Menschen müssen das Umdenken lernen

Die meisten Menschen sind stolz auf ihr Wissen und ihre Sachkompetenz und darauf, dass sie ihren Überzeugungen und Meinungen treu bleiben. Adam Grant weiß: „Das ergibt Sinn in einer stabilen Welt, in der man dafür belohnt wird, von seinen Ideen überzeugt zu sein.“ Das Problem ist jedoch, dass die Welt sich heutzutage atemberaubend schnell verändert. Deshalb müssen Menschen genauso viel Zeit mit Umdenken verbringen, wie sie Zeit mit Denken verbringen. Umdenken ist eine Fähigkeit, aber auch eine Geisteshaltung. Menschen verfügen bereits über viele mentale Werkzeuge, die sie dazu brauchen. Angesichts des verbesserten Zugangs zu Informationen und Technologie nimmt Wissen nicht einfach zu. Adam Grant ist Professor für Organisationspsychologie an der Wharton Business School. Er ist Autor mehrerer internationaler Bestseller, die in 35 Sprachen übersetzt wurden.

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Geistige Offenheit kann man lernen

In seinem neuen Buch „Think Again“ fordert Adam Grant seine Leser dazu auf, die Komfortzone fester Überzeugungen zu verlassen. Denn nur wer Zweifel und unterschiedliche Ansichten zulässt, ohne sich in seinem Ego bedroht zu fühlen, eröffnet sich die großartige Chance, wirklich neue Erkenntnisse zu gewinnen. In einer Welt, die sich rasant verändert, brauchen die Menschen dringend die Fähigkeit, Gedachtes zu überdenken und sich von Erlerntem wieder zu lösen. Adam Grant vertritt in „Think Again“ die These, dass man geistige Offenheit lernen kann. Dazu muss man seine kognitive Trägheit überwinden. Viele Menschen ziehen jedoch oft die Bequemlichkeit, an alten Ansichten festzuhalten, der Schwierigkeit vor, sich mit neuen Sichtweisen auseinanderzusetzen. Adam Grant ist Professor für Organisationspsychologie an der Wharton Business School. Er ist Autor mehrerer internationaler Bestseller, die in 35 Sprachen übersetzt wurden.

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Handeln hat etwas mit Pflichtgefühl zu tun

Kein Bereich des Lebens kann von Verpflichtung frei sein. Der römische Politiker und Philosoph Marcus Tullius Cicero schreibt: „Es beruht in ihrer Beachtung alle Ehrenhaftigkeit der Lebensführung, in ihrer Nichtachtung alle Schande.“ Für ihn war es noch selbstverständlich, dass jedes Handeln etwas mit Pflicht und Pflichtgefühl zu tun hat. Das betrifft sowohl die private als auch die öffentliche Sphäre. Richard David Precht erklärt: „Was auch immer ich tue, ehrenhaftes Verhalten muss von schändlichem Verhalten getrennt werden. Das, was man achtet, muss von dem unterschieden werden, was man ächtet.“ Und hat man einmal für sich erkannt, was genau man für achtenswert hält, so sollte man sich als Leitfaden daran orientieren. Der Philosoph, Publizist und Autor Richard David Precht einer der profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.

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Jeder Mensch muss sich selbst erziehen

Seneca schreibt: „Von nirgendwo nämlich kommt der Seele mehr Kraft zu als von der Wissenschaft und der Betrachtung der Natur.“ So wichtig es auch ist, sich selbst und die Welt besser zu verstehen und rational zu erschließen, so reicht es nach Seneca nicht aus, wenn nicht gleichzeitig das Gemüt gestärkt wird. Albert Kitzler erläutert: „Erkenntnis und innere Überzeugung mögen das wichtigste Moment in der Motivationskette sein, die uns dazu bewegt, unser Verhalten und unsere Lebensweise, wo es nötig ist, zu verändern.“ Aber der Mensch ist nicht bloß Kopf und Verstand. All die leiblichen, triebhaften, unbewussten Kräfte in einem Menschen, der Bauch also, müssen auch „überzeugt“ werden. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Aristoteles entwickelt das wissenschaftliche Denken

