Die AfD wird nicht mehr so schnell verschwinden

Die Alternative für Deutschland (AfD) hinterlässt zurzeit nicht den stärksten Eindruck. Die Führungsspitze der Partei scheint sich gerade selbst zerlegen zu wollen, die Fraktion in Baden-Württemberg hat sich, kaum in den Landtag eingezogen, gespalten, wichtige Repräsentanten blamieren sich öffentlich. Trotzdem steht die AfD vor einem weiteren Erfolg: Am 4. September wird in Mecklenburg-Vorpommern gewählt, die Partei steht in Umfragen bei 19 Prozent. Im fernen Amerika redet sich Donald Trump um Kopf und Kragen und ist doch der Präsidentschaftskandidat der Republikaner geworden. Marine Le Pen und Nigel Farage sind die Helden ihrer wachsenden Anhängerschaft, egal, wie sehr sie sich daneben benehmen. Mit der AfD ist eine Bewegung entstanden, die nicht mehr so schnell verschwinden wird. Sie ist rechts, jenseits der historischen Rechten – auch wenn es Berührungen gibt, personell wie ideologisch.

Viele Menschen in Deutschland sind unzufrieden und besorgt

Die Protangonisten der AfD sind populistisch, mal frech, mal hasserfüllt und demagogisch. Sie werden auf absehbare Zeit bleiben. Denn diese Bewegung ist nicht rückwärtsgewandt und spießig, wie ihre linken und liberalen Gegner im Gefühl der intellektuellen Überlegenheit behaupten. Sie ist modern, visionär und perfekt kompatibel mit dem Internetzeitalter. Sie prägt, obwohl in der Minderheit, die Debatte: Einer der Rechtspopulisten sagt etwas Provokantes, zwischen CSU und Linkspartei regt sich alles auf, die Szene aber feiert den Zitatgeber: Endlich sagt es einmal einer.

Die neue Bewegung ist modern, weil sie auf die Gegenwart reagiert. Die Welt ist komplex, widersprüchlich, unübersichtlich geworden, Identitäten sind zerbrochen. Die Globalisierung und die Finanzkrise, die internationale Politik von Putin bis zum türkischen Staatspräsidenten, die Millionen Flüchtlinge und der islamische Terror haben Gewissheiten pulverisiert. Die etablierte Politik reagiert mit vorläufigen Lösungen und Kompromissen, deren Grenzen offensichtlich sind. Das lässt viele Menschen unzufrieden und besorgt zurück.

Die etablierten Parteien treten für einen Universalismus ein

Die Parteien der Berliner Republik sind enger zusammengerückt, auch weil die Bedeutung ideologischer Gegensätze schwindet. Links und rechts der breit gewordenen Mitte ist Platz entstanden; links sitzt jetzt die Linke; den Platz rechts der Union versucht nun die AfD für sich zu reklamieren. Sollte sie sich selbst zerlegen, wird eine andere Gruppe kommen. Der politische Lehrsatz von Franz Josef Strauß, dass es rechts der CSU dauerhaft keine Partei geben dürfe, galt für die Republikaner der Achtzigerjahre. Heute würde es die CSU zerreißen, wollte sie den Platz der AfD besetzen.

Es ist also eine rechte Alternative entstanden zum bestehenden Grundkonsens der etablierten Parteien. Bei allen Unterschieden liegt dieser Konsens darin, dass der Rechtsstaat und staatliches Handeln universalistisch ausgerichtet sind: Es geht um die Würde aller Menschen, um Gerechtigkeit für jedermann und um Gleichheit vor dem Gesetz. Gestritten wird über die Grenzen dieses Universalismus; bei der Aufnahme von Flüchtlingen liegt sie für die CSU woanders als für die Grünen. Quelle: Süddeutsche Zeitung

Von Hans Klumbies