Die Digitalisierung beendet das Ding-Paradigma

Die industrielle Revolution verfestigt und erweitert die Dingsphäre. Sie entfernt die Menschen von der Natur und vom Handwerk. Byung-Chul Han betont: „Erst die Digitalisierung beendet das Ding-Paradigma. Sie unterwirft die Dinge den Informationen. Hardwares sind devote Unterlagen der Softwares. Sie sind sekundär gegenüber Informationen. Ihre Miniaturisierung lässt sie immer weiter schrumpfen.“ Das Internet der Dinge macht diese zu Informationsterminals. Der 3D-Drucker erweitert die Dinge in ihrem Sein. Sie werden zu materiellen Derivaten der Information degradiert. Was wird aus Dingen, wenn sie von Informationen durchdrungen werden? Die Informatisierung macht aus Dingen „Infomate“, nämlich Akteure, die Informationen verarbeiten. Das Auto der Zukunft wird kein Ding mehr sein, mit dem sich Phantasmen von Macht und Besitz verbinden. Byung-Chul Han ist ein koreanisch-deutscher Philosoph, Kulturwissenschaftler und Autor. Seine Bücher wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt.

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Kurzfristiges Glück ist kein gutes Lebensziel

Immanuel Kant (1724 – 1804) stellte die scharfe Waffe seines Verstandes auch in den Dient der Moralphilosophie. Auch persönlich brachte er einen wesentliche Grundvoraussetzung mit, an der Möchtegern-Pflichtbewusste scheitern: Selbstdisziplin. Ludger Pfeil erklärt: „Er hatte sich aufgrund seiner kränklichen Konstitution an strengste Regeln im Tagesablauf gewöhnen müssen. Die Königsberger sollen ihre Uhren nach seinem Spaziergang gestellt haben.“ Erstaunlicherweise war Immanuel Kant alles andere als eine Spaßbremse. Seine täglichen Mittagsgesellschaften, bei denen Neuigkeiten aller Art durchgekaut wurden, galten als unterhaltsame und beliebte Veranstaltungen. Immanuel Kants Ethik vollzieht jedoch als Lebensziel nicht die kurzfristige gesellige Glückseligkeit, sondern die Glückswürdigkeit, die nur durch Pflichterfüllung zu erreichen sei. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Heimat ermöglicht die Erfahrung von Transzendenz

Heimat ist gleichermaßen Raum wie Idee religiöser Rückbezüglichkeit. Ihre Möglichkeit zur Bewältigung diverser Ambivalenzen ermöglicht vielen Individuen, welcher Religion auch immer, eine Religiosität ohne Gottesbezug. Christian Schüle erläutert: „Die spätmoderne, dauererregte, beschleunigte in ihrer Multioptionalität bedrängende Lebenswelt ist gekennzeichnet durch einen hohen Grad Paradoxien.“ Heimat als emotional erinnerbare Gegenwart hingegen ist ein fundamentales Versprechen auf Reduktion der Komplexitäten durch Kohärenz: auf den sinnstiftenden Einklang von Selbst und Umwelt, der Ambivalenzen ja gerade auflöst. In der Reduktion eignet Heimat sich als Schutzraum, der ermöglicht, was kaum noch vermittelbar ist: Transzendenz-Erfahrung. Heimat ist auch das, was sich auf Dauer durch sich selbst bewährt. Sie erhält Geltung durch die Bindung des Menschen an Orte, Böden, Rituale, die durch die Biografie beglaubigt sind. Seit dem Sommersemester 2015 lehrt Christian Schüle Kulturwissenschaft an der Universität der Künste in Berlin.

