Das Kerngeschäft bei Google bildet das Suchen im Internet

Wissen ist ein öffentliches Gut, das häufig durch private Mächte bereitgestellt wird. Das ist, für sich genommen, nichts Neues. Neu dagegen ist die schiere Größe, die globale Reichweite und die kleine Zahl der dominanten privaten Mächte, die diese Funktion innehaben und dabei „öffentliche Räume in Privatbesitz“ erschaffen. Timothy Garton Ash stellt fest: „In vielen westlichen Sprachen rufen die meisten Leute auf der Suche nach Wissen über eine Google-Suche einen Wikipedia-Artikel auf.“ Über die Jahre hinweg ist Google zu einem derart großen profitorientierten Unternehmen mit so vielen Produkten und futuristischen Forschungsabteilungen herangewachsen, dass sich der Gesamtkonzern im Jahr 2015 einen neuen Namen verpasste – Alphabet. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

Jeden Tag finden über drei Milliarden Suchanfragen über Google statt

Was nichts daran ändert, dass „googeln“, also das Suchen im Internet, nach wie vor sein Kerngeschäft bildet. Die Mission des Unternehmens besteht laut offizieller Erklärung darin, „die Informationen der Welt zu organisieren und für alle Menschen zugänglich und nützlich zu machen.“ Wikipedia möchte, dass sich die Menschen, in den Worten ihres Gründers James Wales, „eine Welt vorstellen, in der jeder einzelne Mensch Zugang zur Summe allen menschlichen Wissens hat.“ Beides sind hehre Vorsätze, aber keine realistischen Ziele.

Timothy Garton Ash nennt Zahlen: „2015 wurden auf Google jeden Tag deutlich über drei Milliarden Einzelsuchen in verschiedenen Sprachen gewählt, während jeden Monat schätzungsweise eine halbe Milliarde Leute Wikipedia oder eines der mit ihr verbundenen freien Wissensprojekte besuchte.“ Google Search und insbesondere die amerikanische Mutterseite google.com halten bewusst die Prinzipien der Meinungsfreiheit hoch. Völlig intransparent ist allerdings die Art und Weise, wie die Suchmaschine selbst festlegt, welche Suchergebnisse in den Top Ten angezeigt werden, also diejenigen, die am häufigsten angeschaut werden.

In die Algorithmen fließen Werturteile ein

Die Rangfolge, so wird offiziell mitgeteilt, wird von Google mit Hilfe von „Algorithmen“ bestimmt, ein Ausdruck, der an absolute wissenschaftliche Neutralität denken lässt. In Wahrheit werden diese Algorithmen von Computerwissenschaftlern geschrieben und angepasst, die dabei jede Menge Werturteile fällen. Google sucht nicht nur aktiv nach und entfernt kinderpornografische Inhalte, das Unternehmen hilft auch den Strafverfolgungsbehörden bei der Jagd auf die Täter. Google wird zudem von staatlicher Seite zunehmend unter Druck gesetzt, Material, das mutmaßlich den Terrorismus fördert, ähnlich zu behandeln.

Timothy Garton Ash fügt hinzu: „Ein weiteres Problem ist die Personalisierung von Suchergebnissen, die Google ab 2009 einführte. Viele Leute gehen nach wie vor davon aus, dass Sie und ich, wenn wir dasselbe googeln, mehr oder weniger dieselben Ergebnisse erhalten. Dem ist immer weniger so.“ Denn die Suchergebnisse eines Users werden nicht nur auf der Grundlage seines Standortes und bisherigen Suchgeschichte angepasst, sondern auch nach Maßgabe der Informationen, die Google aus seinen Gmail-Konten, seiner Nutzung von sozialen Netzwerken und andern Online-Quellen, auf die Google Zugriff hat. Quelle: „Redefreiheit“ von Timothy Garton Ash

Von Hans Klumbies