Wolfgang Kersting ist von der Marktwirtschaft begeistert

Für Wolfgang Kersting ist die Marktwirtschaft nicht nur das effizienteste System der Verwertung von Ressourcen und Versorgung mit Gütern, sondern auch eine Werte verwirklichende und eine moralische Ordnung. Der Markt ist seiner Meinung nach eine Schule der Selbstverantwortung und planenden Rationalität, der Anpassungsfähigkeit und der Erweiterung des Selbst. Er verlangt zudem eine stete Bereitschaft zum Umlernen und zur Weiterbildung, er fordert Offenheit für das Neue, prämiert aber auf der anderen Seite auch Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit. Wolfgang Kersting erklärt: „Er fördert somit die Entwicklung fundamentaler menschlicher ethischer Einstellungen und kognitiver Kapazitäten.“ Wolfgang Kersting, emeritierter Professor für Philosophie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat sich vor allem mit den Themen Sozialstaat, Gerechtigkeit und Gesellschaftsordnung beschäftigt. Er veröffentlichte Bücher über Platon, Machiavelli, Thomas Hobbes, John Rawls sowie über Immanuel Kants Rechts- und Staatsphilosophie.

Gewinnstreben ist als Instrument anonymer Solidarität aller mit allen zu bewerten

Die Marktwirtschaft führt laut Wolfgang Kersting zur Mehrung des Wohlstandes und zu einer steten Verbesserung des allgemeinen Niveaus der Versorgung. Der Markt ist die menschlichste Veranstaltung, weil er sich seiner Endlichkeit bewusst ist. Endlichkeit bedeutet Knappheit, die wiederum den klugen Einsatz der Ressourcen, der Rohstoffe, der Arbeit und des Wissens verlangt. Kein anders Wirtschaftssystem garantiert einen effizienteren Einsatz materieller und immaterieller Produktionsmittel.

Insofern ist der Markt laut Wolfgang Kersting institutionalisierte Menschenliebe unter den Bedingungen der modernen Massengesellschaft. Der Wettbewerb ist seiner Meinung nach als sittliche Kraft zu betrachten. Wolfgang Kersting fügt hinzu: „Gewinnstreben ist nicht zu verteufeln, sondern als Instrument anonymer Solidarität aller mit allen zu bewerten.“ Er gibt allerdings zu, dass sich der wirtschaftsliberale Glaube an die Fähigkeit der Selbstregulierung des Marktes als Illusion erwiesen hat.

Jeder hat Zugang zur Tauschgemeinschaft des Marktes

Wolfgang Kersting vertritt die These, dass der Markt struktureller Altruismus ist, denn um die eigene Nutzenposition zu verbessern, muss man auch anderen die Verbesserung der Position ihres Nutzens ermöglichen. Wolfgang Kersting erläutert: „Der Markt ist eine Ordnung der Freiheit, wie Rechtsstaat und Demokratie in dem Menschenrecht auf Freiheit begründet sind.“ Der Markt ist Ausdruck des freien und selbstbestimmten Einsatzes der Mittel. Alle Wirtschaftssubjekte sind zudem gleich vor dem Preis.

Außerdem diskriminiert der Markt nicht. Jeder hat Zugang zur Tauschgemeinschaft des Marktes, sei es als Anbieter oder als Nachfrager. Das durch die Preisbildung kontrollierte Verfahren der Zuteilung von Gütern arbeitet in völliger Unabhängigkeit von Religion und Geschlecht, ethischer Zugehörigkeit und Hautfarbe. Insofern erfüllt der Markt für Wolfgang Kersting ein fundamentales Kriterium moderner, dem Gedanken der Gleichheit verpflichteten Gerechtigkeit. Das Prinzip der Gerechtigkeit ist verraten, wenn das System der Preisbildung politisch manipuliert und der Zugang zur Tauschgemeinschaft ideologisch kontrolliert wird.

Von Hans Klumbies