Menschen müssen täglich Entscheidungen treffen

In die „Freiheit geworfen“ wie es bei Jean-Paul Sartre heißt, ist der Mensch ständig gefordert, Entscheidungen zu treffen. Und egal, was er tut, es geht weiter und weiter. Ina Schmidt ergänzt: „Wir haben die Wahl, in den großen Fragen wie in den ganz normalen Alltäglichkeiten. Täglich entscheiden wir uns viel Hundert Mal, selbst wenn wir es nicht immer bemerken.“ In einer Welt voller Möglichkeiten jagt eine Entscheidung die nächste. Und wie man damit umgeht, hängt vielfach davon ab, welche Perspektive man einnimmt, wenn man auf diesem Grat des Möglichen entlangwandert. Es geht Ina Schmidt nicht darum, die Inhalte von Entscheidungen auf den Prüfstand zu stellen. Sondern sie denkt darüber nach, was ein Mensch eigentlich tut, wenn er eine Wahl trifft. Ina Schmidt gründete 2005 die „denkraeume“, eine Initiative, in der sie in Vorträgen, Workshops und Seminaren philosophische Themen und Begriffe für die heutige Lebenswelt verständlich macht.

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Reflexion ist der erste Schritt zur Weisheit

Mitgefühl ist eine wichtige Ressource, die einem Menschen helfen kann, weiser zu werden. Das weise Menschen anderen helfen, indem sie ihnen einen guten Rat geben, ist eine der häufigsten Assoziationen, die schon Kinder zum Begriff Weisheit haben. Judith Glück erläutert: „Weise Menschen sind in der Lage, zu erkennen, was jemand braucht. Und ihm das auf eine Art zu vermitteln, die er auch annehmen kann.“ Das Mitgefühl in belastenden Situationen hilfreich sein kann, liegt auf der Hand. Sowohl das direkte Mitfühlen als auch die gedankliche Fähigkeit, darüber nachzudenken, wie sich die andere Person jetzt wohl fühlt und warum, helfen einem Menschen. Beispielsweise in Konflikten nicht allzu verletzend zu sein. Und vielleicht auch die eigenen Gefühle besser zu regulieren. Judith Glück ist seit 2007 Professorin für Entwicklungspsychologie an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

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Glücklichsein setzt Disziplin und Konzentration voraus

Das Geheimnis des Glücks besteht weniger darin, jeden Augenblick so zu leben, als sei er der letzte; vielmehr, als sei er der erste. Glückliche Menschen sehen Glück nicht als einen Wunsch an, sondern als etwas, das jetzt machbar ist, wozu man etwas beitragen kann, zu dem man eine proaktive Haltung einnimmt. Aber es lässt sich nicht direkt ansteuern. Auch wenn es scheinbar widersinnig klingt: Man kann nicht glücklich sein wollen, mag man sich das auch gegenseitig immer wieder versichern. Glück ist nur indirekt erlebbar. Es ist gleichsam ein Abfallprodukt. Reinhard K. Sprenger erklärt: „Nach allem, was wir darüber wissen, ist das Glückserleben eine Begleiterscheinung aktiven Tuns, selbstverantwortlichen Lebens, klarer Entscheidung.“ Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

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Kultur ist die Summe intellektueller Errungenschaften

Dass das Wort „Kultur“ auf das Universum der Ideen angewandt wird, hat die Menschheit Cicero und dem alten Rom zu verdanken. Cicero beschrieb mit dem Wort das Heranziehen der Seele – „cultura animi“; dabei dachte er offensichtlich an den Ackerbau und sein Ergebnis, die Vervollkommnung und Verbesserung des Pflanzenwachstums. Was für das Land gilt, kann demnach genauso auch für den Geist gelten. Antonio Damasio schreibt: „An der heutigen Hauptbedeutung des Wortes „Kultur“ gibt es kaum Zweifel. Aus Wörterbüchern erfahren wir, dass Kultur eine Sammelbezeichnung für Ausdrucksformen intellektueller Errungenschaften ist, und wenn nichts anderes gesagt wird, meinen wir damit die die Kultur der Menschen.“ Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creative Institute.

