Aufstrebende Großmächte können die Weltordnung verändern

Erst wenn die Kräfte, die für innenpolitische Unordnung und Instabilität sorgen, mit einer außenpolitischen Herausforderung einhergehen, kann das die ganze Weltordnung verändern. Ray Dalio erklärt: „Außenpolitisch wächst die Gefahr eines großen internationalen Konflikts, wenn es eine aufstrebende Großmacht gibt, die in der Lage ist, die bisherige Großmacht und Weltordnung herauszufordern.“ Das gilt umso mehr, wenn die bisherige Großmacht innenpolitischen Konflikte austrägt. Der im Aufstieg begriffene internationale Gegenspieler wird in aller Regel versuchen, diese innere Schwäche auszunutzen. Besonders groß ist die Gefahr, wenn die aufstrebende ausländische Macht bereits über vergleichbare Streitkräfte verfügt. Sich gegen ausländische Rivalen zu verteidigen, erfordert hohe Militärausgaben, die gerade dann anfallen, wenn sich die Wirtschaftslage im eigenen Land verschlechtert und es sich die amtierende Großmacht am wenigsten leisten kann. Ray Dalio ist Gründer von Bridgewater Associates, dem weltgrößten Hedgefonds. Er gehört mit zu den einflussreichsten Menschen der Welt.

Kriege sind äußerst kostspielig

Da es kein tragfähiges System zur friedlichen Beilegung internationaler Auseinandersetzungen gibt, löst man solche Konflikte gewöhnlich durch Kraftproben. Werden die Provokationen dreister, steht die Führungsmacht vor der schwierigen Entscheidung, zu kämpfen oder den Rückzug anzutreten. Ray Dalio ergänzt: „Im schlimmsten Fall kämpft und verliert sie, doch auch ein Rückzug ist schlecht, weil der Gegner dann weiter vorstoßen kann und andere Länder, die überlegen, auf welche Seite sie sich stellen sollen, das als Schwäche auslegen.“

Schlechte wirtschaftliche Rahmenbedingungen lösen mehr Kampf um Wohlstand und Macht aus, was unweigerlich zu einer Form von Krieg führt. Ray Dalio betont: „Kriege sind äußerst kostspielig. Gleichzeitig bringen sie die nötigen tektonischen Verschiebungen hervor, die die Weltordnung auf die neue Wohlstands- und Machtrealität ausrichten.“ Verlieren diejenigen, welche die Reservewährung und die Anleihen des bröckelnden Imperiums halten, das Vertrauen und verkaufen, so läutet das das Ende eines großen Zyklus ein.

Nach der Zerstörung eines alten Systems folgen Phasen des Friedens

Ray Dalio weiß: „Liegen alle diese Kräfte gleichzeitig vor – Verschuldung, Bürgerkrieg oder Revolution im eigenen Land, Krieg im Ausland und schwindendes Vertrauen in die Währung –, dann steht gewöhnlich eine Neuordnung der Welt bevor.“ Die schlimmen Phasen der Zerstörung und Umstrukturierung durch Depression, Revolution und Krieg, die das alte System im Grunde niederreißen und die Voraussetzungen für die Entstehung eines neuen schaffen, nehmen in der Regel zehn bis zwanzig Jahre in Anspruch, manchmal auch wesentlich weniger oder mehr.

Darauf folgen längere Phasen des Friedens und Wohlstands, in denen clevere Menschen harmonisch zusammenarbeiten und kein Land gegen die Weltmacht kämpfen möchte, weil sie zu stark ist. Ray Dalio fügt hinzu: „Diese friedlichen Phasen dauern etwa 40 bis 80 Jahre, mitunter auch deutlich kürzer oder länger.“ Die letzte maßgebliche Phase der Zerstörung und Umstrukturierung vollzog sich zwischen 1930 und 1945. Diese führte zu einer Periode des Aufbaus und zu einer neuen Weltordnung. Quelle: „Weltordnung im Wandel“ von Ray Dalio

Von Hans Klumbies