Die Dampfmaschine leitete die Industrielle Revolution ein

 

Die bahnbrechende Erfindung, mit der die Menschen Wärme in Bewegung übersetzen konnten, stammte aus den britischen Kohlebergwerken. Als die Bevölkerung von England und Schottland zunahm, wurden Wälder abgeholzt, um Äcker anzulegen, Häuser zu errichten und Energie für die expandierende Wirtschaft zu liefern. Als das Feuerholz knapp zu werden begann, sahen die Briten in der Kohle einen Ersatz dafür. Viele der neuen Kohlebergwerke lagen in feuchten Regionen und das eindringende Grundwasser verhinderte den Abbau der Kohle in tieferliegenden Flözen. Gegen das Jahr 1700 drang ein sonderbares Geräusch aus den Schächten der Kohlebergwerke. Dieses Geräusch, ein Vorbote der Industriellen Revolution in England, stammte von einer Dampfmaschine. Yuval Noah Harari ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem.

Dampfmaschinen trieben Webstühle und Spinnmaschinen an

Yuval Noah Harari erklärt die Funktionsweise der Dampfmaschinen: „Es gibt verschiedene Arten von Dampfmaschinen, doch das Prinzip ist immer dasselbe. Man verbrennt einen Brennstoff wie Kohle, und mit der erzeugten Hitze wird Wasser verdampft. Der Dampf dehnt sich aus und drückt auf einen Kolben. Dieser Kolben bewegt sich und alles mit dem Kolben verbundene wird ebenfalls bewegt. Und schon haben Sie Hitze in Bewegung übersetzt.“ In den britischen Bergwerken des 18. Jahrhunderts wurden die Kolben mit einer Pumpe verbunden, die das Wasser aus dem Grund der Schächte beförderte.

Die ersten Dampfmaschinen verbrauchten riesige Mengen an Kohle, um kleine Mengen Wasser abzupumpen. Aber da in den Bergwerken genug Kohle vorhanden war, spielte dies zunächst keine Rolle. In den folgenden Jahrzehnten verbesserten britische Ingenieure die Dampfmaschinen immer weiter. Sie wurden jetzt nicht nur in den Bergwerken eingesetzt, sondern wurden auch benutzt, um Webstühle und Spinnmaschinen anzutreiben. Yuval Noah Harari fügt hinzu: „Dank dieser Revolution der Textilindustrie ließen sich billige Stoffe in immer größeren Mengen herstellen.“

Zwischen Liverpool und Manchester wurde die erste Zugverbindung eröffnet

England stieg innerhalb kürzester Zeit zur Werkstatt der Welt auf. Jetzt stellten sich die Ingenieure die Frage, ob man mit Dampfmaschinen nicht auch Fahrzeuge antreiben könnte. Im Jahr 1825 verband ein Brite eine Dampfmaschine mit den Loren, die die Kohle aus dem Bergwerk transportierten. Die Maschine zog die Wägen auf mehr als 20 Kilometer langen Eisenschienen vom Bergwerk zum nächsten Hafen. Das war die erste Dampflokomotive der Welt. Wenn sich mit Dampf Kohle transportieren ließ, dann wahrscheinlich auch andere Güter oder sogar Menschen. Dies war ein naheliegender Gedanke.

Am 15. September 1830 war es dann so weit: Zwischen Liverpool und Manchester wurde die erste Zugverbindung eröffnet. Yuval Noah Harari erläutert: „Die Lokomotiven wurden von derselben Dampfenergie angetrieben, die zuvor Wasser aus Bergwerken gepumpt und Webstühle in Bewegung gesetzt hatten. Und nur zwanzig Jahre später hatte Großbritannien ein Schienennetz von mehreren Zehntausend Kilometer Länge.“ Spätestes von diesem Moment an waren die Menschen von der Idee besessen, dass sich mit Hilfe neuer Maschinen eine Form der Energie in eine andere übersetzen ließ.

Von Hans Klumbies