Handeln hat etwas mit Pflichtgefühl zu tun

Kein Bereich des Lebens kann von Verpflichtung frei sein. Der römische Politiker und Philosoph Marcus Tullius Cicero schreibt: „Es beruht in ihrer Beachtung alle Ehrenhaftigkeit der Lebensführung, in ihrer Nichtachtung alle Schande.“ Für ihn war es noch selbstverständlich, dass jedes Handeln etwas mit Pflicht und Pflichtgefühl zu tun hat. Das betrifft sowohl die private als auch die öffentliche Sphäre. Richard David Precht erklärt: „Was auch immer ich tue, ehrenhaftes Verhalten muss von schändlichem Verhalten getrennt werden. Das, was man achtet, muss von dem unterschieden werden, was man ächtet.“ Und hat man einmal für sich erkannt, was genau man für achtenswert hält, so sollte man sich als Leitfaden daran orientieren. Der Philosoph, Publizist und Autor Richard David Precht einer der profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.

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Jeder sollte mit seinen Gefühlen klug umgehen

In seinem neuen Buch „Vom klugen Umgang mit Gefühlen“ stellt Heinz-Peter Röhr die These auf, dass der intelligente Umgang mit Gefühlen für das persönliche Lebensglück wichtiger ist als ein hoher Intelligenzquotient (IQ). Wer dagegen die Kontrolle über seine Emotionen und sein Verhalten verliert, belastet sich selbst und seine Beziehung. Gründe dafür können endloses Grübeln, unrealistische Ängste oder auch Wut und Ärger sein. Heinz-Peter Röhr erklärt, was Kontrollverlust ist, wie es dazu kommt und welche Strategien es dagegen gibt. Mit einfachen Übungen kann man die im Gehirn verankerten Fehlreaktionen erkennen und destruktive innere Muster auflösen. Denn die Kontrolle über das eigene Leben und über seine Gefühle zu haben gehört zu den Urbedürfnissen des Menschen. Nur so kann er sich sicher fühlen. Heinz-Peter Röhr ist Pädagoge und war über dreißig Jahre lang in der Fachklinik Fredeburg/Sauerland für Suchtmittelabhängige psychotherapeutisch tätig.

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Ein selbstbestimmtes Leben erträgt Ungewissheit

Ernst-Dieter Lantermann schreibt: „Angesichts der geballten Unsicherheiten gerät bei vielen Menschen die Balance zwischen ihren Bedürfnissen nach Sicherheit und Wagnis gründlich aus dem Gleichgewicht. Eine Balance, in der mal die Lust auf Neues und Risiko, dann wieder das Verlangen nach Sicherheit und Verlässlichkeit das Handeln leitet.“ Der Wunsch nach neuen, den eigenen Horizont erweiternden Selbst- und Welterfahrungen, die nicht ohne Gefahr zu haben sind, tritt zurück. Oberhand gewinnt ein heftigen Verlangens nach Überschaubarkeit, Struktur, Orientierung, Abschottung und Sicherheit. Das Verlangen nach Ordnung und Schutz veranlasst manche Menschen, radikale oder fanatische Haltungen zu entwickeln. Von diesen versprechen sie sich neue Welt- und Selbstgewissheiten und zugleich ein neues, gefestigtes positives Selbstwertgefühl. Ernst-Dieter Lantermann war von 1979 bis 2013 Professor für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie an der Universität Kassel.

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Der fanatische Fremdenfeind hasst alle Ausländer

