Nationen gründen sich oftmals auf Mythen und Erzählungen

Nationen sind, so die klassische Definition von Ernest Renan, keine materiellen Phänomene, sondern geistige Prinzipien. Sie beruhen darauf, dass eine Gruppe von Menschen sich aufgrund bestimmter Merkmale wie Staatsangehörigkeit, gemeinsamer Sprache, Kultur oder Geschichte als zusammengehörig begreift. Andreas Rödder ergänzt: „Der Realitätsgehalt dieser Vorstellungen gemeinsamer Geschichte und Kultur ist in der Regel begrenzt, vielmehr beruhen sie oftmals auf Mythen und Erzählungen.“ Der amerikanische Politikwissenschaftler Benedict Anderson hat Nationen daher als „vorgestellte“ oder gar „erfundene Gemeinschaften bezeichnet – was freilich nichts an der durchschlagenden Wirkung dieser Idee in der Geschichte der westlichen Moderne ändert. Denn Gemeinschaften, die sich als Nation verstanden, wollten im 19. Jahrhundert auch in einem Staat zusammenleben. Andreas Rödder zählt zu den profiliertesten deutschen Historikern und Intellektuellen. Seit 2005 ist er Professor für Neueste Geschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

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Geschichte und Naturgeschichte gehören zusammen

David Christian erzählt in seinem neuen Buch „Big History“ die Geschichte der Welt anhand von verschiedenen Schwellenmomenten, in denen die Komplexität zunahm: von der Entstehung des Lebens bis zur Fotosynthese, von der Sprache bis zum menschengemachten Klimawandel. Sein Buch ist eine Synthese der Erkenntnisse aus Physik, Chemie, Biologie, Geologie und Archäologie. Es endet mit einem Ausblick in die Zukunft, in der die Menschheit endlich die Verantwortung für den Planeten Erde übernehmen muss. Um die Geschichte der Menschheit zu verstehen, muss man begreifen, wie sich so eine seltsame Art entwickelte. Das heißt, man muss etwas über die Entwicklung der Erde, der Sterne und der anderen Planeten erfahren, und das bedeutet letztlich, sich die Geschichte des Universums anzueignen. David Christian ist Gründer und wichtigster Vertreter der Big History, die zeigen will, dass Geschichte und Naturgeschichte zusammengehören.

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Deutschlands Geschichte ist gleichermaßen bereichernd wie verwirrend

In seinem Buch „Deutschland. Erinnerungen einer Nation“ nimmt Neil McGregor begleitet Neil MacGregor seine Leser durch die Geschichte. Unterwegs lernen sie Objekte aus rund 500 Jahren kennen, die von den sehr unterschiedlichen Erinnerungen Deutschlands erzählen. Zu den Objekten Neil MacGregors zählen unter anderem die Gutenberg-Bibel, Grimms Märchen, das Bauhaus-Design, Albrecht Dürers Rhinozeros, der VW-Käfer, die Krone Karls des Großen und die Kuppel des Reichstags. Dabei betont der Autor, dass Deutschlands Denkmale anders seien als die anderer Länder. Neil MacGregor erklärt: „Wenn deutsche Monument sich von denen anderer Länder unterscheiden, dann tun sie dies, weil auch die deutsche Geschichte eine andere ist.“ Neil MacGregor ist seit Oktober 2015 Gründungsintendant des Humboldt-Forums. Er war von 2002 bis 2015 Direktor des Britischen Museums und zuvor von 1987 bis 2002 Direktor der National Gallery in London.

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Die AfD ist eine Sammlungspartei von Unzufriedenen

Im Bundeswahlgesetz sind die Lehren aus den Schwächen der Weimarer Verfassung gezogen worden, beispielsweise die Fünf-Prozent-Hürde, mit der die Zersplitterung des Parteiensystems verhindert werden soll. Auf die Frage, ob dies für Stabilität sorgt, antwortet der Historiker Andreas Rödder: „Wenn eine Partei über fünf Prozent landet, nützt diese Hürde auch nichts mehr. Un bei der letzten Bundestagswahl haben fast zehn Prozent der Wähler für zwei Parteien gestimmt, die es dann nicht ins Parlament geschafft haben, die FDP und die AfD. Ob das unser System am Ende stabilisiert oder nicht vielmehr Unzufriedenheit schafft, ist eine offene Frage.“ Politiker wie Wolfgang Schäuble und Sigmar Gabriel rücken die AfD in die Nähe der Nationalsozialisten. Andreas Rödder lehrt Neueste Geschichte an der Universität Mainz und veröffentlichte zuletzt den Bestseller „21.0. Eine kurze Geschichte der Gegenwart“.

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Der Vertrauensverlust in die Politik ist erschreckend

Die etablierten politischen Parteien erleben in Deutschland gerade einen dramatischen Vertrauensverlust und zugleich hat die Polarisierung der Gesellschaft ein bislang unbekanntes Maß erreicht. Auf die Frage, ob Weimarer Verhältnisse drohen, antwortet der Historiker Andreas Rödder: „Es gibt zumindest beunruhigende Analogien. Besonders gefährlich ist eine um sich greifende antiparlamentarische Verachtung für Parteien und Eliten, das finden Sie auf der Linken genauso wie bei den Rechten.“ Und während sich die Extreme radikalisieren, verfällt die gesellschaftliche Mitte seiner Meinung nach in eine merkwürdige Sprachlosigkeit. Andreas Rödder weiß, dass sich die Geschichte nicht wiederholt, aber er weiß auch, dass eine eigentlich stabile politische Ordnung sehr viel schneller erodieren kann, als das das der Mehrheit der Bevölkerung recht ist. Andreas Rödder lehrt Neueste Geschichte an der Universität Mainz und veröffentlichte zuletzt den Bestseller „21.0. Eine kurze Geschichte der Gegenwart“.

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Videoportale verändern die menschlichen Sehgewohnheiten

Das Musikvideo „Gangnam Style“ machte den koreanischen Rapper Psy zum Weltstar. Ohne das Videoportal YouTube wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen. „Gangnam Style“ ist das erste und bisher einzige Video, das über eine Milliarde Zuseher hatte. YouTube ist nicht nur mit Abstand das größte Videoportal der Welt, es ist hinter Google auch die zweitgrößte Suchmaschine. Niemand weiß genau, wie viele Millionen Filme und Filmchen sich auf dem Videoportal befinden. Allein in zwanzig Minuten laden die User soviel Videomaterial hoch, für das ein Mensch sechzig Tage brauchen würde, um alles zu sehen. Gegründet haben YouTube der Amerikaner Chad Hurdie, der Taiwaner Steve Chen und der Deutsche Jawed Karim im Jahr 2005. Für viele Medienexperten ist mit YouTube das dritte Zeitalter des Fernsehens ausgebrochen. Nach dem öffentlichen TV-Programm und anschließend den vielen privaten Kabelsendern folgt nun das „Jeder-kann-mitmachen-Fernsehen“ im Internet mit Millionen von Kanälen.

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