Niemand muss auf jede Form des Genusses verzichten

Das Titelthema des Philosophie Magazins 02/2024 lautet: „Was brauche ich wirklich?“ Chefredakteurin Svenja Flaßpöhler schreibt: „Die Sehnsucht nach einer minimalistischen Existenz, die ganz genau zwischen Notwendigem und Überflüssigem zu unterscheiden weiß, ist gerade am Beginn des neuen Jahres groß.“ Insbesondere angesichts des Klimawandels und seiner für die Menschheit schwerwiegenden Folgen ist klar: So, wie wir leben, kann es nicht weitergehen. „Was wir wirklich brauchen“ ist eine Frage der Bedürfnisse des Menschen. Unter einem Bedürfnis versteht man einen subjektiv empfundenen Mangelzustand. Auf den ersten Blick scheint die Sache relativ einfach. Die wichtigsten und damit wirklichen Bedürfnisse sind all jene, wie wir als Menschen notwendig zum Leben brauchen. Also Nahrung, eine Behausung und etwas Warmes zum Anziehen. Heißt das, dass man auf jede Form des Genusses verzichten muss? Das wäre zu kurz gedacht. Herbert Marcuse betont in „Triebstruktur und Gesellschaft“ die befreiende Kraft der Kunst und des Genusses.

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Manchmal fächert sich die eigene Identität regelrecht auf

Im neuen Philosophie Magazin 01/2024 geht es im Titelthema um alternative Leben nach dem Motto: „Wer wäre ich, wenn …?“ Viele Möglichkeiten, sich zu entwerfen, bleiben im Laufe eines Lebens unverwirklicht. Die Chefredakteurin Svenja Flaßpöhler schreibt: „Es gibt Momente, in denen sich die eigene Identität regelrecht auffächert.“ Tatsächlich sind Lebensumstände ja nicht einfach wie Kleider, die man einer festen, unveränderbaren Identität überwirft. Lebensumstände haben die Macht, einen Menschen tief zu verändern. Oder noch stärker: Sie haben die die Kraft, einer Person die Möglichkeit eines ganz anderen Ich zu eröffnen. Zunächst einmal kann man das eigene Leben nur vor dem Hintergrund vorstellbarer Alternativen als gestaltbar erfahren. Es stimmt, dass man die Vergangenheit nicht ändern kann. Und doch gibt es auch Entscheidungen, die sich zurücknehmen oder mindestens überdenken lassen.

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Das Philosophicum Lech ist extrem erfolgreich

Für Ludwig Muxel, dem Obmann des Vereins Philosophicum Lech, gehören das Philosophicum und Lech am Arlberg untrennbar zusammen. Maßgeblich für die nachhaltig erfolgreiche Entwicklung ist der wissenschaftliche Leiter Konrad Paul Liessmann. Das Konzept, das der österreichische Philosoph entwickelte, war einfach und klar; jedes Jahr ein Thema, und das wird in verschiedenen Vorträgen von Philosophen und anderen Geisteswissenschaftlern ausgeleuchtet. Das Philosophicum Lech zählt heute zu den erfolgreichsten geisteswissenschaftlichen Tagungen im deutschsprachigen Raum. Das Buch „Der Geist im Gebirge“ enthält Beiträge von Jan Assmann, Barbara Bleisch, Heinz Bude, Karin Harrasser, Lisa Herzog, Herfried Münkler, Robert Pfaller, Richard David Precht, Rüdiger Safranski, Franz Schuh, Martin Seel, Peter Sloterdijk, Cora Stepan, Wolfgang Ulrich, Lambert Wiesing u.a. Die Beiträge geben Einblick in die Geschichte einer Veranstaltungsreihe, in der sich die Konturen der vergangenen 25 Jahre spiegeln.

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Glück ist selbst in einer schlechten Welt möglich

Im neuen Philosophie Magazin 05/2022 äußern sich große Philosophen zu der Frage, ob es möglich ist, in einer schlechten Welt glücklich zu sein. Jean-Jacques Rousseau, Albert Camus, Harmut Rosa und Robert Pfaller sind der Ansicht, dass wirkliches Glück in einer abscheulichen Gegenwart nicht nur möglich ist, sondern erstrebenswert. Wer meint, sich seines Glückes schämen zu müssen, könnte einem schwerwiegenden Irrtum unterliegen. Jean-Jaques Rousseau vergällt nicht das Glück als solches, sondern er hält es gerade umgekehrt hoch in Form einer Selbstsorge. Aus dieses kann die Empathie allererst erwachsen. Doch verlangte der Philosoph keineswegs, dass man sich selbst herabsetzt, schämt, gar verzweifelt, weil es einem selbst besser geht als einem leidenden anderen. Svenja Flaßpöhler ergänzt: „In der Tat ist die Fähigkeit, mit anderen mitzufühlen, ein zentraler Antriebsmotor solidarischer Bewegungen. Und sie ist entscheidend für den zivilisatorischen Fortschritt.“

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Die Sehnsucht nach Intensität ist groß

