosepath differenziert: „Es gibt korrektive Gerechtigkeitspflichten, und es gibt Hilfspflichten. Die Gerechtigkeitspflicht resultiert aus eigener Schuld, die ich verpflichtet bin, wiedergutzumachen. Der Hilfspflicht hingegen geht keine eigene Schuld voraus.

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Erfindungen fördern die Bewegung der Aufklärung

Die Bewegung der Aufklärung wurde beflügelt durch die großen Erfindungen der Neuzeit wie Buchdruck, Seekompass, Schiffsuhr, Fernglas, Mikroskop und so weiter. Diese Innovationen trugen direkt oder indirekt zur Verbesserung der Erfahrungserkenntnis bei. Entdeckungsreisen erweiterten die Kenntnis der Erde und der auf ihr lebenden Menschen, Tiere und Pflanzen in ungeheurem Ausmaß. Die Weltumsegelungen von James Cook, der von 1728 bis 1779 lebte, bildeten das eindrucksvollste Beispiel. Sein wissenschaftlicher Begleiter Georg Forster schrieb: „In einem gleichen Zeitraum hat niemand je die Grenzen unseres Wissens in gleichem Maße erweitert.“ Mithilfe von Fernrohr und Mikroskop eröffneten sich neue Makro- und Mikrowelten. Die Grenzen dieser Instrumente ließen aber auch ahnen, wie viele Dinge im Universum weiter verborgen bleiben müssen. Eine besondere Leitbildfunktion hatte die wissenschaftliche Revolution des 17. Jahrhunderts.

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Träume sind Gefühle in bewegten Bildern

Die Mehrheit der Traumforscher nimmt an, dass das Träumen dazu da ist, tagsüber Erlebtes in den bereits vorhandenen Erfahrungsschatz zu integrieren und insofern neue Erfahrungen zu formieren beziehungsweise Sichtweisen zu entwickeln. Die Wissenschaft weiß heute, dass Menschen tatsächlich im Traum lernen, auch in der Schlafphase, die mit dem Träumen verbunden ist. Brigitte Holzinger erklärt: „Wenn diese Schlafphase aus irgendeinem Grund nicht sein kann, dann wird manches, was wir tagsüber wahrgenommen haben, nicht so gut verarbeitet.“ Nicht jeder erinnert sich an seine Träume. Ein wesentlicher Faktor bei der Erinnerung ist, ob sich jemand davon etwas verspricht. Also, wenn jemand an Träumen interessiert ist, wird er sie sich eher merken als einer, für den Träume nur fantastische Gebilde sind, die nur stören. Die Psychologin und Psychotherapeutin Brigitte Holzinger ist Inhaberin des Instituts für Bewusstseins- und Traumforschung in Wien.

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Streit ist für viele Paare ein festes Ritual

Beschimpfungen, Flüche und Schreie haben noch keine Partnerschaft gekittet. Und dem Wohlbefinden der Partner schaden sie nur. Das hat aber nichts damit zu tun, dass es nicht wichtig sein kann, sich in aller Klarheit auszusprechen – das hilft den meisten Menschen sehr wohl. Werner Bartens fügt hinzu: „Wenn sie ehrlich zueinander sind und es unbedingt aussprechen müssen, können sich viele Paare eingestehen, dass sie emotional nichts mehr aneinander bindet und sich genauso gut trennen könnten.“ Streit ist für viele Paare ein festes Ritual. Das muss nicht schlimm sein, denn es kommt sehr darauf an, wie sich die Paare im Konflikt verhalten und ob sie einander dennoch zeigen können, dass sie sich schätzen. Werner Bartens ist Autor von Bestsellern wie „Das Ärztehasser-Buch“, „Körperglück“ und „Was Paare zusammenhält“.

