Gewaltlosigkeit sollte überall herrschen

Steht derjenige, der Gewaltlosigkeit praktiziert, in Beziehung zu demjenigen, gegen den Gewaltanwendung erwogen wird, dann scheint zwischen beiden ein vorgängiger sozialer Bezug zu stehen. Sie sind Teil voneinander, das eine Selbst ist im anderen impliziert. Judith Butler erläutert: „Gewaltlosigkeit wäre dann eine Weise, diesen Bezug anzuerkennen, so belastet er auch sein mag. Und auch die normativen Zielsetzungen zu bejahen, die sich aus diesem schon bestehenden sozialen Bezug ergeben.“ Daher kann eine Ethik der Gewaltlosigkeit nicht in Individualismus gründen. Sondern sie muss eine führende Rolle in der Kritik des Individualismus als Basis sowohl der Ethik als auch der Politik spielen. Eine Ethik und Politik der Gewaltlosigkeit müssen der wechselseitigen Weise Rechnung tragen, die das Leben der Selbste miteinander verbindet. Judith Butler ist Maxine Elliot Professor für Komparatistik und kritische Theorie an der University of California, Berkeley.

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Der Zorn hat keine nützliche Funktion

Senecas Auffassung vom menschlichen Wohl empfindet Martha Nussbaum als zu simpel. Außerdem hat er ihrer Meinung nach eine verdrehte Vorstellung vom Nutzen des Zorns: „Es ist unplausibel zu bestreiten, dass dem Zorn überhaupt eine nützliche Funktion als Abschreckung oder Motivation zukommt.“ Zugleich erinnert Seneca mit Recht daran, dass Zorn in dieser Funktion heikel und unverlässlich sein kann und dass eine sorgsam beherrschte Aufführung sogar noch wirksamer, weil beherrschbar wäre. Selbst wenn man das Autofahren betrachtet, einen Bereich, in dem es so viel schlechtes Verhalten ohne Rechtsbestimmungen gibt, kann Zorn zwar manchmal abschreckend wirken, doch er kann auch provozieren oder zu einer gefährlichen Eskalation beitragen. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Erasmus von Rotterdam begründet die Philologie

Erasmus von Rotterdam (1464/69 – 1536) war nicht nur der Erzieher Karls V., sondern er war darüber hinaus ein einschließender Geist. Der überlebensgroße Sammler hat jeden Tag circa 1.000 Wörter zu Papier gebracht. Er trug in seinem weitläufigen Werk Weisheiten von allen Ufern zusammen. Als Herausgeber, Redakteur und Textkritiker begründete er die moderne Philologie. Er war ein geselliger Geist, dessen Briefwechsel keine Ecke seiner Welt ausließen. Zugleich war er jedoch in seiner Zeit eine einsame Erscheinung. Keine Kompromisse nämlich machte er als Pazifist. Legitim konnte ein Krieg für ihn höchstens sein, wenn das ganze Volk in wünschte. Dieses aber bestand für Erasmus von Rotterdam bereits aus Individuen. Die Torheit ist seiner Meinung nach die Einzige, die für alle sprach. Nicht zu schön ist sie sich, vom Olymp zu den Menschen herunterzusteigen.

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Gewalt kann eine legitime Funktion haben

Nelson Mandela setzte bei seinem Widerstand gegen die Apartheid in Südafrika strategisch auf Gewaltlosigkeit und Verhandlungen. Er sagte aber auch, dass diese Strategien aufgegeben werden müssen, wenn sie über einen längeren Zeitraum nicht zum gewünschten Erfolg führen. Martin Luther King bescheinigt der Gewalt eine moralisch legitime Funktion. Wobei er in den entsprechenden Zusammenhängen allgemein die Selbstverteidigung anführt. Martha Nussbaum ergänzt: „Er spricht sich nicht gegen alle Kriege aus und schon gar nicht gegen jede Form von Gewalt zur Verteidigung der eigenen Person.“ Wenn Menschen sich allerdings zur Rechtfertigung rachsüchtiger Handlungen ohne Weiteres auf die Selbstverteidigung berufen können, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass sie den inneren Wandel vollziehen, den Martin Luther King von ihnen einforderte. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Zorn entsteht oft durch eine Statusverletzung