Das Titelthema des Philosophie Magazins 04/2021 beschäftigt sich diesmal mit dem Zustand der Intensität, der die Menschen aus der Profanität des Alltags heraushebt. Für Chefredakteurin Svenja Flaßpöhler wohnt im Heiliges inne, und ein gehöriges Maß an Unverfügbarkeit ist ihm gegeben. In der heutigen Zeit ist die Sehnsucht nach Intensität groß. Die Menschen wollen sich spüren, die Existenz auskosten, sie auf keinen Fall verpassen. Doch wäre nichts fataler, als dem modernen Imperativ: Lebe intensiv! Einfach nur blindlings zu folgen. Denn das Streben nach intensivem Genuss widerspricht dem Ratschlag der Vernunft fundamental. Ab einem gewissen Punkt schlägt die Steigerung der asketischen Vernunft jedoch selbst in Irrationalität um. Hochproblematisch wird es spätestens dann, wenn das ursprüngliche Streben nach Glück völlig vergessen wird. Das Leben verliert dann seine Richtung, sein Wofür.

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Man muss ein schlechtes Leben mehr fürchten als den Tod

Im Titelthema geht das neue Philosophie Magazin 01/2020 der Frage nach „Wofür es sich zu leben lohnt“. Was erfüllt das Dasein mit Sinn? Ist es die Verantwortung für das Morgen oder die Intensität des Jetzt? Antworten auf diese Fragen geben namhafte Denker und Denkerinnen wie Robert Pfaller, Barbara Vinken, Markus Gabriel oder Dieter Thomä und viele andere. Ihre Beiträge schärfen den Blick für das, was wirklich zählt. Viele Menschen ziehen die Bilanz ihres Lebens leider erst dann, wenn es schon zu spät. Läge es nicht näher, die Frage nach dem Sinn des Lebens zu einem Gradmesser von Gegenwart und Zukunft zu machen. Dadurch ist man gegen spätere Gefühle der Reue weitestgehend geschützt. Der Philosoph Søren Kierkegaard unterscheidet eine ästhetische, auf Selbstgenuss und Sinnlichkeit ausgerichtete Existenz, die sich auf das Hier und Jetzt konzentriert. Und eine ethische, die sich der Verantwortung – und damit eher der Zukunft – verschreibt.

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Robert Pfaller klärt über die Kunst des klaren Wollens auf

Für viele Menschen ist es heutzutage sehr schwer, zu wissen, was sie eigentlich wollen. Das liegt unter anderem daran, dass die Individuen heute viel mehr Möglichkeiten haben als noch vor sehr kurzer Zeit, zumindest in den westlichen Gesellschaften. Es ist aber laut Robert Pfaller nicht die Zahl der Wahlmöglichkeiten, die eine Person überfordert, sondern es ist die Einbildung, es gäbe eine Wahl, die dem eigenen Ich genau entspricht – und das nur in der Personalisierung das Glück zu finden wäre. Robert Pfaller glaubt dass sich die Gesellschaften verändert haben, von denjenigen, in denen Leute etwas wollten, es aber von der Gesellschaft verboten bekamen und sich dafür schuldig fühlten, hin zu Gesellschaften, die stimulierend auf die Individuen einwirken im Sinne von: „Du sollst es ruhig wollen!“ Robert Pfaller ist Ordinarius für Philosophie an der Universität für angewandte Kunst in Wien.

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Der eigene Wille soll ein Garant für Erfolg und Glück sein

Im neuen Philosophie Magazin 05/2014 August/September beschäftigt sich das Titelthema mit der Frage: „Woher weiß ich, was ich will?“ Was soll der menschliche Wille nicht alles sein: ein innerer Kompass und ständiger Antrieb, Garant des Erfolgs und die Quelle der Lust. Doch gerade in entscheidenden Situationen erweist er sich oft als Schwächling und scheint die Orientierung verloren zu haben. Es stellt sich daher die Frage, ob ein Mensch durch rationale Abwägung und Kontrolle seiner Begierden wissen kann, was er wirklich will. Oder könnte es nicht auch sein, dass sich der wahre Wille gerade im dunklen, irrationalen Drängen tief im Inneren des Menschen offenbart? Womöglich gibt es sogar eine dritte Möglichkeit: Was wäre, wenn die wahren Freiheit einer Person gerade in der Überwindung ihres Willens läge? Diese Fragen beantwortet das neue Philosophie Magazin.

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„Wofür lohnt es sich zu leben?“ ist ein Gradmesser der Vernunft

Bei den Erscheinungen der Gegenwartskultur ist es traurig, wenn man miterleben muss, aber andererseits auch nicht unkomisch, wenn man beobachten darf, wie dass, was die Menschen Vernunft nennen, und alle Maßnahmen, die sie im Namen einer solchen Vernunft treffen, sich regelmäßig in ihr Gegenteil – in schiere Unvernunft verwandelt. Robert Pfaller nennt Beispiele: „Wenn wir zum Beispiel Vernunftmaßnahmen ergreifen der Sicherheit zuliebe, dann lassen wir Eingriffe zu, die unsere Bürgerrechte oder unsere Würde – oder beides – völlig vernichten. Oder wenn wir Vernunftmaßnahmen ergreifen zugunsten der Umwelt, Gesundheit oder Kosteneffizienz, dann setzen wir solche, die uns die Lebensfreude ruinieren.“ Wenn die Menschen der Überzeugung sind, dass sie ökologischeren Treibstoff verwenden sollten, dann treffen sie Maßnahmen, die die Getreidepreise in die Höhe treiben und Millionen Menschen an den Rand einer Hungersnot bringen. Robert Pfaller ist Professor für Philosophie an der Universität für angewandte Kunst in Wien.