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Selbstbezogenheit führt zu Selbstsucht und Stolz

Die Selbstbezogenheit eines Menschen führt ihn in mehrere unerfreuliche Richtungen. David Brooks erläutert: „Sie führt zu Selbstsucht, dem Verlangen, andere Menschen als Mittel einzusetzen, um sich Dinge zu verschaffen. Sie führt auch zu Stolz, dem Wunsch, sich allen anderen überlegen zu fühlen. Sie führt zu der Fähigkeit, die eigenen Unzulänglichkeiten zu ignorieren und zu rationalisieren und die eigenen Vorzüge zu überhöhen.“ Im Verlauf ihres Lebens vergleichen sich diese Menschen in einem fort mit anderen und fühlen sich ihnen durchweg leicht überlegen. Sie glauben, sie wären tugendhafter, hätten ein besseres Urteilsvermögen und einen besseren Geschmack. Sie streben unentwegt nach Bestätigung. David Brooks arbeitet als Kommentator und Kolumnist bei der New York Times. Sein Buch „Das soziale Tier“ (2012) wurde ein internationaler Bestseller.

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Tyrannenkinder sind weder böse noch wahnsinnig

Martina Leibovici-Mühlberger übt in ihrem Buch „Wenn die Tyrannenkinder erwachsen werden“ herbe Kritik am bestehenden Gesellschaftssystem. Neben einer Gruppe von Kindern, die derart auffällig geworden sind, dass sie psychotherapeutisch behandelt werden müssen – jene Kinder also, die nach der langjährigen Einschätzung der Autorin nach einfach ganz, ganz laut werden müssen, um auf ihre innere Not und Verwirrung hinzuweisen –, neben dieser sichtbaren Spitze des Eisbergs gibt es eine weitere, noch viel größere und beständig wachsende Gruppe von Kindern, die gerade noch unterschwellig verhaltensauffällig sind. Aber auch sie sind in der einen oder anderen Form deutlich beeinträchtigt und geben Anlass zur Besorgnis, wenn Martina Leibovici-Mühlberger darüber nachdenkt, wie sie in Zukunft ein erwachsenes, selbstverwaltetes Leben führen und befriedigende respektvolle Beziehungen mit anderen Menschen eingehen sollen. Die Ärztin Martina Leibovici-Mühlberger leitet die ARGE Erziehungsberatung und Fortbildung GmbH, ein Ausbildungs-, Beratungs- und Forschungsinstitut mit sozialpsychologischem Fokus auf Jugend und Familie.

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Der Liberalismus sollte vom Geist der Aufklärung inspiriert sein

Als Neoliberalismus etikettiert und in Verruf geraten, hat das Denken, dass das Prinzip Freiheit an vorderster Stelle vertritt, der Liberalismus, vielerorts keinen guten Klang. Ein Liberalismus, der Wertschätzung verdient, unterzieht sich laut Otfried Höffe einer Regeneration, für die er Elemente der Aufklärung übernimmt. Dazu gehört eine Erweiterung des Themenspektrums. Die Worterklärung ist für Otfriede Höffe einfach. „Liberalismus“ heißt ein Denken, das die Freiheit als Mittel- und Angelpunkt versteht. Keineswegs auf die Wirtschaft beschränkt, versteht sich der Liberalismus als eine soziale und politische Theorie und Bewegung, die man in erster Annäherung als thematisch dreidimensional charakterisieren kann: Es ist eine Wirtschafts-, eine Gesellschafts- und eine Politiktheorie. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

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Die Kommunikation spielt in der Partnerschaft eine zentrale Rolle

Die psychologische Forschung hat an unzähligen Untersuchungen gezeigt, dass es nicht Liebe, Attraktivität, Bildung, Geld oder Status ist, die Ehen und Partnerschaften zusammenhalten, sondern die Kompetenzen der Partner bezüglich Kommunikation und das Verhalten beim Lösen von Problemen. Liebe und Zuneigung für den Partner verlieren sich in der Regel nicht einfach so, sondern werden vielmehr im Lauf der Zeit durch negative Erfahrungen im Alltag überlagert und schwächen sich ab. Guy Bodenmann fügt hinzu: „Stress führt zu weniger Zeit füreinander, zu einem Verlust der Kommunikationskultur, zu einer Abnahme des gegenseitigen Interesses und schließlich zu einem Zerfall der Liebe.“ Das geschieht nicht einfach so, sondern ist ein vom Verhalten der Partner abhängiger Prozess. Guy Bodenmann ist Professor für Klinische Psychologie an der Universität Zürich.

