Human Enhancement will den Menschen vervollkommnen

Den Menschen besser zu machen, ihn näher zur Vollkommenheit, zur Perfektion zu bringen, ist ein Anliegen, das nicht nur mit der Bildung einhergeht. Thomas Damberger erläutert: „Vielmehr scheint es eine neue, moderne Form der Perfektionierung zu geben, die unter dem Namen Enhancement diskutiert wird. Wenn hier von Enhancement die Rede ist, dann ist damit ausdrücklich „Human Enhancement“ gemeint.“ Der Begriff „Human Enhancement“ bedeutet übersetzt so viel wie die „Verbesserung des Menschen“. Nun ist die Verbesserung des Menschen aber auch ein Thema, das der Bildung – und noch etwas allgemeiner: der Pädagogik – immanent ist. Immanuel Kant hat beispielsweise in seiner 1803 veröffentlichten Vorlesung „Über Pädagogik“ festgehalten, dass hinter der Edukation das Geheimnis der Vervollkommnung der menschlichen Natur steht. Dr. Thomas Damberger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Erziehungswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Der Mensch kann nicht mit einer Idee identisch werden

An anderer Stelle hat Immanuel Kant den Menschen mit einem krummen Stück Holz verglichen. Im Rahmen von Erziehung und Bildung geht es jetzt darum, so Immanuel Kant, dieses krumme Stück Holz gerade zu machen, wissend, dass dies nie ganz gelingen wird. Thomas Damberger fügt hinzu: „Der Versuch, den Menschen vollkommen zu machen, muss also scheitern, und dennoch lassen wir als Pädagogen nicht von diesem Versuch ab. Georg Wilhelm Friedrich Hegel hat einmal betont, dass im Erziehungsbegriff die Zucht und das Ziehen immer schon enthalten ist.

Der Erzieher hat eine Idee im Hinterkopf und er-zieht nun den Menschen auf diese Idee hin. Der Mensch ist aber ein reales Wesen und kann daher nicht mit der Idee identisch werden. Thomas Damberger erklärt: „Auch hier wird deutlich, dass ein Pädagogik, die auf eine Verbesserung hin zur Vervollkommnung beziehungsweise zur Vollkommenheit abzielt, scheitern muss, weil sie ihr Ziel nicht erreichen kann. Auch deshalb nicht, weil im Menschen Widerstände vorherrschen.“ Die Widerständigkeit und die Eigensinnigkeit stehen dem Projekt „Menschen verbessern“ als Hindernisse entgegen.

Telepathie zählt für Nick Bostrom zu Human Enhancement

Human Enhancement hat auf den ersten Blick ein ähnliches Ziel. Auch hier geht es darum, den Menschen besser zu machen, ihn zu vervollkommnen. Der Medizin-Ethiker Eric T. Juengst versucht den Begriff Human Enhancement zu erklärten, indem er ihn von der Therapie abgrenzt: „Wenn ein Mensch krank ist und Medikamente bekommt, um gesund zu werden, dann handelt es sich um ein therapeutisches Vorgehen. Bekommt hingegen ein gesunder Mensch Mittel, um seine Konstitution über das normale Maß hinaus zu verbessern, dann handelt es sich um Human Enhancement.

Nick Bostrom, ein in Oxford lehrender Professor und Direktor des dortigen „Future of Humanity Institute“, ist der Auffassung, dass Human Enhancement nicht nur eine Verbesserung von gesunden Menschen beschreibt. Vielmehr geht es auch darum, neue Fähigkeiten und Funktionsweisen zu erhalten. Die Kommunikationshilfe von Telepathie, also das Senden von Gedanken von Gehirn zu Gehirn, wäre eine solche neue Funktionsweise – auch das ist für Nick Bostrom Human Enhancement. Für Andreas Woyke, Dozent an der Technischen Universität Darmstadt, stellt Human Enhancement einen grundlegenden technischen Eingriff in die menschliche Konstitution dar, mit dem Ziel, diese über das normale Maß hinaus zu verbessern. Quelle: „Neue Menschen“ von Konrad Paul Liessmann (Hrsg.)

Von Hans Klumbies