Kulturen müssen von außen befruchtet werden

In der Tat wäre es absurd zu verlangen oder lediglich zu behaupten, dass Kulturen ihren Wandel stets aus sich selbst heraus vollbringen müssten. Thea Dorn schreibt: „Auch für Kulturen gilt: Inzest ist der sicherste Weg in die Degeneration. Befruchtung von außen muss sein.“ Aber sämtliche Wandlungen der deutschen Kultur, selbst diejenigen, die durch Fremdherrschaft wie der Römer oder Besatzung wie durch die Franzosen oder Amerikaner bewirkt wurden, konnten sich nur vollziehen, weil sie in Deutschland irgendwann auf fruchtbaren Boden gefallen sind. Selbst im Falle der „Reeducation“, die von vielen Deutschen nach 1945 zunächst als beleidigende Schmach empfunden wurde – und von heutigen Rechtsauslegern noch immer als solche empfunden wirde, gilt Gleiches. Thea Dorn studierte Philosophie und Theaterwissenschaften. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane, Theaterstücke und Essays.

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Viele Liebende sind heute sehr verunsichert

Gleich aus drei Richtungen wird den Liebenden heute das Zusammenwohnen schwer gemacht. Da ist erstens der Wegfall der ehemals haltgebenden Traditionen und damit verbunden eine tiefgreifende Individualisierung der Gesellschaft. Christian Thiel erklärt: „Zwei Menschen haben heute oft sehr unterschiedliche Vorstellungen von Haushaltsführung, Ordnung, Essensgewohnheiten, Einrichtung und Schlafenszeiten.“ Wer gemeinsam in einer Wohnung wohnen will, steht aber unter dem Zwang, für einige dieser Punkte tragfähige Lösungen zu finden. Sonst nimmt die Liebe unweigerlich Schaden. Da ist zweitens die begrenzte Veränderbarkeit des Menschen. Wer gemeinsam in einer Wohnung leben will, muss sich verändern. Wer sich den Vorstellungen des anderen aber zu sehr anpasst, riskiert die Liebe. So ist es auch hier von größter Wichtigkeit, sich über die gemeinsame Schnittmenge und den nötigen Freiraum für sich selbst klar zu werden. Christian Thiel ist freier Autor und Single- und Paarberater.

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Michel Houellebecq betont gerne das Unangenehme

In der Poesie geht es für Michel Houellebecq um Gefühle. Es gibt für ihn angenehme und unangenehme Stimmungen. Da die gesamte Gesellschaft größten Wert auf eine angenehme Gemütsverfassung legt, ist es ihm wichtig, das Unangenehme zu betonen. Eines der Kennzeichen der Literatur ist laut Michel Houellebecq das Recht auf Unklarheit, und die Möglichkeit, eben keinen Spaß zu machen. Er bezeichnet die Literatur gerne als Gegenkraft zur Wirklichkeit. Das Leben definiert Michel Houellebecq als einen Prozess des Scheiterns, des langsamen Untergangs, das mit dem Tod zu Ende geht.

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