Der öffentliche Stellenwert, den man dem wahrscheinlich wichtigsten Zukunftsberuf in der Gesellschaft gibt, ist bedauerlich. Andras Salcher kann die Gefühle vieler engagierter Lehrer gut nachvollziehen, wenn Politiker und Interessenvertreter Kampagnen zur Aufwertung des Lehrerberufs fordern. Der „Mut zum aufrechten Gang“ ist verdammt schwer in einem Umfeld, das einem jede Freude an der Aufgabe nimmt. Lehrer sind heute auch – an manchen Schulen sogar primär – Sozialarbeiter. Zudem ist die Schule ein System, das hohe Krankenstandraten durch Burn-out und Frühpensionierungen durch die ständig steigenden psychischen Belastungen produziert. Die wenigen Aufstiegsmöglichkeiten hängen in Österreich stark vom richtigen Parteibuch und nicht von hervorragender Leistung ab. Vor allem die Freude an der Arbeit mit Kindern wird durch eine bürokratische fremdbestimmte Kultur verhindert. Dr. Andreas Salcher ist Unternehmensberater, Bestseller-Autor und kritischer Vordenker in Bildungsthemen.
Lehrer müssen nach Leistung bezahlt werden
In Deutschland und Österreich dringt, vereinfacht dargestellt, eine einzige Botschaft der Lehrergewerkschaften an die Öffentlichkeit. Andreas Salcher benennt sie: „Unsere Lehrer leiden ungemein in der Schule, daher machen wir das Leiden so kurz wie möglich und erhöhen weiter die Ferientage.“ Mehr Anwesenheit in den Schulen lehnen die Lehrergewerkschaften strikt ab. Außerdem fühlen sich die Lehrer schlecht bezahlt. Jeden zusätzlichen Handgriff, den die Gesellschaft von ihnen verlangt, möchten sie abgegolten haben.
Da der Staat das Geld aber scheinbar nicht hat, lässt man lieber alles wie es ist. Zur Ehrenrettung der Lehrer sagt Andreas Salcher, dass sich die Mehrheit natürlich für die ihnen anvertrauten Schüler verantwortlich fühlt. Die Einführung leistungsorientierter Gehälter ist ein unausweichlicher Schritt, um Schulen zu modernen Organisationen des 21. Jahrhunderts zu machen. Es war Andreas Salcher immer ein Rätsel, warum die Lehrergewerkschafter ihre Macht nicht für eine substanzielle Verbesserung der Arbeitsbedingungen einsetzen.
Die Gesellschaft hat die Lehrer zum Abschuss freigegeben
Die Lehrergewerkschaft müsste gemeinsam mit den Schülern und ihren Eltern für eine Schule kämpfen, in der alle Beteiligten Sinn, Freude und Lust empfinden. Damit würden sie den Lehrerberuf vielleicht wieder attraktiv für die Besten jedes Jahrgangs machen. Leider konzentriert sich die Lehrergewerkschaft laut Andras Salcher aufs Feilschen um Werteinheiten, den Schutz der Ungeeigneten un aufs Jammern. Insider erzählen Andreas Salcher, dass sich eine kleine, aber mächtige Minderheit in diesem System sehr gemütlich eingerichtet hat.
Mit einem ausgefeilten Mechanismus aus Stundeneinteilungen und Dienstfreistellungen kommen sie auf ein durchaus ansehnliches Einkommen für einen Halbtagsjob. Die Leidtragenden sind alle anderen, vor allem Junglehrer, denen die unangenehmen Randstunden und die Bürokratie aufgehalst werden. Eine Lehrerin klagt an: „Die Gesellschaft hat uns Lehrer seit 20 Jahren zum Abschuss freigegeben. Wer am Boden liegt, verteidigt sich nur mehr blind, schlägt um sich und ist nicht mehr in der Lage zielgerichtet zu handeln.“ Quelle: „Der talentierte Schüler und seine ewigen Feinde“ von Andreas Salcher
Von Hans Klumbies