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Eltern wollen Erfolg und Glück für ihre Kinder

Wenn Eltern tiefe Liebe für ihre Kinder empfinden, wenn sie es gut mit ihnen meinen und keine verdrehten Vorstellungen von einer Eltern-Kind-Beziehung haben, gibt es zwei Möglichkeiten, wie sie in Zorn geraten können. Martha Nussbaum erläutert: „Die eine Möglichkeit ergibt sich aus einer stellvertretenden Investition ins eigene Ego: Das betreffende Elternteil sieht in dem Kind eine Erweiterung seiner selbst bzw. jemanden, die oder der die eigene Existenz fortsetzt. Ihm geht es darum, die eigenen Träume zu erfüllen.“ Die andere Möglichkeit ergibt sich aus der Sorge um das jetzige beziehungsweise künftige Wohl des Kindes. Beide Möglichkeiten überschneiden sich, weil Eltern häufig ein zentrales Interesse daran haben, dass ihr Kind erfolgreich und glücklich ist. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Zorn in der Ehe rührt oftmals von ungerechtfertigten Geschlechterrollen her

Zorn in vertrauten Beziehungen resultiert häufig aus einer der zahlreichen falschen Wertvorstellungen einer Gesellschaft in Bezug auf Fehlverhalten und die Schwere, mit der es ins Gewicht fällt. Beispielsweise das Streben nach Unabhängigkeit von Kindern und selbst ihre Suche nach bloßem Vergnügen häufig äußerste Missbilligung erfahren. Martha Nussbaum nennt ein weiteres Beispiel: „So verbindet sich auch der Zorn in der Ehe in vielen Fällen mit Annahmen und Erwartungen, die maßgeblich von ungerechtfertigten Geschlechterrollen herrühren; Männer haben namentlich das Streben der Frauen nach Unabhängigkeit und Gleichheit als besonders bedrohlich empfunden.“ Es ist oft schwierig zu trennen zwischen Fällen, in denen Zorn unangebracht ist, weil die betreffende Person gegen eine schlechte gesellschaftliche Norm verstoßen, aber nichts wirklich Falsches getan hat, und Fällen, in denen ein wirkliches Unrecht geschehen ist. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Vier Dinge zeichnen eine vertraute Beziehung aus

Was zeichnet vertraute Beziehungen im Besonderen aus? Laut Martha Nussbaum sind dies vier Dinge: „Erstens nehmen diese Beziehungen einen außergewöhnlich zentralen Platz in unseren Vorstellungen von einem gelingenden Leben ein, oder, um den Ausdruck vor Aristoteles zu verwenden, in unseren Vorstellungen von der eudaimonia.“ Die andere Person und die Beziehung selbst sind ein geschätzter Teil des eigenen guten Lebens – wobei die Beziehung wiederum weit in das Leben der durch sie Verbundenen hineinwirkt, sodass aus viele Unternehmungen gemeinsame Unternehmungen und aus Ziele geteilte Ziele werden. Eine Entzweiung bedeutet folglich in vielerlei Hinsicht einen Bruch in der eigenen Existenz. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Absolute Macht korrumpiert tatsächlich absolut

Lord Acton meint: „Macht tendiert dazu, korrupt zu machen, und absolute Macht korrumpiert absolut.“ Schon kleine Machtverschiebungen können Denkmuster und Verhaltensweisen verändern. Ein privilegierter Hintergrund an Gesundheit, Erziehung und Ansehen tragen zum sozialen Verhalten bei. Dacher Keltner ergänzt: „Wer vermehrte Macht genießt, isst mit größerer Wahrscheinlichkeit schnell und impulsiv, hat sexuelle Abenteuer, verletzt die Verkehrsregeln, lügt und betrügt, begeht Ladendiebstahl und kommuniziert auf grobe, respektlose und obszöne Weise. Absolute Macht korrumpiert tatsächlich absolut.“ Genau die Praktiken, die einem Menschen zu Macht verholfen haben, verschwinden, wenn er über die Macht verfügt. Man gewinnt und behält Macht durch Empathie, aber mit dem Besitz von Macht verliert man seinen Bezug zu den anderen. Dacher Keltner ist Professor für Psychologie an der University of California in Berkeley und Fakultätsdirektor des UC Berkeley Greater Good Science Center.

