Caspar Dohmen stellt die Idee der Menschenrechte vor

Menschenrechte erkämpften Bürger ursprünglich als Schutz- und Freiheitsrechte jedes Einzelnen gegen die staatliche Obrigkeit. Für aufgeklärte Menschen ist es heute selbstverständlich, dass jeder Mensch die gleichen Rechte besitzt – das war früher nicht der Fall. Caspar Dohmen erläutert: „In den feudalistischen Gesellschaften bestimmte die Herkunft weitgehend über die Möglichkeiten jedes Menschen. Gut dotierte Posten in Staat und Kirche teilte der Adel gewöhnlich unter sich auf.“ Die Masse der Menschen lebte damals als einfache Bauern oder Handwerker, denen die Machthaber regelmäßig hohe Abgaben und Frondienste abpressten. Diese Ordnung galt als unangreifbar, da sie so von Gott gewollt war. Die Machthaber in Europa beuteten nicht nur ihre eigene Bevölkerung aus, sondern auch Menschen in den Kolonien, also vor allem in Lateinamerika, Afrika und Asien. Der Wirtschaftsjournalist, Buchautor und Dozent Caspar Dohmen studierte Volkswirtschaft und Politik in Köln.

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Der Westen muss seine eigenen Prinzipien formulieren

Die Praxis des westlichen Universalismus war den größten Teil seiner Geschichte alles andere als universell. Er schloss viele Menschen im eigenen Land und fast alle Menschen im Ausland aus. Die Frauen und die Mitglieder der „niedrigeren“ Gesellschaftsschichten wurden als Menschen zweiter Klasse behandelt. Thomas Jefferson, einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten von Amerika, hielt sogar Sklaven. Timothy Garton Ash ergänzt: „Ab etwa 1500 manifestierte sich der westliche Universalismus für den größten Teil der Welt als Kolonialismus.“ Für einige hat sich diese Geschichte des westlichen Universalismus, der sich als Imperialismus manifestiert, bis in die heutige Zeit fortgesetzt. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Seneca war ein großer Freund der Worte

Obgleich Seneca wusste, dass es bei der Art der Lebensbewältigung durch Philosophie auf Denken, Erkenntnis und begriffliches Erfassen der Wirklichkeit ankommt, warnte er davor, sich im Gestrüpp der Begriffe und formal-logischen Ableitungen zu verlieren. Albert Kitzler erläutert: „Nach Seneca deuten die Begriffe nur auf die Sachen hin, die es zu verstehen gilt. Ob wir Angst von Furcht unterscheiden, was wir dem einen oder anderem zuordnen, ob wir eine möglichst exakte, lexikalische Definition finden, das sei nur von relativem Wert.“ Wichtiger sei es die Sache selbst zu begreifen und zu lernen, mit ihr umzugehen. Seneca hielt sich mehr an die Erscheinungen, die Phänomene, denen die Worte sich anschmiegen sollten und die er immer wieder mit unterschiedlichen Worten und Bildern möglichst umfassend und genau um- und beschreiben wollte. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Nassim Nicholas Taleb kennt das Risiko und seinen Preis

Bestsellerautor Nassim Nicholas Taleb zeigt in seinem neuen Buch „Das Risiko und sein Preis“ aus vielen Beispielen aus dem Alltag, wo Fairness, Verantwortungsgefühl, Anstand fehlen und stattdessen billiges Geschwätz, Verantwortungslosigkeit, Egoismus und Blenderei die Oberhand behalten. Es ist auch eine Kombination aus praktischen Erörterungen, philosophischen Geschichten sowie wissenschaftlichen und analytischen Kommentaren zu den Problemen der Zufälligkeit. Und es dreht sich um die Frage wie Menschen unter dem Vorzeichen der Ungewissheit leben, essen, schlafen, diskutieren, kämpfen, Freundschaften schließen, arbeiten, sich amüsieren und Entscheidungen treffen sollen. „Das Risiko und sein Preis“ handelt von vier Themen: a) Ungewissheit und die Zuverlässigkeit von Wissen; b) Symmetrie in zwischenmenschlichen Angelegenheiten: Fairness, Gerechtigkeit, Verantwortung und Gegenseitigkeit; c) Informationsaustausch bei Transaktionen und d) Rationalität in komplexen Systemen und in der Realität. Nassim Nicholas Taleb ist Finanzmathematiker, philosophischer Essayist, Forscher in den Bereichen Risiko und Zufall sowie einer der unkonventionellsten Denker der Gegenwart.