Menschen mit fremdenfeindlichen Haltungen fühlen sich im Gegensatz zu den Fanatikern nicht in jedem Augenblick von selbstwertbedrohlichen Gefühlen umgetrieben. Ernst-Dieter Lantermann nennt den Grund dafür: „Ihnen bleiben in aller Regel noch andere Orte und Gelegenheiten, ihr angegriffenes Selbstwertgefühl zu stärken, jenseits der Sicherheitsgewinne, die sie aus ihrer Fremdenfeindlichkeit ziehen.“ Der Fanatiker setzt dagegen alles auf eine Karte: Er kennt nur den einen Weg, seine Selbstsicherheiten und seine Selbstwertschätzung zurückzugewinnen – die Fremden mit höchster Konsequenz zu verachten und zu bekämpfen. Während sich fremdenfeindliche Menschen damit begnügen, ihre Ablehnung mit abfälligen Bemerkungen und Gesten, verbalen Rundumschlägen, Beleidigungen, Erniedrigungen, Ab- und Ausgrenzungen oder in Form versteckter oder offener Diskriminierung zum Ausdruck zu bringen, gibt sich der fanatische Fremdenfeind damit nicht zufrieden: Er hasst die fremden Eindringlinge, und sein Hass zielt auf deren Vernichtung. Ernst-Dieter Lantermann war von 1979 bis 2013 Professor für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie an der Universität Kassel.

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Fremdenfeindlichkeit gedeiht vor allem in unsicheren Gesellschaften

Fremdenfeindliche Einstellungen und Überzeugungen gedeihen besonders gut in einer Gesellschaft, die ihres Zusammenhalts nicht mehr gewiss ist und daher ihren Mitgliedern keinerlei Sicherheitsversprechen mehr anbieten kann. Dieter-Lantermann fügt hinzu: „So muss jeder selbst für seine eigenen Sicherheiten sorgen, ohne Netz und doppelten Boden, ohne die Gewissheit einer festen sozialen Verortung, ohne selbstverständlich geltende Normen, Verhaltensregeln und Handlungsorientierungen, die das Miteinander in der Gesellschaft verlässlich und berechenbar organisieren und leiten. Menschen, die sich ihrer sozialen und gesellschaftlichen Zughörigkeit, Wertschätzung und sozialen Identität unsicher geworden sind, neigen häufig zu zugespitzten fremdenfeindlichen Haltungen, von denen sie sich neue soziale und persönliche Sicherheiten versprechen. Auf die Frage worin der „Sicherheitsgewinn“ solcherart radikaler Haltungen gegenüber Zuwanderern aus fremden Ländern und Kulturen liegt, weiß Ernst-Dieter Lantermann eine Antwort. Ernst-Dieter Lantermann war von 1979 bis 2013 Professor für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie an der Universität Kassel.

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Viele Deutsche fühlen sich von Menschen aus fremden Kulturen bedroht

Da die Mittel im Zuge gesellschaftlicher Veränderungen immer knapper werden, der Überlebenskampf in diesen riskanten Zeiten auch noch ihre letzten inneren und äußeren Ressourcenverbraucht, erfahren immer mehr Menschen die gesellschaftlichen Zustände als eine Bedrohung ihres Selbstwertgefühls. Ernst-Dieter Lantermann erklärt: „Wenn persönliche und soziale Unsicherheiten infolge unberechenbarer Entwicklungen weiter zunehmen und gleichzeitig auf die politischen, sozialen und persönlichen Ressourcen kein Verlass mehr zu sein scheint, ist ein gesellschaftliches Radikalisierungsmoment erreicht, das eine Eigendynamik mit großer Sogwirkung entwickeln kann, sodass eine Radikalisierung von immer mehr Bevölkerungsgruppen in Deutschland kaum noch abzuwenden wäre.“ In den feindseligen Ablehnungen von Migranten, Flüchtlingen und Asylsuchenden, wie sie spätestens seit Mitte 2015 ungehemmt auch öffentlich zur Schau gestellt wird, spiegeln sich tiefgreifende persönliche Erschütterungen in diesen Zeiten beschleunigter gesellschaftlicher Umbrüche wider. Ernst-Dieter Lantermann war von 1979 bis 2013 Professor für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie an der Universität Kassel.