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Jeder Mensch ist eine eigene Welt

Die Neugier auf den anderen ist zu Beginn einer Partnerschaft ein wichtiger Motor der Annäherung. Wer frisch verliebt ist, fühlt sich dem anderen sehr nahe. Christian Thiel schränkt ein: „Allerdings sehen wir in dieser Phase der Liebe mehr die Gemeinsamkeiten, die uns mit dem anderen verbinden. Unterschiede blenden wir erfolgreich aus.“ Dass der andere auch anders ist, registrieren die meisten Menschen erst, wenn die Verliebtheit nachlässt – und reagieren mit Unmut darauf. Dennoch sollte man seine Neugier auf den Partner nicht verlieren. Der Partner ist es wert, wie ein fremdes Land entdeckt und erforscht zu werden. Auch nach vielen Jahren oder Jahrzehnten kann man Neues und Unbekanntes an ihm entdecken. Jeder Mensch ist eine eigene Welt, und diese Welt will erkannt und verstanden werden. Christian Thiel ist freier Autor und Single- und Paarberater.

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Belohnungen aufzuschieben schützt vor Verletzlichkeiten

Die kognitiven und emotionalen Kompetenzen, dank deren Vorschulkinder auf größere Belohnungen warten können, ebnen ihnen den Weg zur Entwicklung psychischer Ressourcen, Einstellungen und sozialer Beziehungen, die ihre Chancen verbessern können, ein erfolgreiches Leben zu führen. Außerdem schützt die Fähigkeit, Belohnungen aufzuschieben, das eigene Selbst. Walter Mischel erklärt: „Denn sie hilft uns dabei, unsere persönlichen Verletzlichkeiten – Vulnerabilitäten – effektiver abzuschirmen und zu regulieren, unsere heißen, impulsiven Reaktionen abkühlen zu lassen und auch die Konsequenzen unseres Handelns zu bedenken.“ Zunächst einmal würdigt Walter Mischel das heiße System. Die Menschen sollten auf das hören, was es ihnen sagt, und von ihm lernen. Es schenkt ihnen die Emotionen und die Freude, ohne die das Leben nicht lebenswert ist, und es erlaubt reflexartige Urteile, die sich manchmal bewähren. Walter Mischel gehört zu den wichtigsten und einflussreichsten Psychologen der Gegenwart.

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Der Verstand filtert die Wahrnehmung der Welt

Der deutsche Philosoph Immanuel Kant, der von 1724 – 1804 lebte, vertrat die Auffassung, dass alle Menschen die Welt durch einen Filter wahrnehmen. Dieser Filter ist der menschliche Verstand. Er bestimmt, wie Menschen die Dinge wahrnehmen, und verleiht dieser Wahrnehmung ihre Form. Nigel Warburton erklärt: „Alles, was wir wahrnehmen, findet in Zeit und Raum statt, und jede Veränderung hat eine Ursache. Aber laut Kant liegt dies nicht an der Wirklichkeit, wie sie an sich ist, sondern ist eine Leistung unseres Verstands.“ Menschen haben keinen direkten Zugang zur Beschaffenheit der Welt. Sie können den Verstand ja nicht abschalten und die Dinge so sehen, wie sie wirklich sind. Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.

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Gewohnheiten bergen Stärken und Schwächen

Neben der sozialen Dimension von Gewohnheiten ist auch eine politische anzusprechen, denn Gewohnheiten hängen auch mit dem Aspekt der Macht zusammen. Denn Gewohnheiten können aufgezwungen sein, Veränderungen von Gewohnheiten können mit Macht durchgesetzt werden. Die „Kolonisierung des Geistes“ wurde als eine tiefer gehende Form der äußeren Kolonisierung beschrieben, als eine Veränderung der Denk- und Wahrnehmungsgewohnheiten, die Menschen in den kolonisierten Ländern dazu brachte, von sich selbst minderwertig zu denken. Ähnlich beschreibt der französische Soziologe Etienne Renault das Phänomen, dass Menschen, die trotz Einsatz und Qualifikation keinen Arbeitsplatz finden, sich selbst daran die Schuld geben – auch das hat mit Denkgewohnheiten zu tun. Clemens Sedmak ergänzt: „Machtvoll kann aber auch in sichtbare Alltagsgewohnheiten eingegriffen werden.“ Der österreichische Philosoph Clemens Sedmak hat neben anderen Aufgaben eine Professur am Londoner King´s College inne.