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Der Kapitalismus führte zu einer Heiligsprechung des Konsums

Das Erstaunliche an der derzeitigen Lage ist: Selbst in einer ungewöhnlich langen wirtschaftlichen Wachstumsphase, wie sie Deutschland gerade erlebt und von der viele profitieren, ist der Unmut so groß, dass ihn etwas die neue Große Koalition mit milliardenschweren Wohltaten zuschütten muss. Und noch so viele Subventionen sorgen nicht dafür, dass die Kritik am Kapitalismus abebbt. Der Ausgleich zwischen Reich und Arm scheint nicht mehr zu funktionieren, jedenfalls nicht gut genug, um Aufruhr im System zu vermeiden. Dabei steht der Kapitalismus nicht bloß technisch-ökonomisch infrage, sondern vor allem philosophisch. Denn der Kapitalismus ist eben auch eine Frage der Werte. Intrinsische Motive und solidarische Effekte verpuffen allzu oft, sobald Geld ins Spiel kommt. Dieses Wirtschaftssystem ist voll von widersprüchlichen Effekten. Einer der stärksten ist die Grundüberzeugung, dass das Streben des Einzelnen nach dem eigenen Vorteil am Ende zu einem besseren Leben für alle führt.

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Das radikal Böse gehört zur menschlichen Natur

So ist es dem Aufklärer Immanuel Kant zufolge gerade die Freiheit, die einen Menschen zur Moral befähigt. Sich souverän über seine Neigungen erhebend gehorcht der Mensch einzig und allein der Vernunft, die den Grundsatz allen moralischen Handelns in Form des kategorischen Imperativs bereits in sich trägt: „Handle nur nach derjenige Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Nur wer diesem Vernunftbefehl aus reiner Pflicht Folge leistet, handelt moralisch; agiert ein Mensch aus Neigung und folgt dabei zufällig einer verallgemeinerbaren Maxime, hat dies mit moral nichts zu tun. Svenja Flaßpöhler erklärt: „Dieses Kantische Moralverständnis bringt nun naturgemäß auch einen vollkommen anderen Begriff des Bösen mit sich. Wenn wir nämlich keine Sklaven unserer Natur sind, sind wir notwendigerweise auch frei, uns für das Böse zu entscheiden.“ Svenja Flaßpöhler ist Stellvertretende Chefredakteurin des Philosophie Magazins.

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Julian Baggini macht sich Gedanken über die Ethik der Präferenz

Die Vorzugsbehandlung der Familie und von Freunden mag als moralisches Problem erscheinen, sofern man eine utilitaristische Perspektive einnimmt, die besagt, dass die Interessen eines jeden Menschen gleich behandelt werden sollen, und das es jedermanns Plicht sei, die Welt zu verbessern, wann immer man sie auf welche Art auch immer optimieren kann. Doch Julian Baggini weist noch auf andere Denkweisen hin, die Moralität nicht als eine Pflicht betrachten, das Wohlergehen aller zu maximieren. Der Philosoph Julian Baggini ist 1968 in Dover, Kent geboren. Er ist Mitbegründer und Herausgeber des „Philosopher´s Magazine“. Er schreibt regelmäßig für große Zeitungen und hat mehrere Bücher veröffentlicht. Eines seiner Bücher trägt den Titel „Der Sinn des Lebens“ und ist 2005 im Piper Verlag erschienen. Sein neuestes Werk trägt den Titel „Ethik“ und ist im Verlag Springer Spektrum veröffentlicht worden.

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Die Angst vor dem Tod ist reine Zeitverschwendung

Es scheint natürlich zu sein, dass jeder Mensch zumindest ein wenig Angst vor dem Tod hat. Epikur, ein griechischer Philosoph der Antike, der von 341 bis 270 vor Christus lebte, war allerdings der Meinung, Angst vor dem Tod zu haben, sei reine Zeitverschwendung und beruhe auf einem logischen Widerspruch. Sie sei ein Bewusstseinszustand, der überwunden werden müsse. Wenn ein Mensch logisch darüber nachdenkt, könne der Tod keinesfalls erschreckend sein. Wenn es einem Individuum gelingt, wirklich logisch zu denken, so Epikur, dann kann es sein irdisches Dasein erst richtig genießen – was für Epikur ein sehr wichtiger Aspekt war. Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.

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Sokrates wendet in seiner Philosophie die Technik der Mäeutik an

Von Sokrates, der von 469 bis 399 vor Christus lebte, gibt es keine schriftlichen Überlieferungen. Deshalb wird er gerne als der „sprechende Philosoph“ bezeichnet. Über seine Gedanken und sein Leben wissen wir durch seinen Schüler Platon. Sokrates wandte in seiner Philosophie als zentrale Methode nicht die Lehre eines systematischen Denkens an, das den Gesetzmäßigkeiten der Logik und Kausalität folgt, sondern er benutzte eine dialogische Technik, die den Gesprächspartner selbst durch die Fragen des Philosophen zu den richtigen Erkenntnissen führt. Den Prozess der Erkenntnisgewinnung machen dabei die Antworten und weitere Fragen aus. Es kommt hierbei auf die genaue Einschätzung des Lehrers in Bezug auf die Antworten des Schülers an, um im Fortlauf des Dialogs den Wandel von Nichtwissen in Wissen zu befördern.