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Martha Nussbaum macht sich Gedanken über den Zorn

Wie alle wesentlichen Emotionen hat auch der Zorn einen geistigen beziehungsweise intentionalen Gehalt, der unter anderem Beurteilungen und Bewertungen verschiedener Art einschließt. Häufig umfasst dieser nicht nur wertgeladene Beurteilungen, sondern auch Ansichten und Überzeugungen. Darüber hinaus sind die im Zorn beteiligten Beurteilungen und Überzeugungen in einem von Martha Nussbaum verwendeten Wort „eudämonistisch“: „Der Einzelne gelangt von seinem Standpunkt aus zu ihnen; sie sind Ausdruck seiner Auffassung von den wichtigen Dingen im Leben, und nicht irgendwelcher losgelösten und unpersönlichen Wertvorstellungen.“ Selbst wenn sich ein Zorn um Grundsatzfragen dreht, wenn Fragen der Gerechtigkeit, vielleicht sogar der globalen Gerechtigkeit eine Rolle dabei spielen, liegt der Grund dafür darin, dass ein Mensch solche Sorgen und Belange in seine Vorstellung davon hat integrieren können, worauf es im Leben ankommt. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Der Mensch beherrscht die Erde wie keine ander Spezies

Alles was die Menschen tun und sind, ist in der einen oder anderen Weise das Resultat der evolutionären Prägungen, die sie zu der Spezies gemacht hat, die den Planeten Erde beherrscht wie keine andere. Matthias Horx ergänzt: „Was uns von allen anderen Tierarten unterscheidet, ist die extreme Empfindlichkeit und Hilfsbedürftigkeit unserer Brut. Keine andere Spezies muss einen derart komplexen Aufwand treiben, damit ihre Babys überleben.“ Dazu zählen unter anderem Zuneigung, Ernährung, Schutz, Wärme, Erkennen, Berühren, Wickeln, Spielen, Erziehen, Ermahnen. Zwar gibt es auch im Tierreich Fürsorge – Ratten, Katzen, Hunde lecken und „groomen“ ihre Brut, Vögel bauen Nester, die sie auskleiden und warten geduldig, bis ihre Kinder flügge sind. Aber der Aufwand für den menschlichen Nachwuchs ist so gigantisch, dass er das ganze Leben fordert. Matthias Horx ist der profilierteste Zukunftsdenker im deutschsprachigen Raum.

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Die Liebe entzieht sich der Kontrolle des Willens

Im philosophischen Denken spielt die Liebe seit jeher eine ganz wesentliche Rolle. Die großen Philosophen der Antike bis zu denjenigen Gegenwart stellten sich unter anderem folgende Fragen: Was ist das Wesen der Liebe? Ist sie eine Tugend oder ein Laster? Welche Bedeutung hat die Liebe für das Verhältnis eines Menschen zu seinen Mitmenschen, für seinen Zugang zur Welt, zu Wahrheit und Weisheit, ja sogar zu Gott? Und wie prägt die Gesellschaft, in der man lebt, die Formen, in denen die Liebe sich äußert? Der Reclam-Band „Was ist Liebe?“ vereint die wichtigsten Texte von Platon bis zu Eva Illouz. Obwohl die Grundlage der Philosophie ausdrücklich aus einer spezifischen Liebe, nämlich der „Liebe zur Weisheit“, besteht, ist es umso erstaunlicher, dass die Mehrzahl der akademisch tätigen Philosophen in der Liebe immer noch keinen eigenständigen Gegenstand des denkerischen Interesses sieht.

