Champagner kann man immer trinken

Champagner ist kein Wein nur für Geburtstage und Silvester. Ebenso gibt es in der Champagne nicht nur luxuriöse Handelshäuser. Aldo Sohm und Christine Muhlke wissen: „Unabhängige Start-ups revolutionieren das Geschäft.“ Die Champagne wurde als letzte Region von den Römern für den Weinanbau erschlossen, weil es dort eigentlich zu kalt war. Außerhalb dieser Region erzeugte perlende Weine darf man nur als Schaumwein bezeichnen. Oder als Crémant, wenn sie aus einer von acht bestimmten Regionen außerhalb der Champagne kommen. Üblicherweise wird er aus den Rebsorten Pinot Noir, Pinot Meunier und Chardonnay verschnitten. Innerhalb der Ursprungsbezeichnung sind allerdings vier weitere erlaubt. Österreicher Aldo Sohm ist einer der renommiertesten Sommeliers der Welt, eine Legende seiner Branche. Christine Muhlke ist Redakteurin des Feinschmecker-Magazins „Bon Appétit“.

Der beste Winzer ist Anselme Selosse

Die Champagne erlebte Mitte der 80er-Jahre eine Revolution, als Anselme Selosse die Grand-Cru-Lagen seiner Familie übernahm. Statt auf hohe Erträge mit niedriger Qualität, setzte er auf die Frucht. Er verlegte sich auf biologischen Anbau, kleinere Erträge und natürlich vorhandene Hefen für die Gärung. Anselme Selosse reduzierte den Anteil neuer Barriques für den Ausbau und setzte weniger Schwefeldioxid hinzu. Im Jahr 1994 zeichnete man ihn als besten Winzer Frankreichs in allen Kategorien aus – eine nie dagewesene Ehre.

Heutzutage gibt es in der Champagne mehr freie Geister wie ihn, und selbst die großen Champagnerhäuser folgen seinem Vorbild. Als Aldo Sohm für eine Woche die Champagne bereiste, fragte er alle Weinbauern, welches große Handelshaus sie am meisten respektierten: „Sie waren sich alle einig – das passiert nie bei Weinbauern! Sie alle nannten Louis Roederer.“ Die Hälfte der Trauben kommt aus biologischem Anbau, und man verfolgt eine fortschrittliche Philosophie.

In der Champagne regiert das Geld

Sie sprechen mit den Weinbauern, bieten Seminare an und bezahlen fair. Der Kellermeister genießt großen Respekt. In der Champagne regiert das Geld. Aber Roederer ist eines der kleineren Häuser – hier wird Qualität großgeschrieben. Wer einige Gläser Champagner trinkt, wird die folgende französische Redensart verstehen: „Mit Burgunder denkt man an Dummheiten, mit Bordeaux sagt man Dummheiten, und mit Champagner macht man Dummheiten.“

Ein Winzer-Champagner wird von kleinen Weinbauern erzeugt, die eigene Rebflächen besitzen und ihren eigenen Wein produzieren, verkaufen und vermarkten. Anfangs hielt sich Aldo Sohm an die großen Häuser wegen deren gleichbleibenden Qualität. Aber nach und nach entwickelte er eine echte Leidenschaft für Winzer-Champagner. Der Champagner der großen Handelshäuser ist tendenziell etwas süßer. Das liegt daran, dass sie anders als die kleinen Weinbauern, die ihre Trauben aus Einzellagen lesen, Trauben aus der ganzen Region verschneiden, die nicht immer perfekt gereift sind. Um die strenge Säure dieser Trauben auszugleichen, fügt man Zucker hinzu. Quelle: „Einfach Wein“ von Aldo Sohm mit Christine Muhlke

Von Hans Klumbies