Die Menschen verfügen über außergewöhnlich große Gehirne

Bei allen Unterschieden hatten die verschiedenen Menschenarten, die einst existierten, einige entscheidende Gemeinsamkeiten, die sie überhaupt erst zu Menschen machten. Vor allem verfügten sie im Vergleich zu anderen Tieren über außergewöhnlich große Gehirne. Yuval Noah Hariri erläutert dies anhand eines Vergleichs: „Große Säugetiere mit einem Körpergewicht von 60 Kilogramm haben im Durchschnitt ein Gehirn mit einem Volumen von 200 Kubikzentimetern. Das Gehirn eines Homo sapiens misst dagegen stolze 1.200 bis 1.400 Kubikzentimeter. Die ersten Menschen, die vor rund 2,5 Millionen Jahren lebten, hatten zwar noch ein kleineres Gehirn, doch im Vergleich zu anderen Säugetieren, die genau so viel wogen, war es sehr groß. Im Laufe der Menschheitsgeschichte sollte sich dieser Unterschied immer mehr vergrößern. Yuval Harari ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem.

Im Ruhezustand verbraucht das menschliche Gehirn 25 Prozent der Körperenergie

Im Rückblick scheint es den meisten Menschen als vollkommen logisch, dass die Evolution immer größere Gehirne entwickelt hat. Weil viele Individuen derart in ihre Intelligenz verliebt sind, gehen sie davon aus, dass mehr Gehirnschmalz automatisch besser ist. Yuval Noah Hariri stellt sich die Frage, warum im gesamten Tierreich nur die Gattung Homo einen derart leistungsfähigen Denkapparat hervorgebracht hat. Denn es ist eine Tatsache, dass ein solch gewaltiges Gehirn auch sehr viel Kraft und Energie benötigt.

Yuval Noah Hariri nennt Zahlen, um diesen Umstand zu verdeutlichen: „Beim Homo sapiens macht das Gehirn war nur 2 bis 3 Prozent des gesamten Körpergewichts aus, doch im Ruhezustand verbraucht es sage und schreibe 25 Prozent der Körperenergie. Zum Vergleich: Bei anderen Affen sind es nur 8 Prozent.“ Die menschlichen Vorfahren zahlten also einen hohen Preis für ihr großes Gehirn. Erstens mussten sie mehr Zeit bei der Suche nach Nahrung verbringen und zweitens bildeten sich bei ihnen die Muskeln zurück.

Der aufrechte Gang ist eine besondere Eigenart des Menschen

Wie eine Nation, die ihre Militärausgaben kürzt und in die Bildung investiert, lenkte der Mensch seine Energie von der Muskelmasse in die Strukturen des Gehirns. Dabei war laut Yuval Noah Harari keineswegs klar, dass dies in der Savanne eine kluge Überlebensstrategie war. Das Risiko scheint sich aber gelohnt zu haben, denn sonst hätten die Menschen mit ihren übergroßen Gehirnen schließlich nicht überlebt. Obwohl das menschliche Gehirn rund zwei Millionen Jahre stetig weiterwuchs, brachte es den Menschen recht wenig, von Steinmessern und angespitzten Stöcken einmal abgesehen.

Eine andere menschliche Eigenheit ist der aufrechte Gang. Auf zwei Beinen stehend konnten die menschlichen Vorfahren in der Savanne besser nach Feinden und Nahrung Ausschau halten. Yuval Noah Harari fügt hinzu: „Und die Arme, die nun nicht mehr zur Fortbewegung gebraucht wurden, ließen sich zu anderen Zwecken nutzen, etwa um Steine zu werfen oder Zeichen zu geben.“ Je mehr sie mit ihren Händen bewerkstelligen konnten, umso erfolgreicher wurden ihre Besitzer, weshalb die Evolution eine zunehmende Konzentration von Nerven und fein aufeinander abgestimmten Muskeln in Händen und Findern förderte.

Von Hans Klumbies