Die Vergebung ist einer der entscheidenden Grundakte der Liebe

In der liebenden Zuwendung kann auch etwas Beschämendes liegen, obwohl sie den Geliebten in seinem Dasein gerade bestätigt. Schon dieser nur auf den ersten Blick paradoxe Sachverhalt besagt, dass Liebe nicht dasselbe ist wie unterschiedslose Billigung all dessen, was der geliebte Mensch denkt oder tut. Josef Pieper fügt hinzu: „Hiermit hängt es zusammen, dass Liebe auch nicht dasselbe ist wie der Wunsch, der andere, der Geliebte, möge sich einfachhin und in jedem Falle wohlfühlen und es möge ihm unter allen Umständen erspart bleiben, Schmerz zu erfahren.“ Schon Augustinus wusste das: „Die bloße Gutherzigkeit, die alles duldet, nur nicht, dass der Geliebte leidet, hat mit wirklicher Liebe nichts zu tun.“ Josef Pieper, der von 1904 bis 1997 lebte, war ein deutscher christlicher Philosoph.

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Die Hermeneutik ist die philosophische Lehre vom Verstehen

Der Ansatz der Hermeneutik von Wilhelm Dilthey ist von Friedrich Nietzsche und der Lebensphilosophie beeinflusst. Wilhelm Diltheys lebensphilosophische Begründung der Hermeneutik wird von Martin Heidegger und Hans-Georg Gadamer fortgeführt, wobei Hans-Georg Gadamer, der von 1900 bis 2002 lebte, als der bedeutendste Vertreter der Hermeneutik im 20. Jahrhundert angesehen wird. Thomas Rentsch erläutert: „In seinem Hauptwerk „Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik“ verbindet er seine Forschungen zur antiken Philosophie, insbesondere zum sokratischen Dialog, mit Husserls Phänomenologie und Heideggers existentialer Hermeneutik von „Sein und Zeit“. Hermeneutik, die Kunstlehre des Verstehens, hat – wie bei Sokrates und Platon – eine dialogische Struktur: die von Frage und Antwort.“ In diesem Verhältnis stehen die Menschen auch zu ihrer Überlieferung, die fragend immer wieder neu angeeignet werden kann und muss. Thomas Rentsch ist Professor für Philosophie an der TU Dresden.

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Die Philosophie soll die Menschen weiser und besser machen

Im Band „Die Philosophie des ausgehenden 19. Und des 20. Jahrhunderts 1“ bieten Pierfrancesco Basile und Wolfgang Röd eine einführende und zugleich kritische Darstellung zweier der lebendigsten philosophischen Strömungen des letzten Jahrhunderts, vor allem in dessen erster Hälfte: der analytischen Philosophie und des amerikanischen Pragmatismus. Gegliedert ist das Buch in drei Teile. Im ersten Abschnitt stellt Wolfgang Röd Autoren wie Bolzano, Brentano oder Mach vor, bei denen er Ansätze der analytischen Denkweise erkennt. In den beiden anderen Teilen behandelt Pierfrancesco Basile den amerikanischen Pragmatismus (Teil II) und die analytische Tradition von Frege bis Quine (Teil III). Pierfrancesco Basilie ist Privatdozent am Institut für Philosophie an der Universität Bern. Wolfgang Röd war bis zu seiner Emeritierung Ordinarius für Philosophie am Philosophischen Institut der Universität Innsbruck.

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Yuval Noah Harari erklärt das indische Kastenwesen

Alle Gesellschaften basieren auf erfundenen Hierarchien, wobei diese recht unterschiedlich aussehen können. Die indische Gesellschaft teilte zum Beispiel die Bevölkerung nach Kasten ein, die ottomanische unterschied sie nach Religionen und die amerikanische nach der Hautfarbe. Yuval Noah Harari begründet dies wie folgt: „In den meisten Fällen war der Grund eine willkürliche historische Verwerfung, die im Lauf der Generationen zu einem Graben wurde, weil bestimmte Gruppen ein Interesse daran hatten.“ Das indische Kastensystem wurde erfunden, als vor rund 3.000 Jahren arische Stämme nach Nordindien vordrangen und die einheimische Bevölkerung unterjochten. Die Eroberer errichteten eine hierarchische Gesellschaftsordnung, in der sie als Priester und Krieger die obersten Ränge einnahmen, während die Einheimischen als Diener und Sklaven schuften mussten. Yuval Noah Harari ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem.

