Wilhelm von Ockham begründet den Nominalismus

Wilhelm von Ockham, der nicht nur Philosoph, sondern auch Theologe und kirchenpolitischer Schriftsteller war, wurde um 1285 in Ockham in der englischen Grafschaft Surrey geboren. Er trat in den Franziskanerorden ein und begann um 1309 sein Studium in Oxford, wo er anschießend ab 1317 seine Lehrtätigkeit aufnahm. Dort schrieb er auch seine Hauptwerke, zu denen der große Sentenzenkommentar, sieben Niederschriften akademischer Disputationen sowie Kommentare zur Physik des Aristoteles zählen. Das Werk „summa logicae“ kam später noch dazu. In seinen philosophischen Werken begründet Ockham die neue Denkrichtung des Nominalismus, die als Vorläufer der modernen Wissenschaften betrachtet werden darf.

Die Bedeutungen der Zeichen

In der „Summe der ganzen Logik“ behandelt er den entscheidenden Begriff des „Zeichens“ gleich am Anfang. Er versteht es auf eine doppelte Weise. Seine erste Bedeutung ist eine natürliche, die Dinge bezeichnet, die unabhängig von ihm existieren und die schon zuvor zur Kenntnis gelangt sein müssen. In seiner zweiten Bedeutung ist das Zeichen ein Stellvertreter der Dinge. Denn Wilhelm von Ockham geht davon aus, dass der Mensch in Wirklichkeit keinen direkten Zugang zu den Dingen habe und über die Dinge nur mit Zeichen kommunizieren kann. Die Bedeutungen der Zeichen sind nach bestimmten Konventionen und Regeln festgelegt.

Im metaphysischen Bereich verknüpft Wilhelm von Ockham seine Lehre mit dem Prinzip der Allmacht Gottes, dem Omnipotenzprinzip. Es besagt, dass der allmächtige Gott des Glaubens durch nichts anderes als sich selbst festgelegt werden kann. Die absolute Macht Gottes ist durch nichts, außer dem Prinzip des Widerspruchs begrenzt. Wilhelm von Ockham erkennt die Gottesbeweise an, am schlüssigsten ist für ihn die Theorie, dass ein „Seiendes“ vorhanden sein muss, das die Welt erhält.

Der Kirchenpolitiker Wilhelm von Ockham

Auch in kirchenpolitischen Fragen hat Wilhelm von Ockham in seinen Schriften entschieden Stellung bezogen. So verurteilte er den Herrschaftsanspruch der klerikalen Hierarchie, die er als Diener der Gläubigen betrachtete, weil auch Jesus jegliche Herrschermacht abgelehnt hatte. Die christliche Gesellschaft hat für den Philosophen ihre Bestimmung nicht in der Ordnung der Institutionen, sondern in den Menschen selbst, die durch ihren Glauben die Christenheit bilden.

Während des so genannten „Armutsstreits“ zwischen Papst Johannes XXII. und einem Ordensgeneral der Franziskaner wurde Wilhelm von Ockham exkommuniziert und gelangte unter dem Schutz des Kaisers Ludwig des Bayern nach München, wo er in seinen polemischen und politischen Schriften den Anspruch des Reiches gegenüber der Kirche begründete und wies beiden Gewalten ihren je eigenen Bereich rechtlicher Zuständigkeit zu. Zwischen 1347 und 1349 ist der große Denker in München gestorben und in der Franziskanerkirche beigesetzt worden.

Von Hans Klumbies