Für den Maler Théodore Géricault ist das Leben ein ewiger Kampf

Der französische Maler und Romantiker Théodore Géricault, der von 1991 bis 1824 lebte, hat eines der bedeutendsten Schlüsselbilder des 19. Jahrhundert gemalt: „Das Floß der Medusa“. Das Werk wird zu den größten Kunstwerken Frankreichs gezählt und gehört ohne Zweifel auch zu den meistbewunderten Gemälden der französischen Kunst. Es beeindruckt den Betrachter durch seine visionäre Malerei, die ins Kosmische und Endzeitliche vorzudringen scheint und durch den dramatischen Furor, mit dem im Bild Hoffnung und Verzweiflung aufeinanderprallen. Nicht nur in diesem berühmten Bild ist für den Maler Théodore Géricault das Leben ein ewiger Kampf, sondern generell eine einzige physische wie psychische Bedrohung. Körper, Geist und Psyche sind immer von Angriffen bedroht, von Schlägen des Schicksals, die schwere Traumata hinterlassen, ja zu langem Leiden oder zum plötzlichen Tode führen können.

„Das Floß der Medusa“ und seine Reiterbilder haben Théodore Gericault berühmt gemacht

Gerade in seinem Bild „Das Floß der Medusa“ wird exemplarisch deutlich, mit welcher unterbitterlichen Exaktheit Théodore Géricault die extrem unterschiedlichen Darstellungsarten des Körpers studiert hat. Die körperlichen Ausdrucksformen der Demütigung, der Niederlage oder des Triumphs malt er mit einer unglaublichen anatomischen Genauigkeit. Der junge Maler war seinen Zeitgenossen in dieser Hinsicht um Längen voraus. Théodore Géricault entwickelt sich zu einem Vorreiter der Romantik und zu einem Pionier des realistischen Beobachtens der Welt.

Berühmt ist Théodore Géricault nicht nur für das Gemälde „Das Floß der Medusa“, sondern auch für seine Reiterbilder. Kein Maler hat die physische Verbundenheit zwischen Mensch und Pferd wirkungsvoller in eine Welt der Mystik transferiert wie er. Kein Künstler seine Zeit hat aber auch das Leid der Unterlegenen und den Todeskampf der Verwundeten mit vergleichbarer Härte und Intensität gemalt. Überragend auch die Darstellung der Kämpfer mit ihren Pferden, die so erschöpft aussehen, als würden sie jeden Moment tot zu Boden stürzen.

Théodore Géricault zählte Michelangelo und Raffel zu seinen großen Vorbildern

Théodore Géricault liebte die Pferde. Er hat ihnen, den Verbündeten des Menschen, die gleiche Fähigkeit zum Leiden zugeschrieben wie dem Homo sapiens. Fast alle Zustände der Psyche, die er beim Menschen erblickt hat, hat er auch in den Ausdrucksformen der Pferde wiedererkannt. Zu seinen großen Vorbildern zählten Michelangelo und Raffael. Vor allem Michelangelos muskulöse Körper, die alle Emotionen in Gesten umwandelten, machten auf ihn einen unvergesslichen Eindruck.

Der Maler Théodore Géricault beobachtete auch den Niedergang und Zerfall des menschlichen Körpers mit hochgradigster Einfühlsamkeit. Auch in der Darstellung der Zerrüttung der Psyche war er ein unerreichter Meister seiner Epoche. Er schaut in die Abgründe der Seele wie kein zweiter und entdeckt das Leid eines Individuums, das tiefe Gräben in die Gesichter der Betroffenen gefurcht hat und aus den weit angstvoll aufgerissenen Augen wieder in die Welt hinausströmt, um sich dort sein nächstes Opfer zu suchen.  

Von Hans Klumbies