In der von der Psychologin Carol Travis vorgelegten umfangreichen empirischen Untersuchung des Zorns finden sich überall Belege für „Kränkungen“, „Geringschätzigkeit“, „herablassendes Verhalten“ und eine „Behandlung, als hätte man keine Bedeutung“. Die Menschen sind heutzutage wie auch in früheren Zeiten ungemein besorgt um ihr Ansehen. Und sie haben eine endlose Bereitschaft, sich von Handlungen, die sie dem Anschein nach darin bedrohen, in Zorn versetzen zu lassen. Diese Art der empfundenen Herabsetzung bezeichnet Martha Nussbaum als „Statusverletzung“. Allein die Idee der Statusverletzung schließt bereits die Vorstellung einer Unrechtmäßigkeit ein. Denn Statusminderung ist gemeinhin beabsichtigt, wie schon der griechische Philosoph Aristoteles wusste. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Weise Menschen sind durch nichts zu erschüttern

Der römische Philosoph und Staatsmann Seneca umschreibt den Zusammenhang von Philosophie und Schicksal, Lebensbewältigung und Unerschütterlichkeit so: „Die Philosophie muss unsere Schutzwehr bilden, diese uneinnehmbare Mauer, die durch das Schicksal nicht überwältigt wird trotz aller kunstvollen Angriffsmittel.“ Albert Kitzler fügt hinzu: „All das, was an äußeren Ereignissen, die wir Schicksal oder Welt nennen, auf uns zukommt, soll die Seele nicht verletzen, soll ihr keine Wunden zufügen können, soll unser inneres Gleichgewicht nicht ins Wanken bringen.“ Das Schicksal überwältigt nur denjenigen, der sich daran klammert. Seneca meint, man könne durch Verzicht zum Schicksal auf Distanz gehen. Dazu sei einerseits Wissen erforderlich. Andererseits habe es viel mit den eigenen Werten zu tun, denen man nacheifert, und umgekehrt mit den „Unwerten“, die man meiden sollte. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Der Hass ist umfassend und allgemein

Der Hass stellte eine negative Emotion dar, der sich auf das Ganze der Person konzentriert statt auf die einzelne Tat. Obgleich auch der Zorn auf eine Person gerichtet ist, liegt sein Focus auf der Tat, und wenn die Tat irgendwie aus der Welt geschafft wird, kann man erwarten, dass sich auch der Zorn verflüchtigt. Martha Nussbaum fügt hinzu: „Der Hass hingegen ist umfassend und allgemein, und wenn dabei Handlungen eine Rolle spielen, dann einfach deshalb, weil alles an der Person in einem negativen Licht gesehen wird.“ Aristoteles zufolge gibt es nur eine einzige Sache, die gegen den Hass hilft und ihn wirklich zur Ruhe kommen lässt: nämlich dass die Person zu existieren aufhört. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Angst und Zorn zählen zu den Grundemotionen

Aus biologischer Sicht spricht viel dafür, dass Menschen weltweit nur etwa ein Dutzend Grundemotionen hegen. Philipp Hübl kennt sie: „Klare Kandidaten sein Angst, Zorn, Ekel, Traurigkeit und Freude; andere wie Staunen, Eifersucht und Peinlichkeit sind umstrittener.“ Die Nuancen der Grundemotionen fächert die Wissenschaft allerdings sehr fein auf, und zwar oft nach den oben genannten Dimensionen … Weiterlesen

Emotionen sind der zentrale Rohstoff des Politischen

Isolde Charim stellt fest: „Natürlich haben alle politischen Subjekte Gefühle – und diese nicht nur als Verirrung. Und natürlich haben Emotionen eine politische Relevanz. Emotionen sind nicht nur pathologische Störungen. Sie sind auch der zentrale Rohstoff des Politischen.“ Zu diesem Rohstoff gehört allerdings das gesamte Paket der Emotionen dazu. Es lassen sich nicht die „guten“ Emotionen herauspicken. Es geht sogar noch weiter: Im Politischen gibt es – anders als im Privaten – keine Gefühle, die per se gut oder per se schlecht wären. Emotionen haben daher keine fixe politische Bedeutung. Es gibt keine progressiven und keine reaktionären Gefühle. Es gibt ebenso wenig genuin demokratische wie genuin totalitäre Gefühle. Die Philosophin Isolde Charim arbeitet als freie Publizistin und ständige Kolumnistin der „taz“ und der „Wiener Zeitung“.

