In seinem Buch „Machtübernahme“ beschreibt Arne Semsrott, was passiert, wenn Rechtsextremisten regieren. Und er liefert konkrete Strategien dafür, wie die Bürger die demokratische Gesellschaft verteidigen können. Der Autor spielt immer wieder Szenarien durch, welche die Konsequenzen einer rechtsextremistischen Machtübernahme behandeln. Noch gab es allerdings noch keine alptraumhafte Wahlnacht, nach der die Alternative für Deutschland (AfD) in die Regierung kommt. Aber es ist nicht schwer sich auszumalen, wie der weitere Aufstieg der Partei aussehen könnte. Die AfD ist im Kern eine rechtsextreme, eine menschenfeindliche, eine verfassungsfeindliche Partei. Bausteine ihrer Ideologie basieren auf der Annahme, dass manche Menschen mehr wert sind als andere. Ihre Vorstellungen sind durchzogen von Rassismus, von Queer- und Frauenfeindlichkeit. Die AfD ist dominiert von Menschen, die autoritäre und national-völkische Ideen verwirklichen wollen. Arne Semsrott ist Politikwissenschaftler und Aktivist.
Millionen Deutsche wollen keine rechtsextremistische Machtübernahme
Viele Parteimitglieder der AfD fordern die Abschaffung wichtiger Grundsätze der Demokratie und die Deportation von großen Bevölkerungsgruppen. Zentrale Figuren in den Reihen der Partei wollen ihren Gegner „ausschwitzen“, andere entwerfen Pläne für Putsche und Hinrichtungen. Die AfD und ihre Anhänger können jedoch gestoppt werden, auch dann noch, wen sie an der Regierung sind. Die beeindruckenden zivilgesellschaftlichen Proteste zur Stärkung der Demokratie Anfang 2024 haben gezeigt: Millionen Menschen in Deutschland wollen eine rechtsextremistische Machtübernahme nicht akzeptieren.
Arne Semsrott schreibt: „Eigentlich kommt dieses Buch zu spät. Denn die Gefahren von rechts sind schon lange bekannt. Die Mehrheitsgesellschaft hat nur nicht zugehört. Die Politikwissenschaftlerin Naika Foroutan warnte schon 2018, dass wir in präfaschistischen Zeiten leben.“ Die Bürger sollten nicht länger nur reagieren, beobachten und kommentieren, sondern selbst anfangen zu handeln, sich vorzubereiten und zu planen. Sie sollten wissen, was die demokratische Gesellschaft tun kann, um die autoritäre Wende zu verhindern oder sie, wenn nötig, rückgängig zu machen.
Der öffentliche Raum muss offen und sicher sein
Der Kampf um die Demokratie ist ein Ringen um öffentliche Räume. Wenn diese offen bleiben, gewinnt die Demokratie. Alle Menschen sind dafür verantwortlich: Beamte, Gewerkschaften, Richter, Unternehmen, Medien, Zivilgesellschaft, Kulturschaffende, Kirchen, Wissenschaft und Sport. Alle haben dazu unterschiedliche Werkzeuge zur Verfügung – Gegendemonstrationen, Proteste am Wahlabend und darüber hinaus, Bummelstreiks, Geld, Gesetzesänderungen, Transparenzarbeit, Zeit, gegenseitige Anrufe, Selbstverteidigungskurse, Mut.
Wenn die Bürger es schaffen, nicht nur offene, sondern sichere Räume zu schaffen, kann daraus etwas Neues entstehen. So können sie endlich darüber nachdenken, wie sie ihre Gesellschaft gestalten wollen. Rechtsextremisten versuchen jeden Tag, die Handlungsräume der demokratischen Zivilgesellschaft einzuschränken. Arne Semsrott rät: „Der beste Weg, dagegen anzugehen, ist nicht Verteidigung, sondern Angriff: der Kampf für mehr Möglichkeitsräume. Um sie zu vergrößern, sollten wir uns vernetzen, uns unterstützen.“
Machtübernahme
Was passiert, wenn Rechtsextremisten regieren. Eine Anleitung zum Widerstand
Arne Semsrott
Verlag: Droemer
Gebundene Ausgabe: 236 Seiten, Auflage: 2024
ISBN: 978-3-426-65984-7, 22,00 Euro
Von Hans Klumbies