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Der praktische Nutzen spielt beim Besitz kaum noch eine Rolle

Bei immer mehr Gegenständen, die ein Mensch besitzt, spielt der praktische Nutzen kaum noch eine Rolle. Allein die Pflege dieser Gegenstände kostet eine Menge Zeit und Geld. Darin unterscheiden sie sich von den Faustkeilen der Steinzeit, die ihren Nutzern treu dienten. Fumio Sasaki stellt fest: „Unser Besitz hat sich gegen uns erhoben, er beherrscht uns und wir merken es nicht einmal.“ Warum besitzt man so viel Zeug, das man nicht braucht? Welchem Zweck dient es? Für Fumio Sasaki liegt die Antwort auf der Hand: „Wir versuchen verzweifelt, unsere Umgebung zu beeindrucken. Über Dinge versuchen wir, anderen Menschen zu zeigen, wie wertvoll sie sind.“ Wenn man das Ganze von Anfang an betrachtet, wird man feststellen, dass die Evolution den Menschen zu einem sozialen Wesen geformt hat. Fumio Sasaki arbeitete als Cheflektor des japanischen Verlages Wani Books, bevor er freier Autor wurde.

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Deutschland steigt vom Paria zur moralischen Supermacht auf

Deutschland hat nach den Verbrechen und dem totalen Bankrott des Dritten Reiches eine erstaunliche Karriere gemacht. Josef Joffe beschreibt in seinem neuen Buch „Der gute Deutsche“ wie es Deutschland gelang, vom schuldbeladenen Paria zur moralischen Supermacht aufzusteigen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war das Land der Aussätzige der Welt. Heute ist die Zweite Republik das beste Deutschland, das es je gab: liberal, stabil, sozial. Josef Joffe zeichnet die Entwicklung der Bundesrepublik als Bildungsroman, der dem klassischen Dreisprung gehorcht: die Not der Jugendjahre, die Prüfungen der Wanderjahre, Läuterung und Reifung im Erwachsenenalter. Unterwerfung, Besatzung und Zerstückelung prägten die Jahre der Not. Zu den Prüfungen zählen unter anderem die hart umkämpfte Wiederbewaffnung un die Westbindung unter Bundeskanzler Konrad Adenauer. Josef Joffe ist seit dem Jahr 2000 Herausgeber der ZEIT.

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Vertrauen vermindert das Gefühl der Machtlosigkeit

Soziale Kompetenzen stellen eine wichtige innere Ressource für die Bewältigung von Unsicherheit dar. Menschen mit hohen sozialen Kompetenzen können leicht Beziehungen zu anderen Menschen anknüpfen, aufrechterhalten und befriedigend gestalten und haben kein Problem damit, andere Menschen um Hilfe oder Unterstützung zu bitten, wenn es die Lage erfordert. Auch andere Eigenschaften einer Persönlichkeit helfen dabei, sich angesichts unsicherer Ereignisse und Anforderungen zu behaupten. Ernst-Dieter Lantermann nennt als Beispiele das Bedürfnis nach kognitiver Geschlossenheit und die Vorliebe für erregende Ungewissheit. Eine weitere bedeutsame Ressource für einen gelingenden Umgang mit unsicheren Anforderungen stellen unterschiedliche Dimensionen von Vertrauen dar. Vertrauen mindert das Gefühl von Machtlosigkeit und Unkontrollierbarkeit in unübersichtlichen, ungewissen und unsicheren Situationen. Ernst-Dieter Lantermann war von 1979 bis 2013 Professor für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie an der Universität Kassel.

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Perfektionisten sind stark von einem Burn-out bedroht

Immer häufiger wird die Persönlichkeitsstruktur eines Menschen als Ursache für einen Burn-out gesehen. Klaus Biedermann erläutert: „Man hat festgestellt, dass es vor allem diejenigen trifft, die hohe Ansprüche an sich selbst haben: Menschen, die alle Aufgaben perfekt erledigen wollen und gleichzeitig nicht selten ein schwach ausgeprägtes Selbstwertgefühl haben.“ Sie trauen sich selbst eher wenig zu und können mit Kränkungen, Enttäuschungen oder Frust nicht gut umgehen. Ihnen fehlen geeignete Bewältigungsstrategien. Gleichzeitig möchten sie von allen geliebt und akzeptiert werden. Sie haben ein großes Bedürfnis nach Harmonie und schaffen es nur selten, Nein zu sagen. Darüber hinaus tun sich meist schwer damit, Kompromisse einzugehen oder Aufgaben abzugeben. Dr. phil. Klaus Biedermann leitet seit mehr als 30 Jahren Selbsterfahrungskurse und Burn-In-Seminare in seiner Sommerakademie auf der Insel Korfu.