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Der Zorn hat offenbar drei wichtige Funktionen

Martha Nussbaum beschäftigt folgende Frage: „Ist Zorn nicht aber edel, wenn die Gesellschaft verdorben und brutal ist?“ Wenn Menschen niedergehalten werden, lernen sie allzu oft, sich in ihr „Schicksal“ zu fügen. Sie bilden „adaptive Präferenzen“, sagen sich, dass ihr Los akzeptabel sei und sie es stillschweigend hinnehmen sollten. Wenn sie sich aber ergeben, wird eine Veränderung unwahrscheinlich. Damit sozialer Fortschritt in Gang kommt, braucht es zunächst einmal Menschen, die erwachen und sich der ungerechten Behandlung, die sie durch die Gesellschaft erfahren, bewusst werden. Und geht man nicht davon aus, dass aus diesem Bewusstwerden berechtigter Zorn erwächst? Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Die Gelassenheit zählt zu den vier Kardinaltugenden

Das, was viele Menschen suchen, um genügend Spielraum für ihre Handlungen zu gewinnen, die mehr sein sollen als reine Reaktionen auf Stressmomente, ist offenbar nicht der Zustand der Entspannung, sondern eher eine innere Haltung, die Ina Schmidt mit dem Begriff „Gelassenheit“ definiert: „Die Gelassenheit beschreibt eine Tugend, die schon in der Antike mit dem Begriff der Seelenruhe beschrieben wurde, nicht weil sie all das, was zu tun ist, loslässt, sondern weil sie uns befähigt, auch in emotionalen Stürmen den Blick für das Wesentliche nicht zu verlieren und handlungsfähig zu bleiben.“ In der platonischen Schule gehört die Gelassenheit zu den vier Kardinaltugenden für ein gelingendes Leben – neben der Weisheit, der Tapferkeit und der Gerechtigkeit. Ina Schmidt gründete 2005 die „denkraeume“, eine Initiative, in der sie in Vorträgen, Workshops und Seminaren philosophische Themen und Begriffe für die heutige Lebenswelt verständlich macht.

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Ein starker Mensch träumt nicht von Vergeltung

Martha Nussbaum betont, welche Rolle die Hilflosigkeit bei der Vergeltung spielt: „Vergeltungswünsche sind häufig Ausdruck verdrängter grundlegender Machtlosigkeit und vermitteln die Illusion, man könnte an seiner schlechten Situation etwas ändern.“ Entsprechend ließe sich vermuten, dass Menschen und auch Institutionen desto eher Gnade walten lassen könnten, je mehr Vertrauen sie in die eigene Stabilität und ihre eigene Macht haben. Und in der Tat hat der deutsche Philosoph Friedrich Nietzsche eine solche Verbindung überzeugend dargestellt. Wie der römische Philosoph Seneca vertritt er die Auffassung, dass die Rachemoral, die er im Christentum erkennt, psychologisch mit einem Gefühl der Schwäche und der Machtlosigkeit verbunden ist. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Martha Nussbaum macht auf falsche soziale Werte aufmerksam

Menschen werden einem Rechtssystem nicht lange ihre Unterstützung oder gar Gefolgschaft gewähren, wenn sie die ihm zugrunde liegenden Werte strikt ablehnen. Jedes Programm, das sich den Menschen gegenüber nicht rechtfertigen lässt, besteht keinen normativen Grundtest. In seinem Werk „Politischer Liberalismus“ erklärt John Rawls, um Legitimität beanspruchen zu können, müsse man zeigen, dass die vorgeschlagenen Werte Gegenstand eines übergreifenden Konsenses unter den Bürgern als den Vertretern der vernünftigen religiösen und säkularen Hauptlehren werden können. Martha Nussbaum fügt hinzu: „Rawls besteht allerdings nicht darauf, dass der übergreifende Konsens in der Gegenwart bereits verwirklicht sein muss. Seiner plausibleren Auffassung nach muss lediglich gezeigt werden, dass es einen überzeugenden Weg gibt, wie sich solch ein Konsens mit der Zeit und durch Argumentation erreichen lässt.“ Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Martha Nussbaum beschreibt einige menschliche Schwächen