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Kurt Tucholsky fürchtet und verdrängt den Weltschmerz (2. Teil)

Kurt Tucholsky bekennt sich zur Lebenshaltung des produktiven Schwebezustandes, in der jede Minute des Lebens höchste Aufmerksamkeit voraussetzt, weil die ständige Beobachtung der Umwelt und ihrer Reaktionen Hand in Hand gehen muss mit der ebenso fortwährenden Regulierung der eigenen Beziehung zu ihr wie der daraus hervorgehenden Spannungen. Die so erzeugte und ständig eingehaltene Distanz vermittelt Überlegenheit, deren Preis allerdings die Tendenz zur Einsamkeit ist, der wiederum das Verlangen nach Partnerschaft und Nähe folgt. Dieser Teufelskreis ist nur ganz schwer zu durchbrechen. Franz Kafka, der Kurt Tucholsky 1911 in Prag kennenlernt, fühlt die Gespaltenheit und den Weltschmerz, vor dem sich Kurt Tucholsky so fürchtet, den er verdrängt und angeblich noch nicht spürt. Kurt Tucholsky gehört zu den ersten, die seit 1913 auf die Bücher von Franz Kafka hinweisen.

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Bertrand Russell sucht die unumstößliche Erkenntnis

Eine der schwierigsten Fragen, die es in der Philosophie gibt, ist für Bertrand Russell folgende: Gibt es auf dieser Welt eine Erkenntnis, die so unumstößlich gewiss ist, dass kein vernünftiger Mensch daran zweifeln kann? Denn in der Philosophie spielt ein Unterschied eine große Rolle, nämlich der Unterschied zwischen Erscheinung und Wirklichkeit, zwischen dem, was die Dinge zu sein scheinen, und dem, was sie sind. Ein Maler beispielsweise will wissen, wie die Dinge, die er darstellt, erscheinen; der Praktiker und der Philosoph wollen wissen, was sie sind. Dabei ist der Erkenntnisdrang des Philosophen in der Regel stärker als der des Praktikers.

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Glück heißt für David Hume in erster Linie Zufriedenheit

In dem Buch „Vom schwachen Trost der Philosophie“ stellt Herausgeber Jens Kulenkampff sechs Essays des schottischen Philosophen David Hume vor. Die Texte handeln vom Essayschreiben, vom Maßstab des Geschmacks, vom Epikuräer, vom Stoiker, vom Platoniker und vom Skeptiker. Im Essay über die Epikuräer schreibt David Hume: „Aber unter all den fruchtlosen Versuchen, mit Menschenkunst etwas zu schaffen, ist keiner so lächerlich wie der Versuch gestrenger Philosophen, ein künstliches Glück zu erzeugen und uns durch Regeln der Vernunft und durch Reflexion in einen Zustand des Wohlbefindens zu versetzen.“ Denn Glück heißt für David Hume Behaglichkeit, Zufriedenheit, Ruhe und Lust, nicht ängstliche Achtsamkeit, Besorgnis und Strapaze. Körperliche Gesundheit besteht seiner Meinung nach in der Mühelosigkeit, in der sich die körperlichen Vorgänge abspielen.