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Die Gefühlsarbeit ist das Schmiermittel der Gesellschaft

Wer denkt, nur die Liebe stellt den Gefühlshaushalt eines Menschen auf die Probe, irrt. Auch im Arbeits- und Geschäftsleben warten heutzutage zahlreiche emotionale Herausforderungen. Ulrich Schnabel nennt ein Beispiel: „Schon das Betreten eines modernen Kaufhauses ähnelt dem Eintauchen in ein sorgfältig temperiertes Bad der Emotionen, das einen wärmend umhüllt und zielgerichtet umschmeichelt.“ Angenehm plätschernde Hintergrundmusik, appetitlich aufgebaute Waren, einladend lächelnde Mitarbeiter – die Kunden sollen sich wohl und geborgen fühlen und den Wunsch entwickeln, möglichst viel von dieser Stimmung in bezahlter Form mit nach Hause zu nehmen. Kein Geschäft kommt heute ohne Emotionen aus. Wer erfolgreich sein will, muss vielmehr das Spiel auf der Klaviatur der Gefühle beherrschen, und zwar sowohl auf der eigenen wie auf der des Gegenübers. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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Das Unbewusste entsteht vor dem Bewussten

Innerhalb des Rahmens der kognitiven Psychologie mit ihrem Primat des Bewusstseins konnte es einen unbewussten Prozess nur dann geben, wenn er zuerst bewusst und vorsätzlich wäre; erst nach beträchtlicher Erfahrung konnte dieser Prozess so reibungslos und effizient verlaufen – in der Psychologie benutzt man dafür den Begriff „automatisiert“ –, dass es keiner großen bewussten Steuerung mehr bedürfte. Bis zur Jahrtausendwende gingen John Bargh und seine Kollegen davon aus, dass dies die einzige Möglichkeit der Entstehung unbewusster mentaler Prozesse sei: Zu Beginn bewusst und aufwendig, gewinnen sie erst durch Erfahrung und Übung die Fähigkeit, unbewusst abzulaufen. Doch sie lagen falsch oder zeichneten zumindest ein unvollständiges Bild. Prof. Dr. John Bargh ist Professor für Psychologie an der Yale University, wo er das Automaticity in Cognition, Motivation, and Evaluation (ACME) Laboratory leitet.

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Heimatstolz und Patriotimus dürfen nicht verwechselt werden

Heimatstolz und Patriotismus ist eine reizvolle, gefährliche und durch die Geschichte leidvoll beglaubigte desaströse Kombination zweier Ideen. Christan Schüle weiß: „Der Stolz auf eine Heimat ist eine leerlaufende Nichtigkeit, weil Heimat nichts außer dem Selbstzweck leistet, da zu sein, und das ewiglich.“ Genauso gut könnte man stolz auf den Himmel oder eine Felsformation sein. Patriotismus dagegen muss keineswegs Heimatstolz heißen. Der Patriot ist ja ein Mensch, der gegenüber seinem Vaterland Loyalität empfindet, manchmal Treue, manchmal den wohligen Schauer der Vertrautheit, jedenfalls verbindliche Zugehörigkeit, gemäß dem unverdächtigen Cicero: „Patria est, ubicumque est bene.“ Übersetzt: „Wo es gut geht, da ist Vaterland.“ Zeitgemäß variiert: „Wo es mir gut geht, da ist meine Heimat.“ Seit dem Sommersemester 2015 lehrt Christian Schüle Kulturwissenschaft an der Universität der Künste in Berlin.

