Wolf Haas mag nicht als Erfolgsautor bezeichnet werden

Nach Abschluss eines Buches und während seiner anschließenden Lesungen hat Wolf Haas immer das Gefühl, er werde überhaupt keinen Roman mehr schreiben. Das braucht der österreichische Schriftsteller für die Regenerierung seines Gehirns, also Gedanken wie: „Ich könnte ja auch ein Kaffeehaus eröffnen. Kopfblödsinn halt, der einen aber beruhigt. Der Brenner, die Hauptfigur seiner Kriminalromane verlangt Wolf Haas beim Schreiben alles ab, ist auf der anderen Seite aber ein treuer Begleiter, ein Alter Ego. Geboren wurde Wolf Haas 1960 in Maria Alm im Salzburger Land. Er studierte Germanistik und Linguistik. Zu Beginn seiner Schriftstellerkarriere musste er etliche Absagen von Verlagen wegstecken. Wolf Haas zählt heut zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren von Kriminalromanen. Seine Bücher um den Ermittler Simon Brenner verkaufen sich millionenfach. Vier sind verfilmt worden.

Wolf Haas ist ein Sachverständiger für die Umgangssprache

Im Jahr 1996 war es dann endlich so weit, sein erster Roman wurde in der Reihe „rororo Thriller“ veröffentlicht. Es war die Brenner-Premiere „Auferstehung der Toten“. Der erste Satz lautet: „Es ist schon wieder etwas passiert.“ Der markige Erzähler duzt seine Leser, zerhackt die Sätze und ist ein Sachverständiger für die Umgangssprache. Über die Jahre sollte er sich selbst zu einer Kultfigur entwickeln. Wolf Haas erinnert sich: „Dass der Erzähler wichtiger ist als der Brenner, das war schon insofern klar, als ich den ersten Brenner-Roman, also die Rohversion, ohne Detektiv geschrieben habe.“

Irgendwann hat sich Wolf Haas aber gedacht: „Jetzt habe ich zwei Leichen, vielleicht sollte ich auch ermitteln?“ Also entwickelte er die Figur des Simon Brenner. Der Typ ist ein einsamer Wolf, denn sich Wolf Haas nur immer als einen Mann vorstellen konnte, der mindestens zehn Jahre älter als er selbst sein musste. Inzwischen hat Wolf Haas drei Deutsche Krimi-Preise erhalten und ist zum Bestsellerautor aufgestiegen. Er mag es aber nicht, wenn Erfolgsautor genannt wird. Das Wort zerpflückt er dann sofort in seine Bestandteile: „Erfolg – Sau – Tor“.

Wolf Haas kreiert ständig neue Wortschöpfungen wie „Frauentränenumfaller“

Der Start seiner Karriere war holprig wie es auch sein Wortungetüme waren. Wolf Haas glaubt: „Die ersten Brenner-Bücher haben sich nicht bemerkenswert gut verkauft, weil meine Absonderlichkeiten eine gewisse Zeitverzögerung bei den Lesern haben. Das ist wie ein Rhythmus, der einem nicht bekannt ist und den man erst entdeckt.“ Eine Leserin hat ihm einmal in einer Mischung aus Erschrockenheit und Kompliment gesagt, dass sie in den ersten zehn Minuten des Lesens dachte, sie bekomme Herzrhythmusstörungen.

Was den ehemaligen Werbetexter auszeichnet, ist vor allem sein grenzenloses Experimentieren mit neuen Formen des Erzählens. Dabei reibt er sich am Realismus und kreiert neue Wortschöpfungen wie zum Beispiel: „Frauentränenumfaller“. Wolf Haas erklärt: „Ich suche die spezielle Form nicht, um originell zu wirken. Ich brauche eine spezielle Form, damit es mir nicht öde wird, während ich schreibe. Ich brauche einen formalen Vorwand, der mich so beschäftigt, dass ich mich selbst austrickse, damit die Geschichte automatisch entsteht.“ Quelle: Süddeutsche Zeitung

Von Hans Klumbies