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Die Lebensverhältnisse vieler Bürger sind unsicher geworden

Die heutige Gesellschaft mutet ihren Bürgern gravierende Unsicherheiten ihrer Lebensverhältnisse zu. Ernst-Dieter Lantermann erklärt: „Sie werden kontinuierlich mit verstörenden Nachrichten über die Katastrophen dieser Welt konfrontiert, sie leiden an Verlusten an verlässlicher Orientierung und einer Aufkündigung von Solidarität, Fairness und Gerechtigkeit.“ Und immer mehr Menschen erfahren, dass ihr Leben zu einer prekären Gratwanderung zwischen Meistern und Absturz geworden ist. In einer solchen Lage sehen sich viele Menschen in ihrem Selbstwertgefühl zutiefst verunsichert. Diese Erschütterungen des persönlichen Selbst hält auf Dauer niemand aus. Daher unternehmen Menschen, die sich ihnen ausgesetzt sehen, alles, was noch in ihrer Hand liegt, ihre Identität und Selbstwertschätzung zu schützen und zurückzugewinnen. Ernst-Dieter Lantermann war von 1979 bis 2013 Professor für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie an der Universität Kassel.

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Neugierde ist die beste Triebfeder für das Lernen

Die meisten Schüler starten voller Motivation in ihr erstes Schuljahr. Neugierig und lernbereit nehmen sie jedes Wissen gierig auf und erzählen voller Stolz zuhause von ihren neuen Erkenntnissen. Doch immer wieder geht diese Motivation nach einigen Jahren Schulbesuch verloren. Laut Untersuchungen von Psychologen spätestens ab der Pubertät, aber meist schon beim Wechsel in eine weiterführende Schule. Wie kann man also Schüler zum weiteren Lernen motivieren? Eltern sollten von Anfang an für ein optimales Lernklima sorgen. Zudem sollten sie ihren Kids eine gesunde Schulbrotzeit mitgeben, für einen aufgeräumten Schreibtisch sorgen, eine ruhige Lernumgebung herstellen und darauf achten, dass ihre Kinder ausreichend lange schlafen. Das fördert die Konzentration des Nachwuchses. Die Eltern sollten auch Ziele formulieren, die ihre Kinder so aufregend finden, dass sie sich selbst zum Lernen motivieren können.

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Sicherheit ist ein fundamentales menschliches Bedürfnis

Wenn man in den allgemeinen Unsicherheiten eine vielversprechende Möglichkeit erkennt, seinen Bedürfnissen und Überzeugungen nachzugehen, dann sieht man sich im besten Sinne herausgefordert, fühlt sich wohl, ganz mit sich einverstanden und manchmal auch euphorisch. Erst-Dieter Lantermann ergänzt: „Unsere Selbstachtung und unser Selbstwertgefühl wachsen an diesen Herausforderungen, da wir uns selbst und anderen beweisen, dass wir aus eigener Kraft auch in dieser unsicheren Welt unser Schicksal selbst in die Hand nehmen.“ Erlebt man die Unsicherheiten der eigenen Lebensverhältnisse hingegen als eine Gefährdung der eigenen Bedürfnisse, Werte und Überzeugungen, nimmt man diese Unsicherheit als einen bedrohlichen Angriff auf seine Selbstwertschätzung und Selbstwertgefühl wahr und wird alles unternehmen, um sich gegen diesen Angriff zu wehren. Ernst-Dieter Lantermann war von 1979 bis 2013 Professor für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie an der Universität Kassel.