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Fehlende Balance der Identität führt zu Gereiztheit

Wer an mangelnder Balance seiner Identität leidet, kann nicht im rechten Augenblick das richtige tun. Dieser Mangel entsteht zum Beispiel, wenn Wunschkarriere und sozialer Status auseinanderklaffen, wenn man sich hohe Ziele steckt, bar nur niedrige erreicht. Jens Weidner erläutert: „Diese Dissonanz führt zu übertriebener Gereiztheit, sei es gegenüber der fürsorglichen Partnerin oder gegenüber vermeintlichen Kritikern. Denn deren Kritik streut Salz in die Wunde.“ Es schmerzt ja ohnehin, selbst gesteckte Ziele nicht gepackt zu haben, und um den Schmerz zu überspielen, schlägt man übertrieben zurück. Mangelnde Balance der Identität verführt auch schnell dazu, andere im Team klein zu machen, um sich selbst zu überhöhen. Sogar auf Kosten besserer Ideen der anderen. „Splendid Isolation“ heißt diese psychologische Mechanismus. Jens Weidner ist Professor für Erziehungswissenschaften und Kriminologie.

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Vernetzung ist das wesentliche Element der Globalisierung

Das Symbol der heutigen Zeit, des Zeitalters der Hirnforschung und der Digitalisierung, ist das Web, das Netz. In Netzen verfängt sich, was in der Luft schwirrt oder im Wasser umherschwimmt. Netze verbinden, sie spannen Fäden zwischen Orten, die ansonsten wenig miteinander zu tun haben. Georg Milzner schreibt: „Man begreift die Bedeutung, die wir der Vernetzung zuschreiben, nur dann richtig, wenn man erkennt, dass die Metapher des Netzes tatsächlich unsere Kultur des beginnenden 21. Jahrhunderts prägt. Vernetztes Denken ist das Symbol eines autoritätsfreien Diskurses. Netzwerke haben keine Hierarchien, nur Knotenpunkte.“ Vernetzung ist das wesentliche Element der Globalisierung; Konzerne bilden Netzwerke aus, die ohne die neuen Kommunikationsmöglichkeiten nicht möglich wären. Georg Milzner ist Diplompsychologe und arbeitet in eigener Praxis als Psychotherapeut.

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Weniger Besitz ist mehr Glück

Fumio Sasaki beschreibt in seinem Bestseller „Das kann doch weg!“ das befreiende Gefühl, mit weniger zu leben und gibt seinen Lesern 55 Tipps für einen minimalistischen Lebensstil. Minimalisten bringen ihr Lebensgefühl auf eine einfache Formel: weniger Besitz = mehr Glück. Fumio Sasaki schreibt: „Früher habe ich ständig über Dinge nachgedacht, die mir noch fehlen zu meinem vermeintlichen Glück.“ Eines Tages allerdings beschließt er sein Leben radikal zu ändern. Er reduziert seinen Besitz auf ein Minimum. Dadurch tritt bei ihm ein bemerkenswerter Effekt ein. Plötzlich fühlt er sich frei, denn er hat durch seinen neuen Lebensstil mehr Zeit, mehr Geld und ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit für jedes einzelne Ding, das er jetzt besitzt. Fumio Sasaki arbeitete als Cheflektor des japanischen Verlages Wani Books, bevor er freier Autor wurde.

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Das Rätsel des menschlichen Intimlebens ist ein immerwährendes

In seinem wunderbaren Buch „Conditions of Love“ spricht der Philosoph John Armstrong von einem immerwährenden Rätsel des menschlichen Intimlebens. Er sagt, dass man oft einem Ideal der kompromisslosen Vereinigung von tiefer Liebe mit sexueller Erfüllung hinterherläuft, als könnte man, indem man die wahre Liebe in einer Person findet, für immer in ihm oder ihr die volle Befriedigung der eigenen sexuellen Wünsche finden. Der Hirnforscher und Neurowissenschaftler Giovanni Frazzetto ergänzt: „Das ist nicht unmöglich, und wenn es passiert, ist es ein tiefgreifendes Gefühl, ein starker Ausdruck der Hingabe.“ Wie jedoch bekannt ist, gibt der Sexualtrieb seine eigenen Motive dabei nicht auf. John Armstrong liefert eine kurze und schmerzhafte Lösung für dieses heikle Problem, vor dem die menschliche Natur steht. Er identifiziert zwei Wege, es zu umgehen.