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Die Menschen leben heute in einem Zeitalter des Konformismus

Die Gegenwart ist von einem Widerspruch geprägt: Auf der einen Seite gibt es einen zunehmenden Egoismus, gepaart mit dem Gedanken der Selbstverwirklichung. Auf der anderen Seite scheinen sich die Individualität und Einzigartigkeit der Menschen immer mehr aufzulösen. Dabei entwickelt sich die Teamfähigkeit zu einer immer bedeutenderen Kompetenz. Und wer nicht gut vernetzt ist, wird schnell als Außenseiter abgestempelt. Das 17. Philosophicum Lech beschäftigte sich unter anderem mit der Frage, wie sich Menschen in dieser widersprüchlichen Welt erleben und wie sie sich auf ihr Ich auswirkt. Daneben wurden auf folgende Fragen Antworten gesucht: Wie gestalten sich Beziehungen in virtuellen Netzen, was bedeutet es, wenn die virtuellen Netze enger, die realen sozialen Netze aber immer durchlässiger werden? Diesen Entwicklungen, ihren Vorgeschichten und Konsequenzen sind Soziologen, Philosophen sowie Kultur- und Naturwissenschaftler im Wintersportort Lech am Arlberg nachgegangen.

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Die Existenz gewinnt ihre Schönheit durch das Unberechenbare

Die aktuelle Sommerausgabe des Philosophie Magazins stellt in seinem Titelthema die Frage, ob überwiegend der Zufall das Leben der Menschen bestimmt. Für die Philosophin Svenja Flaßpöhler ist der Zufall das metaphysische Rätsel an sich, das bis heute für die tiefsten Kränkungen des menschlichen Selbstbildes verantwortlich ist. Deshalb versuchen die Menschen mit immer raffinierteren Methoden den Zufall zu kontrollieren. Es gibt zwei Fiktionen, um sich über die Zufälligkeiten des Lebens hinwegzutrösten. Die erste ist der Glaube an das Schicksal, an einen übernatürlichen Willen, der alles fügt. Sonja Flaßpöhler erläutert: „Der schicksalsgläubige Mensch vertraut auf die schützende Hand, die er über sich wähnt und die ihn genau dorthin gestellt hat, wo er sich gerade befindet.“ Der zweite Trost ist der Glaube an die Selbstbestimmung, an die überwältigende Kraft des eigenen Tuns. An die Stelle des Gottvertrauens tritt das Selbstvertrauen.  

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Großzügigkeit im Alltag ist ein sicherer Weg zum Glück

Der österreichische Philosoph Robert Pfaller, der an der Universität für angewandte Kunst in Wien lehrt, beschäftigt eine Frage besonders: „Wofür lohnt es sich zu leben?“ Für die großen Glücksmomente des Lebens lohnt es sich seiner Meinung sogar relativ viel Geld auszugeben. Die Menschen müssen hin und wieder ihre Sparsamkeit überwinden und sich selbst und anderen gegenüber großzügig sein. Robert Pfaller sagt: „Wenn wir zum Beispiel also Champagner trinken, dann müssen wir damit so umgehen, als könnte er endlos fließen. Dann sind wir souverän – sozusagen als Führungskräfte auf Augenhöhe mit dem Leben.“ Außerdem rät der Philosoph sich sehr viel Zeit zu nehmen, um Bücher zu lesen. Auch solche Verschwendung kostet meist sehr viel Geld, weil sie Ruhe und Ungestörtheit voraussetzt und weil dadurch viele andere Dinge auf der Strecke bleiben, die eigentlich erledigt werden müssten.

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Robert Pfaller ergründet die Angst vor dem Leben

Lust, Genuss, Ausgelassenheit und Unvernunft werden zunehmend von der Gesellschaft diskriminiert. Die meisten Menschen lassen sich von ihrem schlechten Gewissen und den Verboten bevormunden. Der Wiener Philosoph Robert Pfaller weiß, warum dies so ist. Robert Pfaller sagt: „Beim Versuch, am liebsten ewig zu leben, töten die Menschen ihr Leben schon vor dem Tod. Weil sie sich alles, was das Leben lebenswert macht, verbieten oder verbieten lassen.“ Der Mensch der Postmoderne übersieht dabei allerdings, dass er dabei aseptisch, lustlos, humorlos und postsexuell lebt. Alle möglichen Ängste treiben ihn um, schon der Anblick einer Zigarette kann ihm einen tödlichen Schrecken einjagen.

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