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Das Verhältnis zwischen Gesetz und Moral ist sehr kompliziert

Obwohl die meisten Menschen erwarten, dass es zwischen Moral und Gesetz eine Beziehung gibt, ist es für Julian Baggini keine einfache Sache, die beiden Dinge so nahe wie möglich zusammenzubringen. Vieles, was Menschen als falsch erachten, ist nicht gesetzwidrig, und vieles, was gesetzwidrig ist, ist in sich nicht falsch. Und die meisten möchten, dass dies so bleibt. Der Philosoph Julian Baggini ist 1968 in Dover, Kent geboren. Er ist Mitbegründer und Herausgeber des „Philosopher´s Magazine“. Er schreibt regelmäßig für große Zeitungen und hat mehrere Bücher veröffentlicht. Eines seiner Bücher trägt den Titel „Der Sinn des Lebens“ und ist 2005 im Piper Verlag erschienen. Sein neuestes Werk trägt den Titel „Ethik“ und ist im Verlag Springer Spektrum veröffentlicht worden.

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Gottfried Wilhelm Leibniz war das letzte Universalgenie

Gottfried Wilhelm Leibniz, der von 1646 bis 1716 lebte, ist für Vittorio Hösle nicht nur der am vielseitigsten begabte Deutsche aller Zeiten gewesen, sondern war zugleich auch der letzte Universalgelehrte der Menschheit. Er war umfassend gebildet n der Logik, der Erkenntnistheorie, der Metaphysik, der Religionsphilosophie, der Mathematik, der Natur- und Ingenieurswissenschaften, der Jurisprudenz und der Historiographie. Vittorio Hösle schreibt: „Es gibt kaum einen anderen Menschen, dessen Lektüre so sehr als Gegengift gegen Stolz auf eigene, selbst bedeutende geistige Leistungen zu empfehlen ist, weil der intelligente Leser sehr bald spürt, das Leibniz` Fähigkeit, in allen Feldern einfache, wenn auch manchmal kontraintuitive Lösungen für komplexe Fragen zu finden, unerreichbar ist.“ Vittorio Hösle ist Paul Kimball Professor for Arts and Letters an der University of Notre Dame (USA).  

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Francis Bacon untersucht das Phänomen der Liebe

Die Liebe ist auf der Bühne für Francis Bacon eine angenehmere Erscheinung als im wirklichen Leben, da sie auf den Brettern, die die Welt bedeuten, stets Gegenstand von Komödien und nur hin und wieder von Tragödien sind. Im realen Leben der Menschen richtet sie seiner Meinung nach viel Unheil an. Francis Bacon erklärt: „Manchmal ist sie wie eine Sirene, manchmal wie eine Furie. Es ist beachtenswert, dass unter all den große und ehrwürdigen Geistern nicht ein einziger ist, der sich von der Liebe bis zum Wahnsinn hätte anstacheln lassen, was beweist, dass große Geister und große Taten sich von dieser schwächenden Leidenschaft fernhalten.“ Der englische Philosoph und Staatsmann Francis Bacon, der von 1561 bis 1626 lebte, trug mit seinen Schriften maßgeblich zur Begründung des Empirismus bei.

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Mythen vermitteln tiefe Einblicke in die menschliche Seele

Die neue Sonderausgabe 02/2014 des Philosophie Magazins trägt den Titel „Die griechischen Mythen. Was sie über uns verraten“. Chefredakteur Thomas Lehmkuhl erklärt im Editorial den Unterschied zwischen Literatur und Mythen: „Mythen freilich sind etwas anderes als Literatur, denn Literatur ist im Wesentlichen durch ihre sprachliche Gestalt bestimmt, wohingegen Mythen so oder so erzählt werden können und sich über die Jahrhunderte auch immer wieder verändert haben.“ Das abendländische Denken stützt sich auf die beiden Säulen Mythos und Logos. Die Mythen handeln von Helden, Göttern und Halbgöttern, von Wesen, an die die Menschen einst glaubten. Der Ägyptologe und Kulturtheoretiker Jan Assmann glaubt, dass es in Einzelfällen schon möglich sein könnte, dass Mythen einen wahren Kern enthalten. Die Wahrheit der Mythen ereignet sich seiner Meinung nach allerdings im Erzählen, in der rituellen Aufführung und im Akt der Identifikation.