Die Verachtung gleicht dem Zorn darin, dass sie ein Zielobjekt und einen Fokus hat: Ihren Fokus bilden eine oder mehrere Eigenschaften einer Person und ihr Zielobjekt ist die aufgrund dieser Eigenschaften als niedrig oder gering geltendes Individuum. In beiden Fällen handelt es sich bei dem Zielobjekt um eine Person. Martha Nussbaum ergänzt: „Der Fokus des Zorns aber liegt auf einer Handlung, jener der Verachtung auf einer oder mehreren relativ beständigen Persönlichkeitseigenschaften.“ Die Verachtung nimmt ihren Anfang in der angeblichen Niedrigkeit einer Person, der gewisse gute Charaktereigenschaften abgesprochen werden, seien es moralische oder soziale.“ Die ablehnende Haltung resultiert also aus der wahrgenommenen Niedrigkeit. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Die Dankbarkeit ist eine rückwärtsgewandte Cousine des Zorns

Bei der Dankbarkeit handelt es sich in vielerlei Hinsicht um eine rückwärtsgewandte Cousine des Zorns. Dennoch argumentiert Martha Nussbaum, dass sie in vertrauten Beziehungen wertvoll sein kann, weil sie hilft, das gegenseitige Wohlwollen zu festigen, um das es den Partnern in solchen Beziehungen richtigerweise geht. Dennoch gilt: So wie ein Mensch aufgrund der mannigfachen Verletzungen und Demütigungen, die ihm in so vielen Zusammenhängen des täglichen Lebens widerfahren, nicht wütend werden sollte, so soll er auch keine Dankbarkeit empfinden, wenn andere Menschen dafür sorgen, dass diese Dinge gut verlaufen. Martha Nussbaum weiß: „Eine solche Emotion verrät eine zu starke Abhängigkeit von äußeren Gütern.“ Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Der Zorn lässt Menschen kindisch wirken

Seneca hat eine Reihe unterschiedlicher Einwände gegen den Zorn. Oft, so behauptet er, gelte die Emotion ziemlichen Belanglosigkeiten. Weit davon entfernt, nützliches Verhalten zu fördern, stelle der Zorn eine sehr instabile und unverlässliche Grundlage der Motivation dar. Er sei beileibe nichts Erfreuliches, sondern vielmehr äußerst unerfreulich und eine Ursache für noch mehr Unerfreuliches. Martha Nussbaum zitiert Seneca weiter, der über den Zorn noch folgendes zu sagen hat: „Auch dient der Zorn nicht zuverlässig der Abschreckung, sondern lässt die Menschen kindisch wirken, und mit einer solchen Ausstrahlung verbindet sich nichts Abschreckendes.“ Keineswegs erhaben, sei der Zorn vielmehr Ausdruck von Engstirnigkeit und niederer Gesinnung. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Martha Nussbaum erklärt den Zorn der Kinder auf ihre Eltern

Selbst erwachsene Kinder geraten manchmal in Zorn über ihre Eltern. Martha Nussbaum erläutert: „Sie stoßen sich an der elterlichen Autorität und empfinden das Bedürfnis, durch emotionale Konfrontation zur Selbstbestimmung zu gelangen.“ Zorn gehört tatsächlich eng zu dieser Beziehung, weil sich das Kind in seinem Bemühen um Unabhängigkeit schon am Dasein und an der Kompetenz des Elternteils stößt und gute Eltern fast unerträglicher sind als schlechte Eltern. Im Jugendalter ist Zorn in der Regel strategisch: Kinder nutzen ihre Emotionen, um sich loszulösen, eine Abgrenzung zu schaffen, auch wenn ihnen das selbst nicht klar ist. Bei Kindern ist dies gewöhnlich eine harmlose Strategie und eine vorübergehende Erscheinung. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Der Gedanke an Vergeltung ist nur ein kurzer Traum

