Emotionen haben in der Arbeitswelt nichts zu suchen

Emotionen am Arbeitsplatz lassen sich nicht verhindern, aber man kann sie verstehen. Grob geschichtlich betrachtet sagt Alexander Goebel, dass der Kapitalismus zu einer einseitigen Wahrnehmung der Emotionen gekommen ist und zwar aus folgenden Gründen: Der typischen Arbeiter an einen gewöhnlichen Arbeitsplatz zu Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert hat seine Arbeitsbedingungen grundsätzlich nur still erlitten, wiewohl er vielleicht innerlich wütend war. Damals gab es keine oder wenige emotionale Äußerungen, denn solche hätten zu Schwierigkeiten bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes geführt. Alexander Goebel fügt hinzu: „Die Arbeit an sich war emotional unentrinnbar mit Mühsal, Verachtung und Ungerechtigkeit verbunden. Negative Werte, die die Menschen stumm dienend solange erduldeten, bis der Leidensdruck einfach zu groß wurde und sich die aufgestauten Emotionen in Protest und Arbeitskampf entluden, zu Recht und mit Recht.“ Alexander Goebel ist seit 40 Jahren erfolgreich im Emotionsgeschäft unterwegs.

Arbeit muss weder Spaß noch Sinn machen

Die herrschende Arbeitsphilosophie lautete: „Arbeit muss weder Spaß noch Sinn machen und Gefühle haben in der Arbeitswelt nichts zu suchen.“ Für die Besitzer der Produktionsmittel waren Emotionen nur ein störendes Übel, das sicher zu Revolte und Aufstand lenkte, wenn es nicht bereits im Keim erstickt wurde. Diese Haltung führte zu unerträglichen Arbeitsbedingungen, zu gefühlsfeindlichen Umgebungen und einem entsprechenden Führungsstil. Gefühle im Unternehmen waren der ausgemachte Feind des Profits.

In den unerbittlichen Abhängigkeitsstrukturen jener Zeit waren Gefühle etwas, das zu Hause zu bleiben hatte. Die Arbeiter der Fabriken und Förderanlagen begehrten kaum auf, denn die Hierarchien wurden als existentiell notwendig und unerschütterlich angenommen. Es gab keine Alternativen und das machte die Zustände schicksalhaft. Gefühle brachten nur Nachteile und Hunger. Aber als sich die ersten Aufrechten besannen und ihre Emotionen auch im Arbeitsbereich zuließen, sich über ihre Arbeitsbedingungen aufregten und beschwerten, kam die gewerkschaftliche Bewegung ins Rollen.

Arbeiter sollten auf Missstände aufmerksam machen

Revolutionen basieren laut Alexander Goebel auf politischem Bewusstsein und emotionaler Kraft. Beides überzeugend vermittelt ergibt einen Sinn für Widerstand und Veränderung. Aufstand ist auch in der Wirtschaft gut, denn er bedeutet Erneuerung. Alexander Goebel ergänzt: „Aufstand ist in jedem Fall besser als Routine und Langeweile. Wer gegen etwas aussteht, arbeitet mit Emotion, deshalb ist Aufstand auch Bindung.“ Als Mitarbeiter, dem etwas an seiner Arbeit und deren Umfeld liegt, habe ich die Pflicht auf Missstände aufmerksam zu machen.

Es ist den „Aufständischen“ etwas wert, sich für Veränderungen einzusetzen, da ihnen ihr Arbeitsumfeld wichtig ist. Die Führungskräfte sollten konstruktive Kritik und Widerstand als Zeichen von emotionaler Bindung und Loyalität anerkennen, bevor sie in die Falle antiquierter Reaktionen verfallen und versuchen, die ausgemachten „Feinde“ zu disziplinieren beziehungsweise zu eliminieren. Niemand ist treuer als ein Mitarbeiter, dessen Verbesserungsvorschläge angenommen und umgesetzt werden. Quelle: „Gute Gefühle“ von Alexander Goebel

Von Hans Klumbies