Um andere Menschen zu überzeugen, braucht man mehr als Einsicht und Enthusiasmus. Aristoteles (384 – 322 v. Chr.), der Meisterschüler Platons, begründet daher die Wissenschaften, die dem vernunftorientierten Menschen mit ihren Definitionen, Beobachtungen und Schlussfolgerungen zur Anerkennung der gefundenen Wahrheiten zwingender scheinen. Ludger Pfeil erklärt: „Er geht im Gegenteil von Platon von dem aus, was wir durch unsere Sinne erfahren können, wird zum unermüdlichen Sucher, ja geradezu zum Süchtigen nach Wissen und schafft damit wesentliche Grundlagen des wissenschaftlichen Denkens.“ Durch die Einteilung der Welt in Kategorien wie Substanz, Quantität, Qualität, Ort, Zeit und Wirkung, versucht Aristoteles, Ordnung in die vielfältigen Erscheinungen der Welt zu bringen und diese zu klassifizieren. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Konsequent gedacht gibt es gar keine Pflicht

Leiden wird oft mit der „Pflicht“ erklärt. Wer seine Pflicht tut, scheint vor jedermann gerechtfertigt – vor anderen und sich selbst. Reinhard K. Sprenger erklärt: „Pflichtbewusst erfreut man sich allseitiger Wertschätzung: als Mutter, als Vater, als Briefträger, als Beamter, als Soldat. Wer seine Pflicht tut, tut das, was sich gehört.“ Die Pflicht kommt dabei meist im grauen Leinensack der Entbehrung daher und wird begleitet von einer Aura der Selbstaufopferung. Viele Menschen kennen das Gefühl der Pflichterfüllung, einige seufzen unter dieser Last. „Dazu fühle ich mich verpflichtet“ oder „Dafür habe ich mich in die Pflicht nehmen lassen“, sagen jene, die irrigerweise glauben, eigentlich etwas anderes zu wollen. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

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Die Philosophie befreit aus der Enge der Gedankenwelt

Menschen denken unterschiedlich. Das scheint unmittelbar einleuchtend und klingt nach einer Selbstverständlichkeit, dennoch vergessen dies viele immer wieder. Man glaubt, dass alle irgendwie ähnlich ticken als man selbst. Ludger Pfeil erklärt: „Enttäuschungen sind da nicht nur zwischen Fremden vorprogrammiert; auch im Gespräch mit Freunden und Partnern fühlen wir uns manchmal unverstanden.“ Die Philosophie bietet wie sonst höchstens die Literatur die Chance, andere Sichten auf die Welt kennenzulernen und einen Menschen aus der Beschränkung der mehr oder weniger engen eigenen Gedankenwelt und der eingefahrenen Argumentationsgleise mindestens zeitweise zu befreien. Einführende Schriften zur Philosophie orientieren sich im Allgmeinen historisch am Lauf der Geschichte oder an den Teildisziplinen der Philosophie. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Meistens haben Menschen keinen Zugang zu ihrem Denken

Normalerweise haben Menschen das Gefühl, dass sie über die Vorgänge in ihrem Kopf recht gut Bescheid wissen – worüber sie gerade nachdenken und welche Denkprozesse gerade ablaufen. Aber diese Überzeugung ist laut Richard E. Nisbett meilenweit von der Wirklichkeit entfernt. Denn ein immenser Teil der Einflüsse auf die Urteile eines Menschen und sein Verhalten wirkt im Verborgenen. Reize, die man bewusst kaum wahrnimmt – falls man ihnen überhaupt Beachtung schenkt –, können sich auf das, was man tut, gravierend auswirken. Richard E. Nisbett ergänzt: „Viele der Reize, die wir bemerken, haben Konsequenzen, die über das, was uns plausibel erscheint, weit hinausgehen.“ Ein Mensch weiß zum Beispiel nicht, dass er langsamer geht, wenn er an alte Leute denkt. Richard E. Nisbett ist Professor für Psychologie an der University of Michigan.