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Überempfindlichkeit führt zu zerstörerischen Effekten

Menschen mit einer Überempfindlichkeit gegen potentielle Kränkung und Zurückweisung (RS) haben große Angst vor Ablehnung in engen Beziehungen. Sie rechnen damit, verlassen zu werden, und sie provozieren oftmals durch ihr eigenes Verhalten die Zurückweisung, vor der sie sich fürchten. Walter Mischel erklärt: „Die zerstörerischen Effekte dieser großen Empfindlichkeit können wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung wirken, wenn sie unkontrolliert bleiben.“ Die Gedanken hochempfindlicher Menschen drehen sich oft zwanghaft um die Frage, ob sie wirklich gemocht oder geliebt werden, und ihre Grübeleien lösen in dem Maße, wie sich ihre Verlassensängste verstärken, eine weitere Kaskade heißer Wut- und Grollgefühle aus. Auf ihren eigenen Stress und die verärgerten und unangemessenen Reaktionen ihrer Partner reagieren sie ihrerseits mit noch größerem Kontrollzwang – ganz offen oder mit passiver Aggression. Walter Mischel gehört zu den wichtigsten und einflussreichsten Psychologen der Gegenwart.

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Das Wort wird als Waffe entdeckt

Der Siegeszug der zugleich religiösen wie politischen Neuerung des 16. Jahrhunderts im Norden Europas, die unter dem Namen „Reformation“ bekannt ist, wurde hauptsächlich durch Literatur mitentschieden, insbesondere durch ein literarisches Medium, das damals seine Blütezeit erlebte: die Flugschrift. Die im Spätmittelalter, seit etwa dem ersten Drittel des 14. Jahrhunderts sich anbahnende Veränderung der Gesellschaftsstruktur bewirkte einen Prozess der Veränderung des Bewusstseins breiter Kreise, und diese wiederum konnten au die Praxis einwirken. Ein Vorgang, der sich in Sprache vollzog, mittels des geschriebenen und gesprochenen Wortes, der Literatur vor allem, die am weitesten wirkte, das hieß in erster Linie in Form der Gebrauchs- und didaktischen Literatur und Polemik. Was die Menschen neu erfuhren, war die Macht des Worts. Das auf diesem Wege entstehende Bewusstsein bedeutete: Gewinnung von Einsichten in den Zusammenhang der sozialen Realität; Formulierung dieser Einsichten unter den Bedingungen des Zeitalters, Gedanken, Vorstellungen, Ratschläge, Pläne.

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Die Ethik fordert Grenzen für die Märkte

Märkte brauchen Grenzen vor allem dort, wo es um ethische Regeln geht. Gerhard Schick nennt als Beispiele den Handel mit Menschen oder geschützten Tierarten, die quälerische Verarbeitung von Tieren in der Fleischproduktion oder den Export von Waffen, deren grausames Zerstörungswerk man hinterher bedauert. Gerade in der globalisierten Wirtschaft kommt es hier zur Schizophrenie. Während viele Menschen im unmittelbaren Umfeld genau auf die Einhaltung bestimmter Werte achten, blenden sie häufig komplett aus, was am Anfang der Wertschöpfungskette der Produkte steht, die sie im Kaufhaus oder im Internethandel erstehen. Denn es fehlen in diesen Fällen zum einen in der Regel die Informationen, zum anderen schafft der Markt aber auch Distanz und Anonymität, was es offenbar leichter macht, moralische Einstellungen hintanzustellen. Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

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Die empirische Psychologie entwickelt sich