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Das metaphysische Begehren strebt nach dem absolut Anderen

„Das wahre Leben ist abwesend.“ Aber die Menschen sind auf der Welt. In diesem Alibi erhebt und hält sich die Metaphysik. Emmanuel Levinas erklärt: „Sie ist dem „Woanders“ zugewandt, dem „Anders“ und dem „Anderen“.“ In ihrer allgemeinen Form, die sie in der Geschichte des Denkens angenommen hat, erscheint die Metaphysik in der Tat als eine Bewegung, die ausgeht von einem „Zuhause“, das der Mensch bewohnt, von einer ihm vertrauten Welt – mögen auch an ihren Randzonen noch unbekannte Gebiete liegen oder verborgen sein –,und die hingeht zu einem fremden Außersich, zu einem „Da drüben“. Das Ziel dieser Bewegung – das Woanders und das Andere – heißt „anders“ in einem ausgezeichneten Sinne. Der französisch-jüdische Philosoph Emmanuel Levinas (1905 – 1995) lehrte Philosophie in Nanterre und an der Sorbonne in Paris.

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Thomas Junker kennt die Macht der Liebe

Viele Dichter haben die Macht der Liebe besungen und bewundert, religiöse und politische Weltverbesserer haben sie gefürchtet und verfolgt, und noch heute verzweifeln wohlmeinende Eltern am romantischen Eigensinn ihrer Kinder. Thomas Junker betont: „Und doch waren es diese scheinbar irrationalen Formen der Verliebtheit, die uns zu dem gemacht haben, was wir sind.“ Einige der faszinierendsten körperlichen und geistigen Anlagen der Menschen haben sich nur deshalb in der Evolution durchgesetzt, weil Frauen über viele hunderttausend Jahre Partner mit bestimmten Eigenschaften bevorzugten. Und weil die Männer nicht unterschiedslos mit allen Frauen schliefen, sondern eine sorgfältige Auswahl trafen. Durch die Partnerwahl haben sich die Geschlechter gegenseitig geformt. „Geformt“ ist im übertragenen Sinn gemeint, wenn es um den Charakter und die Talente geht. Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.

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Niemand ist seinen Ängsten hilflos ausgeliefert

Islamistischer Terror, rechtsextremistische Gewalt, die Umtriebe antidemokratischer Bewegungen, zunehmender Nationalismus und rechter Populismus in den westlichen Demokratien, die Herausforderungen, die die Flüchtlingskrise mit sich bringt, die vermeintlich zunehmende Ungleichheit: Die Welt scheint sich im Dauerkrisenmodus zu befinden und ein Ende der schlimmen Ereignisse und negativen Entwicklungen scheint nicht in Sicht zu sein. Georg Pieper versucht, diesen Ängsten zu trotzen und sagt sich, dass man sich von ihnen nicht unterkriegen lassen darf. Als verantwortungsbewusster Bürger muss dagegenhalten, auch wenn es manchmal schwerfällt. Georg Pieper stellt fest: „Nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten konnte ich beobachten, wie auch bei besonnenen, reflektierten Menschen durch ein Schlüsselereignis die Angst plötzlich übermächtig werden kann und beginnt, das Denken und Handel zu beeinflussen.“ Dr. Georg Pieper arbeitet als Traumapsychologe und ist Experte für Krisenintervention.

