Der Winzer entscheidet über die Qualität des Weins

Wenn die geltenden Weingesetze des Landes es erlauben, können Winzer den Traubenmost chaptalisieren. Das heißt, ihn mit einer genau festgelegten Menge an Zucker anreichern. In kühleren Regionen, in denen die Trauben einen geringen Zuckergehalt aufweisen, erhöht man mit diesem Verfahren den Alkoholgehalt des Weins. Hefe ist ausgesprochen temperaturempfindlich. Aldo Sohm und Christine Muhlke erklären: „Je kühler die Temperatur, desto langsamer arbeitet die Hefe. Die Gärzeit wird folglich in die Länge gezogen, sodass die Trauben mehr von ihren Geschmacksstoffen abgeben können.“ Eine Gärung bei zu warmen Temperaturen ist ungünstig, da der Geschmack durch die beschleunigte Gärung leidet. Der Österreicher Aldo Sohm ist einer der renommiertesten Sommeliers der Welt, eine Legende seiner Branche. Christine Muhlke ist Redakteurin des Feinschmecker-Magazins „Bon Apppétit“.

Die Tannine stammen aus den Traubenstilen

Die Maischekühlung wendet man oftmals in wärmeren Klimazonen an. Nach der Lese kühlt man die Trauben herunter, keltert sie und lagert den entstandenen Most samt Traubenschalen kühl. Somit sind die Hefen nicht in der Lage, die Gärung zu starten. Auf diese Weise werden Farbstoffe, Phenole und Geschmacksstoffe aus den Traubenschalen extrahiert. Die so entstehenden Weine sind tendenziell etwas frischer und auch dunkler. Die Ganztraubengärung funktioniert wie folgt.

Der Wein wird als ganze Traube vergoren, die Weinbeeren werden also nicht einzeln von den Stilen getrennt. Dieses Verfahren wird meist bei Rotweinen und oft nur partiell eingesetzt. Das führt zu Weinen mit etwas strafferen Tanninen, spritziger Säure, einem kleinen, aber merklichen Dioxidgehalt und einem leicht vegetalen Aroma. Die Tannine stammen dabei aus den Traubenstilen. Sie verleihen dem Wein etwas mehr Struktur, was auf lange Sicht günstig für die Reifung ist.

Natural Wines haben inzwischen viele Freunde

Nach abgeschlossener Gärung lagert man den Wein und Fässern und trennt ihn von der Feinhefe. Ob der Winzer seinen Wein in Eichenfässern oder Edelstahltanks ausbaut, macht enorme Unterschiede aus. Aldo Sohm und Christine Muhlke erläutern: „Erstere weisen einen runderen Geschmack auf. Weine, die man in Edelstahl ausbaut, wirken frischer und haben manchmal einen leichten CO2-Gehalt. Das verleiht ihnen eine gewisse Spritzigkeit.“ In der Regel leitet man den Wein durch einen Filter.

Denn unfiltrierter Wein kann trüb aussehen und Ablagerungen oder Schwebstoffe enthalten. Freude des Natural Wines achten beim Wein im Glas auf dieses Erscheinungsbild. Es ist ein Aberglaube, dass unfiltrierter Wein schlecht ist. Er kann geschmacklich sogar überlegen sein. Nach dem Abfüllen des Weins in Flaschen verschließt sich der Geschmack. Dieses Phänomen nennt man Füllschock oder Flaschenkrankheit. Der Winzer entscheidet, wie lange der Wein im Weingut zur Erholung in der Flasche ruhen soll, bevor er in den Verkauf gelangt. Quelle: „Einfach Wein“ von Aldo Sohm mit Christine Muhlke

Von Hans Klumbies