Der Begriff der „Erfahrung“ ist systematisch mehrdeutig. Er wird beispielsweise gebraucht, um eine Quelle von Vorstellungen und Ideen sprachlich auszudrücken oder das zugehörige rezeptive Vermögen einen besonderen geistigen Akt beziehungsweise ein besonderes geistiges Widerfahrnis darzustellen. Schließlich bezeichnet er das Erfahrene, das im Geiste gefällte Erfahrungsurteil und schließlich Sätze, die dieses Erfahrungsurteil sprachlich ausdrücken und so die Erfahrung protokollieren. Die Erfahrung gliedert sich auch nach dem Grad ihrer Intentionalität. Neben der gemeinen Erfahrung, die sich bleiläufig, ohne weiteres Zutun einstellt, gibt es die mit Vorsatz, Überlegung und erhöhter Aufmerksamkeit durchgeführte Beobachtung, die in einer ausführlichen Beschreibung protokolliert werden sollte, und das planmäßig vorbereitete und instrumentell-apparativ gestützte Experiment. Sofern die Erfahrung von gewissen Kunstmitteln und Instrumenten Gebrauch macht, kann man auch von künstlicher Erfahrung sprechen.

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Belohnungen steuern das Verhalten der Menschen

Für Reinhard K. Sprenger sind Belohnung und Bestrafung, Lob und Tadel keineswegs – wie immer behauptet wird – Gegensätze. Sie sind zwei Seiten derselben Medaille – und diese Medaille ist nicht sehr viel wert. Reinhard K. Sprenger geht es darum aufzuzeigen, was mit einem Menschen passiert, der sich auf das System des Belohnens, Bestrafens und Bestechens einlässt und welche Konsequenzen es hat, wenn man es zulässt, dass die notwendige Energie von außen kommt. Denn es hat Spät- und Nebenwirkungen, wenn sich ein Individuum fremd bestimmen lässt. Reinhard K. Sprenger stellt fest: „Wenn Menschen mit Belohnungen für eine Aufgabe gewonnen werden, verlieren sie schnell das Interesse, werden unzufrieden und erbringen geringere Leistungen als jene, die eine Aufgabe ohne versprochene Belohnung übernehmen.“ Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

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Die Hälfte der Leute sind mit ihren Freundschaften unzufrieden

Trotz vieler guter Freundschaften such der Psychotherapeut Wolfgang Krüger dennoch ständig nach neuen Freundschaften: „Weil ich sehe, dass der Freundeskreis kleiner wird, je älter man wird. Manche Freunde sind schon gestorben, andere weggezogen, einige fangen im Alter an, Menschen zu meiden. Und es gibt Freundschaften, aus denen die Luft raus ist. Man muss also immer wieder neue Freunde finden.“ Schon ab 30 schrumpft der Freundeskreis. Solange man im Kindergarten, Schule, Ausbildung, Studium ist, befindet man sich in festen Gruppen. Man begegnet dort immer den gleichen Menschen. Da haben auch Schüchterne Freundschaften. Schwierig wird es dagegen nach der Ausbildung, denn dann muss man selbst die Initiative ergreifen, um Freunde zu finden. Dr. Wolfgang Krüger, Psychotherapeut in Berlin, forscht über Freundschaften und bietet auch Freundschaftsberatung an.

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Die Demut führt zur Weisheit

Der sich selbst zurücknehmende Mensch ist wohltuend und gütig, während der sich selbst anpreisende Mensch fragil und misstönend ist. David Brooks erläutert: „Demut ist Freiheit von dem Bedürfnis, sich ständig als überlegen beweisen zu müssen, während Egoismus ein unbändiger Hunger auf kleinstem Raum ist – um sich selbst besorgt, konkurrenzbetont und statusgetrieben. Demut ist durchdrungen von angenehmen Gefühlen wie Bewunderung, Kameradschaft und Dankbarkeit.“ Michael Ramsey, der Erzbischof von Canterbury ergänzt: „Dankbarkeit ist ein Boden, auf dem Stolz nicht leicht gedeiht.“ Diese Art von Bescheidenheit hat auch intellektuell etwas Beeindruckendes. Wie der Psychologe Daniel Kahneman schreibt, haben Menschen eine beinahe unbegrenzte Fähigkeit, die eigene Unwissenheit zu ignorieren. David Brooks arbeitet als Kommentator und Kolumnist bei der New York Times. Sein Buch „Das soziale Tier“ (2012) wurde ein internationaler Bestseller.