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Die wahre Bewährungsprobe für das Wissen ist seine Nützlichkeit

Die meisten Menschen tun sich sehr schwer, die Wissenschaften zu verstehen, weil ihre Sprache der Mathematik den menschlichen Gehirnen fremd ist und ihre Erkenntnisse oft genug dem gesunden Menschenverstand zu widersprechen scheinen. Dennoch genießen die Wissenschaften ein sehr hohes Ansehen. Wohl vor allem wegen der Macht, die sie Menschen verleihen. Yuval Noah Harari nennt ein Beispiel: „Präsidenten und Generäle haben zwar keine Ahnung von Atomphysik, aber sie haben recht gute Vorstellungen davon, was sie mit einer Atombombe anrichten können.“ Francis Bacon schrieb in seinem Manifest „Neues Organon“, das er 1620 veröffentlichte, den berühmten Satz: „Wissen ist Macht.“ Der wahre Prüfstein für Wissen war für Francis Bacon nicht, ob es wahr ist oder nicht, sondern ob es den Menschen Macht verleiht. Yuval Noah Harari ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem.

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Religionen trugen wesentlich zur Einigung der Menschheit bei

Religion gilt heutzutage als Inbegriff der Ausgrenzung, Streit und Hass. Doch laut Yuval Noah Harari war die Religion die dritte große Kraft, die zur Einigung der Menschheit beitrug. Da alle Gesellschaftsordnungen von den Menschen erfunden worden sind, sind sie zerbrechlich – und je größer eine Gesellschaft, desto fragiler ist sie. Den Religionen kam eine zentrale Aufgabe zu, weil sie diese zerbrechlichen Gefüge legitimierten, indem sie auf einen übermenschlichen Willen verwiesen. Yuval Noah Harari erläutert: „Die Religionen behaupten nämlich, dass unsere Gesetze nicht etwa einer menschlichen Laune entspringen, sondern von einer absoluten Autorität angeordnet wurden. Auf dieser Grundlage lassen sich einige Prinzipien formulieren, die nicht in Zweifel gezogen werden können und der Gesellschaft ein stabiles Fundament geben.“ Yuval Noah Harari ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem.

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Die meisten Menschen wissen nur wenig über Ethik und Moral

Unter den Autoren Großbritanniens, die sich mit dem Thema Philosophie auseinandersetzen, zählt Julian Baggini zu den bekanntesten. Viele seiner Bücher, die auch von der Kritik hoch gelobt wurden, entwickelten sich zu Bestsellern. In seinem Buch „Ethik“ stellt Julian Baggini zwanzig ethische Fragen, auf die er philosophische Antworten gibt. Die Fragen lauten zum Beispiel: „Ist Abtreibung Mord?“, „Sollte Euthanasie legal sein?“, „Ist Sex eine moralische Frage?“, „Sind wir verantwortlich für unsere Handlungen?“ und „Sind alle moralischen Dilemmata lösbar?“. Viele Menschen glauben heutzutage, dass die Zeit in der sie leben, ein Zeitalter des moralischen Verfalls sei. Allerdings scheint der Niedergang der Moral mit einem unaufhaltsamen Aufstieg der Ethik verbunden zu sein. Überall in den großen Supermärkten stehen inzwischen ethischen Produkte herum.

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Aufgedeckte Lebenslügen stellen den Sinn des Lebens in Frage

Lebenslügen müssen sich nicht dadurch auszeichnen, dass man andere belügt. Viele Menschen machen sich auch selbst etwas vor. Was dann gefälscht wird, ist nicht die soziale Identität, sondern das Selbstbild. Man sieht und beurteilt sich so, wie man nicht ist. Peter Bieri nennt einfache, harmlose Irrtümer: „Es stellt sich heraus, dass man in einer Sache weniger Einfluss hat als angenommen; dass die Leistung weniger groß oder eine Verfehlung weniger schwerwiegend war als angenommen; dass einen der Tod eines Bekannten weniger berührt als vermutet.“ Harmlose Irrtümer im Selbstbild sind solche, die auch wenn sie aufgedeckt werden, die seelische Identität eines Menschen nicht ins Wanken bringen. Peter Bieri, geboren 1944 in Bern, studierte Philosophie und Klassische Philologie und lehrte als Professor für Philosophie in Bielefeld, Marburg und an der Freien Universität Berlin.