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Zum Glücklichsein braucht ein Mensch nicht viel

Durch seine Analyse verschiedener Kategorien von Bedürfnissen festigt Epikur seine Ansicht vom wahren Vergnügen als Freiheit von Schmerz und Sorge. Ludger Pfeil erläutert: „Wenn man die leibliche Unversehrtheit und den Seelenfrieden zum Maßstab nimmt, lassen sich die Begierden leicht sortieren. Weniges ist lebensnotwendig oder zur Erhaltung der Gesundheit erforderlich, zum Glücklichsein brauchen wir nicht viel mehr und schon gar keine unnatürlich erzeugten Genüsse.“ Wenn der Schmerz gestillt ist und die Wogen der inneren Unruhe geglättet sind, hat man das Entscheidende bereits erreicht. Die Freude kommt dann von selbst. Mehr sollte man laut Epikur nicht vom Leben erwarten. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Viele Kinder leben in mit Watte ausgepolsterten goldenen Käfigen

Die Anzahl der sogenannten Helikopter-Eltern, die ihren Nachwuchs ständig besorgt umkreisen und ihnen jede Form der Anstrengung abnehmen wollen, nimmt ständig zu. Auch wenn Kinder zum Beispiel längst alt genug wären, den Schulweg alleine zu meistern, bringen viele Eltern ihre Sprösslinge dennoch mit dem Auto bis vor die Schultür. Trendforscher und Psychologen gehen davon aus, dass vor allem die irrationale Angst der Eltern vor Verkehrsunfällen und Kindesentführern hinter dem Phänomen der „Shuttle-Kids“ steckt. Der Arzt und Buchautor Günther Loewit erklärt den Grund für diese extreme Vorsicht: „Über Jahrhunderte hinweg betrug die durchschnittliche Geburtenrate etwa sechs Kinder – da war ein Todesfall aufgrund von Krankheiten oder zu wenig Nahrung schon quasi eingeplant. Heute liegt sie in Österreich bei 1,4 Kindern pro Frau. Diese statistisch 1,4 Kinder müssen natürlich unendlich überbehütet werden, weil hier ein Verlust nicht verkraftbar wäre.“

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Psychopathen zeichnen sich durch einen impulsiv-aggressiven Lebensstil aus

Psychopathen sind maßlos von sich eingenommen und neigen zu selbstherrlichem Verhalten. Zugleich mangelt es ihnen besonders an Angst und Schuldgefühlen. Daraus resultieren Respektlosigkeit gegenüber Mitmenschen und Furchtlosigkeit bezüglich negativen Folgen ihres Tuns; Hemmungen sind ihnen fremd. Hans-Peter Nolting spricht hier auch von einem impulsiv-aggressiven Lebensstil: „Ein zentrales Bestreben des Psychopathen ist es, ihre Mitmenschen für eigene Zwecke zu manipulieren. Insofern hat ihre Aggressivität deutlich instrumentellen Charakter; sie ist darauf gerichtet, sich andere Menschen gefügig zu machen und auszubeuten.“ Dafür setzen Psychopathen aber auch ganz unaggressive Mittel ein. So schaffen sie es häufig mit Charme und Überredungskünsten, Menschen um den Finger zu wickeln. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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Der Zusammenhalt in den modernen Gesellschaften geht verloren

Wenn an allen Orten und bei jeder Gelegenheit das Ideal des nur auf sich gestellten Individuums eingefordert wird, das sich allein seiner Selbstverwirklichung, Selbstoptimierung und Unabhängigkeit verpflichtet sieht, dann stellt sich für Ernst-Dieter Lantermann die Frage, wie unter diesen Bedingungen überhaupt noch so etwas wie sozialer Zusammenhalt zustande kommen kann. Untersuchungen zeigen in der Tat, dass moderne Gesellschaften sich immer rascher hin zu einer Auflösung des sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalts, zu eine fortschreitenden sozialen Desintegration entwickeln. Nicht wenige Menschen erkennen darin eine Chance, die in früheren Zeiten für sie undenkbar gewesen wäre: Unter der Voraussetzung, dass sie über die notwendigen Mittel und Ressourcen verfügen, dürfen und können sie selber entscheiden, welchen Organisationen, Institutionen, Lebensmilieus oder Gruppierungen sie sich zugehörig fühlen, wofür sie sich engagieren und wo sie sich integrieren möchten. Ernst-Dieter Lantermann war von 1979 bis 2013 Professor für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie an der Universität Kassel.