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Die Erziehung prägt die politische Gesinnung

Immer öfter greifen Rechtspopulisten nach der Macht. Es hat sich eingebürgert, ihren Ausstieg als Reaktion auf wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Krisen zu sehen. Herbert Renz Polster zeigt in seinem Buch „Erziehung prägt Gesinnung“, dass solche Deutungen dieser ernsten Bedrohung nicht angemessen sind. Ein Blick in die Geschichte kann dabei lehrreich sein: Es war nicht die „Weltwirtschaftskrise“, die Adolf Hitler an die Macht gebracht hat. Es waren Menschen mit einer klar definierten inneren Haltung, mit klar artikulierten, autoritären Überzeugungen. Nur, woher kommen diese Haltungen. Sie beginnen dort, wo ein Mensch klein und abhängig ist. In der Kindheit bildet sich der seelische Maßstab, der entscheidet, mit welcher Gesinnung man später durch das Leben geht. Der Kinderarzt Dr. Herbert Renz-Polster hat die deutsche Erziehungsdebatte in den letzten Jahren wie kaum ein anderer geprägt.

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Aussagen sind entweder wahr oder falsch

Das sogenannte Wahrheitsargument nimmt seinen Ausgang von der Beobachtung, dass ein Mensch das, was er für wirklich hält, in Sätzen ausdrücken kann. Markus Gabriel ergänzt: „Sätze, mit deren Äußerung wir beanspruchen festzustellen, was der Fall ist, können wir als Aussagen bezeichnen. Aussagen sind entweder wahr oder falsch.“ Sie sind jedenfalls etwas, bei dem das Wahrsein überhaupt infrage kommt. Eine Disjunktion ist dabei eine Aussage der Form, dass etwas oder etwas anderes der Fall ist. Wenn etwas wahr ist, kann man diese Wahrheit durch etwas ergänzen, bei dem es keine Rolle spielt, ob es auch wahr ist. Seit 2009 hat Markus Gabriel den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Manchmal verwirft das Gehirn völlig zutreffende Informationen

Nach Daten zu suchen und diese auf eine Weise zu interpretieren, die die eigene vorgefasste Meinung festigt, wird in der Psychologie als „Bestätigungsfehler“ bezeichnet. Er gehört zu den stärksten Befangenheiten des Menschen. Tali Sharot erklärt: „Da Sie sich nun dieses Umstands bewusst sind, werden Ihnen vermutlich tagtäglich Menschen ins Auge springen, die genauso denken und handeln: Argumente beiseite wischen, die ihnen nicht gefallen und sich solche zu eigen machen, die ihnen zupass kommen.“ Diese Neigung ist sehr unterschiedlich ausgeprägt: Manche Menschen sind viel stärker damit behaftet als andere. Menschen mit höher entwickeltem analytischem Denken verdrehen Daten mit größerer Wahrscheinlichkeit als Menschen, die im logischen Schlussfolgern weniger geübt sind. Tali Sharot wurde an der New York University in Psychologie und Neurowissenschaften promoviert und ist Professorin am Institut für experimentelle Psychologie der University of London.