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Michelangelo betrachtete sich als den zweiter Schöpfer der Welt

Das Künstlergenie Michelangelo, das von 1475 bis 1564 lebte, starb am 18. Februar von 450 Jahren. Michelangelo malte und arbeitete nicht nur für seine Zeitgenossen, sondern es ging ihm immer um die ganze Menschheit, die sich in seiner Kunst wiederfinden sollte, überall und zu allen Zeiten. Denn was Michelangelo schuf, war von universaler Wahrheit. Deshalb hat auch die Würdigung seiner Kunst durch späterer Generationen erwartet. Er sah in sich selbst so etwas wie einen zweiten Schöpfer der Welt. Deswegen sieht der Gott an der Decke der Sixtinischen Kapelle mit seinem langen Bart Michelangelo sehr ähnlich. Er stellt Gott als dynamische Gestalt dar, die über die Bildfelder tanzt, das Helle vom Dunklen trennt, Sterne, Tiere, Pflanzen und schließlich den Menschen erschafft.

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Mathias Binswanger stellt das Konzept des freien Marktes vor

Der sogenannte freie Markt erfreut sich heute bei vielen Ökonomen, Managern, Unternehmern und Politikern großer Beliebtheit. Mathias Binswanger erklärt: „Es wird gepredigt, dass freie Märkte grundsätzlich gut sind und der Staat sich gefälligst nicht in diese einmischen soll. Daraus folgt, dass wir möglichst viel Markt und möglichst wenig Staat haben sollen.“ Denn Märkte bringen den Menschen, so eine der gängigen Meinungen, Effizienz, Innovationen und Wachstum, während der Staat für Ineffizienz, Verschwendung und Stillstand verantwortlich ist. Gemäß den Anhängern der freien Marktwirtschaft gilt also, dass dort, wo sich Märkte frei und ohne Behinderung entwickeln können, die Menschen in einer Welt leben, die zwar gut ist, aber noch nicht gut genug. Mathias Binswanger ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten und Privatdozent an der Universität St. Gallen.

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Die deutschen Philosophie ist ein artifizielles Konstrukt

 Vittorio Hösle beschreibt in seinem Buch die Geschichte der deutschen Philosophie vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Ihr Sonderweg beginnt mit Meister Eckardt und Nicolaus Cusanus. Gottfried Wilhelm Leibniz und Immanuel Kant und die Fundierung der Geisteswissenschaften sind für Vittorio Hösle die Voraussetzung für die Synthese des Deutschen Idealismus. Arthur Schopenhauer, Ludwig Feuerbach, Karl Marx und Friedrich Nietzsche lösen anschließend das Christentum und die bisher gültige Vernunftmetaphysik auf. Es folgen im frühen 20. Jahrhundert die Neubegründungen der Philosophie bei Gottlob Frege, bei den Neukantianern und in der Phänomenologie eines Edmund Husserl. Zur Philosophie des Nationalsozialismus zählt der Autor Martin Heidegger, Arnold Gehlen und Carl Schmitt. Georg Gadamer, Karl-Otto Apel, Jürgen Habermas und Hans Jonas sind für Vittorio Hösle die großen Philosophen der Bundesrepublik. Vittorio Hösle ist Paul Kimball Professor of Arts and Letters an der University of Notre Dame in den USA.