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Die Werte einer Beziehung sind durch den Zorn stark bedroht

Häufig heißt es, der Zorn – sei er bisweilen auch übermäßig und unangebracht – stellt in vertrauten und persönlichen Beziehungen einen wertvollen Ausdruck von Selbstachtung dar, der kultiviert werden soll, vor allem von Menschen mit leicht angreifbarem Selbstwertgefühl – Frauen werden oft als Beispiel angeführt. Martha Nussbaum wendet sich gegen diese Argumentation und behauptet, dass die für die persönliche Vertrautheit charakteristischen Werte auf den Zorn verzichten können und durch ihn sogar stark bedroht sind. Natürlich kommen Verletzungen und Vertrauensbrüche vor und sie sind oftmals Anlass für kurzeitigen Zorn oder langjährige Trauer. Dennoch ist die Trauer über einen Verlust besser als das sture Festhalten dran, den Verlust jemand anderem zuzuschieben. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Eine Trennung ist keine Schande

Keine Ansprüche von außen, keine Normen, keine Moral sollen sich in die gegenwärtigen Konstrukte der Liebe einmischen. Die israelische Soziologin Eva Illouz, die gerade an einem Buch mit dem Titel „Unloving“ arbeitet, erklärt: „Das ist die Kehrseite der sexuellen Freiheit, für die wir gekämpft haben. Es ist allein unser Verlangen und unser Gefühl, das legitimiert, was wir tun. Sobald das schwindet, schwindet auch unser Engagement für die Beziehung.“ Unter diesen Vorzeichen kann man ihrer Meinung nach beispielsweise auch das Fremdgehen nicht mehr in moralischen Kategorien begreifen. Derjenige, der es tut, drückt damit lediglich das eigene sexuelle Verlangen aus. Und das ist heute um seiner selbst willen zulässig. Eva Illouz stellt fest: „Weder das Scheidungsrecht noch die Psychologie suchen noch nach Schuldigen.“

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Eine Entschuldigung kann eine Vergeltung verhindern

Idealerweise liegt die Genugtuung darin, dass man mit der Vergeltung erfolgreich eine „Lehre erteilt“, dass also beim Übeltäter eine Botschaft ankommt, wie etwa: „Das lasse ich mir nicht gefallen.“ Denn eine Bestrafung verschafft dann eine besondere Befriedigung, wenn der Übeltäter erkennen lässt, dass er den Grund für die Bestrafung versteht und sich künftig besser verhalten wird. In vielen Fällen geht es dem Rächer allerdings nur um die Aufrichtung des eigenen Selbstwertgefühls – durch einen „Sieg“, der darin besteht, dass es nun der Übeltäter ist, der sich ärgert. Hans-Peter Nolting ergänzt: „Zunächst war die provozierte Person „getroffen“, nun ist sie wieder „obenauf“, zumindest in gleicher Höhe mit dem Übeltäter – aus ihrer Sicht sind sie nun quitt.“ Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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Ernst-Dieter Lanterman analysiert den Typ des Fremdenhassers

Mit seinem Hass auf Fremde kompensiert der Fanatiker Defizite, die ihn in der Vergangenheit bedrückten und an seinem Selbstwertgefühl nagten. Ernst-Dieter Lantermann erläutert: „Sein Fanatismus stillt sein lange unerfülltes Bedürfnis nach Klarheit, Einfachheit und festen Wahrheiten. Er gewährt ihm ein Sicherheits- und Verankerungssystem, das ihn gegen alle Zweifel und Unsicherheiten abschottet.“ Sein Fanatismus verschafft ihm eine unerschütterliche Identität, da er sich in seinen Gleichgesinnten wiedererkennt, sich mit ihnen zutiefst verbunden, von ihnen anerkannt und wertgeschätzt erlebt und gleichzeitig in den Ausländern das abstoßende Zerrbild eines anständigen Menschen sieht. Sein Hass gibt seinem Leben endlich wieder eine Bedeutung, einen tiefen Sinn und eine klare, selbstgewisse Orientierung des eigenen Weges. Ernst-Dieter Lantermann war von 1979 bis 2013 Professor für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie an der Universität Kassel.

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Unsicherheit und Gefahr sind für Fremdenfeinde allgegenwärtig

So hoch auch der zeitweilige persönliche Sicherheitsgewinn sein mag – ein Garantie von Sicherheit kann selbst eine entschlossene Fremdenfeindlichkeit auf Dauer nicht bieten. So mögen die Verbitterten zwar zu ihrer inneren Sicherheit zurückfinden, wenn sie auf alle Muslime und ihre Kultur verächtlich herabblicken, aber die eigentlichen Gründe für ihre Verbitterung werden dadurch nicht gänzlich außer Kraft gesetzt. Ernst-Dieter Lantermann erklärt: „Gleiches gilt für die Beleidigten, Verhärteten oder die grollende Elite. Was diese fremdenfeindlichen Menschen eint, ist ihr tiefes Misstrauen gegenüber der Politik und der politischen Elite, von denen sie sich im Stich gelassen, nicht angemessen wertgeschätzt und nicht ausreichend vor den Gefahren dieser Welt geschützt fühlen.“ Ernst-Dieter Lantermann war von 1979 bis 2013 Professor für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie an der Universität Kassel.