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Gerald Hüther bewundert die Plastizität des Gehirns

Es gibt für Gerald Hüther wohl keine wissenschaftliche Entdeckung, deren Bedeutung für das menschliche Leben und das Zusammenleben so lange und so sehr unterschätzt worden ist, wie die nun schon vor einem halben Jahrhundert nachgewiesene Plastizität des menschlichen Gehirns. Gerald Hüther erläutert: „Sie bildet die Grundlage unserer enormen und bis ins hohe Alter fortbestehenden Lernfähigkeit. Diesem neuroplastischen Potential verdanken wir alles, was wir Menschen bisher geschaffen haben.“ Auch das, was einzelne Völker oder Staaten anderen Menschen und der Vielzahl anderer Lebewesen auf diesem Planeten angetan haben. Die Lernfähigkeit der Menschen und die aus ihr gespeiste Entdeckerfreude und Gestaltungslust bilden die Grundlage für das, was aus der Menschheit geworden ist. Dabei war die Herausbildung lernfähiger Gehirne im Verlauf der stammesgeschichtlichen Entwicklung der Tiere kein Zufall. Gerald Hüther zählt zu den bekanntesten Hirnforschern in Deutschland.

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Geistige Unabhängigkeit setzt ruhige Tapferkeit voraus

„Nichts ist schwieriger und nichts erfordert mehr Charakter“, schrieb Kurt Tucholsky, „als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein!“ Zunächst einmal ist es intellektuell und psychologisch schwierig, sich außerhalb des tradierten Wissens seiner Zeit und eines Ortes zu stellen. Timothy Garton Ash fügt hinzu: „Die normative Kraft des Faktischen bringt uns dazu, dass wir die Bedingungen in unserem Umfeld, die alle anderen für normal zu halten scheinen, in mancher Hinsicht auch als ethische Norm betrachten.“ Zahlreiche Studien in Verhaltenspsychologie beweisen, dass eine individuelle Überzeugung, was wahr oder richtig ist, durch den massiven Druck der Mitmenschen erschüttert wird. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Ein innerer Kompass schirmt gegen Verlockungen und Heilsversprechen ab

Jeder Mensch entwickelt im Verlauf seines Lebens so etwas wie einen inneren Kompass, der ihm hilft, sich nicht in der Vielfalt der von außen an ihn herangetragenen oder auf ihn einstürmenden Anforderungen und Angebote zu verlieren. Gerald Hüther nennt Beispiele: „Dazu zählen nicht nur die vielen Verlockungen und Heilsversprechungen, die ihm von anderen gemacht werden, sondern auch all das, was jemand als Notwendigkeiten und unabwendbare Gegebenheiten betrachtet, denen er sich, wie er meint, fügen müsse und die er, wie alle anderen auch, zu akzeptieren habe.“ Aus neurobiologischer Sicht handelt es sich bei dem inneren Kompass um ein inneres Bild, also um ein in einer bestimmten Situation aktiv werdendes neuronales Verschaltungsmuster, das sehr eng an die Vorstellungen der eigenen Identität gekoppelt und damit zwangsläufig auch sehr stark mit emotionalen Netzwerken verknüpft ist. Gerald Hüther zählt zu den bekanntesten Hirnforschern in Deutschland.

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Menschen wollen in Harmonie mit sich und ihren Überzeugungen leben

Der gesunde Hausverstand lehrt, dass Menschen gemäß ihren Einstellungen handeln. Gläubige gehen sonntags häufiger in die Kirche. Befürworter einer Aidsprävention verwenden mehr Präservative. Mit der Arbeit Unzufriedene wechseln ihren Job. Grün-Wähler sind keine Vielflieger. Johannes Steyrer stellt klar: „All das hat seine Richtigkeit, aber nur in einem bescheidenen Ausmaß. Der Zusammenhang zwischen Einstellung und Verhalten ist, das ist in vielen Studien gezeigt worden, unbedeutender als vermutet.“ Wann beeinflussen Einstellungen das menschliche Verhalten? So viel ist gewiss, auf die Situation kommt es an. Eines der wichtigsten Konzepte der Sozialpsychologie, nämlich die „Theorie der kognitiven Dissonanz“, hat der Amerikaner Leon Festinger (1919 – 1989) entwickelt. Seither wird ihre Grundannahme in unzähligen Studien bestätigt: Menschen woll in Harmonie mit sich und ihren Überzeugungen leben. Johannes Steyrer ist seit 1997 Professor für Organizational Behavior an der Wirtschaftsuniversität Wien.

