Empathie stimuliert den Körper und den Geist

Da Mitgefühl und Anteilnahme ebenso vielseitig wie hilfreich wirken, ist es nicht verwunderlich, dass diese Emotionen auch in Bereichen positive Folgen haben, in denen man gar nicht damit rechnet. Werner Bartens nennt Beispiele: „Nicht nur in Partnerschaften, in der Familie und in gesundheitlichen Belangen zeigt sich das, sondern auch beim Sport – und sogar in der Kneipe und an der Bar.“ Wissenschaftler sind sich inzwischen darüber einig, dass Empathie und Nähe sowohl Körper als auch Geist stimulieren und daher Lust, Kreativität und Leistungsvermögen steigern. Nähe zu zeigen oder herzustellen kann eine Menge Vorteile bieten – auch wenn man sich gar nicht oder nicht gut kennt. Dies gilt besonders für Situationen und Orte, in denen man eine Weile ziemlich eng zusammenkommt oder sogar allein deswegen dorthin geht, um Verständnis und Nestwärme zu erfahren – gemeint sind Kneipen, Bars und Restaurants. Werner Bartens ist Autor von Bestsellern wie „Das Ärztehasser-Buch“, „Körperglück“ und „Was Paare zusammenhält“.

Jeder Mensch hat individuelle Bedürfnisse nach Nähe

Berührungen vermitteln das Gefühl von Vertrautheit, Nähe und Entspannung, auch wenn sie von Fremden kommen. Werner Bartens erklärt: „Sie zeigen: Hier bist du willkommen und kannst dich so geben, wie du bist. Das gilt sogar, wenn der eigene Partner anwesend ist.“ Menschen mögen unterschiedliche Formen der Nähe. Schon bei kleinen Kindern ist das zu spüren. Manche wollen ganz fest gedrückt werden, andere lieben es hingegen, sanft gestreichelt zu werden. Wiederum andere brauchen kaum körperlichen Kontakt, ohne dass sie deswegen gefühlskalt wären.

Bei Erwachsenen und in Liebesdingen verhält es sich nicht anders. Jeder Mensch hat andere Vorlieben und seine ganz eigenen Bedürfnisse nach Nähe und Distanz. Werner Bartens betont: „Die Fähigkeit zu Mitgefühl und Anteilnahme wird wesentlich davon geprägt, wie in der Familie und im nächsten Umfeld mit Emotionen umgegangen wurde. Aber auch biologische Faktoren beeinflussen die Art und Weise, wie wir mit anderen fühlen.“ Die Natur verteilt Gaben und Talente ziemlich ungleich an die Menschen.

Oxytocin festig das Zugehörigkeitsgefühl in der Gruppe

Wenn Oxytocin, das sogenannte Kuschelhormon, die Bindung zwischen Mutter und Kind, zwischen Liebespaaren, aber auch zwischen Fremden festigt, ist es naheliegend, dass mit einem erhöhten Spiegel des Hormons im Körper auch das Ausmaß an Mitgefühl und Empathie steigt. Auf einen evolutionären Sinn des Mitgefühls weist eine andere Eigenschaft des erstaunlichen Hormons hin: Erhöhte Konzentrationen an Oxytocin tragen offenbar dazu bei, dass das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe verstärkt wird.

Gleichzeitig werden Menschen stärker abgelehnt und ausgegrenzt, die nicht zur Gruppe gehören. Die eigene Kohorte wird geschützt. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen mit zunehmender Empathie ihre Hilfsbereitschaft und Zusammenarbeit in der Gruppe steigern, die Kooperation gegenüber Fremden jedoch nachlässt. Feindseligkeit kann ihnen dabei aber nicht unterstellt werden. Es geht den Menschen immer darum, die eigene Gemeinschaft zu stärken und zu schützen, und nicht darum, Außenstehende herabzusetzen oder zu kränken. Quelle: „Empathie“ von Werner Bartens

Von Hans Klumbies