Wikipedia erklärt Reue als „das Gefühl […] der Unzufriedenheit, der Abscheu, des Schmerzes und Bedauerns über das eigene fehlerhafte Tun und Lassen, verbunden mit dem Bewusstsein oder „der Empfindung) von dessen Unwert […]“ Und die Reue stellt sich häufig ein, wenn Menschen über sich und ihr Leben nachdenken. Reue ist sozusagen ein retrospektiver Zweifel. Anja Förster und Peter Kreuz nennen Beispiele: „Ach hätte ich damals bloß … den Traumjob angenommen, mehr Risiko gewagt, um die große Liebe gekämpft.“ Der entscheidende Punkt bei der Reue ist: Ein Mensch wird im Nachhinein nicht die Entscheidungen bereuen, die er trotz seiner Zweifel getroffen hat, sondern er wird die Momente bereuen, in denen sie zurückgewichen ist und das Risiko gescheut hat. Anja Förster und Peter Kreuz nehmen als Managementvordenker in Deutschland eine Schlüsselrolle ein.
Die Reaktion aus widrige Umstände kann Kummer verursachen
Man stellt sich dann möglicherweise folgende Fragen: „War es richtig, mich in mein Schicksal zu fügen?“ – „Warum habe ich mir das gefallen lassen?“ – „Warum habe ich das mitgemacht?“ Solche Fragen sind dem Wohlbefinden abträglich. Meistens sind es nicht die widrigen Umstände, die den Kummer verursachen, sondern die eigenen Reaktionen auf die Umstände. Das eigene Verhalten, das Mitmachen, die vielen Ausreden, warum man es so und nicht anderes machen „muss“. Das ist quälend wie eine Wunde, die nicht verheilt.
Der Psychologieprofessor Barry Schwartz schreibt in seinem Buch „Anleitung zur Unzufriedenheit“, dass Reue deshalb so problematisch ist, weil die bereute Entscheidung (und die daraus folgenden Konsequenzen) hätte vermieden werden können, und zwar durch die eigene Person, wenn man sich anders entschieden hätte. Anja Förster und Peter Kreuz erklären: „Das heißt, die Reue konfrontiert sie im Nachhinein mit genau der Selbstverantwortung, die Sie in dem damaligen Moment der Entscheidung loswerden wollten.“
Freiheit und Eigenverantwortung sind unauflöslich miteinander verbunden
Bereuende wissen, dass sie für ihre Scheinsicherheiten ihre Freiheit und damit verbundenen Wahlmöglichkeiten aufgegeben haben. Sie wissen, dass sie freiwillig Freiräume ihres Lebens aufgegeben haben. Sie kennen ihre eigene Verantwortung für ihre Unfreiheit – diese Einsicht ist die Voraussetzung für Reue. Es ist der eigene Verzicht auf Freiheit zu einem Zeitpunkt, als es noch möglich war, die Freiheit zu wählen. Dabei handelt es sich um ein nicht wieder gut zu machendes Versäumnis.
Anja Förster und Peter Kreuz betonen: „Das ist es, was die Fremdbestimmten in Wahrheit am meisten schmerzt: das Wissen darum, dass sie ihre Selbstbestimmung anderen freiwillig zu Füßen gelegt haben.“ Hier zeigt sich die unauflösliche Verbindung von Freiheit und Eigenverantwortung. Freiheit ist die Möglichkeit, etwas versuchen zu können. Handeln zu können, aber nicht zu müssen. Die Freiheit gibt die Möglichkeit zur Selbstbestimmung und die wiederum besteht aus Wollen und Können, sie sind allerdings keine Garantie für Glück und Wohlstand.
Von Hans Klumbies