Für ein gutes Leben sollen die Menschen nach Glück streben

Der geniale griechische Philosoph Aristoteles betrachtete das Glück nicht bloß als eine kurzfristige Freude. Wahres Glück, sagt der Denker, erfordert ein erfülltes Leben, also eine längere Lebensdauer. Aristoteles war ein Schüler Platons und Platon ging wiederum bei Sokrates in die Lehre. Diese drei großen Philosophen bilden eine Kette. Daran sieht man, auch Genies tauchen nicht einfach aus dem Nichts auf. Die meisten von ihnen haben einen Lehrer, der sie beeinflusst und prägt. Aber die Ideenwelten dieser drei Großmeister unterscheiden sich fundamental. Jeder ging auf seine ganz eigene Weise an die Philosophie heran. Nigel Warburton erläutert: „Sokrates war ein großer Redner, Platon ein großer Schriftsteller, und Aristoteles war besonders vielseitig interessiert. Sokrates und Platon sahen in der Welt, wie wir sie mit unseren Sinnen erfassen, sehen, hören, fühlen, schmecken, lediglich eine blassen Abglanz der Wirklichkeit, die nur durch abstraktes philosophisches Denken voll erfasst werden konnte.“ Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University.

Aristoteles gründete in Athen eine Philosophenschule

Aristoteles dagegen war gerade von denjenigen Dingen fasziniert, die er mit seinen Sinnen erfassen konnte. Leider ist nur ein kleiner Teil seiner Schriften erhalten geblieben. Aber diese überlieferten Werke hatten einen enormen Einfluss auf die abendländische Philosophie. Aristoteles war nicht nur Philosoph im engeren Sinn, sondern beschäftigte sich unter anderem mit Politik, Geschichte, Astronomie, Zoologie und der Schauspielkunst. Aristoteles wurde 384 vor Christus im griechischen Makedonien geboren.

Nachdem er als Schüler von Platon sich seine philosophischen Grundlagen erworben hatte, ging er zuerst einmal auf Reisen. Er arbeitete als Privatlehrer von Alexander dem Großen und gründete dann in Athen seine eigene Philosophenschule, das Lyceum. Nigel Warburton ergänzt: „Dies war eines der bekanntesten Bildungszentren der Antike, vergleichbar mit einer Universität. Von hier aus sandte er Forscher in alle Welt, die mit neuen Information über alle möglichen Bereiche zurückkehrten, von der Politik bis zur Biologie. Er legte auch den Grundstein für eine berühmte Bibliothek.“

Glück ist die gesamte Lebensleistung

Eine der grundlegenden Fragen, mit der sich Aristoteles auseinandersetzte, war: „Wie sollen wir leben?“ Die vereinfacht gesprochene Antwort lautet: „Strebe nach dem Glück!“ Der griechische Begriff, den Aristoteles für ein gutes Leben verwendete, lautete eudaimonia. Diese Eudämonie ist nicht nur eine Art von Wohlbehagen, sie bezieht sich nicht auf flüchtige Momente des Gefühls, sie ist viel objektiver. Aristoteles war davon überzeugt, dass es eine richtige Lebensweise gebe, und sie ist die richtige, weil sie sich am besten mit dem Wesen des Menschen verträgt.

Nigel Warburton erklärt: „Was uns vor allem vom Tier unterscheidet, ist, dass wir denken können, dass wir unsere Vernunft gebrauchen können, um zu entscheiden, wie wir handeln wollen. Daraus schloss er, dass die beste Lebensweise für den Menschen diejenige wäre, die im Einklang mit unserer Vernunft steht. Aristoteles glaubte sogar, dass Dinge, von denen der Mensch nicht einmal weiß, und sogar Ereignisse nach dem Tod, zur Eudämonie, also zum menschlichen Glück beitragen können. Glück ist für Aristoteles die gesamte Lebensleistung und zudem etwas, das von dem beeinträchtigt werden kann, was anderen, die einem Menschen am Herzen liegen, zustößt.

Von Hans Klumbies