Anders Indset argumentiert in seinem neuen Buch „Das infizierte Denken“ für eine Neu- und Wiederentdeckung des Denkens. Denn die meisten Menschen haben in den letzten fünfzig Jahren die Krisenherde der Welt einfach ausgeblendet. Das neue Denken, das der Autor anstrebt sollte die eigenen Grundhaltungen hinterfragen und Veränderungen nicht nur zulassen, sondern sogar begrüßen: „Wir müssen uns öffnen für Paradoxien, für Gleichzeitigkeiten und das Unbekannte – um Wirkkräfte rechtzeitig zu erkennen und entsprechend zu handeln.“ Nur wenn die Menschen der Welt gegenüber aufgeschlossen sind, haben sie die Chance, eine mitmenschliche Zukunft zu gestalten. Die Zeit um 1970 markiert für Anders Indset den Beginn des unbemerkten, narkotisierten Wegdämmerns, dessen Auswirkungen die nächsten fünfzig Jahre prägen sollen. Einerseits gibt es eine noch nie da gewesene Stabilität, andererseits ist das gestalterische „Chaos“ verloren gegangen. Anders Indset, gebürtiger Norweger, ist Philosoph, Publizist und erfolgreicher Unternehmer.
Viele Menschen fühlen sich gespalten und unzufrieden
„Das infizierte Denken“ ist eine Kurzanleitung für alle und niemanden – die neue Generation der Denkenden – und für den Tag danach. An jenem Tag, an dem die Menschen aus der Geschichte lernen und sie zugleich hinterfragen. An jenem Tag, an dem sie mit gedanklichen Sprüngen und Widersprüchlichkeiten klarkommen. Gleichzeitig müssen sie aufhören, nur ihre persönlichen Erfahrungen zum Maßstab zu machen. Sie müssen es aufgeben zu hören, was sie hören wollen, und endlich zuhören.
Viele Menschen sind gefesselt in ihrer Freiheit und gefangen in der Gegenwart. Die Zukunftslosigkeit dient der Gefälligkeit in einer vollökonomisierten Welt, die ermüdend ist. Anders Indset kritisiert: „Wir optimieren und amüsieren uns, verpassen dabei das Reflektieren.“ Die Sprache, die Kultur und der Konsum, alles gleich sich an. Dennoch fühlen sich viele Menschen gespaltener und unzufriedener als je zuvor. Das Buch „Das infizierte Denken“ ist ein Beitrag zur Weltverständlichkeit, damit sich die Menschheit in Richtung neuer Selbstverständlichkeiten bewegen kann.
Anders Indset fordert eine Gesellschaft des Verstandes
Auf die Frage, warum wir jetzt Philosophie brauchen, antwortet Anders Indset: „Wenn die Gesellschaft gefällig wird, wird die Philosophie gefährlich beziehungsweise sie muss es werden.“ Sie muss in ihrer aufklärerischen Rolle genau jene intellektuellen, ökonomischen und technokratischen Türme einreißen, welche die Menschen heute in Gefangenschaft mit ihren Selbstverständlichkeiten halten. Der Kampf gegen den Antiintellektualismus erfordert einen Weg zur Heilung des infizierten Denkens.
„Philosophiert euch!“ ist ein Aufruf zur Aktivierung. Die Menschheit ist mit einem ökologischen sowie mit einem Bevölkerungskollaps konfrontiert. Viele meinen, nur noch ein rasanter technologischer Fortschritt kann die Rettung bringen. Dabei ist die Technologie jedoch eine existenzielle Bedrohung für den bewussten und denkenden Menschen. Daher fordert Anders Indset eine Gesellschaft des Verstandes. Den Verstand zu verstehen, sollte jedermanns Ziel sein. Sogenannte Handlungshelden bilden dabei die Grundlage für ein Leben in Verbundenheit mit anderen Menschen. Gesucht wird der Mitmensch.
Das infizierte Denken
Warum wir uns von alten Selbstverständlichkeiten verabschieden müssen
Anders Indset
Verlag: Econ
Gebundene Ausgabe: 263 Seiten, Auflage: 2021
ISBN: 978-3-430-21054-2, 20,00 Euro
Von Hans Klumbies