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Die Renaissance brachte ab 1300 ein neues Lebensideal hervor

Zu Beginn der Renaissance entstand schon seit der Zeit um 1300 in den Stadtstaaten Italiens ein neues Ideal des Lebens, in dem sich der Einzelmensch von den Bindungen, die Geburt und Herkunft ihm auferlegten, befreite. An die Stelle der Anonymität des Mittelalters trat allmählich die Persönlichkeit, die nach Ruhm und Ansehen strebte. Die soziale Herkunft war für den gesellschaftlichen Aufstieg nicht mehr von ausschlaggebender Bedeutung. So konnte beispielsweise Taddeo Alderotti, der zunächst seinen kümmerlichen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Wachskerzen bestritt, über den Besuch der Lateinschule und Universität zum berühmten Arzt und Gelehrten aufsteigen. Besonderes Ansehen besaßen damals auch Juristen: ein Doktor der Rechte nahm einen, dem Adel entsprechenden Stand ein. Nach seiner Abkunft fragte ihn niemand mehr. Die politisch und wirtschaftlich Mächtigen förderten zudem Talente aus den untersten Volksschichten.

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Etwa 50 Millionen US-Amerikaner haben deutsche Vorfahren

Nachdem im 17. und 18. Jahrhundert Pennsylvania das Hauptziel der deutschen Einwanderer in die USA war, kamen im 19. Jahrhundert immer mehr Deutsche nach New York, um von dort in den mittleren Westen, vor allem nach Wisconsin und Ohio weiterzuziehen. Seltener siedelten sie sich in den Sklavenhalterstaaten des Südens an, eine Ausnahme davon bildete lediglich Texas. Alexander Emmerich stellt fest: „Bis zum Ersten Weltkrieg siedelten sich etwa 5,5 Millionen German-Americans in den USA an. Insgesamt betrachten sich heute etwa 50 Millionen US-Amerikaner als Nachfahren deutscher Immigranten.“ Die großen Auswanderungswellen der Deutschen nach Amerika begannen zu Beginn des 19. Jahrhunderts und stiegen ab den 1830er Jahren rapide an. Der Historiker Alexander Emmerich lehrt an der Universität Augsburg am Lehrstuhl für atlantische Kulturgeschichte.

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Seneca siedelt den Geist weit über dem Körper an

Um sich Seelenruhe zu verschaffen, erforscht Seneca zuerst sich selbst und erst später seine Umwelt. Der Körper ist für ihn eine Last und eine Strafe für den Geist, der von ihm eingezwängt und in Fesseln gehalten wird. Dieser Zustand ändert sich aber, wenn die Philosophie auftaucht und dem Geist befiehlt, beim Betrachten des Naturgeschehens aufzuatmen und ihn von der Erdenwelt ins Göttliche entrückt. Seneca schreibt: „Darin erweist sich ja des Geistes Freiheit, sein Umherschweifen: er entzieht sich zuweilen der ihm auferlegten Bewachung und stärkt sich im Himmelslicht.“ Der Geist der sich in der trübseligen und dunklen Behausung des Körpers nicht wohl fühlt, strebt deshalb sooft er nur kann, ins Freie und erquickt sich an der Betrachtung der Natur.

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Die Bedeutung der Arbeit im Wandel der Zeiten

Der Arbeitsplatz ist entscheidend dafür, welche soziale Stellung ein Mensch in der modernen Gesellschaft einnimmt. Dabei bestimmt der Job nicht nur die Höhe des Einkommens, sondern gleichzeitig auch das Prestige. Überall auf der Welt scheint das fast selbstverständlich zu sein, obwohl dies in früheren Zeiten ganz anders war. Früher verstanden die Menschen unter Arbeit Mühen und Strapazen, sie wurde gering geachtet. Im Griechenland der Antike waren die Sklaven für die harte Arbeit zuständig, während sich die Bürger der Politik und den schönen Künsten hingaben. Erst in der Zeit der Reformation und Aufklärung veränderte sich die Einstellung zur Arbeit entscheidend. Der berühmte Soziologe Max Weber definierte die Arbeit wie folgt: „Sie ist der von Gott vorgeschriebene Selbstzweck des Lebens überhaupt.“

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Die sechs Staatsverfassungen des Aristoteles

Für Aristoteles gibt es drei Arten der Polisverfassung und eine gleiche Anzahl von Abarten. Die Grundformen sind das Königtum, die Aristokratie und an dritter Stelle, die auf der Einstufung nach dem Vermögen beruhende Politie, auch Timokratie genannt. Von den drei Verfassungen ist die beste das Königtum, die schlechteste die Politie. Die Abart des Königtums ist die Tyrannis. Obwohl beide die Herrschaft eines einzigen bedeuten, ist ihr Unterschied doch außerordentlich groß: Der Tyrann schaut nur auf seinen eigenen Vorteil, der König aber auf das Wohl der Untertanen, denn König ist nur, wer nach allen Seiten hin unabhängig und an allen Gütern überlegen ist. In einer solchen Stellung hat er nichts weiter vonnöten, das heißt, er wird nicht auf persönlichen Vorteil bedacht sein, dagegen auf das Wohl derer, die unter seiner Herrschaft leben.

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