Übergewicht ist eine der entscheidenden Hauptursachen für Krebs

Rudolf Kaaks, Epidemiologe vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), gehört zu den wenigen Wissenschaftlern, die in jahrelanger Forschungsarbeit eine weithin unterschätzte Gefahr des Übergewichts enttarnt haben. Dicken Menschen drohen nicht nur hoher Blutdruck, Schlaganfall und Herzinfarkt, dazu Diabetes, Demenz, Gelenkerkrankungen und chronische Rückenschmerzen. Sie erkranken auch viel häufiger an Krebs als Menschen mit Normalgewicht. Jedes Jahr dürften in Deutschland Zehntausende Tumore auf die Fettleibigkeit zurückzuführen sein. Rudolf Kaaks erklärt: „Echtes Übergewicht ist ein sehr wichtiger Faktor für Krebs insgesamt und für bestimmte Krebsarten im Besonderen.“ Dagegen spielen Schadstoffe in der Nahrung bei Krebserkrankungen erstaunlicherweise insgesamt eine geringe Rolle. Allein in den USA sterben aber pro Jahr bis zu 115.000 Menschen an einem Krebs, der durch die Fettsucht des Betroffenen ausgelöst wurde.

Zur weltweit größten Gesundheitsgefahr hat sich das Übergewicht entwickelt

In Deutschland sind für die Hälfte der 470.000 jährlichen Neuerkrankungen an Krebs folgende Auslöser verantwortlich: Rauchen, Infektionen und Übergewicht, verbunden mit Mangel an Bewegung. Bei einer Reihe von Krebsarten gehen Experten inzwischen davon aus, dass zwischen zwanzig und mehr als fünfzig Prozent der Fälle durch Übergewicht verursacht werden. Der Chef des Deutschen Krebsforschungszentrums, Otmar Wiestler, mahnte zu Beginn des Jahres: „Fettleibigkeit müssen wir als Krebsursache mindestens so ernst nehmen wie das Rauchen.“

Das Berliner Robert Koch-Institut stellte in einer Studie fest, dass in Deutschland inzwischen rund zwanzig Millionen Fettsüchtige leben, sogar 50 Millionen Bundesbürger haben Übergewicht. Die tödlichen Speckpolster sind keineswegs nur ein Problem der Europäer oder Amerikaner. Auf der ganzen Welt leben dreißig Prozent mehr übergewichtige als unterernährte Menschen. Im vergangen Jahr machte die UN darauf aufmerksam, dass zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit nicht mehr die Infektionen, sondern das Übergewicht zur weltweit größten Gesundheitsgefahr geworden ist.

„Die Zahl der übergewichtigen Kinder ist verstörend“

Das Fachblatt „Science“ warnte im Januar, dass Adipöse und Diabetiker nicht nur ein weit höheres Risiko für einen Tumor als Gesunde tragen, sondern auch häufiger daran sterben, wenn sie an Krebs erkranken. Alarmiert sind viele Ärzte auch von der immer größeren Gewichtszunahme bei Jugendlichen. In der „Nature Reviews Cancer“ schrieben die amerikanischen Wissenschaftler Melin Khanderkar, Paul Cohen und Bruce Spiegelman: „Die Zahl der übergewichtigen Kinder ist verstörend.“

Das ist in Deutschland nicht anders. Bei den 20- bis 24-Jährigen zählen zum Beispiel bereits rund dreißig Prozent der Männer und fast zwanzig Prozent der Frauen zu den Übergewichtigen. Über vierzig Prozent der extrem Fettleibigen sind unter 18 Jahre alt. Laut Statistischem Bundesamt sind in der Kohorte der 3- bis 17-Jährigen rund 15 Prozent überwichtig und sechs Prozent fettsüchtig. „Übergewicht bei Kindern ist ein Grund zu größter Sorge für die Zukunft“, warnen die amerikanischen Wissenschaftler um Bruce Spiegelman.

Von Hans Klumbies