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Die Ursprünge der Philosophie liegen im antiken Griechenland

Der griechische Begriff der Philosophie der Antike, definiert als Liebe zur Weisheit oder Freude am Wissen, ist wesentlich umfassender, als der moderne Philosophiebegriff. Er bleibt immer eng verbunden mit den Naturwissenschaften und nimmt mit diesen um 600 vor Christus ihren Anfang in den Küstenstädten Kleinasiens, die für ihre Weltoffenheit bekannt waren. Das Viele aus Einem zu erklären, bleibt ein Grundzug der ionischen Philosophie. Thales nimmt zum Beispiel das Wasser als Ursprungselement an, Anaximenes die verdünnte oder verdichtete Luft, Anaximander das chaotisch Grenzenlose, ápeiron genannt, das sich in Festes und Flüssiges, Heißes und Kaltes ordnet. Alle diese Philosophen waren auch bedeutende Naturwissenschaftler und leisteten wesentliche Forschungsarbeit auf den Gebieten der Astronomie, der Geographie und der Mathematik. Im klaren Gegensatz dazu steht die aus der Mystik hervorgegangene elitäre Geheimwissenschaft, die Pythagoras aus Samos im unteritalienischen Kroton in der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts vor Christus entwickelt.  

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Große Denker philosophieren über die vergangenen 100 Jahre

Die Sonderausgabe des Philosophie Magazins „1914 – 2014. Das Jahrhundert im Spiegel seiner großen Denker“ umfasst eine einzigartige Sammlung von Artikeln, die Philosophen in den vergangenen hundert Jahren zu den wichtigsten Ereignissen ihrer Epoche veröffentlicht haben. Das Heft ist in vier große Zeitblöcke gegliedert, wobei der erstem vom Jahr 1914 bis zum Jahr 1932 reicht. In ihm schreibt zum Beispiel Ernst Bloch über den Aufstieg Adolf Hitlers, Karl Kraus über den Zynismus des Alltags, Walter Benjamin über die Macht der Technik und Albert Einstein gemeinsam mit Sigmund Freund über den bedrohten Frieden. Der Pazifist Albert Einstein fragt in einem Brief, ob Sigmund Freud eine Möglichkeit kenne, die psychischen Entwicklungen der Menschen so zu leiten, dass sie den Psychosen des Hasses und der Vernichtung gegenüber widerstandfähiger würden. Die Sonderausgabe des Philosophie Magazins ist seit 5. Dezember im Handel und kostet 9,90 Euro.

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Hermann Hesse teilt die Leser von Büchern in drei Gruppen ein

Es ist laut Hermann Hesse ein eingeborenes Bedürfnis des menschlichen Geistes, Typen aufzustellen und die Menschen nach ihnen einzuteilen. Auch ganz unbewusst teilt jeder Mensch die Personen seiner Umgebung in Typen ein, nach Ähnlichkeiten mit Charakteren, die in seiner Kindheit ihm wichtig geworden sind. Manchmal schadet es allerdings nicht, von solchen Verallgemeinerungen abzuweichen. Denn jeder Mensch trägt Züge von jedem Typus an sich. Außerdem lassen sich diverse Charaktere und Temperamente, als einander ablösende Zustände, auch innerhalb einer einzelnen Persönlichkeit finden. Hermann Hesse unterscheidet drei Typen, oder besser gesagt Stufen, von Bücherlesern. Wobei allerdings jeder der Leser zeitweise der einen, dann wieder zu der anderen Gruppe gehört. Im Jahr 1946 wird dem damals 69 Jahre alten Hermann Hesse der Literaturnobelpreis verliehen.

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Ethisch wertvolles Handeln führt bei Aristoteles zum Glück

Die Lust ist für Aristoteles ein wesentlicher Faktor zum Erreichen des spezifisch menschlichen Glücks. Wer die Tugenden ohne jede Lust verwirklicht, kann nicht glücklich werden. Auch für Hellmut Flashar steht fest, dass das Glück im Sinne der tugendhaften Tätigkeit nur erreicht werden kann, wenn Freude daran beteiligt ist. In der Philosophie war es Demokrit, der als Erster verschiedene Formen der Lust analysiert und mit dem Guten in Verbindung gebracht hat. Demokrit lässt die maßvolle Lust für ein gelungenes Leben zu und verwirft ein Unmaß an Lust. Hellmut Flashar lehrte bis zu seiner Emeritierung als Klassischer Philologe an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Zu seinen bekanntesten Werken zählen „Inszenierung der Antike. Das griechische Drama auf der Bühne. Von der frühen Neuzeit bis zur Gegenwart“ und „Sophokles. Dichter im demokratischen Athen“.

