Es gab eine Zeit, da war des menschliche Gehirn der einzige Ablageort für Informationen. Vaclav Smil nennt ein Beispiel: „Keltische Barden konnten Stunden mit der Nacherzählung vergangener Ereignisse, Konflikte oder Eroberungszüge verbringen.“ Bis die externe Datenspeicherung erfunden wurde. Kleine Zylinder und Platten aus getrocknetem Lehm, erfunden vor rund 5.000 Jahren in Sumer im südlichen Mesopotamien, waren oft nur mit einem Dutzend keilförmiger Zeichen beschriftet, was etwa dem Informationsgehalt von ein paar Hundert – oder 10 hoch 2 – Bytes entsprach. Die „Orestie“, eine Tragödien-Trilogie des griechischen Dichters Aischylos aus dem 5. vorchristlichen Jahrhundert, beläuft sich auf rund 300.000 – oder 10 hoch 8 – Bytes. In Rom der Kaiserzeit besaßen manche reiche Senatoren eine Bibliothek, die aus hunderten Schriftrollen bestand; eine dieser Sammlungen enthielt mindestens 100 MB – 10 hoch 8 Bytes – an Information. Vaclav Smil ist Professor für Umweltwissenschaften an der University of Manitoba.
Der Computer eröffnete neue Möglichkeiten der Datenspeicherung
Eine radikale Wende brachte die von Johannes Gutenberg erfundene Drucktechnik mit beweglichen Lettern. Vaclav Smil stellt fest: „An der Wende zum 16. Jahrhundert, nicht einmal ein halbes Jahrhundert nach der Einführung der Druckerpresse, hatten europäische Drucker bereits mehr als 11.000 neue Bücher hergestellt.“ Zu diesem bemerkenswerten Aufkommen gesellten sich technische Fortschritte bei anderen Techniken der Informationsablage, allen voran Holzschnitte zur Vervielfältigung von Notenblättern, Illustrationen und Landkarten.
Später, im 19. Jahrhundert kamen die Fotografie, die Phonographie – Tonaufnahme – und die Kinematographie dazu. Vaclav Smil fügt hinzu: „Das 20. Jahrhundert brachte weitere neue Verfahren zur Speicherung von Informationen: Magnetbänder und Langspielplatten – und ab den 1960er Jahren eröffnete der Computer ganz neue Möglichkeiten und Größenordnungen der digitalen Datenspeicherung.“ Gespeichert wurden zum Beispiel medizinische Bildaufnahmen, Animationsfilme sowie interkontinentale Finanztransfers. Nicht vergessen darf man dabei die massenhafte Versendung von Spam.
Mehr als 97.000 Stunden Videos wurden 2018 von Netflix-Kunden gestreamt
Die Menge digital abgelegter Informationen stellte schon nach kurzer Zeit alles in den Schatten, was die Menschheit bisher an Druckwerten erzeugt hatte. Vaclav Slim nennt ein Bespiel: „Die Theaterstücke und Gedichte William Shakespeares in ihrer Gesamtheit summieren sich zu 5 MB, was dem Datenvolumen einer einzigen hochauflösenden Fotografie entspricht.“ Druckwerke sind , so gesehen, zu einem marginalen Bestandteil des weltweiten Reservoirs an gespeicherten Daten geworden.
Im 21. Jahrhundert hat sich die Generierung von Information noch einmal beschleunigt. Vaclav Smil erläutert: „Der Cloud-Service Domo hat in einer Übersicht für das Jahr 2018 die folgenden Zahlen ermittelt: Mehr als 97.000 Stunden Videos wurden von Netflix-Kunden gestreamt, fast 4,5 Millionen Videos auf YouTube angeschaut, über 18 Millionen Wetterdaten auf dem Weather Channel abgefragt und mehr als drei Billiarden Bytes – 3,1 Petabytes – sonstiger Daten aus dem Internet geholt – pro Minute wohlgemerkt und allein den Vereinigten Staaten.“ Quelle: „Zahlen lügen nicht“ von Vaclav Smil
Von Hans Klumbies