Abraham a Santa Clara ist das Vorbild aller Prediger

Die Predigten und Schriften von Abraham a Santa Clara wurden von vielen berühmten Dichtern wie Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Jean Paul und Joseph von Eichendorff verehrt. Abraham a Santa Clara war Prediger mit Leib und Seele, der einen unwiderstehlichen Sprachtrieb besaß. Er wurde zur Kanzel förmlich durch seine innere Berufung getrieben. Seine Predigten schrieb er nur deshalb nieder, weil andere sie immer wieder lesen wollten. Seine humanistische Lehrzeit verbrachte er am Jesuitenkolleg in Ingolstadt und bei den Benediktinern in Salzburg. Hier holte er sich seine Bibelkenntnisse und sein umfassendes Wissen in der Welt- und Kirchengeschichte. Abraham ist ein Vertreter der Moraltheologie, er will den Leuten ins Gewissen reden.

Abraham a Santa Clara wurde zum Sprecher ganz Europas

Abraham a Santa Clara wurde als Johann Ulrich Megerle 1644 in Baden geboren. Nach seinen Studien schloss er sich dem Orden der Augustinereremiten an und trat in das Kloster Mariabrunn bei Wien ein. Nach seiner Priesterweihe trat er die Stelle als Wallfahrtsprediger in Taxa bei Augsburg an. Er hatte sofort enormen Erfolg mit seinen Predigten, das Volk strömte in Scharen zu ihm. Sein phänomenaler Ruf drang bis ins kaiserliche Wien, wohin er bald zurückbeordert wurde. 1677 wurde er zum kaiserlichen Hofprediger ernannt.

Abraham a Santa Clara war lange Jahre die Stimme der Kaiserstadt, in der „Leopoldspredigt“ (1673) und in den Predigten auf den hl. Josef (1675), auf die dritte Heirat Leopolds I. (1676) und auf den heiligen Georg (1680) wurde er zum Sprecher von ganz Österreich. Mit seinem Aufruf gegen die türkischen Angreifer „Auf, auf, ihr Christen“ wurde er zum Sprachrohr ganz Europas. Auch wenn er zwischendurch fünf Jahre in Graz wirkte, blieb er immer der Prediger des Kaisers und der Stadt Wien. Er war von dem Jahr seiner Berufung nach Wien (1672) an bis zu seinem Tod im dortigen Augustinerkloster am 1. Dezember 1709, vor allem mit der Kaiserstadt verbunden, in der er sich besonders wohl fühlte und die er liebte.

Abraham a Santa Clara war einer der größten Meister der deutschen Sprache

Was hob seine Predigten haushoch über die der anderen Priester hinaus? Abraham a Santa Clara verstand die Kunst der Steigerung, wodurch er Spannung erzielte, wie nur wenige vor ihm und nach ihm. Er strebte in seinen Vorträgen nach Abwechslung und auf höchste Anschaulichkeit der Darstellung. Wie ein roter Faden zogen sich originelle und treffende Gleichnisse und Beispiele durch seine Predigten.

Abraham a Santa Clara ist ein einzigartiger Schilderer des Welttheaters und seines Hauptdarstellers, des Menschen. Er versteht es auch, Gemüts- und Seelenzustände sowie heftige Leidenschaften zu schildern. Seine Reden sprudeln förmlich von der Dramatik des Lebens. Doch bei aller Raffinesse seiner Vorträge, verlor er nie sein eigentliches Ziel aus den Augen, den Menschen zu Gott zu geleiten.

Abraham zählt ohne Zweifel zu den größten Meistern der deutschen Sprache und Rede, die sich durch überquellende Phantasie, treffenden Witz und derber Schlagfertigkeit auszeichneten. Mit seiner Wort- und Redemacht, die sich durch eine dramatische Kraft der Gestaltung auszeichnete, bleibt er unerreicht. Er wird immer ein Vorbild der Prediger bleiben, die wie er Wort und Leben zu einer Einheit verschmelzen möchten.

Von Hans Klumbies