Alle Kinder haben eine Vielzahl von Talenten

Wenige Kinder werden als Genies geboren. Aber alle Kinder haben eine Vielzahl von Talenten. Wenn man ein Neugeborenes betrachtet, sieht man kein dummes oder kluges Baby. Kinder lernen nach dem Prinzip Trial-and-Error: Ausprobieren – Fehler machen. Andreas Salcher weiß: „Das funktioniert großartig, wenn man bedenkt, was Kinder alles von ihrer Geburt bis zu ihrem sechsten Lebensjahr lernen: Krabbeln, Brabbeln, Sprechen, Singen, Tanzen, Sandburgen bauen, Drachen steigen lassen, Fahrrad fahren und vieles mehr.“ Daher kann es nur die Aufgabe einer entwickelten Gesellschaft sein, jedem Kind die maximale Chance auf die Entfaltung seiner Talente zu geben. Das Denkmodell, auf dem das gesamte österreichische Schulsystem aufgebaut ist, basiert aber auf der industriellen Massenproduktion. Dr. Andreas Salcher ist Unternehmensberater, Bestseller-Autor und kritischer Vordenker in Bildungsthemen.

ADHS wird oft bei besonders kreativen Kindern diagnostiziert

Niemand weiß, wie viele Kinder in den USA das Medikament Ritalin bekommen, um sie angepasster und braver zu machen. Die Schätzungen differieren zwischen ein bis acht Millionen Kindern! Sogar bei Kindern im Vorschulalter nimmt die Einnahme von Ritalin immer mehr zu. In Deutschland heißt das vergleichbare Medikament Prozac, und immer mehr Fachleute warnen Eltern vor dem oft viel zu sorglos diagnostizierten Aufmerksamkeitsdefizit- bzw. Hyperaktivitätsstörungssyndrom (ADHS) und der Verschreibung von Prozac.

In Österreich liegt dieses Problem noch im Bereich von Dunkelziffern. Neuere Studien zeigen, dass ADHS oft bei besonders kreativen Kindern diagnostiziert wird. Ken Robinson, ein britischer Autor und ein international geachteter Berater für Kreativität und Bildung in der Gesellschaftsentwicklung hielt bei der TED-Konferenz 2006 in Monterey in Kalifornien den Vortrag: „Töten unsere Schulen die Kreativität?“ TED steht für Technologie, Entertainment und Design und gilt als eine der innovativsten Konferenzen der Welt.

Die Kunst kommt immer an letzter Stelle

Ken Robinson brachte bekannte Fakten sehr bildhaft auf den schmerzhaften Punkt: Jedes Schulsystem auf der Welt hat die gleiche Hierarchie von Gegenständen. An der Spitze stehen immer Mathematik und Sprache, dann folgen die Naturwissenschaften und ganz am Ende kommen, wenn überhaupt, die künstlerischen Gegenstände. Übrigens sind Musikerziehung und Zeichnen jene Fächer, die nach einem ungeschriebenen Gesetz immer als erste gestrichen werden.

Es gibt kein Land auf der Welt, das Kinder Tanzen mit der gleichen Priorität wie Mathematik lehrt. Warum eigentlich? Mathematik ist wichtig. Tanzen ist auch wichtig. Andreas Salcher kritisiert: „Wenn Kinder aufwachsen, starten wir mit ihrer Bildung von der Hüfte aufwärts und konzentrieren uns später ausschließlich auf ihre Köpfe.“ Denkt man einmal darüber nach, was das ideale Endresultat des öffentlichen Bildungssystems ist, so muss man zu dem Schluss kommen, dass der ideale Output aller Schulen der Typus des Universitätsprofessors ist. Quelle: „Der talentierte Schüler und seine ewigen Feinde“ von Andreas Salcher

Von Hans Klumbies

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