Alle Menschen gehören zu einer Kulturgemeinschaft

Erste Quelle der Freiheit ist die gesellschaftliche Herkunft des Menschen und seine Zugehörigkeit zu einer Kulturgemeinschaft. In seiner Freiheit ist der Mensch nicht allein. Paul Kirchhof erklärt: „Ihn leitet die Erfahrung des allen Menschen Gemeinsamen: Er erlebt anfangs unbewusst, dann selbstbewusst das Wachsen seiner körperlichen und geistigen Fähigkeiten von der Kindheit bis zum Erwachsensein, ist dabei eingebettet in eine Familie, ein kulturelles Umfeld, eine Rechts- und Sozialordnung, die ihn leitet und bei fehlerhaften, auch bei noch unverantwortlichem Handeln auffängt.“ Er wächst in eine Kultur elterlich und schulisch vermittelter Lebenssicht und Lebenserfahrung hinein, die ihn den Freiheitsgebrauch in wechselnden Zeiten lehrt. Er lebt in Konventionen – der Zusammenkunft von Menschen, die ihre Zukunft aus einer gemeinsamen Herkunft gestalten. Dr. jur. Paul Kirchhof ist Seniorprofessor distinctus für Staats- und Steuerrecht an der Universität Heidelberg.

Das Abendland hat von drei Hügeln seinen Ausgang genommen

Er begegnet Menschen, die ihm vertraut sind, zu denen er Vertrauen hat. Das Individuum folgt ihnen in Beobachtung und Nachahmung, erlebt die Gemeinsamkeit von Maßstäben, macht sich diese zu eigen. Der Mensch lernt in dieser Gemeinschaft, Erhebliches von Unerheblichem zu unterscheiden, Wertvolles von Wertlosem, Gelassenheit von Gleichgültigkeit. Paul Kirchhof ergänzt: „Er lebt in dem Recht und dem Frieden, zu dem seine Eltern ihn führen. Er empfindet eine Dankbarkeit gegenüber den eigenen Ursprüngen anfangs unbewusst, dann bewusst, schließlich ausdrucksfähig.“

Theodor Heuss, der erste Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, hat in einer Rede die Bedeutung des Humanistischen und dessen geistigen Zusammenhang mit unserer Volks- und Geistesgeschichte gesagt: „Es gibt drei Hügel, von denen das Abendland seinen Ausgang genommen hat: Golgatha, die Akropolis in Athen, das Capitol in Rom. Aus allen ist das Abendland geistig gewirkt, und man darf alle drei, man muss sie als Einheit sehen.“ Das ganze geistige Werden sei durch diese drei Ursprünge wesentlich bestimmt, auch das Gespräch mit anderen Völkern.

Menschen fragen regelmäßig nach Lebenssinn und Lebensglück

Freiheit ist stets auch das Bemühen, sich selbst zu verstehen, der eigenen Existenz und dem eigenen Handeln einen Sinn zu geben. Paul Kirchhof fügt hinzu: „Der Freie arbeitet nach der Ordnung seiner Gemeinschaft an sich selbst. Die inneren Grenzen der Freiheit werden in das Gewissen des Freien verlegt.“ Das beginnt mit einem sportlichen Leben, das die körperliche Leistungsfähigkeit verbessert und erhält, in der Gesundheit eine Grundlage für seelische Festigkeit, geistige Lebhaftigkeit und Reaktionssicherheit gewinnt.

Paul Kirchhof stellt fest: „Der Mensch entwickelt Maßstäbe und Formen für eine Ess- und Bewegungsdisziplin, verordnet sich selbst ein Fitnessprogramm. Er pflegt Übungen des geistigen Anspannens und Entspannens, der Gewissensbildung und ethischen Maßstabsbildung, um sich einer Ziele, Ideen, Möglichkeiten des Wissens und Wollen zu vergewissern.“ Der Mensch frage regelmäßig nach Lebenssinn und Lebensglück, strebt nach Gesundheit und Klugheit, hofft auf eine Verlangsamung des Alterns. Quelle: „Beherzte Freiheit“ von Paul Kirchhof

Von Hans Klumbies