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Lob ist ein zwiespältiges und tückisches Verhalten

Wenn ein Mensch etwas geleistet hat und ein anderer sagt, dass er es gut findet, freut sich der Gelobte in der Regel. Man fühlt sich anerkannt und hat mehr Lust und Mut, so weiterzumachen. Sagt der andere nie etwas, fehlt einem etwas. Loben ist daher „in“ – in der Erziehung seit jeher. Reinhard K. Sprenger ergänzt: „Das Loben gilt aber auch unter Erwachsenen als besonders humane, mitmenschliche Form des Miteinanderumgehens.“ Die Worte des Rheinländers Konrad Henkel – „Lorbeer gehört nicht auf den Kopf, sondern in den Sauerbraten“ – verhallten jedenfalls ungehört. Reinhard K. Sprenger gibt allerdings zu, dass viele Menschen ein schmerzlich ein Defizit an Aufmerksamkeit spüren. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

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Aggression ist eine Reaktion auf negative Erfahrungen

Wenn man das Verhalten eines Menschen verstehen will, dann sind besonders seine Motive interessant. Das gilt auch für das Thema Aggression. So ist denn das „Tatmotiv“ ein fester Begriff in jedem Krimi und ebenso bei der Klärung und juristischen Bewertung realer Verbrechen. Die Frage nach Motiven betrifft aber nicht nur schwerwiegende Taten, sondern das gesamte Spektrum der Aggression. Auf die Frage, warum sich Menschen aggressiv verhalten, gehen die Antworten überwiegend in eine Richtung. Hans-Peter Nolting erläutert: „Aggressives Verhalten ist eine Reaktion auf negative Erfahrungen. Genannt werden unter anderem: Überforderung, Einengung, Armut, vor allem aber negative Erlebnisse mit anderen Menschen, zu Beispiel egoistisches, abweisendes, verständnisloses Verhalten.“ Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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Immer mehr Bürger radikalisieren sich in ihrer Lebensführung

Der Sozialpsychologe Ernst-Dieter Lantermann benennt in seinem neuen Buch „Die radikalisierte Gesellschaft“ Ursachen und Handlungsmotive der Selbstverschließung vieler Menschen gegenüber allem Neuen und weist auf jene inneren Ressourcen hin, die einem Menschen hilft, nicht den Versuchungen radikaler und fanatischer Haltungen zu erliegen. Das Verschwinden von Gewissheiten ist ein Kennzeichen der Gegenwart. Viele Menschen fühlen sich von dem rasanten Tempo der gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen überfordert. Ihr Selbstwertgefühl leidet unter der Prekarisierung ihrer Lebensverhältnisse, für die sie ja selbst, so suggeriert der Zeitgeist, verantwortlich sind. Die Antwort vieler Bürger auf die wachsende Unsicherheit ist eine Radikalisierung ihrer Lebensführung. Ernst-Dieter Lantermann nennt Beispiele: Den Fremdenfeind, der alle Probleme dieser Welt aus der massenhaften Ankunft von Flüchtlingen herleitet. Den Fitnesstreibenden, der sich distanzlos allen digitalen Neuerungen der Selbstkontrolle unterwirft. Den Sicherheitsfanatiker oder den fanatischen Nostalgiker. Sie eint aus psychologischer Sicht mehr, als ihnen bewusst ist.