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Persönliche Freiheit entsteht aus eigenem Antrieb und eigener Überlegung

Überlegungen zur personalen Freiheit, die nur Vorteile in Betracht ziehen, bleiben einseitig, sogar naiv. Denn auch die personale Freiheit gibt es nicht ohne negative Kehrseiten. Otfried Höffe erläutert: „Ein freier Mensch ist nicht, wer nur in gewissen Augenblicken bewusst und freiwillig handelt, sondern wer beide Momente, Freiwilligkeit und Bewusstheit, in seiner gesamten Lebensführung realisiert. Frei ist also jemand, dem es gelingt, aus eigenem Antrieb und eigener Überlegung zu leben.“ Durch die gesellschaftliche und politische Entwicklung wird ihm dieses Gelingen teils erleichtert, aber auch erschwert. Der Grund liegt nicht außerhalb der gesellschaftlichen und politischen Entwicklung, er kommt von innen. Verantwortlich sind nämlich die rechtliche und die soziale Freiheit. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

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Sex ist eines der wichtigsten Ziele im Leben vieler Menschen

Sex mit einer reizvollen Partnerin oder einem attraktiven Partner ist eines der wichtigsten Ziele im Leben vieler Menschen. Das macht biologisch Sinn. Nicht nur, weil es mit dem ursprünglichen Lebenssinn, der Fortpflanzung, verbunden ist. Und nicht nur, weil Menschen dabei so eine besondere Lust empfinden. Thomas Junker ergänzt: „Wenn es gelingt, mit einer begehrenswerten Person zu schlafen, dann ist das auch ein Beweis der eigenen Attraktivität. Wer auf dem Feld der Liebe punktet, dem ist soziale Anerkennung sicher.“ Weil Sex, zumal guter Sex mit der oder dem Richtigen, ein knappes Gut ist, kann er zu einem wertvollen Geschenk werden und zu einer Ware, die gegen andere Dinge eingetauscht wird. Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.

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Martha Nussbaum beschreibt wichtige Facetten des Ekels

Martha Nussbaum schreibt: „Ekel ist eine starke Abneigung gegenüber Aspekten oder Teilen des Körpers, die als „animal reminders“ bezeichnet werden – das heißt Aspekten von oder Seiten an uns selbst, die uns daran erinnern, dass wir sterbliche und animalische Wesen sind.“ Seine primären Objekte sind Fäkalien und andere körperlichen Ausscheidungen, die Verwesung und Tiere oder Insekten, die schleimig, schmierig oder übelriechend sind bzw. anderweitig an die abgelehnten Körperflüssigkeiten oder -ausscheidungen erinnern. Der Kerngedanke des Ekels ist der an eine (potenzielle) Verunreinigung durch Kontakt oder Nahrungsaufnahme: Wer das Unedle, das Niedrige zu sich nimmt, zieht in das auf sein Niveau hinunter. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Die Dankbarkeit ist eine Verwandte des Zorns

Zorn geht mit der Überzeugung einher, dass das Zielobjekt mit seiner Tat einer Person oder Sache innerhalb des eigenen Sorgenkreises unrechtmäßig Schaden zugefügt hat. Martha Nussbaums Ansicht nach umfasst er ebenfalls den Wunsch, den Täter auf irgendeine Weise leiden zu sehen. Als ersten Verwandten des Zorns nennt Martha Nussbaum erstaunlicherweise die Dankbarkeit. Die beiden Emotionen werden in philosophischen Erörterungen – von den griechischen Epikureern und Stoikern bis zu Baruch de Spinoza und darüber hinaus – in der Regel eng zusammengehalten. Martha Nussbaum erläutert: „Die Dankbarkeit hat genau wie der Zorn sowohl ein Zielobjekt (eine Person) als auch einen Fokus (eine Tat).“ Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Dem Verstehen sind keine Grenzen gesetzt