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Der Mensch sollte immer offen für neue Perspektiven sein

Reifungsorientierte Persönlichkeitstheorien wie die die Theorie der Ich-Entwicklung von Jane Loevinger befassen sich mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden von Veränderungsprozessen im Erwachsenenalter. Jane Loevinger stellte fest, dass manche Menschen ihre eigenen Positionen im Laufe des Lebens immer mehr hinterfragen. Judith Glück erläutert: „Während man im jungen Erwachsenenalter seiner selbst und des eigenen Rechthabens oft sehr sicher ist, wird man später immer öfter mit Widersprüchen und Paradoxien konfrontiert und beginnt an der Allgemeingültigkeit der eigenen Sichtweisen zu zweifeln.“ Mit zunehmenden Alter erkennt man solche Widersprüche auch im eigenen Ich und lernt, sie immer besser zu akzeptieren und zu integrieren. Damit wird auch die wertende Haltung gegenüber anderen Menschen zunehmend aufgegeben. Judith Glück ist seit 2007 Professorin für Entwicklungspsychologie an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

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Die Streitkultur ist die Suche nach einer gemeinsamen Wahrheit

Für Carlos Fraenkel ist die Philosophie nicht eine Anleiterin oder Trösterin, sondern eine Diskussionstechnik. Viele Menschen sind in moralischen, religiösen und philosophischen Fragen weit voneinander entfernt. Diese Differenzen, obschon frustrierend, können etwas Positives sein, wenn es gelingt, sie zum Ausgangspunkt einer produktiven Streitkultur zu machen. Carlos Fraenkel erklärt: „Die gemeinsame Suche nach der Wahrheit, denn genau das verstehe ich unter Streitkultur, bietet uns die Möglichkeit, die Überzeugungen und Wertvorstellungen zu prüfen, mit denen wir aufgewachsen sind und die wir meist für selbstverständlich halten.“ Das ist besser, als wenn man anderen die eigene Meinung aufzwingt oder sich in einer gleichgültigen Multikulti-Gesellschaft gemütlich einrichtet – so als wären die Unterschiede völlig unerheblich. Carlos Fraenkel ist James McGill Professor für Philosophie und Judaistik an der McGill University in Montreal.

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Rationales Denken besteht nicht nur aus Logik

Der Begriff „Gedankengang“ bedeutet nicht, dass die menschlichen Gedanken fein säuberlich hintereinandergelegt werden wie Dominosteine. Oft vermischen sie sich wie die Farben in einem Lichtstrahl, die allmählich ineinander übergehen. Manchmal denkt man auch an gar nichts und nimmt nur äußere Reize auf. Manchmal bleibt man stecken, und der Geist dreht sich im Kreis. Dennoch ist der „Gedankengang“ für David Gelernter ein nützlicher Begriff, wenn man seine Grenzen kennt. In der Regel ist es für einen Menschen immer leichter, sich an eine Lösung für ein Problem zu erinnern, als eine neue zu konstruieren. Rationales Denken besteht nicht nur aus Logik, nicht nur daraus, alle Daten und Annahmen zu sammeln und damit weiterzukommen. David Gelernter ist Professor für Computerwissenschaften an der Yale Universität.