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Der Rechtspopulismus ist eine Gefahr für die Demokratie

Der Rechtspopulismus denkt partikularistisch. Solidarität, Gerechtigkeit und Gleichheit gelten für Rechtspopulisten nur innerhalb der eigenen Gruppe: der Nation, der Steuerzahler, des Abendlandes. Kulturen und Identitäten sollen sich nicht vermischen. Das Fremde soll draußen bleiben, gerade weil die Welt so befremdlich geworden ist: der Fremde, die fremde Religion oder Lebensweise, der fremde Gedanke. Die mal latente, mal aggressive Ausländerfeindlichkeit der rechtspopulistischen Bewegung ist das auffälligste Symptom der Sorge um den Verlust der Identität. Sie muss in Abgrenzung zum Anderen gesichert und neu hergestellt werden. Der neue Rechtspopulismus ist keine konservative Bewegung. Er setzt im Gegenteil auf die Veränderung der Gesellschaft; darauf weist der Münchner Soziologe Armin Nassehi hin. Zwar stehen im Programm der AfD viele Forderungen aus dem klassischen Repertoire des Konservatismus. Wenn man die Forderungen aber zu Ende denkt, geht es bei ihnen weder um die Bewahrung des Bestehenden noch um die Wiedergewinnung des Verlorenen.

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Gefühle helfen bei der Bewältigung des Lebens

Gefühle ergreifen einen Menschen spontan und unmittelbar und kümmern sich wenig um rationale Argumente. Ulrich Schnabel nennt Beispiele: „Das gilt für Freudenausbrüche ebenso wie für negative, peinliche oder schmutzige Gefühle.“ Sie alle besitzen eine ungeheure Macht des „Es ist so.“ Ein Mensch ist das, was er fühlt. Dennoch fällt es aber keineswegs leicht, Gefühle genau zu definieren. Menschen kennen eine enorm breite Palette von Gefühlen und ein extrem großes Spektrum unterschiedlicher emotionaler Zustände. Es reicht von basalen, automatisierten Effekten bis hin zu ausgefeilten, kulturell verfeinerten Regungen, in die ein hohes Maß an gedanklicher Interpretation einfließt. Ebenso groß wie das Spektrum der individuellen Ausdrucksweisen sind allerdings auch die Unterschiede zwischen verschiedenen Menschen. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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Träume sind Gefühle in bewegten Bildern

Die Mehrheit der Traumforscher nimmt an, dass das Träumen dazu da ist, tagsüber Erlebtes in den bereits vorhandenen Erfahrungsschatz zu integrieren und insofern neue Erfahrungen zu formieren beziehungsweise Sichtweisen zu entwickeln. Die Wissenschaft weiß heute, dass Menschen tatsächlich im Traum lernen, auch in der Schlafphase, die mit dem Träumen verbunden ist. Brigitte Holzinger erklärt: „Wenn diese Schlafphase aus irgendeinem Grund nicht sein kann, dann wird manches, was wir tagsüber wahrgenommen haben, nicht so gut verarbeitet.“ Nicht jeder erinnert sich an seine Träume. Ein wesentlicher Faktor bei der Erinnerung ist, ob sich jemand davon etwas verspricht. Also, wenn jemand an Träumen interessiert ist, wird er sie sich eher merken als einer, für den Träume nur fantastische Gebilde sind, die nur stören. Die Psychologin und Psychotherapeutin Brigitte Holzinger ist Inhaberin des Instituts für Bewusstseins- und Traumforschung in Wien.