Die Vorstellung, dass Vergeltung ein sinnvolles Unternehmen ist und eine Verletzung auszugleichen man, ist allgegenwärtig und wahrscheinlich evolutionär ererbt. Vergeltung hat häufig auch eine psychische Funktion. Martha Nussbaum erklärt: „Wenn Menschen kulturell bedingt der Vorstellung anhängen, dass Vergeltung gut ist, werden sie Befriedigung empfinden, sobald sie ihre Rache bekommen. Diese Befriedigung wird häufig als „Abschluss“ bezeichnet.“ Martha Nussbaum vertritt in dieser Frage allerdings etwas sehr Radikales. Ihrer Meinung nach ist der vom Zorn umfasste Gedanke an Vergeltung oder Heimzahlung bei einer vernünftigen und nicht übermäßig ängstlichen und statusfokussierten Person nur ein kurzer Traum, eine Wolke, die bald durch vernünftigere Vorstellungen vom Wohl des Einzelnen und der Gemeinschaft vertrieben wird. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Eltern wollen Erfolg und Glück für ihre Kinder

Wenn Eltern tiefe Liebe für ihre Kinder empfinden, wenn sie es gut mit ihnen meinen und keine verdrehten Vorstellungen von einer Eltern-Kind-Beziehung haben, gibt es zwei Möglichkeiten, wie sie in Zorn geraten können. Martha Nussbaum erläutert: „Die eine Möglichkeit ergibt sich aus einer stellvertretenden Investition ins eigene Ego: Das betreffende Elternteil sieht in dem Kind eine Erweiterung seiner selbst bzw. jemanden, die oder der die eigene Existenz fortsetzt. Ihm geht es darum, die eigenen Träume zu erfüllen.“ Die andere Möglichkeit ergibt sich aus der Sorge um das jetzige beziehungsweise künftige Wohl des Kindes. Beide Möglichkeiten überschneiden sich, weil Eltern häufig ein zentrales Interesse daran haben, dass ihr Kind erfolgreich und glücklich ist. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Zorn in der Ehe rührt oftmals von ungerechtfertigten Geschlechterrollen her

Zorn in vertrauten Beziehungen resultiert häufig aus einer der zahlreichen falschen Wertvorstellungen einer Gesellschaft in Bezug auf Fehlverhalten und die Schwere, mit der es ins Gewicht fällt. Beispielsweise das Streben nach Unabhängigkeit von Kindern und selbst ihre Suche nach bloßem Vergnügen häufig äußerste Missbilligung erfahren. Martha Nussbaum nennt ein weiteres Beispiel: „So verbindet sich auch der Zorn in der Ehe in vielen Fällen mit Annahmen und Erwartungen, die maßgeblich von ungerechtfertigten Geschlechterrollen herrühren; Männer haben namentlich das Streben der Frauen nach Unabhängigkeit und Gleichheit als besonders bedrohlich empfunden.“ Es ist oft schwierig zu trennen zwischen Fällen, in denen Zorn unangebracht ist, weil die betreffende Person gegen eine schlechte gesellschaftliche Norm verstoßen, aber nichts wirklich Falsches getan hat, und Fällen, in denen ein wirkliches Unrecht geschehen ist. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Meditation führt zu innerem Frieden und Harmonie

Buddha wurde einst gefragt, was es ihm gebracht habe, zu meditieren. Er antwortete: „Nichts! Aber ich kann dir berichten, was ich verloren habe: Zorn, Ängstlichkeit, Furcht, Depression, Unsicherheit und die Angst vor dem Tod.“ Klaus Biedermann fügt hinzu: „Meditation führt zu Konzentration, Achtsamkeit, innerer Ruhe, inneren Frieden und Harmonie.“ Meditation ist geistige Hygiene und bringt einen Menschen dazu, die Aufmerksamkeit auf den jeweiligen Augenblick seines Lebens zu richten und diesen auszukosten. Meditation lässt den „Felsen in der Brandung“ in ihm wachsen und gibt ihm so einen ruhigen Fixpunkt, um den herum er seinen Alltag in Ruhe und Übersicht gut bewältigen kann. Dr. phil. Klaus Biedermann leitet seit mehr als 30 Jahren Selbsterfahrungskurse und Burn-In-Seminare in seiner Sommerakademie auf der Insel Korfu.

