Zum Tod des Literaturnobelpreisträgers José Saramago

Der portugiesische Literaturnobelpreisträger José Saramago ist am 18. Juni 2010 auf Lanzarote gestorben. Er war einer der letzten großen politischen Schriftsteller von Weltrang. In seinen Bücher, wie zum Beispiel in seinem Roman „Alle Namen“ stellt er allerdings auch immer wieder philosophische Fragen, die eine Antwort darauf suchen, woher der Mensch kommt, wohin er geht und ob sein Leben einer Grundstruktur folgt. Er will herausfinden, ob das Leben einen Sinn hat. Sein Fazit lautet, dass das Elend auf der Welt und der Tod sinnlos sind.

Der Mensch muss Grenzen überschreiten und Risiken eingehen

Aber anders als sein Schriftstellerkollege Albert Camus vertrat er die Meinung, man müsse gegen die Absurdität des menschlichen Schicksals ankämpfen. Man dürfe sich nicht wie Sisyphos mit seinem Los abfinden und nur Steine wälzen, sonder der Mensch muss sich wehren, indem er die Steine nach den Göttern wirft. Für José Saramago sind nur tote Götter gute Götter. Zu den Lieblingsthemen des Literaturnobelpreisträgers zählen auch die Übertretung und das Wagnis. Erst dadurch wird der Mensch zu einem handelnden Menschen, der sich von einem toten Punkt ins Leben hineinwagt.

Wer Grenzen überschreitet und etwas riskiert handelt rein menschlich. Das unterscheidet ihn von den Göttern. José Saramago war immer lieber ein Mensch als ein Gott, lieber sterblich als aus Stein. Zu den bekanntesten Romanen des Schriftstellers zählen „Hoffnung im Alentejo“ (1980), „Das Memorial“ (1982), „Die Stadt der Blinden“ (1995), „Das Zentrum“ (2000) und „Eine Zeit ohne Tod“ (2005). In allen seinen meist parabelhaften Texten war er zugleich Existentialist und Moralist. Immer wieder stellte er die Frage: „Was ist der Mensch?“

José Saramago: „Solange es die Welt gibt, ist alls möglich“

José Saramago wurde am 16. November 1922 in dem ärmlichen Dorf Azinhaga geboren. Er arbeitete später als Maschinenschlosser und Büroangestellter. 1969 trat er in kommunistische Partei Portugals ein. Nachdem der Diktator António de OliveiraSalazar gestürzt worden war, wurde er stellvertretender Chefredakteur des „Diário de Notícias“. Einen großen Literaturskandal löste José Saramago mit seinem Roman „Evangelium nach Jesus Christus“ aus, in dem er die Liebesgeschichte zwischen Jesus und Maria Magdalena erzählt. Die Regierun g von Portugal löschte daraufhin den Autor von der Vorschlagsliste für den Europäischen Buchpreis.

José Saramago liebte die Provokation. Als er einmal gefragt wurde, warum er 1969 in die Kommunistische Partei Portugals eingetreten sei, obwohl damals die Verbrechen der Stalinära schon bekannt waren, antwortete der Romancier: „Da können Sie auch fragen, warum noch jemand Katholik wird nach der Inquisition. Die Perversion guter Ideen gab es immer.“ Doch resigniert hat José Saramago auch in seinem letzten Buch „Die Reise des Elefanten“, das posthum im Hoffmann und Campe Verlag erschien, nicht. Dort kommt der wunderbare Satz vor, der sein Vermächtnis sein könnte: „Solange es die Welt gibt, ist alles möglich.“

Von Hans Klumbies