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Adolf Hitler propagiert die Einheit des deutschen Volkes

Dass es dem neuen Regime unter Adolf Hitler in weniger als einem Jahr gelungen war, einen vollständigen Systemwechsel vorzunehmen, der alle Elemente einer Revolution in sich trug, und dass diese Politik im offenbar überwiegenden Teil der Bevölkerung als außerordentlich erfolgreich angesehen wurde – dies war ein Vorgang von so enormer Wucht und emotionaler Intensität, dass er bereits von den Zeitgenossen in- und außerhalb Deutschlands als Epochenbruch empfunden wurde. Ulrich Herbert erklärt: „Der zentrale Begriff, unter dem die neue Regierung Hitler am 1. Februar 1933 ihr Programm gestellt hatte, war derjenige der Volksgemeinschaft.“ Die oberste Aufgabe der Regierung sei es, über Stände und Klassen hinweg die geistige und willensmäßige Einheit des deutschen Volkes wieder herzustellen. Ulrich Herbert zählt zu den renommiertesten Zeithistorikern der Gegenwart. Er lehrt als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.

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Unübersichtlichkeit verursacht Angst

Der Psychologe Wolfgang Schmidbauer schreibt in seinem Buch „Lebensgefühl Angst“: „Noch nie hatten so viele Menschen so viel zu verlieren wie heute.“ Außerdem diagnostiziert er ausgerechnet im Wohlstandsland Deutschland eine missmutig-depressive Grundstimmung. Auf die Frage, wie man mit dem Gefühl der Ohnmacht bei ständig neuen Horrornachrichten umgeht, bekennt der Psychologe Oskar Holzberg: „Ich bin verloren, zwischen dem dringenden Gefühl, viel mehr tun zu müssen, und einer lähmenden Sinnlosigkeit, weil mir alles, was ich tun kann, wie ein lächerlicher Tropfen auf den heißen Steinen der Weltkonflikte erscheint.“ In einem langen Essay in der ZEIT beklagt die Autorin Julia Friedrichs einen zunehmenden Rückzug ins Private: Viele Menschen interessierten sich heute mehr für Stressabbau und Handarbeit als für die drängenden Fragen der Gegenwart.

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Menschen gehen unterschiedlich mit dem Scheitern um

Menschen gehen auf verschiedene Arten mit Schuld und Scheitern um. Da gibt es zum Beispiel die Fremd-Strafer: Menschen, die immer andere verantwortlich machen und abstrafen. Dann treten die Verweigerer auf: Sie leugnen jegliche Verantwortung und verweigern sich der Schuld und der Strafe. Dann gibt es noch Untergruppen, darunter so illustre wie etwa die Explodierer, die sofort wütend und irrational werden. Alexander Goebel erklärt: „Wirft man ihnen Scheitern vor, dann drehen sie vollkommen durch und werden übermäßig emotional.“ Oder die Lobes-Junkies, die immer gelobt werden müssen, egal wofür und egal ob verdient. Dann gibt es noch die Beschwichtiger, die überhaupt keinen Handlungsbedarf sehen, sondern für Verniedlichung statt Auseinandersetzung stehen. Sie sind Verhinderer des Fortschritts in Demutshaltung. Alexander Goebel ist seit 40 Jahren erfolgreich im Emotionsgeschäft unterwegs.

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Das Bewusstsein bildet die Voraussetzung für eine Illusion

Ist das menschliche Bewusstsein eine Illusion? Das könnte man denken, wenn man annimmt, dass das Bewusstsein vollständig vom Gehirn abhängt. Kann das Bewusstsein eine Täuschung sein? Das wäre laut Philipp Hübl allerdings seltsam, denn das Bewusstsein ist ja gerade die Voraussetzung, um sich überhaupt in etwas täuschen zu können. Ohne Bewusstsein würde ein Mensch nichts sehen und könnte folglich auch keiner Illusion erliegen. Ja, man könnte nicht einmal sagen, „wer“ sich da eigentlich täuscht, denn das Bewusstsein scheint die Spezies Mensch überhaupt erst auszumachen. Es ist ein Mythos, dass Menschen nur zehn Prozent ihrer potentiellen Gehirnleistung nutzen. Denn niemand weiß, was die Nutzung des Gehirns überhaupt ist und wie man sie quantifizieren sollte. Philipp Hübl ist Juniorprofessor für Theoretische Philosophie an der Universität Stuttgart.

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