Man geht in die Gesellschaft wie in die Fremde

Thea Dorn rät: „Um Licht ins Dunkel des Wir-Begriffs zu bringen und zu begreifen, welches Wir Herz und Geist berührt und welches Wir lediglich den Verstand oder die Eigeninteressen anspricht, hilft es, sich die Unterschiede zu vergegenwärtigen, die der deutsche Soziologe, Nationalökonom und Philosoph Ferdinand Tönnies bereits Ende des 19. Jahrhunderts zwischen der „Gesellschaft“ und der „Gemeinschaft“ herausgearbeitet hat.“ Unter „Gemeinschaft“ versteht er jede Gruppe, die sich durch „reales und organisches Leben“ miteinander verbunden fühlt. Demgegenüber beruhe jede „Gesellschaft“ auf „ideeller und mechanischer Bildung“. Im ersten Paragrafen seines epochalen Werks „Gemeinschaft und Gesellschaft“ von 1887 stellt Ferdinand Tönnies fest: „Alles vertraute, heimliche, ausschließende Zusammenleben wird als Leben in Gemeinschaft verstanden.“ Thea Dorn studierte Philosophie und Theaterwissenschaften. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane, Theaterstücke und Essays.

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Die Verbindlichkeit hält die Zivilgesellschaft zusammen

Was die Verbindlichkeit zu einem Schlüsselbegriff der Gegenwart werden lässt: Sie weist jeglichen Fundamentalismus zurück. Auf der anderen Seite gelten verbindliche Menschen schnell als langweilig. Maximilian Probst zeigt in seinem Buch „Verbindlichkeit“, dass die Verbindlichkeit wertvoller denn je ist, in einer Zeit, in der sich alles Verbindliche aufzulösen scheint. Er beschreibt, wo Verbindlichkeit und Verfügbarkeit sich unvereinbar gegenüberstehen und wie dieser Widerspruch sich auflösen und aufhalten lässt. Maximilian Probst schreibt: „Verbindlich ist der, der sagen kann, auch morgen werde er noch zu dem, was er gestern gesagt hat, stehen. Verbindlichkeit geht also davon aus, dass in Zukunft nicht alles anders sein wird, dass einiges beim Alten bleibt.“ Der Journalist Maximilian Probst schreibt seit 2011 vorwiegend für die Wochenzeitung die „Zeit“.

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Gilles Deleuze nähert sich der Philosophie über Begriffe

Der französische Philosoph Gilles Deleuze definiert die Philosophie als die Erschaffung von Begriffen beziehungsweise ganzen Begriffskaskaden. Diese Bestimmung setzt drei wesentliche Dinge voraus. Erstens ist der Begriff keine bloße Funktion oder Merkmalseinheit, außerdem kein identischer Ausdruck einer Singularität und kein Überflug eines Ereignisses im und durch das Denken. Die philosophischen Begriffe stellen keine universalen oder transzendenten Ganzheiten dar, sondern sind intensive Mannigfaltigkeiten, durch die ein Feld der menschlichen Erfahrung Form und Konsistenz gewinnt, das sonst nicht zugänglich wäre.

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Amitai Etzioni erhält den Meister-Eckhart-Preis

Der Soziologe Amitai Etzioni, der in den Vereinigten Staaten von Amerika, zum weltweit bekanntesten Vertreter des Kommunitarismus aufstieg, hat in seiner Heimatstadt Köln einen der bedeutendsten und mit 50.000 Euro am höchsten dotierten Wissenschaftspreis entgegengenommen, den Meister-Eckhart-Preis. Amitai Etzioni hat die Klage der Zionisten über die Monadenhaftigkeit der modernen Existenz und die Atomisierung der Gesellschaft von ihrem kulturkritischen Ansatz entfesselt. Wie Martin Buber will auch Amitai Etzioni die Gemeinschaft wiederbeleben, um zur guten Gesellschaft zu gelangen. Der Soziologe vertritt die Ansicht, dass weder in völliger Autonomie noch allein mit den Kräften des Marktes oder des Staates der Mensch Zufriedenheit erlangen könne.

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