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Politik und Wirtschaft knüpfen sich ein Spinnennetz der Macht

Jürgen Roth enthüllt in seinem Buch „Spinnennetz der Macht“ unkontrollierte Machtgefüge, die ganz Deutschland überspannen. Er erklärt, wie sie sich ausbreiten und wer zum erlauchten Zirkel gehört. In einem Beispiel beschreibt er höchste Richter, die sich nicht für die Wahrheit interessieren oder nur die Interessen von Finanzinstituten vertreten. In einem anderen Fall weist er auf staatliche Institutionen hin, die junge Firmen in den Konkurs treiben, anstatt ihren Aufbau zu unterstützen. Die politische Elite verbiegt die Gesetze ohne Skrupel ganz nach ihrem Wohlgefallen. Umgekehrt bieten die Rechtsvorschriften laut Jürgen Roth keinen Schutz mehr für die Bürger, von denen immer mehr das Vertrauen in den demokratischen Rechtsstaat verlieren. Der Autor kommt zu dem Schluss, dass die Demokratie, der Rechtsstaat und der Sozialstaat in Deutschland von den politischen und wirtschaftlichen Eliten systematisch ausgehöhlt werden. Jürgen Roth, geboren 1945, ist einer der bekanntesten investigativ arbeitenden Journalisten und Mafia-Experten in Deutschland.  

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Paul Auster sagt beim Schreiben ausschließlich die Wahrheit

In dem Roman „Sunset Park“ den der amerikanische Schriftsteller Paul Auster im Jahr 2010 veröffentlichte, spricht der Erzähler von seinem Plan, sich vom angesammelten Ballast seines Lebens zu entledigen und bewusster im Hier und Jetzt zu leben. Paul Auster sagt: „Was „Sunset Park“ betrifft, so war es das erste Mal in meinem Leben als Schriftsteller, dass ich bewusst versucht habe, einen Roman über das Jetzt zu schreiben.“ Fast alle seine vorherigen Romane hatten eine distanzierte Beziehung zur Gegenwart, aber „Sunset Park“ war für Paul Auster der bewusste Versucht, über die aktuelle Krise in Amerika zu schreiben, die alle Amerikaner gerade durchleben. Seine Romanfigur macht sich sehr dunkle Gedanken und ist vom Gefühl geprägt, jede Zukunft verloren zu haben. Die Dinge, für die er gelebt hat, existieren nicht mehr.

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In gewissen Epochen häufen sich die Chancen auf ein neues Leben

Jede Epoche hatte dies kostbarste aller Güter: das Bild des erhofften, begehrten, möglichen „Neuen Lebens“. Henri Lefebvre schreibt: „Für das Neue Leben war man imstande zu sterben, folglich auch zu töten.“ Gekennzeichnet ist die Suche nach einem Neuen Leben durch eine mehr oder minder radikale Kritik des Bestehenden sowie die gründliche Zurückweisung der bestehenden Ordnung. Denn das Neue Leben ist bereits da, in der Nähe, ist möglich, fast gegenwärtig, allerdings noch unterdrückt im Abseits und harrt dort des Augenblicks der Befreiung. Das innovative Dasein, das etwas zum Vorschein bringen soll, ist indes nur scheinbar neu. Es ist absolut, außerhalb der Zeit – ebenso alt wie neu. Es ist mit den Worten Henri Lefebvres gesprochen Wiederholung, Wiedergeburt, Rückkehr zum Verlorenen, Wiederherstellung des Unverstümmelten sowie Auferstehung.

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