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Manipulative Tricks sind dreimal wirksamer als rationale Argumente

Wo es um Beeinflussung und Überzeugung geht, wird immer manipuliert. Diese These vertritt Johannes Steyrer in seinem neuen Buch „Die Macht der Manipulation“. Einer ist dabei obenauf, der andere hat das Nachsehen. Der Strategieprofi Johannes Steyrer schärft bei seinen Lesern die Wahrnehmung kleiner und großer Manipulationen. Wer sich die dahinter liegenden Prozesse bewusst macht, ist in der Lage, sie für sich selbst vorteilhafter zu gestalten. Denn manipulative Tools, Tipps, und Tricks sind dreimal wirksamer als rationale Argumente. Wer sie anwendet, erscheint auf einen Schlag um 20 Prozent sympathischer und erhöht den Anteil derer, die ihm in einer misslichen Lage helfen, um das Dreifache. Seine Erkenntnisse verknüpft der Autor mit amüsanten Geschichten des Alltags und belegt sie mit aktuellen Forschungsergebnissen aus der Psychologie und der Wirtschaftswissenschaften. Johannes Steyrer ist seit 1997 Professor für Organizational Behavior an der Wirtschaftsuniversität Wien.

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Als Lebensweise ist Kultur nur eine Frage der Gewohnheit

„Kultur“ ist ein außergewöhnlich komplexes Wort, das vier Hauptbedeutungen beinhaltet: Erstens den Bestand an künstlerischen und geistigen Werken. Zweitens den Prozess geistiger und intellektueller Entwicklung. Drittens die Werte, Sitten, Überzeugungen und symbolische Praktiken, nach denen die Menschen leben. Und viertens eine komplette Lebensweise. Die Kultur eines Volkes kann also Dichtung, Musik und Tanz bezeichnen, aber auch die Lebensmittel, die es isst, die Sportarten, die es betreibt, die Religion, die es praktiziert. Sie kann sogar die Gesellschaft als Ganzes meinen, samt Verkehrsnetz, Wahl- und Müllbeseitigungssystem. Das mag alles typisch für diese Kultur sein, wird aber nicht immer zu ihren Besonderheiten gehören. Terry Eagleton ergänzt: „Kultur in der künstlerischen und intellektuellen Bedeutung des Wortes kann durchaus Innovation miteinbeziehen, während Kultur als Lebensweise im Allgmeinen nur eine Frage der Gewohnheit ist.“ Der Literaturwissenschaftler und Kulturtheoretiker Terry Eagleton ist Professor für Englische Literatur an der University of Manchester und Fellow der British Academy.

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Viele Menschen leiden an unbegründeten Ängsten

Sehr viele Menschen fürchten sich vor Spinnen. Damit haben sie Angst vor etwas, das ihnen mit großer Wahrscheinlichkeit keinen Schaden zufügen wird. Dazu zählen neben Spinnen, Schlagen und Höhen. Tali Sharot zählt noch mehr unbegründete Ängste auf: „Manchen Menschen erleiden auf offenen Plätzen eine Panikattacke, andere, wenn sie einem Hund begegnen oder einen Blitz sehen. Wieder andere fürchten sich vor Aufzügen oder vor dem Fliegen.“ Tatsächlich ist die einzige gerechtfertigte Angst in der Liste der Top Ten unter den Phobien die Furcht vor Krankheitserregern – die Mysophobie – auf Platz acht. Die Angst vor dem Tod selbst belegt Platz Nummer zwölf. Tali Sharot wurde an der New York University in Psychologie und Neurowissenschaften promoviert und ist Professorin am Institut für experimentelle Psychologie der University of London.

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Bei der Ernährung geht es oft um Moral und Werte

Im Zeitalter der nahezu unendlichen Optionen, in dem man ohne feste Vorgaben von Tradition und sozialen Selbstverständlichkeiten seinen Alltag und seine Essgewohnheiten selbst bestimmen und mit Sinn erfüllen muss, wird jedoch für viele Menschen, die nach Sinn und Halt suchen, beispielsweise die Ernährung zum immer wiederkehrenden Gesprächsstoff. Ernst-Dieter Lantermann erläutert: „Im privaten Kreis genauso wie im Restaurant, auf Partys und in der Kantine gerät man rasch in Diskussionen über das richtige und das falsche Essen.“ Dabei geht es nur selten um den Geschmack, sondern meist um Krankheit und Gesundheit, um die Frage, wie man leben will und leben soll, also um Moral und Werte, Leben und Verantwortung. Ernst-Dieter Lantermann war von 1979 bis 2013 Professor für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie an der Universität Kassel.

