Familien werden mit 200 Milliarden pro Jahr gefördert

Die Lebenshaltungskosten für ein Kind werden durch staatliche Hilfen wie Kindergeld nur zum kleineren Teil ausgeglichen. Zudem mindern Kinder das Einkommen einer Familie, wenn sie einen Elternteil, immer noch meist die Mutter, von der Erwerbstätigkeit oder vom beruflichen Aufstieg fernhalten. Die traditionelle Hausfrauenehe ist zum Auslaufmodell geworden. Immer mehr Frauen absolvieren eine aufwändige Ausbildung und wollen das Erlernte auch anwenden. Knapp 30 Prozent der Akademikerinnen sind angeblich kinderlos. Wolfgang Kaden fügt hinzu: „Viele Frauen, vor allem höher gebildete, bekommen heute ihr erstes Kind erst jenseits der dreißig, wenn sie bereits Berufserfahrung gesammelt haben – und belassen es bei diesem einen.“ Nicht nur in Deutschland ist das so, in den meisten Industriegesellschaften trifft dies ebenfalls zu. Wolfgang Kaden zählt zu den renommiertesten Wirtschaftsjournalisten Deutschlands.

Die Familienpolitik kann kurzfristig die Geburtenrate nicht steuern

Die moderne Medizin und Pharmazie gewährt Frauen und Paaren diesen Gestaltungsspielraum – und die lassen sich diese Freiheit nicht einschränken von Leuten, die laut dem Soziologen Karl Otto Hondrich „Schreckensszenarien der Vergreisung“ entwerfen. Es entspricht sicher dem Gebot der Gerechtigkeit, wenn der Staat die Lasten, die Familien mit Kindern zu tragen haben, ein Stück weit umverteilt. In Deutschland geschieht das mit einer schier unüberschaubaren Zahl von direkten und indirekten Zuwendungen – vom Kinder-, Eltern- oder Mutterschaftsgeld bis zum Bau von Kindertagesstätten.

Wolfgang Kaden nennt Zahlen: „Insgesamt sind das stolze 200 Milliarden Euro, die sich die Regierung jährlich die Förderung der Familien kosten lässt. Zieht man davon die sogenannten „ehebezogenen Leistungen“, wie das Ehesplitting, von 125 Milliarden ab, bleiben für die Förderung des Nachwuchses 75 Milliarden.“ Die Gebärfreudigkeit wird durch dieses Geld allerdings kaum beflügelt. Martin Bujard vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung kommt in einer gründlichen Untersuchung zu folgendem Resultat: „Die Familienpolitik spielt eine wichtige Rolle. Sie kann die Geburtenrate aber nicht steuern, vor allem aber kurzfristig.“

Man wird sich damit abfinden müssen, dass Deutschland seine Zukunft mit einer schrumpfenden einheimischen Bevölkerung gestalten muss. Was ja durchaus machbar ist, auch wenn regelmäßig marktschreierisch von „dramatischen Verwerfungen, Spannungen und Verteilungskämpfen“ gewarnt wird. Wolfgang Kaden kann allerdings nirgendwo einen solchen kriegerischen Zustand entdecken. Der Nachwuchs ist eingebunden in Familien, mit Eltern oder Großeltern – und er gönnt, ganz und gar solidarisch, den Älteren ihren Wohlstand.

Wolfgang Kaden erklärt: „Da sind schon kräftige emotionale Bande vorhanden. Und wenn die ausnahmsweise einmal nicht wirken, dann können die Älteren dem Nachwuchs klarmachen, was sie ihm kostenfrei mitgeben: ein Land mit hervorragender Infrastruktur, mit in Generationen erworbenen Wissen, mit einem Rekord an Immobilienvermögen und industriellem Kapitalstock.“ Viele können überdies sicher sein, eines Tages mehr zu erben als je eine Generation vor ihnen. Nirgendwo auf der Welt haben junge Menschen heute bessere Chancen als in Deutschland. Quelle: Bilanz – Das deutsche Wirtschaftsmagazin