Die Philosophin und politische Denkerin Hannah Arendt hat auf die Frage nach dem Grund ihrer philosophischen Arbeit geantwortet: „Ich will verstehen.“ Darin liegen sowohl Ursache als auch Zielsetzung ihres Denkens und Arbeitens, ohne dass deshalb ein Konflikt entstehen muss. Denn dieser Wunsch zu verstehen ist nicht an eine konkrete Situation gebunden oder auf einen Menschen gerichtet, der verstanden werden will, sondern gemeint ist ein „existentielles Verstehen“, das sich an die eigene Person und ihren Platz in der Welt richtet. Ina Schmidt erläutert: „Hannah Arendt versucht das Wesentliche zu ergründen, zum Beispiel zu fragen, was wir tun, wenn wir tätig sind, welche Tugenden eine Gemeinschaft zusammenhält oder was das Wesen des Bösen ausmacht.“ Ina Schmidt gründete 2005 die „denkraeume“, eine Initiative, in der sie in Vorträgen, Workshops und Seminaren philosophische Themen und Begriffe für die heutige Lebenswelt verständlich macht.

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Aufmerksamkeitsstörungen betreffen nahezu alle Menschen

Überall prasseln Reize auf die Menschen ein, auf sie sie reagieren. Reize, die sie zu steuern beginnen. Denn alles Mögliche giert nach Aufmerksamkeit und bekommt sie auch schließlich. Georg Milzner ergänzt: „Nur nicht die, die sie am meisten verdienen. Und am wenigsten oftmals wir selbst.“ Denn als Folge für die gewaltigen Reizmengen, die tagtäglich auf einen Menschen eindringen, verliert er zunehmend das Gefühl für das, was in ihm vorgeht. Und mehr noch. Alle diese Reize führen untereinander ein erbarmungsloses Gefecht. Es geht dabei nicht um ein komplexes Individuum, sondern allein um die Aufmerksamkeit. Um sie ist ein Konkurrenzkampf entbrannt, die in der Menschheitsgeschichte seinesgleichen sucht. Hinter nahezu allem, was heute Aufmerksamkeit zu erlangen heischt, stehen Vorsatz und Planung, Zielsetzung und Kalkül. Georg Milzner ist Diplompsychologe und arbeitet in eigener Praxis als Psychotherapeut.

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Das Leben ist kein Fließbandjob

Bei vielen Menschen ist es schlicht nicht vorgesehen, sich zu entscheiden, welche Art von Leben man leben möchte. Stattdessen wird blind übernommen, was man so macht und was landläufig als „normales Verhalten“ gilt. „Normal“ deshalb, weil sich die Mehrheit so verhält. In diesen Kreisen gilt Mark Twain mit seiner Aussage „Wenn du feststellst, dass du zur Mehrheit gehörst, ist es an der Zeit, deinen Standpunkt zu überdenken“ als schwer gestört. Der Vorteil liegt auf der Hand: Wer sich für diesen Weg entscheidet, dem winken Bestätigung und Zuspruch der breiten Menge. Anja Förster und Peter Kreuz warnen: „Dieses Streben nach Sicherheit hat einen Preis: Initiative, Mut, Risikobereitschaft und Selbstbestimmung bleiben auf der Strecke.“ Anja Förster und Peter Kreuz nehmen als Managementvordenker in Deutschland eine Schlüsselrolle ein.

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Kollektive Emotionen bestimmten die Sozialgeschichte der Menschheit

Der evolutionäre Vorteil, der mit der Zugehörigkeit zu einer Gruppe einhergeht, ist offensichtlich. Mitglied einer Gemeinschaft zu sein, verleiht dem Einzelnen viel mehr Sicherheit bei Bedrohungen durch Feinde und anderen Gefahren und verbessert den Zugang zu lebenswichtigen Ressourcen. Eyal Winter ergänzt: „Der Mechanismus, der Gruppenzusammenhalt erzeugt und aufrechterhält, ist im Grunde ein emotionaler Mechanismus, der kollektive Gefühle entstehen lässt.“ Wissenschaftliche, technologische und künstlerische Entwicklungen gehen in erster Linie auf kognitive und emotionale Fähigkeiten eines Einzelnen zurück. Die Sozialgeschichte der Menschheit wurde aber hauptsächlich durch kollektive Emotionen bestimmt. Kriege und Staatsverträge sowie Revolutionen und politische oder wirtschaftliche Umwälzungen werden größtenteils durch solche Emotionen angetrieben. Eyal Winter ist Professor für Ökonomie und Leiter des Zentrums für Rationalität an der Hebräischen Universität von Jerusalem.