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Der Mensch kann von illusionären Erinnerungen getäuscht werden

In einem bahnbrechenden Aufsatz aus dem Jahr 1975 prägten John Flavell und Henry Wellman von der Minnesota University „Metagedächtnis“ (metamemory), um auf eine wichtige Fähigkeit hinzuweisen, mit der alle Menschen ausgestattet sind und die bei der Selbstkorrektur des Gedächtnisses eine entscheidende Rolle spielt. Julia Shaw erklärt: „Unter Metagedächtnis versteht man, dass das Individuum wahrnimmt und weiß, dass es ein Gedächtnis hat. Dazu gehört auch unser Wissen um unsere Erinnerungsfähigkeit und ein Verständnis für Strategien, die unser Gedächtnis verbessern können. Und es umfasst unsere Fähigkeit, zu überwachen, woran wir uns korrekt erinnern können, und unsere Erinnerungen zu analysieren, um ihre Plausibilität zu bestätigen.“ Wenn man sich also selbst auf die Schliche kommt und merkt, dass eine der persönlichen Erinnerungen falsch ist, dann nutzt man sein Metagedächtnis. Die Rechtspsychologin Julia Shaw lehrt und forscht an der London South Bank University.

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Martha Nussbaum macht sich Gedanken über den Zorn

Wie alle wesentlichen Emotionen hat auch der Zorn einen geistigen beziehungsweise intentionalen Gehalt, der unter anderem Beurteilungen und Bewertungen verschiedener Art einschließt. Häufig umfasst dieser nicht nur wertgeladene Beurteilungen, sondern auch Ansichten und Überzeugungen. Darüber hinaus sind die im Zorn beteiligten Beurteilungen und Überzeugungen in einem von Martha Nussbaum verwendeten Wort „eudämonistisch“: „Der Einzelne gelangt von seinem Standpunkt aus zu ihnen; sie sind Ausdruck seiner Auffassung von den wichtigen Dingen im Leben, und nicht irgendwelcher losgelösten und unpersönlichen Wertvorstellungen.“ Selbst wenn sich ein Zorn um Grundsatzfragen dreht, wenn Fragen der Gerechtigkeit, vielleicht sogar der globalen Gerechtigkeit eine Rolle dabei spielen, liegt der Grund dafür darin, dass ein Mensch solche Sorgen und Belange in seine Vorstellung davon hat integrieren können, worauf es im Leben ankommt. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Richard E. Nisbett weist auf die Macht der Situation hin

Die meisten Menschen unterschätzen – oder ignorieren völlig – einige höchst bedeutsame und nachhaltige situative Einflüsse auf Überzeugungen und Verhalten. Richard E. Nisbett erklärt: „Als direkte Konsequenz dieser „Kontextblindheit“ neigen wir dazu, den Einfluss persönlicher, „dispositioneller“ Faktoren – Präferenzen, Persönlichkeitsmerkmale, Fähigkeiten, Pläne und Motive – auf das Verhalten in einer bestimmten Situation zu unterschätzen.“ Die Vernachlässigung einer bestimmten Situation wie auch die Überbewertung innerer Faktoren treten selbst dann auf, wenn man versucht, die Gründe für die eigenen Urteile und Handlungen zu analysieren. Noch viel schwerwiegender ist das Problem jedoch, wenn ein Mensch die Ursachen für das Verhalten seiner Mitmenschen zu ergründen sucht. Er muss viele kontextuelle und situative Aspekte berücksichtigen, wenn er sich ein Urteil bilden oder etwas Bestimmtes tun will. Richard E. Nisbett ist Professor für Psychologie an der University of Michigan.

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