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Das Gefühl der Sorge unterhöhlt den Mut

Manchmal, aber nur wenn es niemand hört, kann es hilfreich sein, sich die eigene Feigheit einzugestehen. Uwe Böschemeyer gibt zwar zu: „Ein solches Eingeständnis schmerzt die Seele wie Jod die Wunde des Körpers. Dann aber, wenn man sich des ganzen Ausmaßes seiner Feigheit bewusst geworden ist, kommt Empörung über sich selbst auf. Diese kann stark genug sein, dass man sich aufzurichten beginnt und tut, worum es gehen sollte.“ Wer der eigenen Feigheit ins Auge sieht und ein gesundes Maß an Scham zulässt, verschafft dem Mut den Raum, den er braucht, um Großes erreichen zu können. Im Jahr 1975 erwarb Uwe Böschemeyer bei Prof. Viktor Frankl sein Zertifikat in Logotherapie und Existenzanalyse. 1982 gründete er das Institut für Logotherapie in Hamburg. Die Schwerpunkte seiner Arbeit sind die Wertimagination und die Wertorientierte Persönlichkeitsbildung.

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Rudolf Eucken setzt sich mit dem Glücksproblem auseinander

Rudolf Eucken stellt sich die Frage, ob ein Mensch das Glück zum Ziel seines Strebens machen darf, da es möglicherweise eine Enge und Kleinheit der Gesinnung bekundet, alles Streben vornehmlich darauf zu richten, was das Leben an Glück gewährt. Rudolf Eucken fügt hinzu: „Auch die Erfahrung scheint deutlich zu zeigen, dass nicht nur einzelne Menschen, sondern ganze Völker und Religionen auf Glück zu verzichten vermochten; auch Denker allerersten Ranges haben eine Erhebung über das Glücksstreben gefordert.“ Wenn man die Geschichte allerdings genauer betrachtet, sieht man den Kampf weniger gegen das Glück überhaupt, sondern lediglich geringere Formen des Glücks gerichtet. Auch in dem, wodurch man es zu ersetzen glaubte, ist laut Rudolf Eucken immer wieder ein Verlangen nach Glück zu erkennen.

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Die Banken sind Umverteilungsmaschinen von unten nach oben

Die Konzentration wirtschaftlicher Macht in der Realwirtschaft gibt Anlass zur Sorge. Und nach wie vor sind die Finanzmärkte nicht gebändigt. Und sie stellen für den grünen Politiker Gerhard Schick dadurch eine gefährliche Macht dar. Die Deregulierung der Märkte hat dazu geführt, dass das Zusammenwirken der Finanzakteure eine gefährliche Dynamik entwickelt, die auch in Zukunft schwer zu bewältigende Finanzkrisen produzieren kann. Gerhard Schick behauptet: „Die Wahrscheinlichkeit einer Finanzkrise ist leider heute nicht geringer als zu der Zeit, als die US-amerikanische Bank Lehman Brothers oder die deutsche Hypo Real Estate zusammenbrachen und in der Folge dann die gesamte Bankenbranche gerettet wurde.“ Zudem sind seiner Meinung nach die Banken eine enorme Maschine der Umverteilung von unten nach oben, die dringend gestoppt werden muss. Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

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Rudolf Eucken vergleicht die Aufstiege und Abstiege des Lebens

Jede Lebensgestaltung muss sich am Dasein des Menschen erproben. Sie tut dies, indem sie dem Einzelleben eine spannende Aufgabe stellt, ihm einen inneren Zusammenhang gibt, es den Widersprüchen entreißt, die es zu zerstören drohen. Diese Widersprüche wurzeln laut Rudolf Eucken vornehmlich darin, dass der Mensch als denkendes Wesen über die bloße Natur hinauswächst und bei ihr kein Genüge mehr findet. Der Durchschnitt seines Daseins zeigt die geistige Tätigkeit allerdings nicht stark genug, um ein neues Leben hervorzubringen. Rudolf Eucken, der im Jahr 1908 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde, schreibt: „So schwebt der Mensch in unsicherer Mitte, und da die Versuche einer Hilfe sich bald als unzulänglich erweisen, so endet das ganze schließlich in trüber Resignation; das Leben erscheint, um mit Schopenhauer zu reden, als ein Geschäft, das seine Kosten nicht deckt.“

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Die Zuversicht und die Fröhlichkeit sind die wahren Reichtümer

