Wolfgang Kersting untersucht die Gerechtigkeit des Marktes

Wolfgang Kersting beschreibt in seinem Buch „Wie gerecht ist der Markt?“ das schwierige Verhältnis von Markt und Gerechtigkeit. Gerechtigkeit herrscht seiner Meinung nach, wenn Menschen ein gleiches Recht auf politische Teilhabe haben und unter dem Schutz demokratisch erzeugter und wirksam durchgesetzter Gesetze ihre Freiheit genießen und ihr Leben selbstbestimmt gestalten können. Gerechtigkeit definiert Wolfgang Kersting wie folgt: „Gerechtigkeit herrscht, wenn das Recht alle gleich behandelt und das Eigentum sicher ist.“  Der Sozialstaat der Gegenwart gibt vor, den Menschen mehr Gerechtigkeit geben zu können, als Rechtsstaat und Marktgesellschaft ihnen zu liefern in der Lage sind. Wolfgang Kersting, emeritierter Professor für Philosophie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat sich vor allem mit den Themen Sozialstaat, Gerechtigkeit und Gesellschaftsordnung beschäftigt. Er veröffentlichte Bücher über Platon, Machiavelli, Thomas Hobbes, John Rawls sowie über Immanuel Kants Rechts- und Staatsphilosophie.

Wolfgang Kersting unterscheidet zwei Begriffe von Gerechtigkeit

Laut Wolfgang Kersting sieht der Sozialstaat seine Aufgabe nicht in der Sicherung einer Grundversorgung, sondern in der Verwirklichung der Gerechtigkeit. Im ersten Teil seines Buchs erklärt Wolfgang Kersting, wie der Weg hin zur sozialen Marktwirtschaft beschritten wurde. Dabei stellt er die Vorstellungen der Neoliberalen Alexander Rüstow und Wilhelm Röpke, der Ordoliberalen um Walter Eucken sowie die Gedanken Alfred Müller-Armacks vor, dem Schöpfer des Begriffs der sozialen Marktwirtschaft.

Im zweiten Teil stellt der Autor zwei Gerechtigkeitsbegriffe einander gegenüber. Wolfgang Kersting erläutert: „Der eine verschreibt sich der Gleichheitsmehrung, der andere stellt sich in den Dienst der Freiheitsmehrung. Die egalitaristische Gerechtigkeit ist vor allem Verteilungsgerechtigkeit. Die liberale Gerechtigkeit ist eine Gerechtigkeit der Chancengleichheit. In seiner Gesamtheit ist das Buch ein politikphilosophischer Essay für interessierte Bürger, der belehren aber intellektuell unterhalten will.

Alfred MüllerArmack entwickelt das Konzept der sozialen Marktwirtschaft

Gegen Ende des ersten Teils stellt Wolfgang Kersting Müller-Armacks Konzept der sozialen Marktwirtschaft vor. Da die beiden Alternativen der Wirtschaftspolitik, die rein liberale Marktwirtschaft und die Wirtschaftslenkung innerlich verbraucht sind, entwickelt Müller-Armack eine neue dritte Form: die Soziale Marktwirtschaft. Dabei bleibt die Marktwirtschaft als tragendes Gerüst der künftigen Wirtschaftsordnung erhalten. Doch sie bleibt keine sich selbstüberlassene, liberale Marktwirtschaft, sondern soll eine gewusst gesteuerte, und zwar sozial gesteuerte Marktwirtschaft sein.

Auf den letzten Seiten seines Buches beschäftigt sich Wolfgang Kersting mit der Politik. Denn ohne den Politiker geht seiner Meinung nach in Rerechtigkeitsdingen gar nichts, zumindest in der Demokratie. Ihm müssen die Theorien der Gerechtigkeit nahe gebracht werden, sein Ohr muss der Bürger finden. Die Politiker und die Bürger leben heute in einem Zustand der wechselseitigen Dauerbeobachtung und Dauerbeeinflussung. Wolfgang Kersting bezeichnet die demokratischen Politiker als Seelenbildner, die für ihre politischen Erfolgsstrategien und Überlegensprogramme die Unterstützung der Bürger benötigen.

Wie gerecht ist der Markt?
Ethische Perspektiven der sozialen Marktwirtschaft
Wolfgang Kersting
Verlag: Murmann
Gebundene Ausgabe: 280 Seiten, Auflage: 2012
ISBN: 978-3-86774-183-5,  24,90 Euro
Von Hans Klumbies