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Vier Dinge zeichnen eine vertraute Beziehung aus

Was zeichnet vertraute Beziehungen im Besonderen aus? Laut Martha Nussbaum sind dies vier Dinge: „Erstens nehmen diese Beziehungen einen außergewöhnlich zentralen Platz in unseren Vorstellungen von einem gelingenden Leben ein, oder, um den Ausdruck vor Aristoteles zu verwenden, in unseren Vorstellungen von der eudaimonia.“ Die andere Person und die Beziehung selbst sind ein geschätzter Teil des eigenen guten Lebens – wobei die Beziehung wiederum weit in das Leben der durch sie Verbundenen hineinwirkt, sodass aus viele Unternehmungen gemeinsame Unternehmungen und aus Ziele geteilte Ziele werden. Eine Entzweiung bedeutet folglich in vielerlei Hinsicht einen Bruch in der eigenen Existenz. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Manchmal kann das Verlangen nach Rache gerechtfertigt sein

Zwar ermorden nur wenige betrogene Ehepartner wie Medea ihre Kinder, um den Betrüger zu verletzen, doch Schmerz zufügen wollen mit Sicherheit viele. Ihre entsprechenden Anstrengungen haben laut Martha Nussbaum nicht selten schwere Kollateralschäden zur Folge. Auch wenn die Selbstbeherrschung den betrogenen Teil davon abhält zu tun, was er in seiner Wut am liebsten tun würde, so gärt es doch weiter in ihm, und er setzt all seine Hoffnungen darauf, dass es dem betrügenden Teil und seiner neuen Familie irgendwie schlecht ergeht. Und wie oft geschieht es nicht, dass der böse Wille aufs Neue durchbricht – sei es in Gerichtsverfahren, in der subtilen Beeinflussung der Kinder oder einfach nur in der mangelnden Bereitschaft, Männer wieder Vertrauen entgegenzubringen. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Vor der Vergebung steht die Mäßigung des Zorns

Laut Charles Griswold ist Vergebung ein Prozess zwischen zwei Menschen, der eine Mäßigung des Zorns und das Aufgeben von Racheplänen umfasst. Aussicht auf Vergebung hat demnach nur, wer anerkennt, dass er der verantwortliche Täter war, sich von seinen Taten und von sich selbst als ihrem Urheber distanziert, dem oder der Verletzten gegenüber sein Bedauern ausdrückt, dass er ihr oder ihm diese Verletzung zugefügt hat und sich verpflichtet, jemand zu werden, der keine Verletzungen mehr zufügt, und diese Verpflichtung durch Taten und Worte unter Beweis stellt. Außerdem sollte er zeigen, dass er den durch die Verletzung zugefügten Schaden aus der Perspektive der verletzten Person versteht und glaubwürdig machen können, was ihn zudem Unrecht veranlasst hat, inwiefern sein Fehlerverhalten nicht alles über seine Person aussagt und was er unternimmt, um sich der Gewährung der Vergebung als würdig zu erweisen.

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Ein sanftmütiger Mensch lässt sich nicht vom Affekt fortreißen

Wenn sich ein Mensch aus seiner narzisstischen Selbstverstrickung löst, wird ihm auf zweierlei Weise geholfen. Erstens ist er nicht mehr der Verzerrung eines Denkens unterworfen, das alles auf die eigene Person bezieht, und zweitens ist er gezwungen, das Wohl eines jeden zu berücksichtigen, nicht nur das der Partei, der Unrecht geschehen ist. Martha Nussbaum fügt hinzu: „Aristoteles macht einen ergänzenden Vorschlag: Ihm zufolge vermeidet wir unangebrachten Zorn aufgrund des Statusdenken, indem wir den Standpunkt der Person einnehmen, die uns verletzt hat. Aristoteles gibt der tugendhaften Veranlagung eine Bezeichnung, die auf denkbar wenig Zorn hindeutet: „Sanftmut“. Das Kennzeichen der Sanftmut sind triftige Gründe. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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