Der ganze Unterschied im Leben zweier Menschen betrifft entweder ihre Leidenschaften oder deren Erfüllung. David Hume erklärt: „Unterschiede in diesen beiden Hinsichten genügen, um die weit auseinanderliegenden Extreme von Glück und Elend hervorzubringen. Um glücklich zu sein, darf die Leidenschaft weder zu hefige noch zu schwach sein.“ Im ersten Fall befindet sich die Seele ständig ein einer aufgeregten Umtriebigkeit; im zweiten Fall versinkt sie in eine lähmende Lethargie, die ein Unlustzustand ist.“ Um glücklich zu sein, muss die Leidenschaft zugleich mild und sozial, auf keinen Fall aber roh und ungebändigt sein. Außerdem sollte die Gemütsstimmung fröhlich und heiter und nicht düster und melancholisch sein. David Hume, der von 1711 bis 1776 lebte, gehört zu den Klassikern der europäischen Philosophie.

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Man muss den Kapitalismus vor den Kapitalisten schützen

Wenn es einen Begriff gibt, der alles Unbehagen am Kapitalismus und an der Marktwirtschaft verkörpert, dann ist es „neoliberal“. Der Neoliberalismus bezeichnet ungefähr dies: Marktradikalismus, Rückzug des Staates, Abbau der sozialen Leistungen und freies, eben liberales, Spiel der Kräfte im Wirtschaftsleben. Natürlich wissen Ökonomen, dass man damit den Begründern der neoliberalen Schule des wirtschaftswissenschaftlichen Denkens in den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts Unrecht tut. Walter Eucken, Alfred Müller-Armack, Alexander Rüstow und Wilhelm Röpke waren alles als Marktradikale. Politisch waren sie freiheitlich und so bürgerlich, wie es gerade in Deutschland eher selten ist. Von Wilhelm Röpke gibt es zum Beispiel eine klar geschriebene „Lehre von der Wirtschaft“, ein Grundlagenlehrbuch der Ökonomie. Dort finden sich Argumente, die auf viele heutige Probleme passen und die Klischees über den Neoliberalismus widerlegen.

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Ein natürliches Zeitmanagement macht die Menschen belastbar

Die meisten Menschen haben den natürlichen Umgang mit der Zeit eingebüßt. Peter Spork nennt als Beispiele die Sommerzeit, die Schichtarbeit und den Schulbeginn um 8 Uhr. Damit die Menschen wieder im Einklang mit dem Rhythmus der Natur leben können, hat Peter Spork einen 8-Punkte-Plan entworfen, in den er die neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft integriert hat. Der Autor plädiert dafür die Sommerzeit abzuschaffen, mehr Licht bei der Arbeit zu installieren und die unterschiedlichen Chronotypen bei den Büroarbeitszeiten zu berücksichtigen. Sein neues Buch „Wake up!“ ist ein leidenschaftlicher Aufruf für den gemeinsamen Weg in eine ausgeschlafene Gesellschaft. An dessen Ende sollen weniger Burn-out-Erkrankungen und Depressionen, weniger Schlafmangel und Gereiztheit, weniger Übergewicht und Diabetes stehen. Der Neurobiologe Peter Spork ist Wissenschaftsjournalist.

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José Ortega Y Gasset liebt die reine Wahrheit

Für José Ortega Y Gasset wird die Politik zu einer äußerst gefährlichen Krankheit, wenn sie ihren Thron im Gewissen der Menschen einrichtet und in ihr ganzes geistiges Leben hineinregiert. Warum das so ist, sollte eigentlich Jedem klar sein. Solange der Mensch das Nützliche eben als ein Nützliches betrachtet, besteht kein Anlass zur Sorge. Wird aber das Nützlichkeitsstreben innerhalb der Persönlichkeit eines Menschens zur beherrschenden Haltung, so wird er, wenn es darum geht, die Wahrheit zu finden, sie nur allzu leicht mit der Nützlichkeit verwechseln. José Ortega Y Gasset schreibt: „Und aus Nützlichkeit Wahrheit machen, ist eine Umschreibung für lügen. Das Reich der Politik ist somit das Reich der Lüge.“

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