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Ziele machen glücklich und zufrieden

Ziele sind eine bedeutende Antriebskraft im Leben eines Menschen. Der Wert eines Ziels liegt dabei gar nicht unbedingt darin, dass man es auch erreicht. Ein stures „Das muss ich unbedingt schaffen!“ ist niemals hilfreich. Christian Thiel erläutert: „Wenn es um Ziele geht, gilt vielmehr die asiatische Weisheit: Der Weg ist das Ziel. Wer weiß, wohin er will, der strengt sich an, um sein Ziel zu erreichen.“ Die Richtung dorthin darf sich aber ruhig noch ändern. Zwischen Menschen, die ihre Ziele erreichen, und denen, die das nicht tun, findet sich in Bezug auf die Zufriedenheit kein großer Unterschied. Beide Gruppen sind in etwa gleich glücklich. Diejenigen aber, die sich ein Vorhaben erst gar nicht zutrauen, sind deutlich unzufriedener mit ihrem Leben. Christian Thiel ist freier Autor und Single- und Paarberater.

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Das exzentrische Selbst spiegelt sich in anderen Menschen

Der Psychologe Martin Altmeyer schreibt: „Identität ist das seelische Hauptproblem unserer Zeit. Das individualisierte Ich strebt nach Selbstvergewisserung.“ Was der Frankfurter Soziologe und Psychologe Martin Dornes als postheroische Persönlichkeit bezeichnet, nennt Martin Altmeyer das „exzentrische Selbst“, ein neuer Sozialcharakter, der stärker denn je dazu neigt, sich anderen Menschen zu zeigen. Dabei geht es um mehr als gewöhnliche Eitelkeit. Martin Altmeyer erklärt: „Wer in dieser Welt unterwegs ist, tut das nicht als Einzelgänger, sondern sehnt sich nach einem sozialen Echo, möchte sich gespiegelt sehen. Er zeigt sich letzten Endes, um zu erfahren, was er kann, wer er ist und welche Bedeutung er für andere hat.“ Die mediale Selbstdarstellung ist quasi zu einer Art Existenzbeweis geworden. Die Identitätsformel der digitalen Modere lautet: Ich werde gesehen, also bin ich.

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Gegensätze ziehen sich tatsächlich an

Alles spricht eigentlich für die Wahl eines ähnlichen Partners, mit analogen Ansichten und einer geistesverwandten Gangart im Leben. Warum aber wählen dennoch so viele Menschen einen gegensätzlichen Partner? Es gibt einen ganz rationalen Grund für dieses gegensätzliche Wahlverhalten. Christan Thiel erklärt: „Es ist das Bedürfnis, das eigene Ich zu ergänzen, zu komplettieren. Er oder sie soll Eigenschaften mitbringen, die uns selbst fehlen, die wir an uns vermissen. Deshalb ziehen Gegensätze sich tatsächlich an.“ Zu einer wirklichen Ergänzung wird der Partner allerdings nur, wenn man den gegensätzlichen Eigenschaften des anderen zumindest wohlwollend gegenübersteht. Besser noch: Wenn man sich den anderen zum Vorbild nimmt. Man sollte sich also diejenigen Eigenschaften selbst aneignen, die man an seinem Partner besonders stark bewundert hat. Christian Thiel ist freier Autor und Single- und Paarberater.

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Massenmörder ist heutzutage eine Karriere geworden

„Sinnlose“ Massenmorde gehören zu den großen Gesten in den Konsumgesellschaften des 21. Jahrhunderts. Wolfgang Schmidbauer stellt fest: „Sie werden zunehmen und uns bedrohen, bis wir ein wirksames Gegenmittel finden.“ Die meisten gewissenhaften Selbstbeobachter werden zugeben, dass ihnen Mordimpulse nicht gänzlich fremd sind. Massenmörder ist heutzutage eine Karriere geworden. Die meisten Täter schaffen sich durch die Tat aus der physischen Welt, hoffen aber auf unsterblichen Ruhm. Diese Formen des Massenmords sind wie eine Seuche. Sie breitet sich aus. Wenn wir eine Kurve der Zahlen von Tätern und Opfern zeichnen könnten, sie würde steil ansteigen. Wo die Suche nach den Wurzeln der Tat etwas tiefer graben kann, entdeckt sie den Zusammenprall von Krisen des Selbstwertgefühls mit dem als erlösend und ruhmreich imaginierten Endpunkt des Massenmordes.

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