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David Gelernter kennt die Themen des Traums

In Träumen ist eine endlose Zahl von Themen möglich, aber bestimmte Motive sind als Grundbestandteile anderer Gefühle allgegenwärtig. David Gelernter nennt ein Beispiel: „Das wichtigste davon ist eine bestimmte Form des Heimwehs, die Sehnsucht nach einer Heimat, die es nicht mehr gibt und nie mehr geben wird.“ Die Trauer um den Verlust der Heimatwelt, die Sehnsucht nach einer verlorenen Heimat, ist in gewisser Weise ein Zeichen, dass man Glück gehabt hat; wer sie erlebt, denkt voller Liebe oder Zuneigung – oder zumindest mit Nostalgie – an das vergangene Leben. Aber die Sehnsucht nach verlorener Heimat findet man selbst bei Menschen, die eine schlimme Kindheit hatten. Sie ist ein machtvoller und nahezu universeller Impuls, der nicht nur den eigenen Erinnerungen zugrunde liegt. David Gelernter ist Professor für Computerwissenschaften an der Yale University.

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Das Glück folgt nicht den Prinzipien der ökonomischen Maximierung

Selbst Geld als möglicher Maßstab für die Bedingung eines glücklichen Lebens ist kein hinreichendes Kriterium. Zumindest nicht dann, wenn ein Grundmaß an finanzieller Sicherheit gewährleistet ist. Die amerikanischen Glücksforscher Ed Diener und sein Sohn Robert Biswas-Diener haben in einer Studie gezeigt, dass das Glücksniveau nicht mit dem eigenen Wohlstand steigt. Auch Untersuchungen des griechischen Volkswirts Stavros Drakopoulos bestätigen diese Erkenntnis, der in seinen Forschungen den Zusammenhang von Werten und Wirtschaftstheorie herausarbeitet. Ina Schmidt ergänzt: „Diese Forschungen zeigen, dass wir, um glücklich sein zu können, zwar keine finanzielle Not leiden oder ständig finanzielle Sorgen mit uns herumtragen dürfen, sich das Glück aber dennoch einfach nicht an die Prinzipien ökonomischer Maximierung halten will.“ Ina Schmidt gründete 2005 die „denkraeume“, eine Initiative, in der sie in Vorträgen, Workshops und Seminaren philosophische Themen und Begriffe für die heutige Lebenswelt verständlich macht.

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Sex ist gefährlich und mit Schmerz verbunden

Sex kann einzigartige Empfindungen der Lust erzeugen, aus Fremden Liebende werden lassen und einer Zweierbeziehung Dauer und Leidenschaft verleihen. In den Medien wird er oft als harmloses Vergnügen präsentiert, das für Fitness, Gesundheit und Wellness sorgt. Ihn darf nichts stören, weder Eifersucht noch Liebeskummer, noch Scham, noch die Angst vor dem Versagen. Thomas Junker fügt hinzu: „Für die negativen Seiten hat man oft die traditionelle, vor allem die religiöse Sexualmoral verantwortlich gemacht und sich von einer liberaleren Gesellschaft eine bessere, angst- und stressfreiere Sexualität erhofft.“ Ganz falsch ist das sicher nicht. Aber es ist für Thomas Junker auch nicht die ganze Wahrheit. Denn die Tatsache, dass Sex gefährlich, anstrengend und mit Schmerz verbunden ist, liegt in seiner biologischen Natur.“ Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.

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